Sonntag, 16. Februar 2025

Aufstand gegen Amerika: Tapetenkuttes Wiederkehr

Scholz rüffelt Vance. Der Kanzler trifft damit über Bande den neuen US-Präsidenten Trump, von dem er weiß, dass er Deutschlands Arbeitern ihre Villen wegnehmen will.

Daniel Eliasson vom #TeamHabeck, Ortsgruppe Berlin-Zehlendorf, war fassungslos. So weit sei die Kontrolle der Meinungsfreiheit im Land bereits verloren gegangen, dass deutsche Blätter die "brandgefährliche Rede" des US-Vizepräsidenten J.D. Vance im Wortlaut veröffentlichen dürfen - "ganz ohne Einordnung oder Gegendarstellung", empörte sich der Büroleiter der Berliner Grünen-Abgeordneten Tonka Wojahn.  

Abteilung Attacke

Eliasson ist nebenher stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen in Stadtteilparlament Steglitz-Zehlendorf und dort die "Abteilung Attacke" (Eliasson) der parlamentarischen Klima- und Demokarteibewegung. Zeitenwende. Tabubruch. Amerikaner, die mitten in Deutschlands früherer Hauptstadt der Bewegung einfach sagen, was sie denken!

Wo bleibt denn da die Rücksicht des Verbündeten? Warum meinen Amerikaner, nur weil ihre Demokratie 173 Jahre älter ist und noch nie von inneren oder äußeren Extremisten ausgehebelt wurde, sie könnten Deutschland, dem Geburtsort zweier Diktaturen und zweier Weltkriege gute Ratschläge erteilen? Und wieso ist es in Deutschland immer noch erlaubt, Reden von US-Vizepräsidenten zu zitieren, ja, sie in Gänze öffentlich zu machen?

Einmischung ja, aber nicht so

Eliasson, als studierter Medienmanager auch versierter Völkerrechtler, wirft diese wichtige Frage nicht nur auf, er beantwortet sie auch. Niemals dürfe eine solche "Einmischung von außen in die Bundestagswahl weiterverbreitet werden", denn es handele sich bei Vance' Anmerkungen nicht um Ermahnungen, Warnungen oder auch nur Hinweise auf eine mögliche Gefahr für die Verfasstheit der größten Staatengemeinschaft der Menschheitsgeschichte. Sondern um einen "feindseligen Akt gegen die Bundesrepublik". 

Das muss ein freies Land nicht dulden, denn die Vizepräsidentin des deutschen Bundestages hat bereits entschieden, wie weit die Meinungsfreiheit strapaziert werden darf: "Wir sind ein freies Land, eine Demokratie. Hier kann jeder sagen, was er oder sie will. Und muss – auch das Demokratie – mit Widerspruch rechnen". Katrin Göring-Eckardt, die nach langer, vergeblicher Suche nach einem Parlamentspoeten inzwischen immer wieder selbst in diese Rolle schlüpft, meint damit, dass jeder "Schwachkopf" sagen kann. Er muss eben nur gut überlegen, ob er es sich finanziell leisten kann.

Freiheit durch Sperrung

Widerspruch muss nicht verbal sein. Er kann auch als Sperrung der Online-Konten, Hausdurchsuchung oder Anklage wegen Hohn oder Falschzitat erfolgen. Auch die Amerikaner haben das schließlich lange so gesehen. Viel wichtiger als dass jeder sagen kann, was er denkt, war es der Biden-Administration, dass jeder das Richtige denkt. Dass die neue US-Regierung ein anderes Weltbild hat als "wir", wie es Walter Steinmeier für die gesamte europäische Linke formuliert hat, mag manchem gefallen.

Doch für Deutschland wie für Europa gelten weiterhin die "etablierten Regeln" (Steinmeier). Die USA darf alles, sie darf sogar einen deutschen Außenminister dazu zwingen, die Verschleppung deutscher Staatsangehöriger durch US-Dienste zu akzeptieren, die Verfassung zu brechen und unabhängige Parlamentarier zu einer "am Staatswohl orientierte Zusammenarbeit"  in einem Untersuchungsausschuss zu mahnen. 

