Die Intransparenz der Plattform für Forscher macht es schwierig, es mit Sicherheit zu sagen. Aber die FAZ weiß es trotzdem. |
Donnerstag, 21. November 2024
Mechanik der Manipulation: Einfach mal behaupten
Mal wieder ein Gefreiter: Der Rätselmann
Die politischen Positionen von Boris Pistorius sind weitgehend unbekannt. Das macht den Wunschkandidaten großer Teile der SPD zum Menschenmagneten. Abb: Kümram, Kreide auf Acryl |
Auf einmal war er da. Boris der zweite, diesmal kein Grüner, sondern einer von der SPD. Wiedereinmal die letzte Patrone, diesmal aber scharf geladen. Ein Charismat mit der Ausstrahlung eines großen Laschet. Ein Verteidigungsminister, der das wurde, weil es nach den Stöckelschuhversuchen wiedermal ein Mann machen sollte. Aufgerückt aus der Provinz, machte Boris Pistorius von Anfang an nicht viel Aufhebens um sich. Aber eine gute Figur.
Retter und Richter
Er soll es nun retten und richten. Während Donald Trump in den USA scharfen deutschen Widerspruch erntet für seine Entscheidung, einen Hauptmann zum Befehlshaber der Streitkräfte machen zu wollen, der gerade mal 20 Jahre im Truppendienst absolviert hat, favorisieren Teile der SPD einen Oberbefehlshaber für die deutschen Truppen, der im Gegensatz zum derzeitigen seinen Grundwehrdienst abgeleistet hat. Im politischen Berlin tönt der Ruf nach einem Gefreiten, diesmal soll es sogar ein Obergefreiter sein.
Viel mehr ist nicht bekannt über den Rätselmann aus Osnabrück, der seine Überzeugungen, Ansichten und Absichten noch besser verbirgt als die demokratische Kandidatin bei den US-Präsidentschaftswahlen. Kamala Harris startete als Wundertüte und landete als Unsichtbare. Zwischendrin hatte sie aber immerhin erkennen lassen, dass sie für ein liberales Abtreibungsrecht, niedrige Inflation, eine starke Wirtschaft und eine "strenge Migrationspolitik" (Tagesschau) hätte einstehen wollen.
Weder tabuisieren noch dramatisieren
Von Pistorius hingegen sind smarte Sätze überliefert wie: "Wir dürfen das Thema Kriminalität von Flüchtlingen weder tabuisieren noch dramatisieren", dass er „aufgrund der Sicherheitserfordernisse ein dringendes Bedürfnis" verspüre, "auch auf Telekommunikationsdaten zuzugreifen", und Pistorius eine Identifizierungspflicht bei sozialen Medien, bestehend aus Klarnamen, Adresse und Geburtstag" begrüßen würde. Früher war der Niedersachse russlandfreundlich unterwegs, die Abschaffung von Sanktionen sollte Wladimir Putin freundlich stimmen. Nach der Annexion der Krim aber revidierte Pistorius seinen Kurs. Und ging "innerlich auf Distanz".
Aber wohin? Ist Boris Pistorius für Bürgergeld? Für mehr oder weniger? Würde er den Industriestrompreis einführen? Scholzens Wummspolitik fortführen? Die Grenzen schließen oder wieder öffnen? Ist er ein rechter Sozialdemokrat? Oder ein linker Konservativer? Ein wirtschaftsfreundlicher Politiker oder ein Sozialromantiker? Der Rätselmann, dem die ganze Liebe mindestens der halben deutschen Sozialdemokratie nachfliegt, schweigt nicht nur zur Frage, ob er denn Kanzler wollen werden würde, wenn Scholz ihn werden wollen ließe. Er ist bislang auch stumm in allen Fachfragen.
Kommunikativ wie die Sphinx
Ein Rätselmann, kommunikativ wie die Sphinx. Wird der Niedersachse, der in Habitus und Auftreten tatsächlich dem etwas kleiner gewachsenen letzten CDU-Kanzlerkandidaten Armin Laschet ähnelt, den Sozialstaat schleifen oder ausbauen? Die Taurus liefern oder mit Putin verhandeln? Energie noch teurer machen, um das Klima weiter zu retten? Oder billiger, um die Industrie vor dem Untergang zu bewahren? Ist er bereit, die Schuldenbremse zu bremsen? Wird er die deutschen Milliardäre kräftig zu Kasse bitten? Und das 58-Euro-Ticket endlich auf eine feste Rechtsgrundlage für die kommenden Jahrzehnte stellen?
