Freitag, 7. März 2025

Festung Europa: In Mauern aus Illusionen

Festung Europa: In Mauern aus Illusionen
Ein Hufeisen aus Sehnsucht: Früher träumten die Identitären von einer "Festung Europa", heute sieht der "Spiegel" es aus Aufgabe an, Europa zur Festung auszubauen.


Was war das für eine grausame Vorstellung. Hohe Zäune, womöglich bewaffnete Wachen. Streifen Tag und Nacht. Mauern, Gräben wie rund um den Deutschen Bundestag. Rechtsextreme und Rechtsextremisten träumten diesen totalitären Fiebertraum von der "Festung Europa", einer fürchterlichen Vision, in der Praxis schon allein daran scheitern musste, dass die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel offen und frei gestanden hatte: Deutschland habe Grenzen mit 3.000 Kilometern Länge. Die ließen sich in der Praxis einfach nicht schützen.  

Der Traum von der sicheren Grenze

Identitäre, Sachsen und Ausländerfeinde aller Colour ließen dennoch nicht ab von Verlangen nach Abschottung und Grenzbefestigungen. Geduldig hielten Wissenschaft, Politik und Medien dagegen. "Je härter die Grenzen, desto begrenzter die Demokratie", argumentierten sie. Als sich Rechtspopulisten aus Deutschland und Österreich in Potsdam zu einer neuen Wannsee-Konferenz trafen, um das künftige Zusammenleben in jener mythischen "Festung Europa" zu verhandeln, blieb das Geheimnis nicht lange geheim: Die „Festung Europa“, während des Zweiten Weltkriegs Synonym für Hitlers Atlantikwall, der das Dritte Reich vor Angriffen der Alliierten schützen sollte, stand für Entmenschlichung, Brutalität und einen Rückfall in die dunkelsten Zeiten der deutschen Geschichte.

Plötzlich aber hat sich das Image des verpönten Begriffes für ein verpöntes Vorhaben gewandelt.  Die "Festung Europa" ist kein rechtsextremes Schreckgespenst mehr, dessen sacht angetäuschte Verwirklichung durch europäische Bürokratieregeln mit härtestem Widerstand zu bekämpfen waren. Sondern eine politische Wunschvorstellung, die umzusetzen alle Anstrengungen erlaubt sind.

Der Kontinent als Festung

Denn so ist die Lage, hat ein Reporterteam des "Spiegel" ermittelt: "Europa erlebt historische Zeiten: Es gilt, die Ukraine zu retten und den Kontinent zur Festung auszubauen". Es das große Vorhaben, vergleichbar nur mit dem Bau der Brandmauer im Bundestag und den Länderparlamenten, sei "ein Wettrennen gegen die Zeit", von dem noch offen sei, ob "die Europäer es gewinnen" könnten.

Von wegen"
Vieles an dieser Beschreibung ist unklar. So wird nicht erwähnt, ob die Russen und die ehemaligen Weißrussen, mittlerweile in Belorussen umgetauft, mitbauen an der Festung, weil es sich ja bei ihnen auch um Europäer handelt. Noch viel weniger weiß man nicht, ob der titelgebende "Mut der Verzweifelten" ausreichen wird, die Seegrenzen zu sichern, über die jeder halbwegs verschlagene Usurpator in den vergangenen zehn Jahren ungestört ganze Schläferheere an den Küsten der EU hätte anlanden können. 

Die Vereinigten Staaten von E

Sicher ist nur: Es drängt die Zeit und "im Angesicht der Raubtiere Putin und Trump erscheint manchem Europa als "ein großartiger Kontinent", der wieder einmal schnellstens zu den "Vereinigten Staaten von Europa" umgebaut werden muss, deren Gründung der heute als Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung abgeparkte frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz eigentlich bereits auf den 1. Januar diesen Jahres terminiert hatte. 

