Mittwoch, 19. Februar 2025

Lindner-Liberalismus: Letzte Hoffnung Kettensäge

Christian Linder geht kurz vor dem Wahltermin auch noch all in.

Es sollte eigentlich nicht gleich die Kettensäge sein. Christian Lindner wusste zwar um die Sehnsucht vieler früherer Wählerinnen und Wähler seiner ehemals liberalen Partei nach einer Rückkehr zur Verteidigung der Grundrechte, zum Unterhaken gegen die "Übergriffigkeit" (Friedrich Merz) des Staates und zur Abkehr von einer Strategie dauernder Bücklinge vor einem vermeintlich grünen Zeitgeist.  

Mann der Berliner Blase

Doch der Mann, der die FDP nach ihrer letzten großen Sinnkrise aus dem Tal der Tränen zurück in den Bundestag geführt hatte, lebt natürlich auch in der Berliner Blase, in die die Wirklichkeit nur über vielfache Medienfilter dringt. Dass es schlimm steht um Staat wie um die eigene Partei, das wusste Lindner. Doch wie schlimm, das konnte er aufgrund seiner persönlichen Situation als ums Überleben kämpfender Ampelminister nicht ahnen.

Die Strategie, die er seinen ehemals Liberalen im Wahlkampf verordnete, gieß also wie immer: "Alles lässt sich ändern". Was wir genau ändern werden, wird aber ganz, ganz wenig sein. Ein Versprechen, das nicht verfing. Wie festgeklebt lag auch die FDP bei den Umfragewerten, die ihr schon seit einem Jahr zugeschrieben werden. Weder das hartnäckige Festhalten an der gemeinsamen Regierung mit SPD und Grünen noch das verwegene Ausstiegsmanöver im Spätherbst löste die Fesseln. 

Gewonnen wie zeronnen

Kaum hatte Lindner mit seinem provozierten Rauswurf die wiedergewonnen, die er wegen des allzulangen Mitwirkens an der desaströsen Regierungspolitik verloren hatte, verlor er die, die ihm vorwarfen, die Ampel nicht viel früher oder besser gar nicht zum Platzen gebracht zu haben. Verzweifelt warf sich der Parteichef auf einer Tour quer durchs Land in die Bütt, er wetterte und schimpfte noch weit mehr auf die bisherige Regierung als selbst Olaf Habeck und Robert Scholz. Doch auch das brachte nichts.

Für Lindner geht es längst ums Überleben, auch um das persönliche. Wie Friedrich Merz hatte der Alleinherrscher der FDP mehrfach versucht, das Wasser mit dem kleinen Zeh zu testen. Er schlug die Schließung des Umweltbundesamtes vor. Forderte, Deutschland müsse mehr Musk und Milei wagen. Und wie Merz, sein Wunschpartner in einer brandmauerfreien Parallelwelt mit Mehrheiten rechts der Mitte, zuckte er jedes Mal schnell zurück, sobald ein Gegenwindchen aufkam. Nicht so gemeint. Falsch verstanden. 

Nichts mehr zu verlieren

Aber nun ist es auch egal. Auf den letzten Metern des Wahlkampfes, die schlimme Schlappe bei der Bundestagsabstimmung zur Brandmauer noch im Genick, geht Christian Lindner all in. Einer seiner Minister hatte ihm schon beim Ausstieg aus der Regierung die Gefolgschaft gekündigt. Ein Drittel seiner eigenen Fraktion ließ sich weder durch Bitten noch durch Barmen überreden, dem symbolischen Unionsantrag zur Migrationsbegrenzung so geschlossen wie CDU, CSU und AfD zuzustimmen. Da schadet es nun gewiss nicht mehr, wenn Lindner auf seiner Ankündigung, eine Behörde zu schließen, 99 weitere draufpackt.

Die Wahrscheinlichkeit, der nächsten Bundesregierung anzugehören, ist gering, die Wahrscheinlichkeit, dort so stark vertreten zu sein, dass der nächste Vizekanzler Lindner die Kettensäge mit zu den Kabinettsberatungen bringen darf, liegt bei null. Lindner will sich später im Ruhestand, wenn er mit Olaf Scholz die schlechten alten Zeiten bei einem guten Baroso Revue passieren lässt,  nicht vorwerfen lassen, dass er nicht alles versucht hat.