Pistorius, der vor seinem Amt als Verteidigungsminister Erfahrungen als Oberbürgermeister und Landesminister gesammelt hatte, hat dazu bisher keine Auskunft gegeben, freilich auch weil ihn niemand fragt. Doch der gelernte Jurist weiß, dass in Zeiten, in denen die Gewissheiten schwinden, die Nachfrage nach dem Ungewissen zunimmt: Nur wer niemandes Erwartungen absagt, kann für alle Hoffnung sein.
Ein Kenner des Geschäfts
Womöglich war es kein großer Plan, doch schon seit der Mann aus Osnabrück von seinem glücklosen Bundeskanzler nach Berlin gerufen wurde, um die nach einer Serie von Pleiten und Pannen abgetretene Christine Lambrecht zu ersetzen, hat er sich zurückgehalten.
Pistorius kennt das Geschäft: Der Sohn einer SPD-Landtagsabgeordneten hat den zweiten Bildungsweg zum Spitzenpolitiker abgeschlossen. Wie üblich mit 16 in die Partei, Jurastudium, dann persönlicher Referent eines des sozialdemokratischen Innenministers, schließlich stellvertretender Leiter des Ministerbüros, ein wenig Verwaltung, ein leitender Posten, dann Oberbürgermeister, Nachfolger des Landesministers, Bundesminister.
Ein Kriegstüchtiger
Der 64-Jährige, jünger als der Amtsinhaber, aber noch jünger als dessen härtester Konkurrent, gilt als kompetent, weil ihm noch nie etwas danebengegangen ist. Mag sein, dass die Bundeswehr auch in seinem dritten Jahr an der Spitze - in ein paar Wochen bricht es an - nicht viel "kriegstüchtiger" (Pistorius) ist als vorher.
Mag sein, dass eine Zeitenwende, die nach einem Jahr ein großes Fest zur Geburt des ersten neuen Hubschraubers feiert, die restliche Flotte von 61 aber erst in vier Jahren hervorgebracht haben wird, ein wenig nach Deutschlandtempo riecht. Mag sein, dass einer, 64 oder 640 gar keinen Unterschiedeiner, 64 oder 640 gar keinen Unterschied machen.
Dafür aber gilt Pistorius als unverbraucht, als Mann mit fester Hand und weichem Herzen, der deutlich mehr Geld als alle seine Vorgänger in deutlich kürzerer Zeit ausgeben kann, ohne am Schrumpfen und Altern irgendetwas ändern zu können. Kann so einer Kanzler? Warum denn aber nicht? Die Bundeswehr ist heute doppelt so teuer wie vor 30 Jahren. Dafür aber auch nur noch halb so groß.
Mittwoch, 20. November 2024
Nachsicht mit Nazis: Wie deutsche Medien vor Trump kuschen
Zwei Wochen nach seiner Wahl zum nächsten US-Präsidenten wird das Bild von Donald Trump in den deutschen Medien neu gemalt. Nur noch Meter sind es bis zum Heiligenschein. |
Kein Blatt Papier passte zwischen die deutschen Medien und die demokratische Präsidentschaftskandidatin in den USA. Kamala Harris war die Hoffnung der Herzen in allen Elfenbeintürmen, je enger die Umfragen für sie wurden, umso emsiger schossen sich die Schreibmaschinengewehrstellungen auf ihren Konkurrenten ein.
Trump war nicht mehr nur "Hassprediger", "Irrer" und "Putin-Freund"; natürlich "umstritten", ein "Milliardär", "Frauenfeind", "verurteilter Straftäter" und "Rassist". Sondern auf den allerletzten Metern des Wahlkampfes avancierte er zum reinen Bösen. Hitler kam ins Spiel, Kamala Harris selbst nannte ihren Gegenkandidaten einen "Faschisten".
Die kommende Frau
Was genau die kommende Frau in den USA und für die Welt plante, blieb bis zuletzt geheimnisumwittert. Doch ihr Hinweis darauf, was Trump vorhaben würde, fiel in Deutschland auf fruchtbaren Boden. Kurz vor dem Wahltag rollte eine himmelhohe Welle an Trump-Warnungen durch das Land, von den einfallsreichen oder den angeschlossenen Abspielanstalten fantasiereich nachgewürzt als Verschwörungstheorien.
