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Bald könnte die neue Schuko-Fahne über dem Kanzleramt wehen. |
Es dürfte die bei weitem schwierigste Entscheidung sein, die die Chefsondierer noch treffen müssen. Die Finanzierung der künftigen Vorhaben ist im Sack, die Frage, wo Steuern erhöhten werden sollen, eine reine Formsache. Doch wie soll die künftige Koalition von Union und SPD heißen? Die beiden Parteien haben im Bundestag nur eine denkbar knappe Mehrheit, die Opposition hetzt schon und verwendet demonstrativ den Namen "Kleine Koalition", um das Verfassungsorgan höhnisch zu delegitimieren.
Hohn von links
Auch Friedrich Merz hat das Problem längst erkannt. Der künftige Kanzler hält die früher für eine Kombination aus Sozialdemokraten und Christdemokraten gebräuchliche Bezeichnung "große Koalition" für unpassend. Merz hat instinktiv erkannt, dass nicht vorhandene Größe, die sich selbst als "groß" bezeichnet, stets als Witz wahrgenommen wird. Künftig als kleinste GroKo aller Zeiten zu regieren, fordert Spott geradezu heraus.
Friedrich Merz, der trotz seiner bisherigen Verhandlungsbilanz ernst genommen werden will, hat die Bundesworthülsenfabrik (BWHF) deshalb bereits in der vergangenen Woche beauftragt, eine passgenaue Bezeichnung für seine von Grün und Links gestützte künftige Administration zu finden. Noch vor dem Ende der Merz-Kämpfe soll die BWHF liefern. Spätesten zu Ostern, wenn die feierliche Verkündigung der Verhandlungserfolge vom Reichstagsbalkon erfolgt, muss der Kosename stehen, von dem Merz hofft, dass unmittelbar bei Medien und Menschen draußen im Land schnell verfängt und die trübe Stimmung bereits bis zum Sommer merklich aufhellt.
Kein Weiterso unter dem gleichen Namen
Es soll auf keinen Fall ein Weiter so geben, jedenfalls nicht unter dem bis 2021 genutzten Namen. "Friedrich Merz, ein Vierteljahrhundert lang Intimfeind der letzten GroKo-Kanzlerin Angela Merkel, möchte unbedingt seinen eigenen, unverwechselbaren Begriff", beschreibt BWHF-Chef Rainald Schawidow den Arbeitsauftrag, den die Worthülsendreher, Propagandaschmiede und Verbalingieneure seiner Behörde erhalten haben.
Der künftige Kanzler habe zur Orientierung für die BWHF-Experten zwei eigene Ideen mitgeliefert. Doch weder die "schwarz-rote-Arbeitskoalition" (SRAK) noch die von ihm ins Spiel gebrachte "Koalition von Aufbruch und Erneuerung" (KoAufE) fanden bei den Spezialisten für politisches Wording Anklang, wie Falk Ebenhagen sagt, als Hauptabteilungsleiter Hauptsatzverwaltung (HHV) in der BWHF in der 1990 aus dem DDR-Betrieb VEB Geschwätz hervorgegangenen renommierten Bundesunterbehörde.
Mehrheit lehnt Merz-Vorschläge ab
Nach einer ersten Arbeitssitzung habe eine Mehrheit der Politpoeten, die sich selbst oft spaßig als "Staatsdeutsch-Komponisten" bezeichnen, ein demokratiebelebendes Potenzial in den beiden ungelenken Zusammenfügung gesehen. "Letztlich waren wir uns alle einig, dass das nicht einmal als Rohmaterial taugt, um daraus ähnlich bedeutsame Begriffe wie unsere Klassiker "Protestterroristinnen", "Rettungsschirm", "Energiewende", "Schulden-" und "Mietpreisbremse", "Stromautobahnen" oder "Wachstumspakt" zu machen."
Merzens Versuchen sei die Juristerei deutlich anzumerken, urteilt Ebenhagen. "Er will sehr viel, erreicht aber nichts." Im politischen Kleinklein, das zwischen den Wahlkämpfen das Geschäft bestimme, brauche es griffige Formeln, reine Floskelarbeit wie Groko Jamaika oder Ampel. "Alles andere überfordert schon die Redaktion der Tagesschau." Ein Namenslexikon mit von den Gründervätern der Bundesrepublik empfohlenen und amtlich zugelassenen Koalitionsbezeichnungen aber gebe es nicht. "Es soll ein solches schmales Bändchen zwar existieren, aber in den Wirren der Wendezeit ist es verschollen."
Sprudelnde Ideen
Doch das Kollektiv der BWHF wäre nicht das Kollektiv der BWHF, wären nicht alternative Ideen sofort gesprudelt. 17 Stockwerke tief unter den Kellern des Kanzleramtes, wo die Anstalt öffentlichen Rechts seit den Tagen unseligen Tagen als Hitlers Reichsworthülsenamt (RWA) beheimatet ist, mangelt es nie an Einfallsreichtum, um dem globalen Bedeutungsverlust einer politischen Klasse entgegenzuwirken, die zuweilen unfähig scheint, sich die Schuhbänder selbst zu schnüren, daraus aber die Aufgabe ableitet, allen Menschen beim Binden zu helfen.
