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Mia Müller hat zu spät bemerkt, dass die neuen Sonderschulden kein Geschenk der Bundesregierung an die junge Generation sind. Die 26-Jährige ist deshalb ganz schön sauer. |
Verstanden hat sie es nicht. Mia Müller schüttelte den Kopf. "Ich habe doch aber gar nichts unterschrieben", war sich die 26-Jährige aus der mecklenburgischen Landeshauptstadt Schwerin sicher. Sie passe da immer sehr genau auf, weil sie von vielen Freundinnen gehört habe, dass es viele Fallen gäbe, die von ausgebufften Betrügern gestellt würden. "Bevor ich einen Vertrag unterschreibe oder im Internet auf einer Seite kaufe, auf der ich noch nie war, frage ich meist bei meinem Vati nach, bei meinem älteren Bruder oder ich gucke selbst bei der Verbraucherzentrale, ob es da Warnungen gibt." Erst wenn sie sicher sei, dass es sicher sei, klicke sie weiter. "Ich will ja nicht für irgendetwas zahlen, was ich nicht bestellt habe."
Selbstbewusst und jung
Müller entstammt einer Generation junger, selbstbewusster Frauen und Männer, die genau wissen, was sie wollen und wie sie es bekommen können. Aufgewachsen im besten Deutschland, das wir je hatten, haben sie gelernt, gut und gerne zu leben, Die sind die Jugend nach der, die noch hohe Mobilfunkgebühren beklagte, die, die nicht mehr in Kneipen geht, weil es viel zu teuer ist. Und die, für die es sich vollkommen normal anfühlt, für die Eintrittskarte zum Stadionkonzert einer Lieblingssängerin 200 Euro auf den Tisch zu legen. In der Schule hat man den jungen Leuten gesagt, dass sie einst die Zukunft gestalten werden. Großen Wert legen sie deshalb darauf, dass noch etwas von dieser Zukunft übrig ist: Die Rettung des globalen Klimas beschäftigt sie sehr. Jede Fernreise treten sie mit schlechtem Gewissen an. Selbst ein Einkauf bei Temu und Primark lässt sich schwer einschlafen.
Doch die Mia Müllers, die in zehn, zwanzig Jahren das Ruder übernehmen werden, sind selbstbewusst und sie wissen genau zu unterscheiden zwischen Privatangelegenheiten und gesellschaftlich notwendigen Entscheidungen. Das eine muss, das andere kann. Umso größer aber war der Schock, als Mia Müller vor kurzem die ganze Wahrheit über ihre finanzielle Zukunft erfuhr, die die Tochter eines Lehrer*innenehepaares bisher für "recht gesichert" gehalten hatte, wie sie selbst sagt.
Seit Jahren spare sie kleine Beträge regelmäßig in einen World-ETF. Wenn sie mit dem Studium fertig sei, werde sie als Lehrerin "auch nicht schlecht verdienen", weiß sie aus dem Elternhaushalt. Zudem hätten sowohl die Ampelregierung als auch der designierte Kanzler Friedrich Merz stetes betont, wie wichtig ihnen eine sichere Zukunft für kommende Generationen sei. "Wenn Politiker sowas sagen", beteuert Mia Müller, "dann vertraut man dem natürlich als junger Mensch".
Vertraute Parolen
Dass Parolen wie "der Jugend Vertrauen und Verantwortung" einzig dazu dienen könnten, die junge Generation für den Wiederaufbau Europas, die Klimarettung durch Verzicht und das Waffenhandwerk zu begeistern, erschien Mia Müller unvorstellbar. Für die frühere Leistungssportlerin, die sowohl im Tennis als auch im Turnierreiten mehrere Landesmeistertitel holte, war das moderne Deutschland stets ein Staat der Jugend, der alles tat, um Chancen für Erfolgsgeschichten schreiben zu helfen.
Die Geschichte der Bundesrepublik als eine endlose Abfolge von leerlaufenden Mobilisierungsinitiativen gegen den Faschismus, Weltrettungsmissionen und Gelöbnissen zur Anstrengung für Nachhaltigkeit, Vielfalt oder Antifaschismus zu sehen, sei ihr nie eingefallen, sagt die hübsche Blondine. Mia Müller glaubte lange, dass sie durch die zwei Stunden DDR-Geschichte, die am Gymnasium gegeben wurden, auf jeden Fall in der Lage sein werde, eine Instrumentalisierung jungen Leute zu erkennen, wenn sie ihr begegnet wäre.
Die selbstbestimmte Jugend
"Dort drüben wurde die Jugend ja staatlich organisiert und auf eine Rolle als Kampfreserve der Partei eingeschworen." Die Freiheit, sich selbst zu entscheiden, mit welcher NGO man solidarisch sei, hätten die jungen Menschen im kommunistischen Regime wohl nicht gehabt. "Wir dagegen bestimmen selbst, wie wir unsere Zukunft gestalten."
