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Der Mann, den die Geschichtsschreibung eines Tages Friedrich den Größten nennen wird, steht unmittelbar vor seinem größten Erfolg. |
Sie haben geneckt und getriezt, ihn für unfähig erklärt, seine Chance belächelt und sogar versucht, ihn in die Nähe eines neuen Hitler zurück. Die Aussicht, dass Deutschland zum ersten Mal seit Helmut Kohl vor fast 30 Jahren wieder einen Bundeskanzler bekommen könnte, der Konrad Adenauer näher steht als Karl Marx, sorgte schon Monate vor der Bestätigung des 69-Jährigen durch eine Minderheit von Wählerinnen und Wählern bei der Bundestagswahl für große Aufregung. Geht das überhaupt? Ist es erlaubt? Was wird aus der vielfältigen und bunten NGO-Landschft? Was aus den Einhörnern der Start-up-Szene, die sich um Hass und Hetze bemühen?
Ein Mann, alt und weiß
Vor 27 Jahren hatte Gerhard Schröder den letzten knorrigen Regierungsschef der CDU abgelöst. Seitdem regierten durchweg Sozialdemokraten aus Union und SPD. Merz, der Kontakte ins Investmentbankermilieu unterhält, im Privatflugzeug fliegt und Vorstellungen von Staaten als regional fest umrissene Gebilde pflegen soll, erschien wie ein bedrohliches Gespenst aus der fernen Vergangenheit.
Ein Mann. Alt und weiß. Ein Genderverweigerer. Ein Grenzschließer. Ein Anhänger des Leistjngsgedankens. Und bekennender Verfechter der Idee, dass neue Probleme durch neue Technologien am besten gelöst werden. Mit Händen war die Furcht greifbar, ein solches Fossil könne Führung und Leitung der immer noch größten Wirtschaftsmacht Europas übernehmen.
Kommt dann etwa das Atom zurück wie in den Nachbarstaaten? Werden Gene erlaubt und Grenzen kontrolliert? Was wird aus der Vorstellung, wenn Deutschland erst aus der Energie ausgestiegen sei, dann würden alle anderen begeistert folgen? Merz gab keine Antworten. Er stellte welche. Signalisierte aber bald darauf entschieden, dass auch unter seiner Ägide nichts zu heiß gegessen werden wird wie so mancher SPD-Abgeordnete zuvor befürchtet hatte.
Verlässlicher Brecher aller Versprechen
Mit der Regierungsbildung bis Ostern hat es nicht ganz geklappt, doch angesichts vielen gebrochenen Wahlversprechen in der noch kurzen Geschichte des Friedrich Merz als Hoffnungsträger aller Unverzagten fällt das schon nicht mehr weiter ins Gewicht. Sobald die deutsche Sozialdemokratie mit ihren knapp 370.000 Genossinnen und Genossen darüebr entscheiden hat, ob 70 Prozent Etatverantwortlichkeit ausreichend Wirkungschancen für eine 16,4-Prozent-Partei bieten, kann Merz loslegen und seine Kriker Lügen strafen.
Für den Sauerländer mit dem Pilotenschein ist es der größte Moment in seinem Leben. Und der Lohn jahrzehntelaner Hartnäcktigkeit. Nie hat Merz aufgegeben, immer ist er fest im Glauben geblieben. Angela Merkel kontne ihn unmöglich machen und ihm die Ämter nehmen. Die Partei konnte ihn für ewiggestrig halten und als Auslaufmodell verspotten. Die Medien durften sich auf ihn einschießen und nach seiner unerwarteten Rückkehr an die Spitze der CDU einen kollektiven Abgesang anstimmen. Friedrich Merz schmal gelächelt. Und still genossen, dass er besser wusste, wie es weitergehen würde.
Der schrille Chor der Hassgesänge
Wie es immer war. Mit dem Tag, an dem er gekrönt werden würde, verstummt der schrille Chor der Hassgesänge. Kaum ist der neue Mann im Amt, verstummt die geifernde Meute und die Hetzparolen über Faschisten, Viertes Reich und einen geheimen Männerbund mit dem nationalen und internationalen Nazitum sind plötzlich weg. Zuletzt hat die italienische Ministerpräsidentin Giogia Meloni es vorgemacht: Von der "Postfaschistin", die "die EU politisch nach rechts verschieben" (Spiegel) wollte, ist nichts übriggeblieben. Meloni ist heute Europas Hoffnungsträgerin, die auch für Deutschland Gnade in Washington aushandeln soll.
