Freitag, 25. April 2025

Der Pate: Die Welt ist sein Feld

Klaus Schwab WEF Vorwürfe Gemälde
Klaus Schwab wurde lange vorgeworfen, dass er die Welt regiere. Gemälde: Kümran, Ölfarbe auf Leinen

Er war der, an dessen Fäden die Welt zu tanzen schien. Ein Weltkriegskind aus Ravensburg, das erst Maschinenbau machte und dann den globalen Umbau anging. Klaus Schwab, Sohn eines Fabrikanten, studierter Techniker und später Doktor der Wirtschaftswissenschaften, war 60 Jahre alt, als er beschloss, mit dem Social Entrepreneurship eine gänzlich neue Industriebranche zu gründen. Ins Deutsche kaum adäquat übersetzbar, ist das soziale Unternehmertum seitdem zu einem Milliardengeschäft geworden.  

Hauptprodukt Gutes

Kein Online-Gigant kann sich ohne soziales Engagement sehen lassen. Kein fossiler Dinosaurier kommt ohne Spenden für den guten Zweck aus. Und das sind nur die kleinen Fische. Klaus Schwab empfahl das Gutsein nicht als Abfallprodukt der Güterherstellung oder Ablasszahlung für angerichtete Schäden an Natur, Umwelt, Klima und Gesellschaft. Sondern als Hauptprodukt: Social Entrepreneure handeln mit guten Gewissen, sie beaufsichtigen die im ganz normalen Alltag gefangenen Firmen, Behörden und Einzelpersonen und lenken die Zivilisation auf diese Weise in die richtige Richtung.

Die Pioniere der Schwabschen Schule begannen ihr Werk noch als Freiwillige. Ehrenamtlich engagierten sie sich nach besten Kräften und so lange das Geld reichte. Sie schufen durch Entsagung und Hartnäckigkeit die Grundlagen dafür, dass die Staaten später zu Hilfe kamen: Je mehr Gutes getan wurde, desto deutlicher wurde, dass überall noch nicht genug Gutes getan war. Aus kleinen Hinterhofbüros mit Möbeln vom Schutt wurden schicke NGOs mit Etats wie kleine Fürstentümer. 

Die Erfindung der Sozialindustrie

Heute ist die von Klaus Schwab erfundene Sozialindustrie ein weltweites Phänomen. In Deutschland haben  staatlich finanzierte Start-ups wie die Amadeu-Antonio-Stiftung, das Medienportal Correctiv und der Verein HateAid eine beispiellose Erfolgsgeschichte geschrieben. Wobei beispiellos nur richtig ist, so lange Schwabs eigene Laufbahn nicht zum Vergleich herangezogen wird.

 Denn der heute 87-Jährige baute seine kleine Geschäftsidee im dritten Lebensdrittel zu einem Welterfolg aus: Mit dem World Economic Forum, 1971 als European Management Conference gegründet und 1987 in Weltwirtschaftsforum umgenannt, schuf der Visionär eine Machtmaschine, deren jährliche Treffen im schweizerischen Davos zu Hochämtern des Menschheitsmanagements wurden.

Nicht unter fünf Milliarden

1.000 Unternehmen sind Mitglied, keine Klitschen, sondern jedes nicht unter fünf Milliarden Jahresumsatz. Schwabs Truppe, ursprünglich eine Schweizer Stiftung, finanziert Studien, es vergibt Preise, fördert unter der Überschrift "Global Shapers" Menschen zwischen 20 und 30 Jahren, denen die WEF-Experten Potenzial für zukünftige Führungsrollen in der Gesellschaft zubilligen. Aus dem Treffen in Davos sind dauernde Veranstaltungen überall auf dem Globus geworden, darunter das "Jahrestreffen der New Champions", das stets in China stattfindet. 

Schwab missioniert für den "Great Reset", den Druck auf eine Taste, nach dem mehr Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und weniger Klima hergestellt sein soll. Und er fordert das "Great Redesign", einen kapitalismuskritischen Umbau der Zivilisation für die Masse, gelenkt von Vordenkern wie ihm, der sich ein Jahressalär von rund einer Million Schweizer Franken zahlt. Doch das Geld ist ja da, das WEF erhält hohe öffentliche Zuschüsse und muss in der Schweiz keine Bundessteuern zahlen.

