![]() |
Ein Bild für die Ewigkeit: Volodymyr Selenskyj fordert Sicherheit, Donald Trump Gefolgschaft. Abb: Kümram, Erdöl auf Seide |
Hätte er das sollen dürfen? Hatte ihm nicht selbst Emmanuel Macron, der erst halb abgewählte französische Präsident, nicht gut zugeredet? Und Keir Stamer, Regierungschef im abtrünnigen Brexitannien, war der nach auch nach Washington geeilt, um einen zu eiligen Friedensschluss mit Gebietsverlust zu verhindern?
Kaja Kallas, die Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, die sich "Außenbeauftragte" nennen darf, folgte auf den Briten. Wurde aber schon nicht mehr vorgelassen mit ihrer beabsichtigen Bitte, Europa doch wenigstens ein bisschen mitreden zu lassen, ehe der große Krieg im Osten per ordre du mufti beendet wird.
Die dünnen Reihen der eigenen Truppen
Aus Deutschland, das derzeit niemanden hat, mit dem zu sprechen sich für die US-Administration lohnen würde, kam keiner. Doch die Medien hierzulande hatten guten Rat parat. An Trumps Haltung zur festen Fortführung der Gefechte sei zu zweifeln.
Höchste Zeit, wieder selbst die Marschstiefel zu schnüren und die dünnen Reihen der eigenen Truppen zu schließen. Noch mehr und noch schneller verballerte Illusionsmilliarden, so die Hoffnung, würden den gebietsgierigen Russen schon abschrecken. Geht alles glücklich aus, könnten die bescheidenen französischen Kernwaffenvorräte reichen, dem Moskauer Bären den Appetit auf Europa zu verderben.
Viel mehr ist nicht da. Mit brachialer Gewalt und in höchster Eile ordnen die neuen Sheriffs aus Amerika die Verhältnisse in der Stadt. Kein zartes Streicheln mehr, kein Pusten auf schmerzende Stellen und gemeinsames Posieren. Wie US-Vizepräsident J.D. Vance schon in seiner Rede vor den konsternierten Teilnehmen der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich gemacht hatte: Wer möchte, kann weiter mit den Vereinigten Staaten. Allerdings zu deren Bedingungen und als Kellner nach den Vorstellungen des Kochs im Weißen Haus. Wer hingegen meint, es besser zu wissen und zu können, ist frei, auszuprobieren, wie weit er kommt.
Shishi statt Chichi
Shishi statt Chichi, Konfuzius statt Wertekoalition ohne gemeinsame Werte. Kaja Kallas bekam es als erste zu spüren, der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyj dann vor den Augen der ganzen Welt vorgeführt. Eingeladen, um einen in den letzten Tagen final verhandelten Rohstoffdeal zwischen seinem Land und den USA abzuschließen, tauchte der Gast mit dem Plan im Weißen Haus auf, in letzter Sekunde Sicherheitsgarantien in das Papier zu verhandeln. Trump hatte das Verlangen im Vorfeld abgetan, weil er es für ausreichend hält, dass an der Erschließung von neuen Minen in der Ukraine Amerikaner und amerikanische Firmen beteiligt sein werden.
Dass Putin deren Anwesenheit ignorieren und die USA damit direkt an greifen werde, ist für den US-Präsidenten so unwahrscheinlich wie für die EU die Vorstellung, Russland könne den Abschreckungswert des aus einer kleinen Nato-Truppe im Baltikum Fleischschutzschirmes geringschätzen und seiner Armee befehlen, die 5.000 deutschen Soldaten und Offiziere einfach hinwegzufegen.
Verdorbene Unterzeichnungsshow
Selenskyj versuchte es trotzdem. Verdarb dem Präsidenten damit die geplante große Unterzeichnungsshow, die den Amerikaner zeigen sollte, dass die bisherigen Unterstützungsmilliarden für die Ukraine doch kein aus dem Fenster geworfenes Geld sind. Und fing sich eine Abfuhr ein, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat. Fast 40 Minuten lief die Pressekonferenz im Oval Office fast ebenso belanglos ab wie zuvor die mit dem Franzosen Emmanuel Macron und dem Briten Keir Stahmer. Jede Seite erwähnte ihre Punkte. Jede Seite widersprach der anderen rücksichtsvoll, ohne deutlich zu werden.
Dann aber kam Selenskyj auf die Sicherheitsgarantien zu sprechen, darauf, dass die Ukraine "keine Kompromisse" bei der Frage nach der Abtretung von Gebieten machen könne und er verlangte ausdrücklich, dass die Vereinigten Staaten Putin noch einmal als Aggressor und sein Land als das Opfer eines völkerrechtswidrigen Überfalls bezeichnet werde. Forderungen, die im Einklang stehen mit den Erwartungen der EU und der meisten EU-Staaten.
