Robert Habeck appelliert: Die dänische Lösung, die Friedrich Merz durchsetzen will, würde auch den vom Grünen-Parteitag beschlossenen Familiennachzug behindern. |
Er kam aus Auschwitz, noch ganz ergriffen von sich selbst und der Fotosession zwischen Stacheldraht und Todesmauer. Und er wusste nun mehr denn je um die Gefahr, dass es in Deutschland in Bälde werden könnte wie in Dänemark. Kontrollen bei der Einreise. Zurückweisungen an der Grenze. Inhaftierung Ausreisepflichtiger. Eine harte Hand für Illegale ohne gültigen Aufenthaltsstatus.
Wie im Hygge-Sozialismus
Robert Habeck, der das Grenzregime im Norden gut kennt, will es sich nicht vorstellen. Habeck spricht fließend Dänisch, seine vier Söhne studierten in dem Land, das vielen Deutschen als Muster eines Wohlstandssozialismus gilt, wie er sein sollte. Alle gleich reich. Alle nett. Die Luft ist sauber. Die Windkraftanlagen sind groß.
Die dunkle Seite des skandinavischen Hyyge-Sozialismus wird gern verdrängt: Seit die Regierung des rechten Ministerpräsidenten Lars Løkke Rasmussen auf Deutschland weltweit beachtete und gelobte Willkommenkultur mit der Schließung seiner Grenzen reagierte, haben seine sozialdemokratischen Nachfolger im Amt an der strikten Abschottung festgehalten.
Seit zehn Jahren schon betreibt das zumeist sozialistisch regierte Land im Norden sein unmenschliches Grenzregime, es ist europarechtswidrig und steht nicht im Einklang mit dem Völkerrecht. Dänemark hält stur fest an dauerhaften Grenzkontrollen, das Regime in Kopenhagen weist ausnahmslos alle Versuche der illegalen Einreise zurück, Personen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, werden in Haft genommen, bis sie freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren oder die Abschiebung vollzogen werden kann. Das Ziel, so formuliert die Regierung, seien "null spontane Asylbewerber".
Verbot illegaler Zuwanderung
Friedrich Merz' Wahlkampfpläne "für sichere Grenzen und das Ende der illegalen Migration" erscheinen wie von den rechtspopulistischen dänischen Sozialdemokraten abgeschrieben. Dort oben im Norden haben Forscher das Märchen vom "Pull-Effekt" längst widerlegt, nach dem Schutzsuchende mit einem Rückbau von Sozialmaßnahmen abgeschreckt werden können (Ole Agersnap & Amalie Jensen & Henrik Kleven, 2020. "The Welfare Magnet Hypothesis: Evidence from an Immigrant Welfare Scheme in Denmark) Doch noch immer wird den Dänen von ihrer Regierung vorgemacht, dass Ab- und Ausgrenzung funktionieren.
Einer wie Merz, ursprünglich wie alle Mitbewerber eingestellt auf einen Wahlkampf rund um Wirtschaft, Wohlstand und wohlklingende Aufschwungversprechen, konnte in der Bluttat von Aschaffenburg nur eine Chance sehen. Wenn ein Wahlkampfzug partout nicht in Fahrt kommt, werden die Fahrgäste unruhig. Als linker Konservativer in einer zuletzt rechten sozialdemokratischen Partei darf Merz auch nicht auf Gnade bei den Leitmedien hoffen. Jeder Geschwindigkeitsverlust seiner Kampagne wird von den Verbündeten seiner Gegner umgehend als Zusammenbruch gedeutet.
Faktisch dänisch
Merz hat beides getan: Dem Volk Futter und dem politischen Gegner ein neues Thema vor die Nase gesetzt. Er selbst bezeichnet sein geplantes Einreiseverbot für Personen, die keine gültigen Einreisedokumente besitzen, zwar vorsichtig als "faktisches Einreiseverbot" - angedeutet werden soll damit wie im juvenilen "eigentlich", dass es so genau nicht zu nehmen sei, weil es eine Unzahl von Ausnahmen geben wird - doch im Geist ist der Unionskandidat ein Däne.
Das aber ist Konkurrent Olaf Scholz auch. Eben erst hat der Sozialdemokrat in seinem Rennen um die Rückkehr ins Amt nach dem 23. Februar seine enge Beziehung zu europa- und völkerrechtswidrig handelnden Regierung seiner Kollegin Mette Frederiksen betont. Kein Wort der Ermahnung, gemeinsame EU-Regeln einzuhalten oder sich zumindest zu bemühen, sie gemeinsam zu finden. Stattdessen überschwängliches Lob. "Dänemark und Deutschland sind enge Freunde, wir arbeiten eng zusammen", jubelte Scholz, "liebe Mette, es ist gut, solche Partner zu haben – mange tak!"
