Dienstag, 25. Februar 2025

Wahl-O-Rat: Sieger sehen anders aus

Meinungsforscher lagen auch bei dieser Bundestagswahl wieder dramatisch daneben
Für Meinungsforscher und für die Teilnehmer des Wahl-O-Rat®© war die Linkspartei eine Blackbox.

Irgendwo zwischen Forsa und Forschungsgruppe Wahlen kam die Union raus. Die Union lag dreieinhalb Prozent unter Allensbach, aber nur ein halbes Prozent über Forsa, die SPD kam beim Wähler besser weg als vorher bei den Meinungsforschern. Auch das BSW traf dieses Schicksal, während die Grünen die Demoskopen überzeugten, nicht aber ihre früheren Anhänger. Die Linke wurde dramatisch unterschätzt, die Sonstigen dafür deutlich über.  

Vorhersagen als Wahlkampfschlager

Wie immer funktionierte das professionelle Vorhersagen von Wahlausgängen vor allem als Wahlkampfschlager. Bewusst niedrige angesetzte Werte sollen Unentschlossene motivieren, den Ausschlag zu geben. Bewusst überhöhte Zahlen sollen denen, die sie gut finden, zeigen, dass sie damit richtig liegen und zu den Siegern gehören werden.

Was genau davon wie beim Wähler wirkt, wissen Forsa, Infratest, Dimap und Yougov bis heute nicht.  Nach ihrem verpassten Einzug in den Bundestag vermutet Sahra Wagenknecht, sie und ihr BSW seien vorab eigens als chancenlos dargestellt worden, um Wählern zu suggerieren, sie würfen ihre Stimme weg, wenn sie die Wagenknechte wählten. Die AfD hingegen, über Jahre ein Vorhersagesorgenkind aller Institute, hoffte diesmal vergeblich, wie sonst immer deutlich besser abzuschneiden als prognostiziert. Ausgerechnet bei der Partei, zu der zu bekennen sich ihre Wähler ein Jahrzehnt lang stets gescheut hatten, lagen die Demoskopen diesmal richtig.

Alle liegen immer daneben

Aber eben auch nur da. Bei der Union liegen die Abweichungen zwischen Ergebnis und Vorhersage zwischen 3,5 Prozent (Allensbach) und 0,5 Prozent (Forsa, Forschungsgruppe, Yougov), bei der SPD sind es 2,4 (Infratest) bis 0,4 (Yougov, Forschungsgruppe). Bei den Grünen lag Allensbach mit nur 0,4 Prozent daneben, Emnid, Forschungsgruppe und Infratest schafften es dafür, das Ziel um 2,4 Prozent zu verfehlen. 

Die FDP wurde von allen unter fünf Prozent gesehen, nur der Abstand variierte: Allensbach, Forschungsgruppe und Insa waren schließlich am nächsten dran und nur 0,2 Prozent vom Endergebnis entfernt. Bei der Linken siegten Forsa, Forschungsgruppe und Yougov, beim BSW dagegen Emnid, Insa und Yougov. 

Kein Institut mit keiner seiner Analysemethoden war überall gut. Und alles zusammengerechnet lagen die Vorhersagen für die Union bei 30 Prozent, bei der SPD bei 15, bei den Grünen bei 13,8, bei der FDP bei 4,3, bei der Linken bei 6,9, bei der AfD bei 20,5 und beim BSW bei 4,5 Prozent. Das Spektrum der Abweichungsbreite ist erstaunlich: bei CDU/CSU 1,5 Prozent, bei der SPD 1,4 bei den Grünen 2,2, bei der FDP genau null, bei der Linken 1,9, bei der AfD nahezu null und beim BSW geringe, aber entscheidende 0,5 Prozent. 

Systematisches verschätzen

Systematisch wurden Union und Grüne überschätzt, SPD, Linke und BSW hingegen unterschätzt. FDP und AfD waren die beiden Parteien, deren Wähler genau so abstimmten, wie es die Meinungsforscher vorhergesagt hatten - und das, obwohl alle Institute sich am gröbsten bei den "Sonstigen" verschätzten. Mehr als fünf Prozent würden Kleinstparteien wählen, hatten sie vorher prognostiziert. Es waren dann nur etwas mehr als halb so viele.

Die Meinungsforschung, im Wahlkampf ein steter Quell von Wahlkampfmunition, hat ihren Ruf damit ein weiteres Mal bestätigt. Es handelt sich um eine Wissenschaft wie Würfeln, die jede Menge Augen produziert, dabei aber blind bleibt. Mit dem Wahl-O-Rat®© hatte PPQ kurz vor der Bundestagswahl eine Tipp-Alternative angeboten, die darauf abzielte, auf dem Wege der Experimentaldemoskopie  Wahlergebnisse kollektiv vorauszuahnen. In der Vergangenheit hatte der Versuchsaufbau mehrfach  deutlich realistischere Zahlen produziert als die komplizierten und je nach politischer Färbung handkolorierten Meinungsforschungsinstitute.

Mit rund tausend Teilnehmern

Rund 1.000 Teilnehmer folgten diesmal der Bitte, nicht darüber abzustimmen, wie sie selbst wählen werden. Sondern einzuschätzen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Parteien bestimmte Schwellenwerte überschreiten oder unterschreiten. 

