Sonntag, 12. Januar 2025

Bundestagswahl: Annullierung aus dem Ausland

Zwei Monate nach seinem Rauswurf ist Ex-EU-Kommissar immer noch stinksauer. Jetzt hat der 69-jährige Ruheständler mit einer Annullierung der Bundestagswahl in Deutschland gedroht.

Er hat seinen Posten aufgeben müssen, er ging im Zorn und warf auf den letzten Metern noch kräftig mit Dreck in Richtung der von den Völkern Europas im Amt bestätigten EU-Kommissionsvorsitzenden Ursula von der Leyen. Seit zwei Monaten ist Thierry Breton nur noch Privatier, ein 69 Jahre alter Politrentner ohne Amt und Einfluss, der seinen erzwungenen Abschied aus der EU-Kommission aber offenkundig bis heute nicht verwunden hat.  

Angriff auf die Meinungsfreiheit

Ins neue Jahr startete der Alt-Internationale mit einem Angriff auf die Meinungsfreiheit. Ungefragt mischte sich der frühere Wettbewerbskommissar in den deutschen Wahlkampf ein. In einem öffentlich einsehbaren Post beim Hassportal X mahnte er die AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel vor deren geplanten Gespräch mit Tesla-Chef Elon Musk, sie solle im Hinterkopf behalten, "dass Ihnen Ihr Gegenüber (210 Millionen Follower) bei dieser Übung einen deutlichen und wertvollen Vorteil gegenüber Ihren Mitbewerbern verschafft". 

In seiner selbstausgedachten Funktion als "EU's digital rights chief"  - ein Bereich, für den eigentlich Vizepräsidentin Margrethe Vestager zuständig war -  drängte der französische Ruheständler auf  die "strikte Einhaltung unseres 🇪🇺 Rechts". Breton verwies auf den sogenannten Digital Service Act (DSA), der "die ordnungsgemäße Nutzung systemischer Plattformen, insbesondere um unsere demokratischen Regeln vor illegalem oder Fehlverhalten während der Wahlen schütze". 

Folgenloser Weckruf

Ein Weckruf, der folgenlos verhallte. Ungerührt plauderten Musk und Weidel 70 Minuten über dies und das. Die EU hatte ein Zuhörkommando abkommandiert, das Verstöße gegen den DSA protokollieren sollte. Die Bundestagsverwaltung prüft immer noch Vorwürfe, dass es sich bei der Zusammenkunft um eine illegale Wahlkampfspende gehandelt haben soll. Die Bundesregierung ist bei ihrer Analyse bereits zum Schluss gekommen, dass es sich bei dem Gespräch wahrscheinlich um einen "Teil des AfD-Wahlkampfes" (DPA) gehandelt haben könnte. 

Das Thema könnte damit erledigt sein, denn alles in allem kamen Musk und Weidel auf keine höhere Zuhörerzahl als Markus Lanz mitten in der Nacht mit seinen Gesprächen mit Wahlkämpfern vorzugshalber anderer Parteien in den Schlaf wiegt. Doch Thierry Breton ist verletzt. Er sieht sein Lebenswerk in Gefahr, nach dem der DSA der EU alle Möglichkeiten geben sollte, das Internet einzuhegen und so zu regulieren, dass die Kommission mit den großen ausländischen Netzwerken umspringen kann, wie die letzte US-Regierung es getan hat. 

Ein nur grundsätzliches Recht

Kurz vor dem virtuellen Treffen der beiden AfD-Wahlkämpfer hat sich der frühere Mathe- und Informatiklehrer also wieder zu Wort gemeldet. Beim französischen Radio Monte Carlo (RMC) betonte Breton Musk habe, "grundsätzlich das Recht, zu denken und zu sagen, was er will, auch wenn er es auf schockierende Weise tut". Andererseits habe Europa die Mittel, zu regulieren, was "in auch in Europa aktiven sozialen Netzwerken" geschehe. Das Gesetz gebe der Kommission das Recht, Geldstrafen zu verhängen oder auch "ein Verbot" (Breton). 

Wie gut das funktioniert, hatte Brüssel vor drei Jahren gezeigt, als die Verbreitung der beiden russischen Staatskanäle RT und Sputnikin den 27 Mitgliedsstaaten zur Wahrung der Freiheit der Meinung, der Pressefreiheit und der Freiheit der Berichterstattung, aber auch zur Erinnerung an das "Sputnik"-Verbot der DDR verboten wurde. "Wir sind in der Lage, diese Gesetze durchzusetzen, um unsere Demokratien in Europa zu schützen", sagte Thierry Breton jetzt, spürbar stolz auf das Geleistete. Die Europäische Kommission, deren Teil Breton nicht mehr ist, sei "für diese Gesetze verantwortlich, sie muss sie durchsetzen", argumentiert fordert der von Kommissionschefin von der Leyen Aussortierte.

Einmischung aus Paris

Klappt das nicht, werden Verbote nicht erlassen oder umgangen und kommt es deshalb zu "Einmischungen" (Breton), dann wäre die Wertegemeinschaft freilich noch lange nicht am Ende mit ihrem Latein. Wahlergebnisse, die nicht passen, müssen nicht zwingend anerkannt werden. Zuweilen handeln Wahlsieger falsch, so dass der Wahlausgang rückgängig gemacht werden muss. Zuweilen lässt sich unter Berufung auf bestimmte Umstände, die nicht weiter erläutert werden, eine komplette Annullierung anweisen.

"Wir das in Rumänien getan und natürlich muss dies, falls nötig, auch in Deutschland getan werden", schloss er mit Bezug auf die Annullierung der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen im Dezember. Dass Breton "sie haben es in Rumänien getan" (Romania-Journal) gesagt hat, behaupten nur die Betroffenen, in Wirklichkeit sagt er tatsächlich "on". Eine Nachfrage, auf welcher Rechtsgrundlage wer eine Wahl in einem Mitgliedsland für ungültig erklären könnte, gibt es nicht. Naheliegend ist, dass Thierry Breton Frankreich meint, denn für Brüssel oder Berlin kann der "Tyrann von Europa" (Elon Musk) als Ruheständler nicht sprechen.


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