Im Gespräch waren sofort knackige Namen wie "Koalition der Nationalen Einheit", kurz KoNe, oder aber "Comeback-Koalition", für den medialen Dauereinsatz auf "CoKo" verkürzt. Auch "Letzte Koalition" (LeKo) sie ausgiebig besprochen worden, anknüpfend an den großen medialen Erfolg einer kurzlebigen Jugendbewegung. Diskutiert worden seien außerdem "StiKO" für Stillstands-Koalition und "WoKo" für Wortbruch-Koalition". Vermisst habe man aber schon im Hause selbst "einen gewissen Aufbruchwumms, wie ihn sich Herr Merz von uns erbeten hat", wie Rainald Schawidow erläutert.
Der erste Vorschlag überzeugt
Letztlich machte folglich ein Vorschlag das Rennen, der als einer der ersten auf dem Tisch lag. Die "Schuko" knüpft wie die scheidende Ampel an einem Begriff an, der weithin aus dem ganz normalen Alltag bekannt ist: Schuko wurde vor genau 100 Jahren vom Gastwirtssohn Albert Büttner aus Rückersdorf bei Nürnberg erfunden, es wurde seitdem als Abkürzung für ein System von Steckern und Steckdosen mit sogenanntem Schutzkontakt verwendet, wie sie vorwiegend in Europa und einigen Ländern Asiens verbreitet sind.
Seit 1929 ist Schuko patentiert, der Siemens-Oberingenieur Wilhelm Klement reichte damals ein Antrag ein, der zwei runde Kontaktstifte mit 4,8 mm Durchmesser, 19 mm Länge und 19 mm Achsenabstand für Außenleiter und Neutralleiter mit einem dritten Pol kombiniert. Dieser Schutzkontakt soll Fehlerströme ableiten, die beispielsweise bei einem Körperschluss auftreten können, sobald der elektrische Stromkreis durch die beiden anderen Pole geschlossen wird.
Es klingt nach SPD und Union
Wenn das nicht nach SPD und Union klinge, wisse er auch nicht, habe ein langjähriger Mitarbeiter gesagt, dem das Land bereits klassische Worthülsen wie "Heißzeit", "Klimanotstand" und "CO2-Steuer" zu verdanken hat, beschreibt Schawidow. "Wenn so jemand so etwas sagt, hat das natürlich Gewicht." Mit SchuKo, ausgeschrieben "Schuldenkoalition", beschreibe der neue Koalitionsname nicht nur die Grundlagen des kommenden Regierungsbündnisses, sondern auch alle bisher öffentlich bekanntgewordenen Pläne. Zudem aber umfasst die Bezeichnung Hier wartet das größte Konfliktpotenzial, denn SPD wie Union wissen, dass es diese Bezeichnung sein wird, die spätere Generationen an ihre gemeinsame Zeit erinnert.
9 Kommentare:
Zum Glück ist wieder genug Geld da, um Worthülsen in Auftrag zu geben.
"NoKo" oder wie der Sachse sagen würde "NoGo", für Not-Koalition, wäre ein passender Name.
blackrot aka Schwarzfäule
Nationale Front
"Mitmenschlichkeit" - mir dreht sich der doch recht abgehärtete Magen um. Ein dümmlicher = christlicher Neologismus, mutmaßlich von Richard von Drecksäcker* (Dikigoros) auf einem dysangelischen (Nietzsches)
Kirchentag ausgebrütet. Ackeläks (Werner Brösel).
*Exkremente schwimmen immer oben.
OT
In der "Wochenpost" 1953 - 1999 erschien in den 80ern ein Lobgesang auf den damals emeritierten Obermuck der DDR- Anglistik. Der hatte, zu Sepp Wissarionowitschs Lebzeiten noch nicht ganz ungefährlich, die Anglistik gerettet, als die Lehre galt, Englisch wäre out, Sowietisch wäre die Sprache der Zukunft.
Wer es fassen kann, der fasse es.
1996. Ich hab dicke Finger.
Hadmut hatte seine Schwächen, die Stärken überwogen bisher. Aber seine Wertschätzung der sogenannten KI ist sehr bedenklich.
Ist Seroquel ein starkes Medikament? Ist ... eine schöne Stadt? Sind hohe Schuhe wärmer als braune? Ist es nachts kälter als draußen?
Man versuche, Käse zu ordern, erst kommt seitenlang Weißwein, der zu Käse passt, dauert, dann Käsegebäck, dann Käse
#Der ÖRR hat Angst um seinen Einfluss. Die merken, dass ihnen immer weniger Leute glauben (kein Wunder).#
Hier hängt Hadmut wieder einmal das Spießerlein heraus, und glaubt ofenkundig auch noch daran.
Der ÖRR hat keine Angst, muss auch keine haben. Das Blödvieh glaubt alles. Siehe gestern, der angebliche Suizidflug von Germanwings soundso.
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