Der Beichtvater der Elite

Schwabs Klientel ist die Elite. Ohne nach demokratischer Legitimation zu streben oder sie auch nur vorzuspielen, gelang es dem globalen Kommunikator, das jährliche Bilderberg-Treffen selbst in den Augen von Verschwörungstheoretikern wie das Klassentreffen einer sächsischen Vorschulklasse aussehen zu lassen. Beim WEF wurden die großen Dinge besprochen, die großen Pläne geprüft, die langen Linien gezogen. Klaus Schwab war die Personifizierung einer Rettung der Welt durch eine Führungspersönlichkeit aus der internationalen Wirtschaft, der nie ein Unternehmen selbst geleitet, aber zahlreiche Orden, Ehrenzeichen und Ehrenprofessorenwürden erhalten hat.

Dass der Großvater der in der Schweiz seit 2014 als "anderes internationales Organ" im Sinne des Gaststaatgesetzes geführten Weltberatungsorganisation jetzt überraschend seinen Rücktritt einreichte, ausgerechnet am Tag, an dem der Papst starb, lässt die Weltplanung für einen Moment kopflos zurück. Erst vor einem Jahr war Schwab auf den Posten des Executive Chairman auf den Vorsitz des Kuratoriums gewechselt, nur Ehefrau Hilde und Sohn Oliver halten als "Seele des WEF" (Schwab) und Statthalter in China die Familie im Spiel bei der "Gelddruckmaschine" (Süddeutsche Zeitung) für den guten Zweck. Und nun ist er ganz weg, beiseitegedrückt von "Anschuldigungen, dass er und seine Frau Geld abgezweigt hätten" (Die Welt). 

Schock in der Helfergemeinschaft

Geld wovon? Wozu? Wessen? Das WEF hat eine Untersuchung angekündigt, doch die globale Helfergemeinschaft steht unter Schock. Schwab, der das Familienunternehmen WEF seit mehr als einem halben Jahrhundert unumschränkt und mit Finanzberichten geführt hatte, die weder Einnahmen noch  Ausgaben aufschlüsseln, ging so eilig, dass er - anders als es für deutsche Ministerpräsidenten vorgeschrieben ist - nicht einmal seinen Nachfolger noch aussuchen und ernennen konnte. Das Ende kam plötzlich, es kam auch für den rüstigen Greis als so harter Schlag, dass Klaus Schwab 48 Stunden brauchte, ehe er die inzwischen öffentlich gewordenen Vorwürfe entschieden zurückwies.

Der Vize-Chef des Gremiums, Peter Brabeck-Letmathe, ein 80-jähriger EX-Chef des Lebensmittelkonzerns Nestlé, muss vorerst einspringen. Brabeck-Letmathe war öffentlich zuvor kaum jemals als Weltvordenker aufgefallen. Jetzt schlägt seine Stunde. Es gilt, zu retten, was von Schwabs Lebenswerk noch übrig ist. Beim WEF, das zuletzt nicht einmal mehr die früher gewohnten leidenschaftlichen Proteste hervorrief, geht es ums Überleben. 

Das Charisma des Gründers

Wie jedes Familienunternehmen lebt auch das "Forum" von der patriarchischen Figur im Mittelpunkt, vom Charisma eines Gründervaters, der aus einer fantastischen Vision einen zuverlässig schnurrenden Weltkonzern gemacht hat. Schwab füllte diese Rolle aus, in rätselhaften Kostümen und mit Forderungen wie der, "dass wir den Kapitalismus neu definieren müssen". Wer "wir" ist und ob der Kapitalismus durch eine neue Definition abgeschafft oder fit für höhere Profite gemacht werden soll - Schwab genoss und schwieg.

Das machte einen Teil seines Erfolges aus, der auch ein finanzieller ist. Das Stiftungskapital des WEF, öffentlich nicht näher beziffert, liegt nach Schätzungen heute bei mindestens 30 Millionen Schweizer Franken. Dazu kommen erhebliche und noch stillere Reserven von mehr als 130 Millionen Euro. Das Unternehmen machte im Geschäftsjahr Juli 2023 bis Juni 2024 440 Millionen Franken Umsatz. Genug, um sich zuletzt sogar deutlich stärker als früher mit einem symbolischen Beitrag an der Finanzierung der Sicherheitsmaßnahmen rund um das Treffen in Davos zu beteiligen. 