Auch Friedrich Merz wird eines Tages auf dieser großen Bpühne spielen. Doch erst einmal muss er innenpolitisch Pflöcke einrammen. Nach dem von Olaf Scholz geborgten "Sondervermögen" und dem von Robert Habeck übernommenen "Investitionsbooster" galoppiert Merz geradezu durch bis zum Wahltag geheimgehaltene Agenda. Kein Gedanke mehr an rigorose Grenzschließungen udn Zurückweisungen, sinkende Steuern und Abgaben oder eine Wirtschaftspolitik, die auf mehr Freiheit setzt.
Auf Parteilinie
Friedrich Merz bringt die Gesellschaft auf Linie. Benzin wird teurer, Erdgas wird teurer, Heizen wird teurer, Energie insgesamt wird teurer, denn nur das hilft langfristig wirklich, den Bürgerinnen und Bürgern das Sparen beizubringen. Dass sich E-Autos oder Wärmepumpen in vielen Fällen noch nicht rechnen, liegt ja nur bei oberflächlicher Betrachtung an zu hohen Anschaffungs- und Stromkosten, die sich politisch kaum senken lassen. Gelingt es der Bundesregierung hingegen, Heizen und Fahren mit fossilen Treibstoffen drastisch zu verteuern, schneiden die Erneuerbaren automatisch besser ab.
Ebenso einfallsreich ist Merzens Strategie zur Schaffung eines raschen Fridens an der Ostflanke. Ein Jahr nach dem "angeblichen Mitschnitt eines Gesprächs über Taurus-Raketen" (ZDF), damals schnell als "hybrider Angriff zur Desinformation" enttarnt, hat der kommende Kanzler den Taurus zur Waffe seiner Wahl für die kommende Schlacht gemacht. Merz will sie liefern, so viele und so schnell wie möglich, um Putin zu beweisen, dass auch Deutschland pokern kann.
Nichts wird ihn stoppen
Mögliche Kosten, drohende Schäden - im Unterschied zum zaghaften Olaf Scholz tritt Merz vom ersten Tag als breitbeiniger Machtpolitiker auf. Seit dem der Abfall der USA mit ihrer "Verräter-Oligarchie" (SWP) dem Christdemokraten den Vorwand geliefert hat, zu tun, was zu tun er vorher ausgeschlossen hatte, ist Friedrich Merz entsichert. Nichts wird ihn mehr stoppen. Er hat den alten Bundestag instrumentalisiert, um Deutschland in eine historisch einmalige Schuldenorgie zu stürzen. Er wird der Industrie den von den Bürgern subventionierten billigen Strompreis liefern, den die Ampel immer nur versprochen hatte. Und er wird auch die Wehrpflicht wieder einführen, aber langsam und im Gleichschritt mit dem anschwellenden Kriegsgeschrei in den Medien.
Zweifach übertrifft Friedrich Merz seinen Vorgänger schon vor seiner mutmaßlichen Wahl zum Kanzler. Einerseits ist er bereits jetzt deutlich unbeliebter als der bislang unbeliebteste Regierungschef der bundesrepublikanischen Geschichte. Andererseits hat er es geschafft, noch vor seinem Amtseid etliche Versprechen mehr zu brechen.
Leere Beschwörungsformeln
Merz hat alles abgeräumt, was ihm lästig werden könnte. Von einem "Zustrombegrenzungsgesetz" steht nichts im Koalitionsvertag, die "Wirtschaftswende" ist eine leere Beschwörungsformel, der "Bürokratieabbau" nur das seit Jahrzehnten gesprochene Gebet. Konkret wird Friedrich Merz sich - aus Gründen der Koalitionsarithmetik - ein Ministerium mehr gestatten. Das bisherige Bürgergeld wird nur umbeannnt. Und zur Stärkung des "Sicherheitsgefühls" der Bürger zielen Rot und Schwarz auf weitere Einschränkungen der Meinungsfreiheit. Die widerspruchsfreie Gesellschaft soll mitziehen und nicht quertreiben. Sie soll sich hingeben ohne zu zweifeln.
