![]() |
Die SchuKo in Berlin ist entschlossen, der Politik die schärfste Waffe zur Wählerüberzeugung aus der Hand zu schlagen: Schon in Kürze sollen Politiker nicht mehr lügen dürfen. |
Da geht nun endlich mal eine "Koalition der Problemlöser" (Jens Spahn) an den Start, die Vertrauen zurückgewinnen will. Friedrich Merz und Lars Klingbeil, Saskia Esken und Carsten Linnemann sind zu allem entschlossen, um allen alles zu geben, was sie so lange vermisst haben. Ein Gefühl des Aufbruchs. Den Eindruck, dass es "wieder nach vorne" geht, wie Friedrich Merz im Wahlkampf hatte plakatieren lassen.
Die Liebe der Deutschen zur Obrigkeit
Dass es schnell gehen wird, bis die Liebe der Deutschen zu ihren Führerinnen und Führern wieder in voller Blüte steht, davon geht niemand in Berlin aus. Doch dass noch lange gewartet werden kann, erscheint auch ausgeschlossen. Zu bedrohlich ist die Lage, in der innen- wie außenpolitische Unsicherheiten immer wieder Raum für Feinde der Demokratie lassen, um Zweifel zu wecken, mit Hass gegen bewährte Institutionen zu hetzen oder Hohn über einzelne Vertreter staatlicher Interessen auszuschütten.
Viel ist versucht worden, um das Aushandeln des Zusammenlebens sicherer zu machen. Vor einem Jahr erst reagierte die damalige Notregierung mit einem Hohnverbot auf fortgesetzte Versuche von rechts, Humor als Waffe gegen die Meinungsfreiheit zu nutzen. Satire darf seitdem alles, aber nicht im Bezug auf jeden.
Geschützt hinter der Brandmauer
Amtsträger sind durch eine Brandmauer aus Majetätsbeleidigungsparagrafen eigens vor Nachstellungen geschützt. Der Staat selbst ist durch das Verbot der staatsgefährdenden Delegitimierung krisensicherer geworden, ohne deshalb vollumfänglich in die vordemokratischen Verhältnisse zurückzufallen, die noch das Reichsstrafgesetzbuch (RStGB) von 1871 vorgesehen hatte. Damals konnten Querdenker und Staatsleugner noch wegen der Beleidigung ihres "Landesherren" oder des "Bundesfürsten" abgestraft werden.
Ab 1922, hundert Jahre vor Inkrafttreten der ersten Ampelregierung in Berlin, trat das erste "Gesetz zum Schutz der Republik" in Kraft. Erstmals gelang es damit, eine nichtpersonifizierte Staatsform selbst unter Schutz zu stellen. Eine Idee, die 1932 mit der "Verordnung zur Erhaltung des inneren Friedens" ausgebaut wurde, nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches aber zunehmend erodierte.
"Schwarz-rot-gelb" als Verleumdung
Hielten es höchste Richter in den frühen Jahren der Bundesrepublik noch für ein böswilliges Verächtlichmachen der jungen Republik, sie als "Bonner Staatsgebilde" zu bezeichnen, das neben dem "von Übermacht zu Boden gedrückten Reiche" wie "eine frisch gestrichene Coca-Cola-Bude" aussehe (BGHSt 3, 346) und die Bezeichnung des Landes Niedersachsen als "Unrechtsstaat" ebenso als einschlägig verurteilten wie die Bezeichnung der Nationalfarben als "schwarz-rot-gelb", kippte der Trend später in Richtung lasch und nachsichtig.
2008 hob das Bundesverfassungsgericht eine Verurteilung wegen der Bezeichnung der aktuellen deutschen Farben als "Schwarz-Rot-Senf" als verfassungswidrige Verletzung der Meinungsfreiheit auf. Auch eine Bezeichnung als "verkommen" müsse der Staat dulden, denn freie Rede bedeute nicht, dass Bürger "die Wertsetzungen der Verfassung persönlich zu teilen" verpflichtet seien.
Der duldsame Staat
"Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht", hieß es im Urteil. Aus Art. 5 Abs. 1 GG erwachse ein "besonderes Schutzbedürfnis der Machtkritik", denn "anders als dem einzelnen Staatsbürger kommt dem Staat kein grundrechtlich geschützter Ehrenschutz zu", so dass er " grundsätzlich auch scharfe und polemische Kritik auszuhalten" habe.
Gerade die Zulässigkeit von Kritik am System sei "Teil des Grundrechtestaats" und die "Schwelle zur Rechtsgutverletzung erst dann überschritten, wenn aufgrund der konkreten Art und Weise der Meinungsäußerung der Staat dermaßen verunglimpft wird, "dass dies zumindest mittelbar geeignet erscheint, den Bestand der Bundesrepublik Deutschland, die Funktionsfähigkeit seiner staatlichen Einrichtungen oder die Friedlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden".