Jetzt soll es, nach Demonstranten, die die Spiegel-Reportergruppe in 20 Städten Italiens aufspüren konnten, "sofort" geschehen. Wenn die USA nicht mehr "die Führungsmacht des Westens sein" wollen, sondern US-Präsident "jetzt lieber mit Wladimir Putin" spricht wie damals Nixon mit Breschnew und später Reagan mit Gorbatschow, obwohl der Russe einen völkerrechtswidrigen Krieg in Afghanistan führte , dann müssen die Verbündeten, die im "Spiegel" "die Verbündeten von einst" genannt werden, Konsequenzen ziehen.

Zur Not auch nuklear

Europa muss sich selbst verteidigen, zur Not auch nuklear. Um ein Zeichen zu setzen, hatte Deutschland die jüngsten UN-Verhandlungen zur Überprüfung des Atomwaffenverbotsvertrags demonstrativ geschwänzt. Litauen hatte den internationalen Vertrag über das Verbot von Streumunition verlassen. Die Briten, mit denen sich die EU seit fünf Jahren nicht auf von beiden Seiten akzeptierte Nachbarschaftsregeln einigen kann, haben sich in die besten Freunde verwandelt, die die EU noch hat. Frankreich lässt erkennen, dass es bereit wäre, seine "Force de dissuasion nucléaire française" nach Osten zu verschieben, vielleicht dorthin, wo die Bundesregierung heute noch US-Kernwaffen vermutet. Aber Deutschland ist souverän, seine Regierung kann sich entschließen, es bei einer Vermutung zu belassen.

Ob Deutschland, seit Italiens Kehrtwende das Kernland des Ausstiegs aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie, eigene Atombomben braucht, ob es sie selbst herstellen wird, wo dann angereichert werden soll und auf welche Raketen die Sprengköpfe geschraubt werden, ist noch nicht entscheiden. Die französische Lösung hätte den Charme, dass es schnell gehen könnte, und um Geschwindigkeit geht es. Ständig trifft Trump derzeit Entscheidungen, die Europa zu Reaktionen nötigen, die schon wieder halb hinfällig sind, ehe sie mit allen Partnern besprochen wurden.

Die Dystopie als Zukunftsversprechen

Die Festung Europa wird in dieser Situation von der rechtsextremen Dystopie zur leuchtenden Zukunftsvision aller aufrechten Demokraten. Zieht Trump alle in Europa stationierten US-Truppen ab, werden genug Kasernen und Truppenübungsplätze frei, um die Lücken mit Landeskindern zu füllen, die das dann wieder "starke abwehrbereite Europa" mit seiner "liberalen, weltoffenen Demokratie ohne die amerikanische Schutzmacht verteidigen" (Spiegel). Vor ein paar Monaten hätte man diese Vorstellung noch als Spinnerei irgendwelcher Freier Sachsen oder der Reuß-Rentnerarmee abgetan. Inzwischen aber steht das Szenario als "Plan" im ehemaligen Nachrichtenmagazin aus Hamburg. Er sein ein "verzweifelter", aber in Europa sei eben auch "der Ernstfall eingetreten". 

Die Europäer bräuchten "dringend Antworten auf die Parallel-Attacken aus Moskau und Washington", ein Miesmacher, Verhöhner und Schwachkopf, wer hier eine Gleichsetzung der russischen Diktatur und der - nach San Marino - ältesten Demokratie der Welt sieht. Alle, die schon immer skeptisch auf Amerika geschaut haben, das so viel innovativer ist, wagemutiger und erfolgreicher, wollen jetzt mitmachen beim am großen Werk, den "eigenen Kontinent zur Festung umzubauen". Ami, go home! "Die Pax Americana ist vorbei", triumphiert der französische.Außenminister Jean-Noël Barrot, dessen Land immer großen Wert auf eine Sonderolle in der Nato gelegt hat

