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Alle Warnungen haben nicht gefruchtet: Statt geduldig auf die Wohltaten der schwarz-roten Koalition zu warten, entziehen die Bürger der SchuKo jetzt schon das Vertrauen. |
Der Chef ist abgetaucht. Kein Zeichen von Friedrich Merz, nirgendwo. Zu den jüngsten Turbulenzen an den Weltfinanzmärkten hat sich der kommende Bundeskanzler ebenso wenig geäußert wie zur weiteren Suspendierung der Arbeit des Bundestages. Der CDU-Chef schweigt schon seit Wochen. Das Volk hat bisher nur erfahren, dass alles anders werden wird, anders vor allem, als Merz selbst er versprochen hatte. Zu Einzelheiten bisher nur so viel: Lasst Euch überraschen!
Zu große Ungeduld
Die Ungeduld aber ist groß. Wie hoch werden die Steuern steigen? Wie offen bliebt die Grenze? Welche neuen Lasten werden CDU, CSU und SPD der Wirtschaft überhelfen? Worauf werden sie sich einigen, um die hart arbeitende Mitte stärker an der Last zu beteiligten, die es bedeutet, schlagartig ein Drittel mehr Zinsen zahlen zu müssen? Und worüber schließlich darf sich unsere Demokratie freuen? Wird sie gestärkt? Oder wird die neue Koalition der Versuchung nicht widerstehen können, die populistischen 551 Fragen zu den Pfeilern der demokratischen Grundordnung zu beantworten? Bleibt es bei der Abschaffung allzu lästiger Informationspflichten? Oder werden Staatsfeinde künftig generell mit einem Entzug staatsbürgerlicher Rechte abgeschreckt?
Noch verhandeln sie, schneller als gedacht, aber länger als geplant. Hinter verschlossenen Türen wuchern die Gerüchte. Sorgsam darauf bedacht, selbst gut dazustehen, streuen die Verhandler Details darüber, was sie alles schon haben durchsetzen können gegen die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler. Mit 16 Prozent der Stimmen, so werten es Beobachter, wird es die SPD wohl schaffen, lupenreine Ampel-Politik fortzusetzen. Und die Union ist drauf und dran, auf den letzten Metern ihrer langen Existenz als Volkspartei noch einmal zurückzukehren in die erfolgreiche Zeit unter Angela Merkel. Wir schaffen das. Jetzt sind sie halt da. Deutsche Grenzen lassen sich nun mal nicht schließen. Wer es doch tut? Dann ist das nicht mehr mein Land.
Pokerspiele im Hinterzimmer
Im Land drumherum um die Hinterzimmer, in denen sie um die Brieftaschen, Sparguthaben und Zukunftsaussichten von Millionen pokern, ist es verdächtig still. Kaum etwas dringt nach außen, allenfalls einige renitente Basisorganisationen der Union sind vor der Zeit auf dem Baum, bemüht, durch rechtzeitigen Protest das womöglich Schlimmste zu verhüten. Demonstrativ sind sie auf dem Baum, die konservativen Kräfte, die sich vom Friedrich Merz eine Rückkehr zu Kohl und Adenauer hatten versprechen lassen - und auf einmal wieder mit Merkel, Altmaier, Braun und Spahn aufwacht. Alles anderen warten wie gebannt darauf, Einzelheiten über ihr Schicksal, das ihrer Familien, Freunde, Firmen und Vermögen zu erfahren.
Keine Demonstrationen, kaum Petitionen und schon gar keine erfolgreichen. Die Medien hatten die gebrochenen Wahlversprechen nach 24 Stunden vom Tisch geräumt. Die Lage der Dinge nach dem Rauswurf Wolodymyr Selenskyjs aus dem Weißen Haus war eben, mit dieser These hatte Friedrich Merz alle Kritiker schnell überzeugen können, kaum mehr mit der zuvor vergleichbar.
Eine unumstößliche Regel
Wer in dieser Situation versucht, die "Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen schon vor ihrem Ergebnis zu verdammen", klagt der Welt-Reporter Robin Alexander, verstoße gegen eine unumstößliche Regel: "Beurteile eine Regierung nach 100 Tagen im Amt, und dann soll die Beurteilung noch vorsichtig ausfallen. Jetzt sind wir schon vor dem Amt." Alexander nennt die Sehnsucht so vieler, fünf Monate nach dem Zusammenbruch der Ampel-Koalition langsam mal wissen zu wollen, wie es und ob es überhaupt weitergeht, "Sofortismus“.
Die Zeit läuft anders ab in den Redaktionsstuben. Gestern ist gleich, morgen braucht Geduld. Doch das ehemalige Bürgertum, über Jahrzehnte der Geschichte der Republik bereit, willig jede Wendung mitzumachen, so lange ihm Besserung versprochen wurde, habe sich eine „kulturelle Aufladung gegen links und Mitte links" verpassen lassen. "Ein Teil des Bürgertums möchte nicht mehr aus der Mitte regiert werden, kann es nicht mehr ertragen, dass die CDU mit der SPD verhandelt. Und wenn sie mit den Grünen verhandeln würden, wäre es noch viel schlimmer."