In denen agierte der düstere Elon Musk als geheimer Hintermann des nunmehr "mit absoluter Gewissheit" (Stern) dementen Trump die Strippen zog und der deutsche Milliardär Peter Thiel mit dem Hillbilly-Hinterwälder J.D.Vance schon den wahren Präsidenten installierte, der den Westen endgültig vernichten werde.
Mutige Schlagzeilen
Es waren mutige Schlagzeilen, tapfere Titelbilder, große, farbenfrohe Reportagen, die an die besten Tage von Modellbahnkeller und dem quer durch die Vereinigten Staaten seiner Vorstellungskraft reisenden Claas Relotius erinnerten. Jedoch bewirkten sie nichts.
Durch Fake News auf X, Trumps fortgesetzter Leugnung, dass seine Wahlkampfveranstaltungen kaum jemand besuchte, und die vielen Milliarden, die seine Unterstützer weniger ausgaben als die der deutschen Kandidatin, verlor Kamala Harris die Wahlen. Einmal noch tauchte die 59-Jährige anschließend auf. In einer engagierten Dankesrede machte sie klar, was Amerika und der Welt verlorengehen wird. Seitdem ist dröhnende Stille.
Kaum mehr Enthüllungen
Auch an der vordersten Front des Kampfes gegen den neuen, alten Mann im Weißen Haus. Wie katatonisch wurde dessen Triump als letzter Schritt in den Abgrund kommentiert. Danach folgte nur noch eine aufrüttelnde Enthüllung über den mutmaßlichen "Schattenpräsidenten" (Spiegel) Elon Musk und die Riege von "Verschwörungstheoretikerin, Fernsehmoderatoren und Impfgegnern", mit denen Trump sein Kabinett besetzte.
Doch die Wortwahl verriet schon, wie mutlos die Nachhutgefechte geführt werden: Musk war vier Wochen zuvor noch als "Staatsfeind" bezeichnet worden, Robert F. Kennedy musste sich für seine Nähe zu den Grünen verantworten und Trump selbst war ein "Faschist" (Spiegel), dem man als anständiger Mensch nicht einmal zu gratulieren hatte, wie Margarete Stokowski im ersten Schockmoment nach dem Aufwachen in einer erneut anderen Welt im Chor mit der "Frankfurter Rundschau" dekreditierte.
Der letzte "Faschist"
Es war das letzte Mal, dass der nächste US-Präsident im ehemaligen Nachrichtenmagazin mit dem Begriff bezeichnet wurde. Vier Wochen später erscheint derselbe Mann plötzlich als Hauptfigur in menschelnden Promi-Geschichten: Er isst Burger und besuchte Sportwettkämpfe. Er werde "die Raumfahrt verändern". Und aus dem Alptraum seiner zweiten Amtszeit wurde der "Tagtraum einer dritten".
Nicht alles, was Trump anfasst, ist richtig gut. Sein Vorhaben, einen Hauptmann mit 20 Jahren Felddiensterfahrung zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte zu machen, lehnen deutsche Leitmedien nach wie vor ebenso vehement ablehnen, wie sie den Plan begrüßen, in Deutschland einen gelernten Obergefreiten zum obersten Kriegsherren zu machen.
Nun nur noch ein "Clown"
Was fehlt, sind die starken Worte, die Verbalinjurien, Hitlervergleiche und "Parallelen zu Höcke" (FR). Der "Spiegel" wagt sich mit einem schüchternen "Clown" als Synonym für Trump nur noch so weit vor wie im Frühjahr, als alles noch hätte gut ausgehen können. Die vom Verfassungsschutz überwachte kommunistische "Junge Welt" reanimiert zaghaft den 2016 vom Kölner Boulevardblatt "Express" erfundenen "Horrorclown". Die wirklich schweren Geschütze Nazi, Hitler, Faschist, Rassist und Menschenfeind aber bleiben inzwischen im Depot.
Als müssten sie Strafverfahren und Hausdurchsuchungen befürchten, kuschen deutsche Medien kollektiv vor dem Mann, der noch nicht einmal im Amt ist. Und sie sind nicht allein. Walter Steinmeier, der Trump einst den Titel "Hassprediger" verliehen hatte, gratulierte artig. Auch der scheidende Bundeskanzler Olaf Scholz ignorierte Stokowskis Mahnung und verzichtet bei d´seinen Glückwünschen sogar auf Merkels Mahnung, Deutschland werde nur weiter mit den USA zusammenarbeiten, wenn Trump einwillige, "gemeinsame Werte wie Demokratie, Freiheit, den Respekt vor dem Recht und der Würde des Menschen" zu respektieren.