Denn das Ziel, dass "hochrangige staatliche Interessen keinen Schaden erleiden", wie es Steinmeier den Abgeordneten einst nach Recherchen des Bundesverfassungsgerichtes aufgab, mag "zum Teil verfassungswidrig" (Verfassungsgericht) gewesen sein. Aber so lange es nicht öffentlich bekannt wird, ist nichts dagegen zu sagen. Und selbst wenn, steht dem Dulder von Folter und rechtswidriger Inhaftierung immer noch das höchste Staatsamt offen.

Scholz rüffelt scharf

Scholz hat sich Vance umgehend vorgenommen und ihn "gerüffelt" (Spiegel). Die grüne Außenministerin Annalena Baerbock lobte Polen dafür, dass dessen Streitkräfte die Demokratie nach Deutschland brachten. Ihr grüner Ministerkollege Robert Habeck bügelte den US-Vizepräsidenten knapp ab: "Kümmere Dich um Deinen eigenen Kram".  

Die Amerikaner sollen Deutschland vor den Russen schützen, ihm soziale Netzwerke, Suchmaschinen, Internetkaufhäuser und Cloudspeicher zur Verfügung stellen. Aber sich nicht einmischen, wie es  deutsche Politikergewohnheit bei Wahlkämpfen in aller Welt geworden ist. Volker Wissing, parteiloser Minister vor dem Abschied, warnte "Wer glaubt, europäische Regeln könnten von außen diktiert werden, irrt gewaltig." Denn das von außen diktierte Zwei-Prozent-Ziel bei der Aufrüstung meint er damit nicht, auch nicht die erhöhte Zielmarke von drei oder fünf Prozent. 

Große Momente der DDR-Geschichte

Berlin und Brüssel orientieren sich an großen Momenten der deutschen Geschichte. SED-Politbüromitglied Kurt Hager war es, der zwei Jahre vor dem Zusammenbruch der sozialistischen Diktatur auf dem SED-Weg zu einer ostdeutschen Definition von Meinungsfreiheit festhielt. "Würden Sie, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?", beschrieb er, warum das DDR-Politbüro den "übergriffigen" Empfehlungen aus Moskau, mehr Freiheit zu gewähren, nicht entsprechen werde.

In Artikel 27 der Verfassung der DDR war das uneingeschränkte Recht, seine Meinung frei zu äußern, garantiert. "Diese Freiheit wird durch kein Dienst- oder Arbeitsverhältnis beschränkt; niemand darf benachteiligt werden, wenn er von diesem Recht Gebrauch macht", hieß es anfangs sogar. Gemeint waren natürlich nur Ansichten, die den "Grundsätzen der Verfassung" entsprachen, also kompatibel war mit den staatsoffiziellen Vorgaben der SED waren. Als der große Bruder Sowjetunion zu tapezieren begann, verbot die SED das sowjetische Magazin "Sputnik". Was nicht sein sollte, durfte auch nicht gesagt werden.

Unbestrittenes Demokratiedefizit

Friedrich Merz, nach seinem Pokerspiel um die Zustrombegrenzung später Sieger, setzt erneut alles, um zu zeigen, dass er die, die er gerade gewonnen hat, auch wieder verlieren kann. "Wir respektieren die Wahlen in den USA und erwarten dasselbe im Gegenzug", kommentierte er. "Wir halten uns an die Regeln unserer demokratischen Institutionen." 

Gemeint sind wohl die Institutionen der von J.D. Vance kritisierten EU, deren Demokratiedefizite von der Bundeszentrale für politische Bildung so beschrieben wird: "Ein Abgeordneter vertritt 857.000 deutsche und französische Wähler, in Luxemburg 83.000 und in Malta 67.000 Unionsbürgerinnen und -bürger." Ein Wähler aus Deutschland oder Frankreich habe damit nur ein Zehntel des Stimmgewichtes wie einer aus Luxemburg oder Malta. "Der demokratische Grundsatz ,one man, one vote', d. h. die Wahlrechtsgleichheit, gilt bei der Wahl zum Europäischen Parlament nicht." 

Das "D" steht für Demokratie

Ein Zustand, der sich leider nicht ändern lässt. Zu kompliziert die Abstimmungsprozesse. Zu unterschiedlich die Interessenlagen. Zu groß ist das EU-Parlament ohnehin schon, angesichts der Tatsache, dass es das einzige Parlament weltweit ist, das keine eigenen Gesetzesvorschläge beschließen darf.