Aufgabe Eigenschutz
Hohe Hürden, die eine Regierung zum Eigenschutz zu überwinden hat, ist es ihr doch nach den Urteilen früherer Verfassungsrichter nicht gestattet, mit Verboten gegen den "Inhalt einer Meinung", sondern allenfalls gegen die "Art und Weise der Kommunikation" vorzugehen. Die Bundesinnenministerin und der Präsident des Bundeskriminalamtes und der damals noch amtierende Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) versuchten es mit dem erlassenen Hohnverbot dennoch. Ohne offizielle und aufwendige Gesetzesänderungen machten sie allen, die die Versuchung in sich spürten, zu sagen, was sie denken, klar, dass Verhöhner es "mit einem starken Staat zu tun bekommen" würden.
Ein funkelnagelneuer Phänomenbereich "verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates" entstand. Ein Netzwerk von Meldestellen und privatwirtschaftlich organisierten Initiativen zur Erfassung von Bestrebungen entstand, um Angriffe zu erfassen, "die durch die systematische Verunglimpfung und Verächtlichmachung des auf der freiheitlichen demokratischen Grundordnung basierenden Staates und seiner Institutionen bzw. Repräsentanten geeignet sind, das Vertrauen der Bevölkerung in diese Grundordnung zu erschüttern" (vgl. BT-Drs. 20/774).
Drei Jahre Haft
Zwar wurde das "Verhöhnen des Staates" dadurch nicht zu einem echten Straftatbestand des Strafgesetzbuches (StGB). Doch ohne allzu strikte Grenzziehung zur "Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole (§ 90a StGB, Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe) ließ sich zumindest medial ein Klima der Angst schaffen, bei dem so mancher zweimal überlegte, ehe er beschloss, nicht selbst auszuprobieren, was man vielleicht doch noch hätte sagen dürfen.
Wird heute schon ausreichend streng bestraft, wer durch das Verbreiten eines Inhaltes Organe der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder angreift? Oder braucht es zur Durchsetzung eines umfassenden Ehrenschutzes für Parlamente, Behörden und öffentliche Institutionen der Einführung eines Straftatbestandes, der das Äußern falscher Tatsachen strikt unter Strafe stellt?
Teil der Politikwende
In den Hinterzimmern der Koalitionsverhandlungen der künftigen SchuKo scheint die Entscheidung gefallen. Angesichts des Gemäkels und Bemängelns der offiziell noch gar nicht vorgestellten Details der großen "Politikwende" (Friedrich Merz) haben Union und SPD sich entschlossen, die traditionelle öffentliche Kommunikation weitgehend zu beenden. Laut Grundgesetz sei "die bewusste Verbreitung falscher Tatsachenbehauptungen durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt".
Die SchuKo hat sich deshalb jetzt kurzerhand darauf geeinigt, Lügen strafbar zu machen - Strafrahmen derzeit noch unbekannt. Zielgruppe aber klar umrissen: Seit Otto von ist bekannt, dass niemals so viel gelogen wird "wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd". Immer haben das sowohl die Bevölkerung als auch die Medien als Teil der politischen Kultur im Land geduldet, ja, stillschweigend akzeptiert und zeitweise sogar beklatscht.
Schlimmer als nach der Jagd
Von "es wird niemandem schlechter gehen" (Helmut Kohl) bis zu "keine Steuererhöhungen nach der Wahl" und "Deutschlands Grenzen lassen sich nicht bewachen" (Merkel) bis zur "Pandemie der Ungeimpften“(Jens Spahn), "Lockdowns im Freien sind effektiv"(Lothar Wieler) und der "sofortigen Grenzschließung für alle Flüchtlinge" (Friedrich Merz) führt eine gerade Linie zum neuen Lügenverbot.
Um Vertrauen wiederzuerlangen, soll es Politikerinnen und Politikern künftig untersagt sein, aus taktischen Gründen zum Betrug zu greifen, etwa indem Wählerinnen und Wählern die Auszahlung eines sogenannten Klimageldes versprochen, um die steil ansteigende neue CO2-Steuer zu kompensieren oder die Meinungsfreiheit zum Erzählen von Märchen wie dem des sich unaufhaltsam nähernden Aufschwungs bei Stimmung zu halten.
Auch die Verbreitung von Horrorgeschichten aus den Pressestellen von Terrororganisationen, aus Propagandagründen nachgeschärfter Grafiken und krude Wahlumfragen wäre dann strafrechtlich relevant: Von Amts wegen träten Staatsanwälte in Aktion, um Politikern, öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern und in den Grauzonen der Gefälligkeitsforschung tätigen Wissenschaftlernden das schmutzige Handwerk zu legen.