Vier-Tage-Woche oder Homeoffice? Enger Gürtel oder Hidjab? Mia Müller war nach Jahren im Zentrum einer ideologischen Bearbeitung durch Bildungssystem, Politik und Medien fest überzeugt, dass all die schönen Verheißungen, von denen so oft die Rede war, noch in ihrer Lebensspanne Realität werden. Klimaneutralität. Elektromobilität. Weltfrieden. 5G-Versorgung an der letzten Milchkanne. Ein Ende des Hungers in Afrika und der Armut in Deutschland. Sie würden die ersten sein, so glaubten die Mädchen und Jungen, die in den Schröder-Jahren um die Jahrtausendwende zur Welt gekommen waren, die im Kommunismus wohnen würden, ohne dass es ein Kommunismus sein würde.
Ihr selbst sei klar gewesen, dass bis dahin noch harter Anstrengungen brauchen werde, mit aufgekrempelten Ärmeln, Feuereifer und einem optimistischen Lied auf den Lippen, aber auch mit viel Verzicht, sagt Mia Müller. "Aber wenn wir Zuversicht zeigen und alle an einem Strang ziehen, da war ich immer sicher, kann niemand uns aufhalten – nicht einmal die Diktatoren in Washington und Moskau." Bestärkt habe sie das Vertrauen, das sowohl der scheidende Kanzler Olaf Scholz als auch sein Nachfolger jungen Leuten immer wieder ausgesprochen hätten. "Im Freundeskreis waren wir überzeugt, dass alle demokratischen Parteien auf uns setzen."
Hausherren von Morgen
Nur das wie hat Mia Müller verstört. So gern sie die Deklarationen immer gehört habe, dass der Jugend alles Vertrauen und Verantwortung gehöre und sie die Zukunft des Landes sei, quasi die "Hausherren von morgen", so geschockt sei sie gewesen, als ihr ein Mitstudierender Einzelheiten über das Sondervermögen verraten habe, das Deutschlands Infrastruktur aufpolieren, die Grundlage für ein modernen Abtreibungsrecht schaffen, die Unterstützung junger Familien und die soziale Sicherheit Älterer gewährleisten, die keine Arbeits- und Obdachlosigkeit bekämpfen und es Jugendlichen ermöglichen soll, in einer hochmodernen Bundeswehr für die Verteidigung des Vaterlandes einzustehen.
"Bis dahin war ich der Überzeugung, dass wie als Jugend dankbar sein können, dass die Generation unserer Eltern und Großeltern sich bemüht, uns ein intaktes Land zu übergeben." Eine oder zwei Billionen Euro neuer Kredite schienen Müller dafür kein zu hoher Preis. "Es geht ja darum, dass wir in einer intakten Gesellschaft leben." Schon allein der Umstand, dass Deutschland im Jahr mindestens eine halbe Million Einwanderer benötige, um am Laufen gehalten werden zu könne, bedeute ja, dass "wir attraktiv sein müssen, gute Angebote für Fachkräfte aus fremden Ländern machen und die auch ein bisschen umwerben müssen."
Konstruktiv und mitwirkungsbereit
Sie selbst spüre in sich eine ziemlich hohe Identifikation mit dem vereinigten Deutschland, ohne deshalb keine kritische Positionen beziehen zu wollen. "Auch unter einem großen Teil meiner Freunde gibt es eine große konstruktive Mitwirkungsbereitschaft", sagt sie. Der Grundgedanke der Demokratie sei selbst bei denen verankert, die zu linken und rechten Extrempositionen tendieren. "Im Alltag hat die Skepsis zugenommen, bei manchen überwiegt sogar das Misstrauen, aber wenn jemand wie Robert Habeck kommt oder Friedrich Merz und sagt, wir brauchen Mut zur Umsetzung kühner Pläne und
dieses zukunftsweisenden Prinzips, dann vertraut man dem gern seine Zukunft an."
Doch gerade bei den Älteren herrsche eben auch nicht selten Furcht, die Jugend könnte alles anders machen wollen und sich mehr an westlichen Vorbildern orientieren. Eine Romantisierung des Sozialismus, sogar des Kommunismus, in dessen Namen Millionen Menschen ermordet und unterdrückt worden sind, führt Mia Müller auf eine tiefsitzende Sehnsucht ihrer Altersgenossen nach einer gerechten Welt mit absoluter Gleichheit für alle zurück.
