USB-C, in Brüssel häufig auch "EUSB" genannt, tritt von Europa aus einen weltweiten Siegeszug an. Nie mehr wird es einen besseren Stecker geben können. |
Es ist endlich so weit. 16 Jahre Warten, 16 Jahre Bangen und Harren sind vorüber. 2009 war der damals in der EU-Kommission Barolo Nummer 1 für Innovation und Digitales zuständige Kommissar Günter Verheugen mit dem Vorschlag vorgeprescht, einen EU-Einheitsstecker zu schaffen.
Verheugen handelte im eigenen Interesse: Er wollte, dass der Ladestecker seines funkelnagelneuen iPhone endlich auch in die Buchse seines auf ein Android-Handy vertrauenden Kollegen Janez Potočnik passt.
Daraus wurde eine Jahrhundertschritt, langwierig und schwierig. Jetzt aber ist die größte Staatengemeinschaft der Menschheitsgeschichte am Ziel.
Seit gestern um Mitternacht herrscht USB-C-Pflicht in Europa. Der im politischen Brüssel auch scherzhaft als "EUSB"-Stecker bezeichnete Fortschrittsanschluss, vor zehn Jahren spezifiziert und vor neun von der International Electrotechnical Commission in Genf als IEC 62680-1-3 genormt, ist für knapp eine halbe Milliarde Menschen alternativlos geworden.
Einziger Einheitssteckerraum
Was immer Smartphones, Tablets, Kopfhörer, Tastaturen, Mäuse, Digitalkameras, tragbare Lautsprecher, tragbare Spielekonsolen, E-Reader oder Navigationsgeräte anschließt, muss einen haben.
So will es die EU-Vorgabe für "Neue elektronische Kleingeräte": Was neu verkauft wird, muss nach der Richtlinie über eine USB-C-Ladebuchse verfügen. Die EU ist damit weltweit der einzige Wirtschaftsraum, der auf eine Einheitslösung für alles setzt.
Vor allem Apple leistete lange Widerstand. Mit der Begründung, dass die Festlegung auf einen Einheitsstecker Innovation behindere, verteidigte das US-Unternehmen seinen Lightning-Anschluss. Doch die EUmweltbedenken wogen schwerer: Die EU-Kommission argumentierte damit, dass bis zu 13.000 der jährlich etwa vier Millionen Tonnen Elektroschrott in der Gemeinschaft eingespart werden könnten, würden endlich aller Stecker in alle Steckdosen passen.
Es war ein hartes Ringen, bis das "Anti-Apple-Gesetz" mit 43 zu 43 Stimmen durchgesetzt war. Die Geburtsstunde einer Welt, in der dem Kabelsalat ein Ende bereitet werden würde.
Primat der Politik
Aus Gnatz verkauft Apple nun keine iPhones 14 und SE in der EU, doch schon beim iPhone 15 beugte sich der Konzern dem Primat der Politik. Ein Triumph auch für Bundesumweltministerin
Steffi Lemke (Grüne), die erleichtert kommentierte: "Damit hat das Durcheinander von unterschiedlichen Steckeranschlüssen endlich ein Ende". Widerspruch kommt von Fachleuten, die in der Vereinheitlichung eine Fortschrittsbremse sehen. Wenn nur noch ein System vorangetrieben werde, könne es nie mehr ein besseres geben, behaupten sie.
Gerade hier aber zeigt sich einer der großen Vorteile der langwierigen EU-Entscheidungsprozesse. Hätte die Gemeinschaft ihre EUSB-Richtlinie zu schnell verabschiedet, wäre Europa jetzt für immer auf Micro-USB-Stecker festgelegt, die von der EU ab 2011 durch die Europäische Norm EN 62684:2010 gefordert worden waren, um die Steckervielfalt einzudämmen.
Technisch wären diese Stecker heute nicht mehr ausreichend, um modernen Anforderungen an Daten- und Energiedurchsatz zu gerecht zu werden.
Ideales Timing
Zum Glück für 440 Millionen Europäer dauerte die Durchsetzung des EUSB-Beschlusses lange genug, um der Wissenschaft die Möglichkeit zu geben, mit dem USB-C-Format einen Ladebuchsen-Typ zu entwickeln, der vom Stichtag an für immer allen Ansprüchen gerecht werden wird. Mit dem angestrebten Sieg über Apple hat die Kommission zudem bewiesen, dass sie die Machtmittel in der Hand hält, auch Großkonzerne zu ihrem Besten zu zwingen.
Aufgrund der komplizierten Zulassungsbedingungen und der Schwierigkeiten, Hersteller zu finden, die in ihren Produkten Steckanschlüsse verbauen, die vielleicht besser sind, aber in der EU keine Chance auf Genehmigung haben, ist mit dem heutigen Tage die gesamte Produktpalette bei Kleingeräten dauerhaft auf USB-C umgestellt.
4 Kommentare:
Bei den aufladbaren Rasierern herrscht weiterhin Abzocke mit den proprietären Ladesteckern. Bei meinem letzten Check hatte nur der Noname-Billigrasierer USB C. Den hab ich dann halt genommen.
Feinste Jahresanfangswirtschaftslyrik, die für mein Dafürhalten bereits den Jahresendpreis gewonnen hat, da es kaum zu toppen ist.
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https://www.welt.de/politik/deutschland/article254977094/Bundestagswahl-2025-Oekonom-wirft-Parteien-unlautere-Wahlversprechen-vor.html
Top-Ökonom Marcel Fratzscher wirft den Parteien quer durch alle politischen Lager unlautere Wahlversprechen vor. „Was mich schockiert, ist, dass die Parteien die Wähler hinters Licht führen wollen“
Jetzt sollen wir also glauben, dass sich Fratzscher Sorgen um die Integrität von Politikern macht. Seine Investorenkumpel sind vielleicht bloß unruhig, dass auch nur ein Teil der versprochenen Entlastungen umgesetzt wird, denn das bedeutet immer, dass auch die Ökoförderung dran sein kann.
@Anmerkung: Der Locus hat die Meldung auch. Mich wundert nur, dass die "Schockierter" in Anführungszeichen haben und nicht "Oekonom".
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