Woher nur dieses Misstrauen
Was sind das nur für Reflexe? Woher kommt das Misstrauen? Woher die fehlende Zuversicht? Niemand versteht es, gerade mit Blick auf zurückliegenden drei Jahre. Es gibt keine rationale Erklärung außer der, dass dieses Bürgertum "in dieser Richtung täglich angespitzt wird von einer Publizistik, die sich aus der Mitte verabschiedet hat, die alles runterschreiben, alles unter Verratsverdacht stellen". Hat Friedrich Merz mit den im Handumdrehen aus dem alten Bundestag gezauberten Sondervermögen nicht gezeigt, dass er ein Mann ist, der zu seinem Wort steht? Nur manchmal hier und manchmal dort?
Nicht die Tatsachen spielen eine Rolle, sondern ihre boshafte Deutung, glaubt Robin Alexander. Die Verschwörungstheorie dahinter: Ergebnis dieser mächtigen Hetzkampagne gegen die kommende Koalition sind Umfragewerte, die die CDU in der Beliebtheit bei den Bürgern noch schneller abrutschen sehen als Weltbörsen, die Robert Habeck doch gerade zu neuen Höhenflügen motiviert hatte.
Verlorene Mehrheit
Die Koalition der Enttäuschten, deren mühsam ausgehandelte Kompromissformeln die besten Aussichten haben, schon am Tag der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages unzureichend und überholt zu sein, hätte in ihrer Zusammenstellung keine Chance auf eine Mehrheit, wenn heute noch einmal gewählt würde.
Bis zu diesem Punkt hatte Angela Merkel 16 und die Vorgängerregierung immer noch zweieinhalb Jahre gebraucht. Merz ist noch nicht einmal im Amt und er hat es schon geschafft. Wichtig ist das nicht. Gemeinsam mit den Grünen bekäme er immer noch eine kräftige Koalition zusammen. Und nach allem, was Union, SPD und die Grünen gemeinsam beim Rettungsschuldenpaket erreicht haben, wäre das inhaltlich kaum problematisch.
Die seit Ende Februar unablässig steigenden AfD-Werte sind trotzdem ein Problem. Gerade noch musste die CDU die in Teilen als gesichert rechtsextrem aktenkundige Partei an sich vorbeiziehen lassen. Nur vier Tage später helfen auch die Stimmen der CSU nicht mehr, die Brandmauerpartei zu distanzieren. Erstmals schaffen es CDU und CSU nur noch gemeinsam auf Augenhöhe mit der größten Oppositionspartei. Mit 24 Prozent liegen beide erstmals gleichauf.
Mitte und Rand auf Augenhöhe
Seit Friedrich Merz seine Kanzlerkandidatur antrat, hat seine Partei acht Prozent ihrer Wählerstimmen verloren. Die AfD legte in derselben Zeit um sechs Prozent zu. Besser hat die Partei, die Friedrich Merz bei seinem Dienstantritt als CDU-Chef noch hatte halbieren wollen, noch nie abgeschnitten. Setzt sich diese Entwicklung fort, steht die AfD im Frühherbst bei mehr als 50 Prozent. Friedrich Merz mit seiner Union und Lars Klingbeil mit der SPD hätten dann immer noch die Wahlen gewonnen. Das Land aber verloren.
Es braucht nun einen großen Wurf als Koalitionsvertrag, um den Trend zu drehen. Die SchuKo muss liefern und alle Erwartungen bedienen, denn weniger wird nicht reichen. Nur mit Helikoptergeld, sinkenden Steuern, höheren Strafen für Reiche, sicheren Grenzen und einer umfassenden Willkommenskultur, knallharten Zurückweisungen und erweiterten Programmen zur Familienzusammenführung, dem Ausbau des Schuldenstaates, des Schutzes der Meinungsfreiheit durch strengere Regeln und einem baldigen entschlossenen AfD-Verbot kann verlorengegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden.
2 Kommentare:
Doch das ehemalige Bürgertum ...
Fritze Engels behauptete einst, dass ein Großteil der deutschen Bourgeoisie
von vor ungefähr 700 Jahren ausgebüxten Leibeigenen (Stadtluft macht frei) abstamme,
und so sieht es in der Tat aus.
<< Tom62 6. April 2025 at 16:59
@ Mantis 6. April 2025 at 16:27
Verfassungsgericht: Staat muss sich gegenüber der AfD nicht neutral verhalten
Das Rheinland-Pfälzische Landesverfassungsgericht hat entschieden, dass Äußerungen von Regierungsmitgliedern gegen die AfD mit der Landesverfassung vereinbar sind.
Diese von Manu Dreyer (SPD) offenbar „bestellte“ Falschentscheidung des LVerfG in Rheinland-Pfalz widerspricht der geltenden Rechtsprechung von Karlsruhe über die verpflichtende Neutralität des Staates diametral und wird von daher, wie ich anhand der Äußerungen bekannter Verfassungsrechtler vermute, kaum einen längeren Bestand haben. >>
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Mit seiner Vermutung liegt der fromme Onkel Tom62 sehr wahrscheinlich falsch.
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