"Es wird einem ja als Kind schon vorgebetet, dass Wünsche die Welt verändern und am Ende alle Staaten wie wir werden, wenn wir nur ein richtig gutes Vorbild sind." Diese vermeintlich globale Vorbildwirkung gehört zu den Gründungsmythen der Bundesrepublik. Sie hat ihren Ursprung in der Nachkriegszeit, als sowohl West-wie Ostdeutschland sich mit aller Kraft bemühten, zum Musterschüler ihrer jeweiligen ideologischen Lager zu werden. Aus den Anhängern Hitlers wurden die besten Demokraten. Aus NSDAP- und HJ-Mitglieder gläubige Kommunisten. "Für uns als junge Leute waren das immer Orientierungspunkte."
Umso härter hat Mia Müller das getroffen, was sie einen "Verrat" an denn gemeinsamen Werten von Alt und Jung nennt. Viel zu spät erst habe sie bemerkt, dass mit dem Sondervermögen, auf das sich Union, SPD und Grüne noch mit der abgewählten Mehrheit des alte Bundestages geeinigt hatten, eine direkte Zahlungsverpflichtung für sie selbst verbunden sei.
"Bei einer Überschlagsrechnung bin ich auf 50.000 Euro gekommen, die das Ganze kosten wird", formuliert sie ihre Enttäuschung darüber, dass die von SPD und Union geplante Aufnahme von neuen Krediten für sie selbst ein teurer Spaß zu werden drohe. Bisher habe sie nur rund 10.000 Euro gespart, das reiche also bei weitem nicht. "Und wenn man sich die demografische Entwicklung anschaut, dann wird es ja nicht so sein, dass sich diese Last von fast fünf Billionen Euro Schulden in 20 oder 40 Jahren auf mehr Schultern verteilen."
Mia Müller sieht sich selbst als "Melkkuh, für die, die heute keine Lust haben, noch einmal selbst anzupacken, um eine bessere Zukunft zu bauen, "nachdem sie das ganze Land heruntergerockt haben und uns nur Trümmer hinterlassen." Die hübsche Junge Frau kann fuchtig werden, wenn sei über Frieden, Freiheit und Demokratie spricht, die aus ihrer Sicht als "Mäntelchen" missbraucht würden, um kommenden Generation unter Zwang erdrückende Lasten aufzuerlegen.
"Die Einwohnerzahl Deutschlands wird sich durch die geringe Anzahl Kinder innerhalb der nächsten Generation so stark verringern, dass sich die Schuldenlast der verbliebenen Leute verdoppelt." Statt zum Symbol des Neuaufbaus des Landes zu werden, das noch vor einigen Jahren sollten als das beste aller Zeiten galt, drohen die Sondervermögen aus ihrer Sicht, jeden Enthusiasmus zu ersticken, mit dem jugendliche aus den Parteinachwuchsorganisationen, Parteilose, Arbeiter, Bauern, Neulehrer, Christen Muslime und Atheisten gemeinsam eine Heimat aufbauen könnten, in der nicht nur privates Glück, sondern auch kollektive politische Stabilität Wirklichkeit werden.
"Wir Jungen haben doch mit diesem Gewicht auf den Schultern nur noch wenig neue Gestaltungsspielräume", beklagt sich Mia Müller. Dass die Billionen den Heranwachsenden zugute kämen, habe sie lange geglaubt, doch die erdrückend hohe Summe mache ihr nur noch Angst. "Wir sollen wird die Stafette der Errungenschaften weitertragen, wenn unsere künftige Gesellschaft eine sein wird, die in den starren Formen der durch Merz, Klingbeil und Dröge festgelegten Formulierungen des Grundgesetzes gefangen bleibt?"
Mia Müller wehrt sich gegen den Gedanken, hilflos zu sein. "Ich erwarte von unserer Führung, dass sie einsieht, dass sich auf der Grundlage des Geschaffenen neue Bedürfnisse entwickelt haben und die junge Generation keine utopische Versprechungen hören will, sondern ein wirklich mobilisierendes Konzept, bei dem die Umsetzung ihrer Wünsche im Mittelpunkt steht." Mit Propaganda über einen fundamentalen Generationenkonflikt hinwegtäuschen zu wollen, würden die jungen Leute im Land nicht dulden. "Wir sind die, die später die Rechnung bezahlen müssen", zeigt sich Mia Müller fest entschlossen, "also wollen wir auch die sein, die bestimmen, was bestellt wird."
3 Kommentare:
Clevere Strategie: Immobilienbesitz wird unattraktiv gemacht, das Land zu verlassen dagegen immer reizvoller. Da ist die Geburtenrate das kleinste Problem für kommende Generationen.
OT
Pipi nu wieder:
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Die sollen gefälligst mindestens 4/5 dieser grauenvollen Werbekacke (gertenschlank in vier Wochen ohne Sport und Diät, und schlimmer noch) weglassen, dann klappt's auch wieder mit dem Server.
Davon abgesehen, ist man wieder voll auf dem Godwin-Trip.
Sie sollte sich bei Onlyfans anmelden. Da ist das Geld ruckzuck verdient.
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