Sturz der Weltregierung

Einen solchen Giganten mit einem anonymen Brief auszuhebeln, in dem ein Whistleblower offenbar so glaubwürdige und nachvollziehbare Vorwürfe erhebt, dass das WEF seinem Gründer inzwischen Hausverbot erteilt hat, ist ein starkes Stück. Dass Regierungen zuweilen über die eigenen Füße stolpern wie die Ampel oder Imperien auseinanderbrechen, weil die Fliehkräfte das Zentrem auseinanderreißen, ist aus der Geschichte hinlänglich bekannt. Doch dass auch eine der Weltregierungen auf diese Weise in die Bredouille gerät, hätte bis vor einigen Tagen wohl niemand für möglich gehalten.

Plötzlich zählt nicht mehr, dass es Schwab war, der die damals noch ganz frische Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu inspirierte, auf dem Treffen der Weltelite die Schaffung einer "Charta des nachhaltigen Wirtschaftens" zu fordern, die damals noch nicht vorbestrafte EZB-Chefin Christine Lagarde inspirierte, vor sozialen Unruhen in Europa zu warnen, und den Präsidenten der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet 2013 beklatschte, als er erklärte, dass dem Euro durch die Finanzkrise keine Gefahr drohe.

Angriffe auf den Paten

Undank ist der Welten Lohn. Ähnliche Vorwürfe wie jetzt hatte Klaus Schwab schon im vergangenen Jahr entschieden zurückgewiesen. Sie waren so sanft vorgebracht worden, dass sie das ehemalige Nachrichetnmagazin "Der Spiegel" nur in seinem Supplement "Manager Magazin" veröffentlichte - und auch erst mit einem Monat Verspätung, als der Pate sie wohlbehalten überstanden hatte. Eine Klage gegen das WEF war später zurückgezogen worden. 

Jetzt aber geht es nicht mehr nur um Belästigung und Diskriminierung von Mitarbeitern aufgrund ihrer Rasse und ihres Geschlechts, sondern um Geld, dass Schwab und seine Frau "für persönliche Zwecke verwendet" haben soll. So habe Schwab Mitarbeiter veranlasst, für ihn "tausende Dollar" in bar abzuheben. Seine Frau Hilde soll  Luxusreisen "aus Anlass von WEF-Treffen" über das Forum abgerechnet haben. 

Gegen Schwabs Warnung

Nichts, was nicht überall dort üblich ist, wo öffentliche Gelder ohne Kontrolle verschwendet werden können. Doch weil die Schweizerische Stiftungsaufsicht sich in der Causa einmal mehr als unabhängiges Kontrollorgan inszenieren will, musste das WEF-Kuratorium eine interne Untersuchung einleiten. Klaus Schwab selbst soll sich noch dagegen ausgesprochen haben. Vergeblich - die Machtbasis des Mannes, in dessen legendärem Adressbuch die Privatnummern aller eingeschworenen Angehörigen der globalen Machtelite stehen sollen, war schon zu sehr erodiert. Die seit einem Jahr über dem Erbe des sympathischen Gesichts des WEF kreisenden Geier schlugen gnadenlos zu.

Schwab wurde vor die Tür gesetzt. Ein Lebenswerk in Minuten zermalmt. Ungeachtet dessen, hieß es aus dem Leitungsgremium der Weltregierung, bleibe das WEF "seinen Grundsätzen voll und ganz verpflichtet" - eine Anspielung auf die von Klaus Schwab verkündete Mischung von Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und moralischer wie intellektueller Integrität, die die private NGO über Jahrzehnte befähigt hat, großen Wert auf den Schutz von menschlichen Werten und die Wahrung von Ethik und Integrität zu legen. 


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

warum hat er keine biznessjetmassagefreizeitweiterbildung in Bankock gebucht . aber so : einfach mal den Mitarbeiter in die Bank schicken um Kohle zu holn . das ist doch eher schlicht .Dr.Sepp , Fachbereichsleiter intelligente Kriminalität an der katholischen Fachhochschule St.Flohrian .

Anonym hat gesagt…

Da wird sich ja jetzt einiges ändern beim WEF. Naja kleiner Scherz.
Vielleicht war olle Klaus einfach zu sehr zu einer Karikatur geworden. Da nimmt statt des Deutschen lieber den Österreicher, ausgerechnet.

Dumm_Michel hat gesagt…

die nummer läuft weiter wie bisher, nur dass jetzt von co2 auf wasser umgestellt wird: https://www.armstrongeconomics.com/international-news/great-reset/meet-schwabs-successor-peter-brabeck-letmathe/