Sonntag, 9. März 2025

Klimageld: Beerdigung zweiter Klasse

Sechs Jahre lang war das "Klimageld" die Mohrrübe, mit der die Parteien Wähler lockten, CDU, CSU und SPD haben es nun für immer beerdigt
Entlastung abgesagt: Sechs Jahre lang war das "Klimageld" die Mohrrübe, mit der die Parteien Wähler lockten, CDU, CSU und SPD haben es nun für immer beerdigt

Erst war es beschlossen und verkündet, dann sehr, sehr schwierig umzusetzen. Schließlich dauerte es lange, die Möglichkeiten zu prüfen, bis sich herausstellte, dass es wohl bald etwas werden würde. Das Klimageld, 2019 von der damaligen Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD ausgedacht und 2021 von allen Parteien versprochen, stand kurz vor der Tür. 

Nach sechs Jahren sollten die Bürgerinnen und Bürger bekommen, was ihnen die Einführung der CO2-Abgabe als finanziell eher lukrative als zusätzlich teure neue Steuer hatte schmackhaft machen sollen. Doch drei Jahre nach dem Start der Fortschrittskoalition aus Rot, Grün und Gelb platzte mit der Bundesregierung auch der Zeitplan. Der "Spätzünder Klimageld" starb einen stimmen Tod genau in dem Moment, in dem sich die ersten regierungsnahen Blätter schon mit einer "Überweisung an alle vor Weihnachten" (FR) bemüht hatten, die miese Stimmung aufzuhellen.

Absage für immer

Nun ist der Traum endgültig aus, das Kapitel Rückzahlung der zusätzlich von den Wählern eingetriebenen Milliarden endgültig abgesagt. Wie es sich gehört, nicht mit großer Geste und Begründung, sondern durch Nichterwähnung: Als die Spitzen der künftigen kleinsten Großen Koalition aller Zeiten in Berlin vor die Kameras traten, um die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche vorzustellen, fiel das Wort "Klimageld" nicht. 

Eine Beerdigung zweiter Klasse, aber eine, die richtig teuer werden wird. Mehr als 200 Euro kostete die 2019 erdachte und mit einem symbolischen Preis von 25 Euro pro Tonne eingeführten Zusatzsteuer auf Benzin, Gas, Öl, Kohle und alle ihre Nutzungsmöglichkeiten jeden Bürger im vergangenen Jahr. Zum 1. Januar 2025 erhöhten SPD, Grüne, CDU, CSU und FDP der CO2-Preis von 45 auf 55 Euro pro ausgestoßener Tonne. 

Ständig steigende Belastung

Berechnungen zufolge steigt die Belastung für einen vierköpfigen Haushalt damit von durchschnittlich 800 auf 1.000 Euro im Jahr, das aber ist erst der Anfang. Bereits im übernächsten Jahr soll der CO2-Preis auf 80 Euro steigen, bis 2040  rechnen Experten mit einem Preis von 275 Euro pro Tonne. Pro Kopf sind das dann 350 Euro Belastung im Jahr 2027. Und 1.200 im Jahr 2040.

Geld, so haben es Friedrich Merz und Lars Klingbeil beschlossen, das in den Händen der Regierung besser aufgehoben ist als dort, wo es ursprünglich hatte landen sollen. Die Idee hinter dem Klimageld, anfangs auch als "Klimaprämie" und "Klimabonus" ausgelobt, hatte eigentlich darin bestanden, die, die mehr als ihr Klimabudget verbrauchen, weil sie viel fliegen, ihre Wohnungen dauernd warmhalten, zur Arbeit pendeln oder den Einbau einer Wärmepumpe verweigern, zusätzliche finanzielle Lasten aufzuerlegen. Denen aber, die klimasparsam leben, die Chance zu geben, bescheiden von der Dividende der eigenen Klimaanstrengungen zu leben.

Dieses Versprechen kassieren CDU, CSU und SPD nun kommentarlos ein. In den öffentlich vorgelegten Sondierungspapieren kommt der Begriff Klimageld nicht vor, obwohl Friedrich Merz noch vor acht Wochen vollmundig sogar die Auszahlung eines Klimageldes von 200 Euro pro Monat angekündigt hatte. Die SPD wollte nicht so großzügig sein, war aber bis zum Wahltag auch nie von ihrem Versprechen des "sozialen Klimaschutzes" abgerückt. 

Milliarden für den Staat

Der durch die eigenen Beschlüsse beständig "steigende CO2 -Preis muss mit einer sozialen Flankierung einhergehen, die auch ein Klimageld enthält", betonte die Partei im Wahlkampf und sie zeigte sich kompromisslos, was Versuche anbelangt, dem Staat etwas von den künftig um die 25 bis 60 Milliarden Euro Einnahmen aus der Luftbepreisung zuzuschustern: "Die über die CO 2 -Bepreisung eingenommenen Mittel müssen vollständig an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen", zeigte sich die deutsche Sozialdemokratie unbeugsam und prinzipienfest.

Wie 2005, als Union und SPD mit unterschiedlichen Forderungen zur Zukunft der Umsatzssteuer in die Koalitionsverhandlungen gingen, fand sich aber auch diesmal schnell ein Kompromiss. Vor 20 Jahren hatten sich die Unionsparteien für eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent ausgesprochen, die SPD kritisierte das im Wahlkampf scharf, weil es "unsozial". Die Einigung lag dann nicht ganz in der Mitte: Unter Führung der erstmals als Bundeskanzlerin antretenden Angela Merkel beschlossen die Koalitionäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent.

Vorbild Mehrwertsteuerkompromiss

Ein gutes Vorbild, sich jetzt in der Mitte zwischen dem Versprechen einer monatlichen Klimageldzahlung von 200 Euro pro Person (Union) und dem einer kompletten Rückzahlung aller Einnahmen in voller Höhe (SPD) darauf zu einigen, weder das eine noch das andere zu tun. Der Staat, der nach dem Inhalt des Sondierungspapieres künftig eine noch zentralere, noch tiefer ins private und gesellschaftliche Leben hineinregierende Rolle einnehmen soll, braucht das Geld mehr als der Einzelne, der nach dem Menschenbild, das SPD, CDU und CSU pflegen, ohnehin nur selten in der Lage ist, richtige Entscheidungen zu treffen.

Die beiden ehemals Großen sind nach den vielen verlorenen Wahlen der vergangenen Monate nicht etwa gesundgeschrumpft und demütig geworden. Nein, die Jahrzehnte, die sie wechselseitig oder gemeinsam an der Macht verbracht haben, haben die früheren Volksparteien zur Überzeugung gebracht, dass sie identisch sind mit dem Staat, der wiederum nicht stark genug sein kann, um die Menschen zu ihrem Besten zu zwingen. deutschland ist nicht Österreich, das Klimageld an seine Beürger bereits seit zweieinhalb Jahren auszahlt.

Der Deutsche sehnt sich eher nach mehr als nach wenioegr Betreuung, er möchte an der Hand genommen werden von einem fürsorglichen Staat, der es ihm erspart, mündig zu werden. Dass er dafür den Verlust des so lange und so fest versprochenen Klimageldes schlucken muss, ist ein geringer Preis angesichts der Notwendigkeit, Deutschland aus der Mitte heraus verlässlich weiterzuregieren und Vertrauen wiederherzustellen, dass durch allzu viele gebrochene Wahlversprechen bereits leicht angeschlagen wirkt.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das "Vertrauen" des Durchnittsdödels ist und war nie "erschüttert".

Der lachende Mann hat gesagt…

Auf welchen Privatkonten landen eigentlich die CO2-Abgaben?