Mittwoch, 26. März 2025

Zu spät als nie: Aufbruch zum AfD-Verbot

Das AfD-Verbot wäre der Anfang vom Ende der Misere der demokratie
Es wird höchste Zeit, die demokratischen Samthandschuhe auszuziehen.

Mit einer weiterentwickelten Parlamentstradition, einem wüsten Geschimpfe über die Brandmauer hinweg und einer nichts weniger als historisch zu nennenden rede des seit 30 Jahren und neuen Monaten im Deutschen Bundestag sitzenden Gregor Gysi beginnt es, das nächste Kapitel des Erwachsenwerdens der deutschen Demokratie. Gysi redet Bismark das Wort. Er lobt Wolfgang Schäuble. Er nennt Karl Marx einen der weltweit bekannten Deutschen, nach dem doch zumindest eine deutsche Universität benannt werden sollte.

Erfahrung ist alles

Der Mann, der nie IM "Notar" war, wie er sich schon verschiedentlich von Gerichten hat bestätigen lassen, hält eine launige Ansprache, die niemanden enttäuscht, der nichts erwartet hatte. Gysi gefällt es sichtlich wohl, in der demokratischen Mitte angekommen zu sein und endlich auch vom Unionskollegen Thorsten Frei gelobt zu werden. Der Vertreter des kleinen konservativen Flügels in der CDU lobt nicht Gysi, sondern seine Ausdauer. "Wer langjährig in den Bundestag gewählt wurde, hat sich diese Erfahrung erarbeitet", sagt er, und dass er glaube "es ist richtig, dass wir einen Alterspräsidenten haben, der Erfahrung und Souveränität aufgrund der Dauer der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag hat".

Was lange währt, wird gut, die rote Socke bleicht aus und wird zur weißen Weste. Während die vielen, vielen AfD-Vertreter die Versammlung auf Notsitzen verfolgen, zeigt Gregor Gysi am Pult, warum er über alle ideologischen Brandmauern so beliebt ist. Seine Rede hat nichts von einem Ruck, sie ist eher Flüstern als Schreien. Fast wirkt es trotz seiner Beteuerungen, wie schwer doch die Zeiten gerade wieder seien, als könne nichts den Start in eine neue Legislaturperiode beschweren, so lange es alle mit allen reden, außer mit denen.

Neue Tradition

Wer gemeint ist, daran besteht kein Zweifel. Die AfD hatte zuvor bereits gezeigt, dass sie nicht reif ist für den Posten des Alterspräsidenten, den nach den alten demokratischen Regeln vor der Weiterentwicklung wieder einer ihrer Abgeordneten hätte einnehmen müssen. Ein Beschluss von 2017, als die Gefahr zum ersten Mal drohte, verhinderte es. Jetzt schimpft ein Parteivertreter deftig über diese demokratische Entscheidung. Die Gegenredner freuen sich darüber. Gregor Gysi sitzt lächelnd am Präsidiumspult und wie Petra Pau, die die DDR-Pionierorganisation erst mitaufbaute, sie dann auflöste und schließlich den Hühnerhaufen Bundestag als langjährige Vizepräsidentin führte, macht einer von der Linken die Ansagen.

Die Harmonie ist schön anzusehen. Die Brandmauer steht. Doch die Zweifel wachsen. In einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa hat die in Teilen als rechtsextremistisch eingestufte Partei ihren Rückstand auf die Union auf nur noch 3,5 Prozentpunkte verkürzt. Mit 23,5 Prozent der Stimmen erreicht sie nach drei Wochen Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen den höchsten jemals gemessenen Wert. Fast drei Prozent Plus in nicht einmal einem Monat. Läuft die Werbekampagne für die Rechtsextremen weiter so glatt, drohen sie alle Parteien der Mitte bis zum Herbst deutlich zu überflügeln.

Auch, weil die bei der Bundestagswahl knapp siegreiche Union verliert. Zwei Punkte haben sie das Superschuldenpaket und die ersten Gerüchte über die Sondierungsergebnisse gekostet. Friedrich Merz und die Seinen kommen nur noch auf 27 Prozent der Stimmen, sieben weniger als noch vor vier, fünf Monaten. Ein erster Erfolg eines klaren Kurses zur Stärkung der Ränder: Nach der Linkspartei, die vor einem Jahr mausetot war und jetzt mit mehr Abgeordneten im Bundestag vertreten ist als im Parlament zuvor, schickt sich auch der Rand gegenüber an, die demokratische Mitte zu marginalisieren. 

Bedrohlicher Randruck

Ein Randruck, der den Bundestag zu einem Hufeisen macht. Mehr ein Drittel der Stimmen der Wählerinnen und Wähler gehen derzeit an Parteien, die von der Mitte aus gesehen als nicht demokratisch oder nur eingeschränkt demokratiefähig gelten. Ein Trend, der vor 15 Jahren noch nicht einmal zu erahnen war, als die Linke als einzige extremistische Partei im Parlament auf nicht einmal zwölf Prozent der Stimmen kam.