Diskussionen nur noch mit Tatsachenmaterial
Friedrich Merz geht mit dieser neuen, gemeinsam mit SPD-Chef Lars Klingbeil entworfenen neuen und umfangreichen Schutzbestimmung ein gewaltiges Risiko ein. Zwar wird es die künftig allein die Wiedergabe staatliche bestätigter Tatsachen beschränkte Meinungsfreiheit bald nicht mehr erlauben, beleidigende und hasserfüllte Ansichten zu teilen, laut denen der CDU-Chef sich "an die Macht gelogen" habe, wie es der früher führende Grüne Anton Hofreiter in einer letzten Aufwallung behauptet hat.
Doch gerade in der Übergangszeit vom gewohnten alten Meinungsrecht zu den neuen gesetzliche Begrenzungsregelungen, die im politischen Berlin auch als "Lügenbremse" bezeichnet wird, kann es zu Verwerfungen kommen. Was vor zwei Jahren noch als nahezu grenzenloses Recht beschrieben wurde, nach dem "jeder in Deutschland alles sagen und schreiben könne, so lange es sich nicht um "Beleidigungen, Hass und Hetze und Verstöße gegen gesetzliche Regelungen wie z.B. den Jugendschutz" handele, erfährt mit der neuen Engführung eine strenge Begrenzung.
Politik beschränkt sich selbst
Die Politik verlierte ihre bisher straflos genutzte Möglichkeit, zu lügen, wo immer es angebracht schien. Es wird künftig unmöglich, mit sogenannten "Wahlversprechen" beim Bürger zu punkten, weil den Versprechenden nach gewonnener Wahl die Gefahr droht, vor Gericht und im Gefängnis zu landen.
Dass Friedrich Merz nach der Abschaffung des bisherigen Rechts zur Lüge (§ 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB) selbst als erstes Opfer der Neuregelung einfährt, ist allerdings nicht sehr wahrscheinlich. Das lange umfassend geltende Rückwirkungsverbot ist zwar in den zurückliegendenden drei Jahrzehnten immer wieder beschnitten und in Fällen gesellschaftlich notwendiger Entscheidungen aufgehoben worden, dürfte aber in diesem Fall im Koalitionsvertrag festgeschrieben werden. Zu angespannt ist die innere und äußere Lage, als dass Lügen wären damit erst vom Tag der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt strafbar.
Straffrei in der Übergangszeit
Eine deutliche Erleichterung privaten Umgang der Bürger miteinander, denn vorerst blieben Lügen straffrei und eine Täuschung durch das gezielte Provozieren eines Irrtums bei einem anderen, um ihn "zu einer Fehlvorstellung über unbestreitbare Tatsachen zu verleiten" drohte nicht, sofort in einer der neuen, großzügigen EU-Einzelzellen zu enden. Auch aus historischer Sicht endet die Kulturgeschichte der "Lüge", mit der sich von Aristoteles über Jean Jacques Rousseau bis Kant alle großen Philosophen beschäftigt hatten, nicht mit einem Knall, sondern in einer leisen Auslaufrille.
Mahlen die Mühlen der Umsetzung des Lügenverbots so langsam wie es im politischen Berlin der Sorgfalt halber meist für angebracht gehalten wird, wird die "Weihnachtsmannlüge", ein der bekanntesten unwahren Tatsachenbehauptungen, am Ende diesen Jahren noch einmal genutzt werden dürfen, um ahnungs- wie arglose Kinder hinter die Fichte zu führen. Erst wenn die frischen Milliarden aus den Sondervermögen fließen, dürfte sich das ändern: Täuschungs- und Manipulationsvergehen, illegal weitererzählte Märchen und Versuche, Falschdarstellungen zu verbreiten, werden dann nich mehr nur von mutigen Männern wie Stefan Wenzel, Fabio de Masi) und großen Medienhäusern wie dem "Spiegel" als "Lügner" enttarnt, sondern von der Justiz verfolgt und bestraft werden.
3 Kommentare:
Pipi gestern / OT
< Stille Resignation – warum die Masse innerlich längst gekündigt hat >
Wäre zum Totlachen, wenn es nicht so traurig wäre. Es mag ja sein, dass einige mehr jetzt
ein wenig mürrisch werden - aber wieder und wieder das Gejaule - seit fast 35 Jahren: Wäh! Wäh! Ich habe die doch nicht gewählt, damit die jetzt ... (nach Belieben auszufüllen) Wäh!
Corona kam aus einem Labor und kam nicht aus einem Labor. Dingen können zwischen wahr und falsch wechseln, so wie es für die Bürgerinnen und Bürger jeweils zum Besten ist.
Um Fritze mache ich mir keine Sorgen. Wenn er nicht vorbestraft ist, kann er tagsüber sein Amt als Freigänger ausüben. Er muss sich aber täglich im Bundeskanzlerinnenamtpförtner die Anwesenheit dort bestätigen lassen.
Im Übrigen wirds lustisch, wenn die Priester/Lehrer der Buchreligionen öffentlich zitieren.
Kommentar veröffentlichen