In Lars Klingbeil, einem Machtmenschen, der über Jahrzehnte alle sozialdemokratsichen Elitenbildungsprogramme durchlaufen hat, hat Merz einen idealtypischen Partner gefunden: Wie ihm selbst geht es seinem künftigen Vizekanzler vor allem um die eigene Person und die Erweiterung der Einflussmöglichkeiten der eigenen Partei. Ganz anders als jeder Eigenheimbauer oder Unternehmer, der erst überlegt, was genau er braucht und was das alles zusammen kosten wird, zäumen die beiden das Pferd von hinten auf: Scholzens Sondervermögen haben die beiden künftigen Koalitionäre kurzerhand verzehnfacht, ihre Geburtsdaten hinzuaddiert und die Multiplikationsbremse gelöst. Mal sehen, was sich damit anfangen lassen wird.
Neue Horizonte
Neue Horizonte für ein großes, wirtshcaftlich starkes Land. Die DDR war 1990 noch untergegangen, weil ihre Schuldenlast von 40 Milliarden Euro von den Bürgern nicht mehr getragen werden konnte. Die Bundesrepublik übernahm, die persönliche Schuldenlast jedes Neubürgers verdreifachte sich mit dem 3. Oktober 1990. In den darauffolgenden 34 Jahren stieg sie um ein weiteres Drittel. In den drei Wochen nach der Bundestagswahl erreichte sie dann den Rekordwert von nahezu 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Friedrich Merz verdient sich seinen Beinamen "der Größte" mit Bienenfleiß. Seit das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass es nur die glaubwürdige Verischerung einer Notlage braucht, um alle Ausgabewünsche zu finanzieren, gibt es keinen Augenblick mehr, in dem es nicht Notlagen hagelt. Bankenrettung, Pandemie, der nächste Weltkrieg - irgendwas ist immer. Und den Regeln nach kann ein kluger Kanzler mit den "frischen Milliarden" (Jan van Aken) tun, was er will: Brücken sind Verteidigung, weil sie für die Panzer gebraucht, die nach Osten rollen sollen. Bildung ist Infrastruktur, weil Drohnenpiloten lesen können müssen. Das Gleisnetz schließlich ist überlebenswichtig, dient es doch bald zum Transport von Truppen und Getreide an die vorderste Front.
Verteidigungsfrachkräfte aus Vietnam
Im Kanzleram, wo bald wieder über das Schicksal der Welt entschieden wird, sind sie zuversichtlich, dass Putin erst angreift, wenn Deutschland verteidigungsfit ist und auf Bergen von Panzern, Flugzeugen, U-Booten und Schlachtschiffen sitzt. Wer sie bemannen und bedienen wird, steht noch in den Sternen, womöglich werden Fachkräfte aus Indien, von den Philippinen und aus Vietnam angeworben. Zum Dank dafür, dass die Neuankömmlinge bereit sind, fürs neue Vaterland zu sterben, gäbe es den olivgrünen Reisepass zur deutschen Staatsbürgerschaft und ein Schulterklopfen: Ja, Steuer- und Abgabenlast in Deutschland sind hoch. Aber Mieten und Preise auch.
Aus Erich Honeckers Versprechen, dass "wir morgen leben werden, wie wir heute arbeiten", ist Merzens Versicherung geworden, dass es bei der Verpflichtung zur Klimaneutralität bis 2045 bleibt, ebenso beim Erdgasausstieg und dem geplanten Bau von 30 bis 40 Gaskraftwerken. Aus der Gefangenschaft durch die Schuldenbremse wird eine Inhaftierung durch den Ökosozialismus, über dessen Wahrheit und Klarheit weiterhin tausende von zivilgesellschaftlichen Vorfeldorganisationen wachen werden. Erst wenn der absolute Stillstand überall eingeklagt ist, ist für kommende Generationen ein Ende des Wohlstands abzusehen. Aber dank Friedrich Merz soll es jetzt schnell gehen.
2 Kommentare:
Foznfrizz ist der Gorlmorx unter den Bläckrockern
Die Zinsen für die 'frischen Milliarden' machen sich gut in den Büchern. Gut gemacht, Friedrich.
web.de zu van Aken: Frische Milliarden für die Bundeswehr, was macht das mit Ihnen, Herr van Aken?
Ich dachte die Frage 'was macht das mit ihnen' ist nur noch ein running gag in Journalismussatiren.
Nicht bei Rebecca Sawicki auf web.de.
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