Lieber langer Krieg als kein Sieg
Schon seit Trump im direkten Gespräch mit Putin versucht, zu einem Friedensschluss zu kommen, dringt Europa darauf, dass alles, was als "russischer Siegfrieden" angesehen werden könne, ausgeschlossen werden müsse. So schlecht die Sache der Ukraine auch stehe, es sei allemal besser, weiter und weiter zu kämpfen, als einzugestehen, dass weder die "härtesten Sanktionen" Ursula von der Leyen) noch milliardenschwere Unterstützung aus dem Westen ausreichen werden, Russland zu besiegen.
Lieber ein langer Krieg als gar kein Sieg, so sehen es die Salonsoldaten auf dem alten Kontinent. Lieber ein - für die Ukraine - schmerzhafter Frieden als ein endloser Stellungskrieg wie 1914 bis 1918 an der Westfront des Ersten Weltkrieges, als Hunderttausende bei wechselseitigen Versuchen starben, winzigste Geländegewinne zu erzielen oder aber zu verhindern.
Entscheidender Schritt
Für Trump kein Unternehmen, an dem sich für irgendjemanden etwas verdienen lässt. Gebunden an sein Wahlversprechen, den Krieg "in 24 Stunden" zu beenden, glaubte der neue alte Präsident, mit dem Rohstoffvertrag mit der Ukraine einen entscheidenden Schritt zu einem Waffenstillstand gemacht zu haben, auf den als nächstes ein Friedensschluss mit Putin hätte folgen sollen. Wie viel Land, Ressourcen und Stolz die Ukraine dafür würde abgeben müssen, schert den Präsidenten wenig. Es ist nicht sein Land. Es ist nicht sein Problem. Sondern es löst eines.
Dass Volodymyr Selenskyj nun in der Stunde des geplanten Triumphs begann, seine alten, längst abgelehnten Forderungen zu wiederholen, war nicht nur nicht sehr klug, sondern geradezu selbstmörderisch. Unumwunden machte Trump ihm das bilaterale Verhältnis klar. Er und mit ihm Amerika sehe sich nicht als Schutzmacht der Ukraine, sondern als die einzig denkbare Kraft zwischen den beiden Staaten, die Krieg führen - bis heute übrigens ohne dass Russland der Ukraine oder die Ukraine Russland förmlich den Krieg erklärt hat.
Makler, nicht Partei
Aus Trumps Sicht erlaubt es nur eine solche Makler-Position, einen Friedensschluss zu vermitteln. Deshalb auch die stete Weigerung der neuen US-Administration, die Russland rituell weiterhin als Aggressor zu bezeichnen. Deshalb auch Vance' Ansage an Europa, der alte Kontinent könne folgen. Es aber auch bleiben lassen und selbst zusehen, wo er bleibt.
Volodymyr Selenskyj, ein Mann, der seit drei Jahren von allen seinen Verbündeten gefeiert, ob seiner Standhaftigkeit gerühmt und im Glauben bestärkt wird, die Ukraine müsse nur lange genug durchhalten, um eines schönen Tages doch zu gewinnen, kollidierte mit seinen Forderungen nach bedingungsloser Unterstützung bis zum Sieg aus vollem Lauf gegen eine Mauer. Der ukrainische Präsident war so wenig nach Washington gebeten worden, um mit ihm Details zu verhandeln wie die polnische Exilregierung 1945 zur Konferenz von Jalta eingeladen worden war.
Er sollte unterschreiben, lächeln und das Beste hoffen. Stattdessen belehrte Selenskyj seine Gastgeber darüber, dass sie Russland nicht trauen dürften, mit Putin kein Frieden geschlossen werden könne und überhaupt: Für die Ukraine nur der Kampf bis zum Sieg infrage komme.
Ruhe für Europa
Wer auch immer dem Ukrainer geraten hatte, seinen größten Unterstützer mit Sturheit zu überzeugen, hat Trump einen Gefallen getan. Und Europa in die nächste Zeitenwende gestürzt. Während Trump und Vance die Gelegenheit nutzten, die Machtverhältnisse ein für allemal zu klären, machte sich jenseits des Atlantik lähmendes Entsetzen breit. Trumps Ansagen "Sie müssen viel dankbarer sein", "ihr habt keine guten Karten, nur mit uns habt ihr gute Karten" und "ohne unsere Waffen wäre der Krieg in zwei Wochen vorbei gewesen" mögen durchweg richtig sein. Gelten aber in Europa als Verrat an der Ukraine, Verrat an den gemeinsamen Werten und damit als Anlass, die Fußlahmen, Wehrunwilligen und Ersatzdienstverweigerer zu den Waffen zu rufen.