Und erneut zeitigte der am An-Institut für Angewandte Entropie der Bundeskulturstiftung (AIAE) unter Forschungsleiter Hans Achtelbuscher entwickelte Versuchsaufbau verblüffende Erfolge: 56 Prozent der Teilnehmer sahen die Union richtig unter 30 Prozent abschneiden, 84 Prozent sagten richtig voraus, dass die Grünen weniger als 14 Prozent der Stimmen erhalten werden. 60 Prozent waren sich darüber einig, dass das BSW den Sprung in den Bundestag verpassen wird, bei der FDP sahen das sogar fast 90 Prozent richtig voraus.

Als wohl unbewusste beeinflusst von den allgemeinen Erwartungen zeigten sich die Teilnehmer dagegen bei SPD und Linkspartei: Nur eine Minderheit von 47 Prozent sah die ehemalige Arbeiterpartei über 15 Prozent einkommen, die Mehrheit dagegen billigte ihr nur unter 15 Prozent zu. Nicht der Rede wert waren die Prognostiker, die auf "über 17 Prozent" tippten und damit auch nur 0,7 Prozent vom Endergebnis entfernt lagen. 

Die im staatsamtlichen Kampf gegen rechts plötzlich wiedergeborene Linke war die Blackbox für die Teilnehmer. Nur ganz acht Prozent sahen die populistische Truppe um den neuen TikTok-Star Reichinnek bei mehr als sechs Prozent. Andersherum war es bei der AfD. Die hätte nach Meinung einer deutlichen Zwei-Drittel-Mehrheit der Umfrageteilnehmer mit über 22 Prozent der Stimmen in den neuen Bundestag einziehen müssen.

Eine gemischte Bilanz

Insgesamt also eine gemischte Bilanz. Wie die Umfrageinstitute produzierte auch der Wahl-O-Rat®© zum Teil Daten, die das Wahlergebnis verblüffend korrekt vorwegnahmen. Zu einem anderen Teil aber diktierten auch den zum Versuch einer möglichst objektiven Bewertung aufgerufenen Freiwilligen eigene Wünsche und subkutan von Medien induzierte Erwartungen kollektive Bewertungen, die - vor allem im Bezug auf die Linke - weit weg  vom Ergebnis lagen.

Aufwand, Nutzen und Gesamtertrag betrachtet, spielt der Wahl-O-Rat®© jedoch ein weiteres Mal seine Überlegenheit aus. Sowohl bezogen auf die einzelnen Parteien als auch gesamtprozentual gesehen lag er viermal richtiger als die professionelle Demoskopie, dreimal irrte er, aber nur einmal - bei der AfD - deutlicher als die Meinungsforscher. 


7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das Internet hilft früheren Verfassungsrichtern.

Peter Müller auf zeit.de:
Mir wurden zwei Parteien mit jeweils 71,1 Prozent Übereinstimmung vorgeschlagen. Eine Partei davon ist rassistisch, antieuropäisch, hat ein völkisches Menschenbild, duldet Kandidaten auf ihren Listen, die behaupten, das freundliche Gesicht des Nationalsozialismus zu sein. Ich finde diese Partei abstoßend.

ZEIT ONLINE: Ihnen wurde also die AfD vorgeschlagen?

Müller: Ja, mit der gleichen Übereinstimmungsquote wie die CDU.


Wenn du, Richterchen, nichts von dem bist, was du da von der AfD behauptest, dann ist es die AfD vielleicht auch nicht und der Wahlomat hat es dir ins Gesicht gebrüllt.

https://www.zeit.de/kultur/2025-02/peter-mueller-bundesverfassungsgericht-wahlomat-bundesregierung-verfassung

Anonym hat gesagt…

Es ist alles eitel und Haschen nach Wind ...

Kinder, was spielt ihr den da? - Haschen - Ach so, es sah mir glatt so aus, als ob ihr raucht ...

Anonym hat gesagt…

denn

Anonym hat gesagt…

Parsival 25. Februar 2025 at 18:35
Also Deutschland hat Mitte- Rechts gewählt und bekommt nun Mitte- Links? Wenn März das wirklich macht, kann er sich auf die nächsten Wahlen freuen denn sowas vergisst das Volk nicht.

So ein Dummerle. Das Volk bekommt noch nicht einmal etwas mit - wie sollte es da "vergessen"? Lächerhaft.

Dr.Zipp hat gesagt…

Merz war bei Bläckrock Frühstücksdirektor , sagt das Internet - er wird sich mit rotgrün "arrangieren" - man wird die Leute wegen bösen Internetsachen verfolgen und er wird Deutschland in die Katastrophe steuern . Wenn es der Herrgott so will fliegt Merz 2028 raus , Weidel wird Kanzlerin , "antifa" landet im Abschiebeknast und die cdu kommt in die Fischfabrik . Was wir aber mit rotgrün machen erzähle ich Euch nach der nächsten Maus

Dr.Zipp hat gesagt…

Lors Klangheil , Klingone, beantwortet Fragen der Briefingpresse. "Also , Ponkt einz..." nie nicht mit der blauen Partei ; Fehleranalyse ,brauchen Zeit , türrlichtrageichferreantwortung. Er reiht Begriffe und Satzbausteine aneinander - mehr nicht - mehr kann er nicht . er kann staatsmännlich gucken - ja , ein Anzugträger . wäre beim Herrenausstatter besser aufgehoben . dann der Politfachmann mit Bücherregal im Hintergrund ; gut sichtbar : Anna Haarend Beschtzeller "ist das Politik ?" (blauer Einband , erschienen bei Peeper). Die Zeit der Bullshittenden läuft ab .

Anonym hat gesagt…

Die Zeit der Bullshittenden läuft ab .

Bisher sieht es lediglich so aus, als ob.