Der dänische Weg
So war es an Robert Habeck, auf die Folgen hinzuweisen, ginge Deutschland den dänischen Weg. "Von Adenauer bis Merkel haben konservative Kanzler sich stets in den Dienst Europas gestellt", mahnte der letzte Kanzlerkandidat, der noch nicht öffentlich von schnelleren Abschiebungen und einer Begrenzung der Zuwanderung geträumt hat. Wenn Friedrich Merz eine Mehrheit für die dänische Lösung "mit erklärten EU-Feinden" beschließe, dann mache "dieses Verhalten Europa kaputt".
Und das nicht zum ersten Mal. Nachdem von der Großen Koalition unter Angela Merkel vor zehn Jahren vorübergehende Grenzkontrollen" (Merkel) eingeführt worden waren, hatte der damals zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos bald nach dem Ablauf der möglichen Sechs-Monatsfrist begonnen, ein Ende der europarechtswidrigen Maßnahmen zu fordern. Avramopoulos verlor daraufhin seinen Posten, die dem Geist der Schengen-Verträge widersprechenden Kontrollen wurden inzwischen 20 Mal verlängert und auf sämtliche Grenzen erweitert. Zuletzt von Nancy Faeser, Innenministerin der Regierung, der auch Robert Habeck derzeit noch angehört.
Tun Sie es nicht
Habecks Forderung, vom Social-Media-Team auf eine Internet-Kachel geklebt, lautet "Tun Sie es nicht, Herr Merz". Niemand was, weiß nicht. Niemand wird ins Bild gesetzt, worum es geht, was er meint und was denn dann. Zur Erklärung hat Habeck mitgeteilt, dass alle Demokraten verabredet hätten, nicht es bis zur Wahl auf nichts mehr ankommen zu lassen. Im Bundestag abgestimmt werden solle nur, was im Hinterzimmer von den Parteigranden von SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP als mehrheitswürdig abgenickt wurde. Eine Spielart der parlamentarischen Demokratie, die an den legendären "Hauptausschuss" erinnert, mit dem sich der Bundestag in der parlamentarischen Agonie des Jahres 2013 ein Notstandsparlament gab, das weder die Väter des Grundgesetzes vorgesehen noch die Wähler gewählt hatten.Wirkung von Beschwörungen
Das aber half, die Verantwortung für wegweisende Entscheidungen von den Schultern der gewählten Volksvertreter zu nehmen und den Parteiführungen aufzubürden. Habeck spekuliert heute natürlich darauf, dass sich niemand erinnert, keiner noch etwas weiß und alle übrigen ihn ohnehin für einen honorigen Mann halten, der niemals irgendwelche Themen im Wahlkampf instrumentalisieren würde, weil er ganz allein auf die Wirkung seiner Beschwörungen setzt.
Einer wie er braucht keine Lösungen, er braucht Vertrauen, er braucht keine Gegner, er braucht Feinde. Im Kampf mit der umzingelnden Wirklichkeit ist die Waffe der Wahl die Mahnpredigt, die Warnung davor, wie fürchterlich es werden wird, wenn es so kommt, wie die wollen, die nicht so wollen, wie er will, weil er weiß, was richtig und anständig ist.
Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Deutschen Bundestag, die in Kürze noch schlimmer sein werden, muss Robert Habeck appellieren: Die dänische Lösung, die Friedrich Merz durchsetzen will, wäre ein Zivilisationsbruch. Das Erbe von Kohl und Merkel würde zerstört. Die Westbindung geriete in Gefahr. Und der vom Grünen-Parteitag beschlossenen Familiennachzug behindert.
9 Kommentare:
Robert Habeck appelliert: Die dänische Lösung, die Friedrich Merz durchsetzen will, würde auch den vom Grünen-Parteitag beschlossenen Familiennachzug behindern.
Die Friedrich Merz listigerweise vorgibt, durchsetzen zu wollen ...
(Zu früh abgedrückt)
Test
Verdammt. Nochmal. Hab Habecks Predigt zur Hälfte angehört. Bis da stand das Verhältnis Lügen zu Illusionen ca. bei 60 zu 40.
Bettina Sauer (Jouwotsch): Der AfD-Politiker weißt darauf hin, dass ...
Frank Leuchte ( Das Magazin): Liebling, weißt doch noch? - Nein, ich bin grad fertig!
(Kennt Ihr Banausen wahrscheinlich nicht.)
"Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt." Schiller
<< neuheide 29. Januar 2025 at 10:19
Unfassbar wie eckelhaft die Erinnerung an die Nazizeit von den Oberheuchlern des Kartellparteiensystems missbraucht wird.
Das diese Heuchler mainstreamunterstützt ihre Betroffenheit unreflektiert auszudrücken und die Nazivergangenheit zu instrumentaliesieren >>
Eckelhaft und wiederlich!
zugegebenermaßen OT
Hadmut: "Wenn ich bedenke, dass man als Deutscher nicht mal mehr husten kann, ohne gegen irgendein Gesetz zu verstoßen und sich strafbar zu machen,..."
Das entschuldigt manches.
wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt." Schiller
Die Knaben fangen zeitig an zu saufen - früh übt sich, was ein Meister werden will.
Gesslers letzte Worte, mit dem Armbrustbolzen in der Leber: Das war Tells Geschoss! Bei Schiller.
Bei Max Frisch: Sauhund !!!
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