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Selbst wenn es kälter ist, ist es noch zu heiß: Deutschland erwärmt sich deutlich schneller, womöglich durch den steigenden Verbrauch an Erdgas durch Familien, die zu viel heizen. |
Das Jahr war es und das davor auch. Der letzte Monat und der vorletzte sowieso. Und nun auch noch der März: Die Temperaturen in Europa, so meldet der EU-Klimadienst Copernicus, waren natürlich auch in diesem Jahr auch in diesem Monat "so hoch wie nie zuvor". Eine erneute Hiobsbotschaft, nachdem 2024 gerade erst zum wärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen ernannt worden war und der Deutsche Wetterdienst (DWD) Deutschland als am schlimmsten betroffenes Gebiet des "beschleunigte Klimawandel" ausgemacht hatte.
Bedrückende Daten
Die Daten sind bedrückend. Die einzige Atomausstiegsnation weltweit, zugleich die einzige, die über einen langfristigen Plan zum kompletten Energieausstieg verfügt, erwärme sich "schneller als der Rest der Welt", heißt es bei den Wetterexperten in Köln. "Erschreckend ist vor allem, dass 2024 das Vorjahr gleich um außergewöhnliche 0,3 Grad übertroffen hat", heißt es in einer Presseaussendung des DWD, die dem wärmsten Jahr seit dem flächendeckenden Messbeginn im Jahr 1881 gewidmet ist.
Besonders erschütternd: Bislang ging die komplette Wetterwissenschaft davon aus, dass die Temperatur gleichmäßig steigt. "Doch mittlerweile geht es immer schneller." Die zehn wärmsten Jahre seit 1881 erlebte Deutschland damit in den vergangenen 25 Jahren. Temperaturen, die vor 1990 noch extrem waren, seien heute weitgehend normal geworden. Mit Hilfe einer neuen Berechnungsmethode gelang es nun, nachzuweisen, dass Deutschland sich seit Ende des 19. Jahrhunderts um 2,5 Grad erwärmt hat, mehr als ein Grad über dem globalen Trend.
Weltweit nur zweitwarm
Weltweit war es dem Klimadienst zufolge der zweitwärmste März. Die Lufttemperatur habe im Durchschnitt 14,06 Grad Celsius erreicht, das waren 1,6 Grad über dem März-Mittel aus vorindustrieller Zeit (1850 bis 1900). Insgesamt sei binnen der letzten 21 Monate 20-mal die für das Klimasystem wichtige 1,5-Grad-Schwelle überschritten worden. Nirgendwo ist der Hitzetod so nah. Nirgendwo ist die Bedrohung so unmittelbar zu spüren.
Noch vor einem halben Jahr hatte die Wissenschaft Deutschland zwar eine Erwärmung "deutlich schneller als der globale Durchschnitt" bescheinigt. Damals aber lag das Planpuls erst 2,3 Grad über dem vieljährigen Mittel der Jahre 1881 bis 1910. Es handele sich um einen "besorgniserregenden Temperaturtrend", der vom "überproportional hohen Anstieg der globalen Temperatur in den vergangenen 18 Monaten allerdings noch einmal zu unterscheiden" sei, hieß es seinerzeit warnend. Heute aber ist alles ist noch viel wärmer. Und der März 2025 ist dabei noch nicht einmal mitgerechnet, der in ganz Europa einheitlich viel zu warm war und Deutschland dabei nicht verschont hat.
Eine neue Art von Hitze
Das Perfide daran: Die neue Art Hitze fühlt sich für viele nicht mehr so an. Obwohl es so heiß war, heizen die Menschen, als frören sie. Der Erdgasverbrauch in Deutschland ließ die Speicherfüllstände in diesem Winter steil abstürzen. Und die Bundesnetzagentur begründet das mit Temperaturen, die ihren Angaben zufolge knapp über dem Vergleichszeitraum 2018 bis 2021, aber deutlich unter denen des vergangenen Jahres lagen.
Lange schon war bekannt, dass sich die Nordhalbkugel der Erde im Vergleich zum Süden deutlich stärker und schneller erhitzt, weil sie bei der Verteilung der Landmassen übervorteilt wurde. Doch Medienberichten zufolge erhitzen sich auch Australien, Neuseeland und das südliche Lateinamerika stärker, ebenso Schweden, Finnland, Russland, Mexiko und die USA sowie die Karibik, Afrika und die Arktis. "Über die Folgen kann niemand mehr hinwegsehen", hat Grünen-Chefin Britta Haßelmann die unausweichlichen Konsequenzen der bedrohlichen Entwicklung aufgezeigt: Die kommende Regierungskoalition müsse den Ernst der Lage begreifen und handeln.
Manipulierter Erdgasverbrauch
Nicht hat sich das offenbar nicht getan, wie der viel zu heiße März zeigt. Zwar haben Rechtspopulisten und Klimaleugner den Erdgasverbrauch in Deutschland gezielt so manipuliert, dass er deutlich über dem des vergangenen Jahres liegt. Aber allein schon die fehlenden Regenmengen, die derzeit auf das deutlich zu nasse Jahre 2024 mit seinem sehr milden Winter und einem damals rekordwarmen Frühjahr folgen, lassen für die anstehenden warme Jahreszeit Übles vermuten. Zwar ist der Bundeshitzeschutzplan seit August 2023 formal in Kraft, doch Medien, Behörden und Politik haben lebensrettenden Maßnahmen wie Trinkprogrammen, Sonnensegelbau und Ausrufung von Kühlungsstufen seitdem keinerlei Aufmerksamkeit mehr gewidmet.
74 Tage vor dem offiziellen Beginn der Hitzeperiode wird es höchste Zeit. Im Augenblick zeigt sich die Iberische Halbinsel ebenso wie die Türkei mit niedrigeren Temperaturen als im Durchschnitt gemessen werden als mögliche Evakuierungsregion. Doch dazu müssten die künftigen Koalitionäre in Berlin langsam entsprechende Pläne schmieden.
2 Kommentare:
Celan gibt mir nichts (mehr). Céline (Lutz-Ferdinand) umso mehr.
Ausspreche Anerkennung.
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