Im Kampf gegen Trump setzt Bundespräsident Steinmeier klare Prioritäten. |
Als George Bush im Januar 1989 sein Amt als US-Präsident antrat, erreichte ihn ein langes Telegram aus Berlin. "Sehr geehrter Herr Präsident", schrieb der deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker, „zur Übernahme des Amtes des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika sende ich Ihnen des deutschen Volkes und meine ganz persönlichen, herzlichen Glückwünsche.“ Bush trete, so Weizsäcker, „heute an die Spitze ihres großen Landes, das seit mehr als 200 Jahren für die hohen Ideale der Würde und Freiheit des Menschen, der Herrschaft des Rechts und der Durchsetzung von Frieden und Demokratie in der Welt eintritt“.
Beide Völker Seite an Seite
Im Streben nach der Verwirklichung dieser Werte finden sich „unsere beiden Völker Seite an Seite“. Eine solide Freundschaft und Partnerschaft habe sich zwischen Deutschen und Amerikanern entwickelt, „auf die wir bei der Bewältigung der Herausforderungen, die uns bevorstehen, bauen können“. Von Weizsäcker, im Zweiten Weltkrieg Oberleutnant und als Ordonnanzoffizier beim Oberkommando des Heeres (OKH) in Mauerwald in Ostpreußen direkt am Unternehmen „Barbarossa“ beteiligt, schrieb an Bush, der im gleichen Krieg als jüngster Navy-Flieger im Fernen Osten gekämpft hatte.
Jedes Wort war Respekt. Jeder Satz hatte Stil. Auch bei Bundeskanzler Helmut Kohl, dem dem neuen Mann im Weißen Haus schrieb: „Sehr geehrter Herr Präsident, lieber George, zu Ihrer heutigen Amtseinführung übermittle ich Ihnen meine besten Wünsche für eine erfolgreiche Regierungszeit.
Ich freue mich auf eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Ihnen, die sich auf unsere langjährige persönliche Wertschätzung und Freundschaft gründet.“
Liebesgrüße aus Berlin
Dreieinhalb Jahrzehnte später klingen die Liebesgrüße aus Berlin zähneknirschend und schmallippig. Der Bundeskanzler belässt es bei einem Satz, der Bundespräsident erspart sich die Glückwünsche ganz. Wo Walter Steinmeier Joe Biden noch mit einer Videobotschaft applaudiert hatte, denn „heute ist ein guter Tag für die Demokratie“, schweigt Deutschlands Staatsoberhaupt auch am zweiten Tag nach Trumps Amtseinführung, als gingen ihn die Gepflogenheiten der internationalen Diplomatie nichts an.
Steinmeier, bei Trump seit seiner Beschimpfung des alten und neuen Präsidenten als „Hassprediger“ ähnlich beliebt wie wegen seiner festen Freundschaft mit Kreml in Kiew, hatte Donald Trump im November noch zum Wahlsieg gratuliert, wenn auch auf die neue deutsche Art, indem er ihm Belehrungen zukommen ließ. „Ich werde mich weiter dafür einsetzen, dass sich die Menschen in unseren Ländern zugewandt und mit Offenheit begegnen“, flunkerte Steinmeier zudem. Womöglich um darüber hinwegzutäuschen, dass er keineswegs vorhatte, irgendetwas in dieser Hinsicht zu tun.
Lieber die "Sterne des Sports"
Und zur Amtseinführung gleich gar nicht. Während selbst Wladimir Putin die höfliche Geste Richtung Washington nicht scheute, verleih der Bundespräsident lieber die "Sterne des Sports", unter anderem an einen Verein, der den Mangel an Turnhallen zur Tugend erklärt und "Outdoor-Sportangebot in den landschaftsprägenden Weinbergen" von Gengenbach anbietet. Gold gab ich für Eisen.
Wer Steinmeiers Chuzpe nicht hat und nicht anders kann oder sich nicht anders zu handeln traut, der hält es wie Hendrik Wüst, der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Der herzliche Satz "Ich gratuliere US-Präsident Trump zur Amtseinführung" muss reichen, ehe es im Kasernenhofton an die Mahnungen geht, auch nach innen: "Wir müssen entschlossen auf ,America First' antworten: mit mehr Europa, Selbstbewusstsein & einer echten EU-Verteidigungsunion."
Wie Scholz sendet auch Wüst eher eine Nachricht ans Inland als einen Glückwunsch nach Amerika. Jeder soll wissen, dass beide nur der Form halber so tun, als wollten sie gratulieren. Deshalb geschieht es ohne jeden Stil.