Die USA seien kein Partner mehr und "nicht mehr der Verbündete Europas", erklärte Anton Hofreiter, der zum Kampf entschlossene scheidende Vorsitzende des Europaausschusses im Bundestag. Polens Premier Donald Tusk, daheim unter Druck, hat dem Nachbarn preiswert versichert: "Ihr seid nicht allein". Verschwörungstheoretiker witterten ein "Drehbuch, die Ukraine in der amerikanischen Öffentlichkeit zu degradieren, um Putins Image aufzubauen".
Europa müsse nun selbst. Der Bundestag die Schuldenbremse sofort aufheben. Frankreich sein Atomschutzschirmchen auch über Deutschland spannen. Und Scholz Merz sofort ins Reisegepäck zu den Krisengipfeln packen. Eine "neue Dringlichkeit" (SZ) führt den "Europäern ihre eigene Verzwergung vor" (Die Zeit). Und alles, was Deutschland aufzubieten hat, sind ungediente "Sicherheitsexperten", die es nach "neuen Schulden für Rüstung sowie Milliarden für Munition und panzertaugliche Brücken" gelüstet - in der Hoffnung, der Russe wartet mit seinem Angriff, bis alle der Kriegstauglichkeit entgegenstehenden Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB in zehn oder 15 Jahren letztinstanzlich beigelegt werden konnten.
Hoffen, Bangen, enttäuscht sein
Europa hat vor Trumps Wiederwahl gehofft, das er es nicht schafft. Es hat danach gehofft, dass er - von sich selbst kennen sie es nicht anders - natürlich nicht tun wird, was er versprochen hat. Als er trotzdem damit begann, seine Wahlversprechen umzusetzen, waren sie empört, entsetzt und zugleich doch sicher, dass nicht sein könne, was nicht sein darf.
Mit J.D. Vance Auftritt in München erreichte die Erkenntnis die höchsten Kreise, dass es schwer werden würde, die nächsten vier Jahre in Katatonie zu überwintern. Mit dem "Eklat" (Tagesschau) im Weißen Haus übernimmt die Verzweiflung das Ruder: Alle würden jetzt gern. Aber niemand weiß was. Alle sind fest entschlossen. Wissen aber nicht wozu. Alle klagen, etwa über die "Zeit der Ruchlosigkeit", die "provokative Rolle" von US-Vizepräsident J.D. Vance und die "gravierenden Folgen des abrupten Ende der Dienstreise die ukrainischen Präsidenten.
Aber was tun? Olaf Scholz hat Friedrich Merz angerufen, nicht Donald Trump. Danach das mächtigste zeichen: Weder der amtierende noch der womöglich nächste Kanzler äußerten sich öffentlich.
6 Kommentare:
Ich falle mal direkt mit der Tür ins Haus.
Selenski ist ein PR-Profi. Seine Inszenierungen hatten die Ukraine im ersten Kriegshalbjahr gerettet und die notwendige finanzielle Unterstützung gesichert.
Später scheute er keine Kosten:
Seine hitleresken Haltebefehle in Bachmut und etlichen anderen Kesselschlachten zeigten Wirkung, wenn auch tausende starben. Der Preis war es ihm wert.
Ukrainische Schimpfwörter zu murmeln und den harten Kerl zu mimen, quasi Asterix ohne Zaubertrank bei den Römern, schien ihm da wohl erforderlich zu sein. Vielleicht hatte er ja Fanpost von ein paar "Asows", die die letzten 3 Jahre überlebt haben und ihm "den Prigoschin" androhten?
Sind seine Wählerschichten vielleicht nicht mehr so umfangreich, dass es etwas mehr Einsatz bedarf? (Es drohen ja Wahlen, im Friedensfall.)
Wurde ihm eventuell gesteckt, dass bei der Hälfte der Rohstoff-Einnahmen mit "für den Staat" nicht er gemeint war..?
Es gibt viele Gründe für einen PR-Profi, sich im Weißen Haus wie ein emotional aufgewühlter, verhaltensgestörter Teenager zu benehmen. Und wir werden sie wohl nie erfahren.
>> Es gibt viele Gründe ...
Koks.
"Was erlauben Frieden machen...", um Mal mit Trapattoni zu sprechen.
Friedrich: Und, Olaf, was soll ich denen jetzt erzählen wofür du die Milliarden rausgeballert hast?
Olaf: ICH hab schonmal gar nichts rausgeballert. WIR haben die rausgeballert. Da haben immer alle zugestimmt.
Friedrich: Ja egal jetzt, was sagen wir denen denn jetzt?
Olaf: Keine Ahnung. Gar nichts.
Friedrich: Ja ist vielleicht das beste.
Es gibt viele Gründe für einen PR-Profi ...
Interessante These bei Hadmut dazu.
Nebenbei ist Tschitschi wohl auch japanisch Kindersprache für das präpubertäre männliche Glied, also Schniedelwutz oder Pillermann.
Kommentar veröffentlichen