Erfolge für Marx

Den Marx machen viele in diesem Wahlkampf, so erfolgreich, dass der Wahltag gerade noch rechtzeitig kommt, um eine Alleinregierung der Linkspartei gerade noch zu verhindern. Den Musk dagegen spielt noch niemand, auch wenn die Sehnsucht nach Afuera und Kleinholz in Behördenstuben die sozialen Netzwerke wie Morgennebel durchzieht, seit der reichste AfD-Unterstützer der Welt daheim in Amerika mit eisernem Besen durch die Institutionen fegt. Lindner hatte Anfang Januar versucht, den südafrikanischen Migranten für die FDP zu gewinnen. War aber abgeblitzt, weil er Musk wohl zu bieder selbst nach Behördenmief roch.

Im zweiten Anlauf will er es nun besser machen, selbst ohne Hilfe aus den USA. Kurz vor knapp ließ er Pläne durchsickern, 100 Behörden schließen zu wollen - bei derzeit nicht einmal 1.000, die der Bund nach Angaben des Bundesverwaltungsamtes unterhält, wäre das ein tiefer Einschnitt, den die demokratischen Institutionen auf anderen Wegen kaum auffangen könnten. Statt Kettensäge legt die Lindner damit die Axt ans Funktionieren der Gesellschaft, die ohne Bundesmonopolverwaltung für Branntwein, die NOW GmbH Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie oder Bundessorten- und Bundessprachenamt kaum mehr überleben könnte.

Letztes Manöver

Es ist ein letztes Wahlkampfmanöver, zumindest aber das letzte des Christian Lindner. Sticht die Karte nicht, sich als deutscher Milei zu inszenieren und ab sofort als "Ultraliberaler" (Die Zeit), "rechts" (ZDF) und "Rechtspopulist" (Deutsche Welle) aufzutreten, war es das mit dem Chef der Partei von Heuss, Scheel, Genscher, Möllemann und Brüderle. Das "Strategiepapier" der Parteileitung, begründet mit der Notwendigkeit eines Vorgehens gegen den "Wildwuchs an Verwaltung", zielt auf den Kernbestand eines Staates, der sich selbst seit Jahren schon nicht mehr über den Zuwachs an Wohlstand bei den Bürgern, sondern über das Wachstum an eigenen Verfügungstruppen definiert. 

Gerade die Ampel sah in der Versorgung der eigenen Leute ein probates Mittel, sich Freunde zu machen: Sie legte sich mehr als 1.600 neue Beamtenstellen zu, ein Plus von acht Prozent. Auch an der Tradition der Durchführung einer Operation Abendsonne am Ende der Dienstfahrt hielten die Ampelminister fest.  Ist der Ruf erst ruiniert, befördert es sich ungeniert: Ohne jeden Verstoß gegen gesetzliche Regeln und ungeachtet aller Haushaltsengpässe konnten in den vergangenen zwei Monaten  noch einmal 90 Beamte des höheren Dienstes und für besonders verdiente Parteimitglieder neue sichere und gutdotierte Posten in der Bundesverwaltung geschaffen werden.

Überlappende Aufgabe

Lindners neuer Eifer, zu privatisieren, zusammenzulegen oder zurückzuschneiden, was über Jahrzehnte und unter zahlreichen Bundesregierungen in aller Ruhe wachsen durfte, entspringt nicht einer inneren Überzeugung, sondern dem Mut der Verzweiflung. Der Staat müsse Behörden mit "überlappenden Aufgaben" zusammenstreiche und seine eigenen Aufgaben auf den wirklich notwendigen Kern reduzieren. "Dadurch ergeben sich erhebliche Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen", hat die  FDP ausgerechnet in dem Moment entdeckt, in dem sie von der Macht so weit entfernt liegt wie seit 2011 nicht mehr.


3 Kommentare:

Hase, Du bleibst hier... hat gesagt…

DOGE, respektive Musk schaut jetzt Mal beim Fort Knox vorbei und wiegt die Barren, sofern noch was da ist. Seit Trump im Amt ist sind hunderte Tonnen aus England in die USA überführt worden. Freunde, es ist ist wieder soweit. Kauft Nudeln und Klopapier. Hilfsweise genügen für Letzteres Euro und Dollarscheine. Dann übernimmt Krypto. 🤪

Anonym hat gesagt…

Nudeln? Ich habe Gluten!
Dafür keinerlei mit Milchprodukten. Blutgruppe A wie Arier. Seit über viertausend Jahren Milchviehnomaden, wenn nicht noch viel länger.

Anonym hat gesagt…

2032 knallt 2024 YR4 auf Takatukaland und spült ein paar Millionen Bedürftige zu uns. Also gleich ein, zwei Klorollen extra kaufen.