Gute Voraussetzungen

Bei aller Solidarität unter Europäern, die soll bleiben. Über den Schutzschirm, den Frankreich mit den anderen Staaten in höchster Not teilen will, werde auch in Zukunft nur einer bestimmen. "Was auch immer geschieht, die Entscheidung lag und liegt immer in den Händen des Präsidenten der Republik, des Oberbefehlshabers der Streitkräfte", hat Emmanuel Macron gesagt. Gute Voraussetzungen schon mal für die immer wieder herumgespensternde EU-Armee, deren deutsche Truppenteile erst marschieren würden, wenn der Bundestag mehrheitlich zugestimmt hat. Während die Franzosen in der Stunde der letzten Entscheidung erst dann mit Atombomben auf die Invasoren werfen würden, ihr Präsident nach dem Fall von Polen feststellt, dass die Bundeswehr die Russen wohl auch nicht aufhalten werde.

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die einen wollen Europa zur Festung machen, die anderen einen Schutzschirm spannen, der ihre Vorneverteidigung verbessert. Ursula von der Leyen, als ehemalige deutsche Verteidigungsministerin intensiv beteiligt am Rückbau der ehemals so gefürchteten Fähigen der deutschen Streitkräfte, denkt darüber nach, "die Ukraine in ein stählernes Stachelschwein zu verwandeln" und Briten und Franzosen möchten aus den "willigsten und militärisch stärksten Partnern" eine "Koalition der Willigen" schmiede - einen neuen "Rat", der "militärische Einsätze, die Ausbildung ukrainischer Truppen und den Ausbau der Rüstungsindustrie koordinieren" würde, weil mehr Koordinierung immer schon so gut funktioniert hat.

Jeder darf mitspielen

Jeder will mitmachen, jeder die Gelegenheit nutzen. Friedrich Merz kann seine anstehende Amtszeit mit einem Erstschlag komplett durchfinanzieren. SPD-Chef Klingbeil seinen Leuten das 600-Milliarden-Paket vor die Füße legen, das seien Genossin Saskia Esken schon lange vor Trumps Attacken auf die Einheit des Wertewestens ins Spiel gebracht hatte. Keir Starmer rückt unauffällig an die EU heran. Emmanuel Macron bekommt eine außenpolitische Bühne, die vom andauernden innenpolitischen Drama ablenkt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, deren Hauptaugenmerk eben hektisch noch vom Modethema Klima zum Modethema Wirtschaft gewandert war, hat zwischen Rücknahme des Autoverbots und Rettung der Stahlindustrie kurzfristig noch den "ReArm Europe Plan" aus dem Blusenärmel geschüttelt: 800 Milliarden Euro, die niemand hat, sollen, denen, die sie bezahlen, dabei helfen, zu finanzieren, was sie sich nicht leisten können. 

In der "Festung Europa" mit ihren Mauern aus Illusionen klingt das vollkommen logisch.


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das mit den Raketen ist einfach. Durch ein Böllerverbot zu Silvester werden bei Weco ausreichend Kapazitäten frei. Damit steht der nuklearen Abschreckung eigentlich nichts mehr im Weg.

Anonym hat gesagt…

Auch auf die Frage, ob diese Partnerländer sich dann finanziell an der französischen nuklearen Abschreckung beteiligen, ging Macron nicht weiter ein.

Wozu auch. Der Franzose macht nichts für lau, das ist so sicher wie das Tattoo auf der Proletenkeule. Der Franzose nimmt das Geld zur Not auch ganz ohne Gegenleistung.

Anonym hat gesagt…

Es ward gemunkelt, dass etliche der nuklearen Verteidigungsmittel der Forßdäfrapp auf Ziele in Teutschland programmiert seien.

Anonym hat gesagt…

Lambda am Arsch. Die Spartiaten waren eine erlesene Verbrecherbande, und militärisch durchaus nicht so prickelnd, wie behauptet. Nebenbei auch noch üblere Urschfecker als die Athener.

Anonym hat gesagt…

Ich hätte nicht gedacht, das Spiegel - Autoren so dumm sind. Sie schreiben dreimal" Sandeele". Das sind Sandaale, ihr Idioten. Das sind die Fische, die die putzigen Papageitaucher so gern fressen.