Das "D" in "EU" steht für Demokratie und Merzes "Wir" ist identisch mit dem von Scholz, Baerbock, Eliasson und Habeck. "Meinungsfreiheit bleibt Meinungsfreiheit", sagt der kommende Kanzler. Aber was ungewählte Meldegänger, Meldestellen und Hate-Aid-Aktivisten als "Fake News, Hassrede und Straftaten" einstuften, unterliege "rechtlichen Beschränkungen und unabhängigen Gerichten."

Merz ist Jurist, er könnte auf Befragen zweifellos alle Passagen im Strafgesetzbuch nennen, in denen "Fake News" und "Hassrede" eine Rolle spielen. So viele sind das nicht, genaugenommen gibt es gar keine. Auch Wahlkampf-Kommentare aus dem Ausland sind nirgendwo verboten, aber wenn "europäische Werte nicht verhandelbar" (Wissing) sind, dann lässt sich das kurz zuverlässig ausblenden. 

Angst vor der Wahrheit

Niemand hat die Absicht, das, was Vance gesagt hat, auch nur oberflächlich auf seinen Wahrheitsgehalt zu prüfen. Das Ergebnis könnte Teile der Bevölkerung beunruhigen. Würde bekannt, dass "unsere Demokratie" kein anderer Begriff für "Volksherrschaft" ist, sondern eine Umschreibung für eine gelenkte Demokratie, ließe sich nur noch schwerlich argumentieren, dass das Vertrauen in die Funktionsträger nicht schwindet, weil die eigentlich sehr, sehr gute Politik mit ihren sehr, sehr prächtigen Erfolgen den Menschen draußen im Lande noch nicht ausreichend gut und gründlich erklärt worden ist.

Vance hat die Hand ausgestreckt. Wer "Angst vor den Stimmen, Meinungen und dem Gewissen haben, die Ihr eigenes Volk leiten", der habe gar nichts mehr, was sich zu verteidigen lohne, predigte der US-Vizepräsident den tauben Ohren des Publikums auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Denjenigen würden dann aber auch die Vereinigten Staaten nicht verteiidgen. 

Reaktionen als Klartext

Die Reaktionen zeigen, wie genau der 40-Jährige den soft spot getroffen hat, an dem schon ein Streicheln den Betroffenen schlimme Schmerzen bereitet. Zwischen Empörung, Hysterie, Ratlosigkeit, Enttäuschung und moralisierendem Geschwätz über eine  "autoritär-revolutionär" Revolution samt "Feudalismus" und "Oligarchie" verpasste ganz Deutschland die Einladung aus Amerika. Niemand schien bereit, darüber nachzudenken, ob immer mehr Aufsicht, immer mehr Bevormundung und immer mehr Verfolgung abweichender Ansichten wirklich der Weg sind, den Europa gehen will. Selbst wenn der Preis dafür sein sollte, ihn allein gehen zu müssen.

Dass die neue Regierung in Washington keinen Partner verteidigen wird, der - aus amerikanischer Sicht - gemeinsame Grundwerte wie die Meinungsfreiheit nur marginal liberaler interpretiert als autoritäre Regimes, hat J.D. Vance deutlich gemacht. "Wenn Sie aus Angst vor Ihren Wählern davonlaufen, kann Amerika nichts für Sie tun", hat Trumps Vize gesagt und damit die Alternative verdeutlicht: Aus der Sicht Amerikas kann es bei den "etablierten Regeln" (Steinmeier) bleiben, nach denen die  Meinungsfreiheit ein "zentraler Wert unserer Demokratie" (Thierry Breton) ist, "nicht verhandelbar" aber je nach Nützlichkeit erlaubt oder nicht erlaubt.

Dann kümmert Euch aber künftig allein um Euren Kram.


1 Kommentar:

Bernd von Kohlschänn hat gesagt…

dieser Bernd froid sich schon auf die kommenden nsa Aktionen : alle stasis werden geoutet , der Pfarrer der alleine im Aktenschrank wühlt, den Péolohpönkel , aber auch der schlonz hat ne stasi-feil .Es wird superspannend und hochinteressant - Herr Dr. Bartschell,lassen se doch schon mal das Badewasser ein