Und die ganze Wahrheit ist noch schlimmer. Da von den 27 Prozent für die CDU/CSU sechs Prozentpunkte auf die CSU entfallen, ist die AfD mit ihren 23 oder 23,5 Prozent aktuell bereits die eigentlich stärkste deutsche Partei. 2,5 Prozentpunkte liegt sie vor der letzten Volkspartei, deren schmale 21 Prozent an den letzten großen Wahlsieg der deutschen Sozialdemokratie erinnern. Ja, nach Ansicht der Demoskopen hat die AfD ein maximales Wählerpotenzial von 30,5 Prozent. Mehr geht nicht. Doch wer wird es wagen, auszuprobieren, ob das stimmt?

Zurück zu alter Größe

Der neue Aufbruch, er muss auch einer sein zu härteren Maßnahmen. Das AfD-Verbot, im alten Bundestag kleinlaut beerdigt, steht zweifellos vor einem Comeback. Schon mahnen die Gazetten mit historischen Vergleichen, schon drängen die Beobachter auf neuen Stoff aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz. Gelänge es, das Verbotsverfahren endlich anzuschieben, so die Rechnung, gewänne die Union wieder Zugriff auf ihr ganzes Wählerpotenzial von 42 Prozent, die SPD wüchse schlagartig mit  39,5 Prozent zurück zu alter Größe und selbst für die Grünen, die FDP, das BSW und die Linke würde diese oder jene Stimme abfallen.

Gregor Gysi hat in seiner Eröffnungsrede besorgt darauf verwiesen, wie Donald Trump in den USA eine mehr als 250 Jahre alte Demokratie abbaue, um das Land ebenso effizient führen zu können wie das Präsident Xi mit seinem China tue. Deutschland müsse nun beweisen, dass auch Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit zu Effizienz fähig seien. Ein kurzer Prozess, um die Freunde Russlands und Amerikas vom quertreiben abzuhalten, würde dabei helfen.

Wir im Parlament

Lars Klingbeil  der neue starke Mann der schwächsten SPD aller Zeiten, hat das verstanden. "Der Block der AfD ist größer geworden und das wird uns herausfordern", hat er die Strategie für die kommenden Jahre festgezurrt. "Wir werden", stellte er für alle Abgeordneten klar, die nicht auf Notsitzen Platz nehmen mussten, "jeden Tag als Parlament damit beschäftigt sein, unsere Demokratie zu verteidigen. Und wir müssen zeigen, dass wir in der Lage sind, unser Land zu verändern, unser Land besser zu machen."


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

<<< Gysi: Bauernschlau vielleicht, aber nicht intelligent
Posted on März 25, 2025 by Michael Klein >>>
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Da irrt der Meister gewaltig - er geht davon aus, dass (((Notar))) uns im Grunde wohl will.
Gregors (((Vater))) sah NOCH typischer aus ... (((Die))) sind gerade dabei, die Gans mit den goldenen
Eiern zu schlachten - aus Kalkül, nur zum kleineren Teil aus religiöser Besengtheit.
(Wer hat das Gleichnis mit den Langhornrindern gelesen?)

Die "AfD" wird verboten, wenn das nötig ist. Derzeit ist sie nützlich - für die einen als Hoffnungsschimmer, für die anderen als Watschenmann.
)

Anonym hat gesagt…

Aber andererseits - wäre er wirklich i n t e l l i g e n t, würde er diesen Tikkun-Olam-Scheiß nicht mitmachen.

Wer mit dem Begriff nichts anfangen kann - vergesst Bolschewikiblödia. Die erklären das etwa so, wie "Dschihad" wäre "Anstrengung im Glauben", und nicht etwa Hälse abschneiden.

Anonym hat gesagt…


Traditionen – Social Conformity
26.3.2025 15:10
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z.B. wohlfeile Eselstritte gegen Adolf, Sepp, Hermann ... Eine Art Ritual ...

Anonym hat gesagt…

OT Hadmut schlägt das verkackte Medienpack mit den Ghibli Meme News.

Schade dass D zur Hölle fährt, jetzt wo es lustig wird. Vielleicht landet ja doch noch Musk mit einer Rakete in Berlin und ersetzt den dampfenden Haufen Schei im Reichstag durch eine AI.

Die Anmerkung hat gesagt…

Ghibli is over, muppets are now.

https://x.com/andyorsow/status/1904906645320458599

Die Anmerkung hat gesagt…

Für den Freundeskreis Karl Marx hier im Kommentarkeller. Mit Prompt.

https://x.com/minchoi/status/1904689072351641652

ppq hat gesagt…

toll