Trauertelegramme aus Berlin
So klingen sie alle, die Trauertelegramme aus dem politischen Berlin Richtung Washington. Das alte Europa, angesichts der neuen Administration in Washington befallen vom Hauch einer Ahnung, dass die Herausforderung zum friedlichen Wettstreit der Systeme zu groß sein könnte, um sie mit den üblichen Versprechen und Durchhalteparolen zu überstehen, gefällt sich in Belehrungen. Was Amerika alles zu sein habe, wie Amerika zu sein habe und wie es mit Deutschland weitergehen müsse, um im alten Trott bleiben zu können, obwohl dort drüben, jenseits des Atlantik, vielleicht wirklich ein neues Kapitel aufgeschlagen wird.
In Deutschland, der bräsigen Hauptstadt einer Staatengemeinschaft, die seit Jahren wie auf eingeschlafenen Füßen herumtorkelt, ist man stolz darauf, gar nicht gratuliert zu haben oder aber so, dass einem niemand nachsagen kann, man habe nett und freundlich geklungen.
Wenn schon Kotau, dann so verpackt, dass die Fankurve weiß: Man hat es nicht so gemeint. Von Elmar Theveßen, studierter Journalist, Biden-Kenner und ZDF-Korrespondent, wurde Trumps Rede umgehend auf Völkerrechtsverstöße geprüft. Iris Schwertner, vielleicht schon die letzte Vorsitzende der Linkspartei, entdeckte bei Elon Musk das, was sie für einen Hitlergruß hält. Der "Spiegel" hatte 19 Reporter am Puls der Zeit, die herausfanden, dass Trump "eigentümlich" getanzt habe.
Kein Vergessen, kein "sorry"
Deutschland, das ist sicher, wird auch nach der Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten seine Linie durchzuziehen. Kein Vergessen, kein Neuanfang. Kein "sorry", vielleicht haben wir uns mit der Konfrontation verrannt. Stattdessen werden die Reihen fest geschlossen. Europa werde Trump "nur dann trotzen können, wenn es sich auf seine eigene Kraft besinnt", fabelt es im "Spiegel", wo weiterhin die Illusion lebt, dass Europa eine eigene Kraft hat.
Alle Fakten sprechen dagegen. Europa ist wirtschaftlich auf dem Weg ins Abseits, technologisch bereits abgehängt, militärisch noch immer eine Summe von Nullen und politisch wie weltanschaulich gespalten. Die Infrastruktur ist hinüber, der Wert der "stabilen" Gemeinschaftswährung bröckelt im Eiltempo. Das einzige, was in der Wertegemeinschaft noch funktioniert, ist die Bürokratiefabrik in Brüssel und Produktion höchster moralischer Ansprüche.
Dabei soll es blieben. Wie die EU ist auch Deutschland entschlossen, sich weiterhin etwas vorzumachen. "Wenn die USA versagen, muss Europa die Verantwortung für den Planeten übernehmen", der grünen EU-Abgeordnete Michael Bloss als neuen Kurs ausgegeben. Klimaschutz dürfe "nicht an nationalem Egoismus eines Größenwahnsinnigen scheitern", begründet der Mann aus Stuttgart seine Entscheidung über das Schicksal der Welt.
Bloss muss es wissen. Sein Weg in die Politik führte wie vorgeschrieben über ein Studium und die Mitarbeit in einem grünen Abgeordnetenbüro. Ohne den Umweg über irgendeine Erwerbstätigkeit außerhalb der Politblase direkt in die Weltregierung.
Der Schwanz wackelt mit dem Hund
Der Schwanz ist fest entschlossen, mit dem Hund zu wackeln. Trump will zum Mars, die deutschen Parteiführer streiten wie die Kesselflicker darum, wer wen vergackeiert hat, wer richtig entlastet und wer falsch, und ob das fehlende Geld an der Schuldenbremse vorbei mit diesen oder jenem Trick unauffälliger aus irgendeinem Schattenhaushalt abgeknapst werden kann, um sich noch eine Weile an der Macht zu halten.
Steckt ein großer Plan dahinter? Oder nur Verzweiflung? Ist es Verunsicherung, die die Strategie bestimmt? Ist es überhaupt eine Strategie? Oder nur die Angst davor, als Hochstapler und Versager aufzufliegen, wenn Trumps Pläne aufgehen?
4 Kommentare:
'Europa übernimmt Verantwortung für den Planeten'.
'...und morgen der ganze Planet'
Größenwahn? Positiv. Der Planet scheißt euch was, wie man auf dem Dorf sagen würde.
Guter Text. Die vielen Schreibfehler dienen sicher nur dazu Aufmerksamkeit zu generieren. Kluk.
OT Darf man sich in Deutschland ein T-Shirt mit Musks-Hitergrußbild drauf anziehen?
Frage für einen bekannten Softwareauditor.
Achtung, Glashaus!
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