Vernichtungswille null
Statistisch ist die große Kehrtwende mittlerweile nachvollziehbar. Zwei Wochen nach seiner Wahl ist Trump kein "Nazi" und kein "Faschist" mehr, er ist auch nicht mehr umstritten. Selbst der Trend bei der Verwendung des Wortes "vernichten", das lange genutzt wurde, um seine Absichten zur Zerstörung der westlichen Wertegemeinschaft, des internationalen Handels und der deutsch-amerikanischen Freundschaft zu beschreiben, oszilliert auf der Nulllinie.
Weniger Meter sind es noch bis zur Verleihung des Heiligenscheins, so scheint es, der "sehr gefährliche" (n-tv) 78-Jährige, den noch im Oktober sein hohes Alter einzuholen drohte, noch im Oktober sein hohes Alter einzuholen drohte, war seit seiner Wahl nur noch ein einziges Mal "verurteilter Straftäter", "Frauenhasser" finden sich nun nur noch in seinem Umfeld und einzig der NDR wagte es noch, ihn ungeachtet seiner Beliebtheit bei Schwarzen und Latinos einen "Rassisten" zu nennen.
Wahlkampfstart bei der SPD: Putsch in der Schlangengrube
Die SPD-Zentrale in Berlin gilt als politische Schlangengrube. So berichtete der frühere Vorsitzende Kurt Beck glaubhaft von einer Verschwörung hinter seinem Rücken. |
Die Wiese brennt lichterloh
Noch steht der Baum, aber die Wiese rundherum, sie brennt lichterloh. Kaum hatte Olaf Scholz Deutschland verlassen, um mit den Großkopferten der G20 in Brasilien neue, prächtige Abschlusserklärungen zu erarbeiten, trat der D-Day-Plan der FDP mit Phase zwei in Kraft: Wie es die Liberalen eigentlich für den Tag beabsichtigt gehabt haben sollen, an dem Scholz beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Budapest arglos Deutschlands freundliches Gesicht hätte zeigen sollen, machten sich nun die Parteifeinde des Kanzlers daran, den Regierungschef "aus der Ferne zu demontieren" (Spiegel).
Alles erinnert an Lummerland, wenn die Lok "Emma" tutet. Im Willy-Brandt-Haus, einer bekannten Schlangengrube, über die der frühere Parteivorsitzende Kurt Beck Erschütterndes zu berichten hatte, über die der frühere Parteivorsitzende Kurt Beck Erschütterndes zu berichten hatte, springen sie alle aus der Kiste.
Vor der "Wahlsieg"-Konferenz
Juso-Chef Phillip Türmer drängt SPD-Spitze noch vor der geplanten "Wahlsieg-Konferenz" (SPD) Ende des Monats zu einer Entscheidung über die Kanzlerkandidatur, die nach Angaben von Saskia Esken längst gefallen ist. Gerhard Schröder, erst neulich wieder in Gnaden aufgenommen in die deutsche Sozialdemokratie, warnt vor Demontage. Sigmar Gabriel, der Scholz nie verziehen hat, dass der seine politische Karriere nach einem Zwiegespräch mit der damals noch mächtigen Andrea Nahles kurzerhand beendete, rächt sich nach sechs Jahren, indem er Scholz den "Weiter-so"-Kanzler nennt und der aktuellen SPD-Führung vorwirft, ihr fielen nur "Beschwichtigungen und Ergebenheitsadressen" ein.
Olaf Scholz ist verbraucht, er hat das Vertrauen verloren, er wird die SPD in eine katastrophale Niederlage führen, warnte Kreuch, den niemand in den Plan der Führung eingeweiht hatte, die FDP für das Ampel-Aus verantwortlich zu machen und Olaf Scholz als Opfer einer Dolchstoßlegende in den Wahlkampf zu schicken.
Für und gegen alles
Dort würde der zur Zeit so angeschlagen wirkende Kanzler als SPD-Spitzenkandidat für eine moderate Sowohl-als-auch-Politik eintreten: Frieden in der Ukraine ja, aber ohne weitreichende Waffen aus Deutschland und je nach Entscheidung des künftigen US-Präsidenten mit mehr oder weniger Gebietsabtretungen. Dazu eine solide Wirtschaftspolitik, die weder den neoliberalen Ideen von Friedrich Merz noch den sozialistischen Vorstellungen von Robert Habeck folgt. Keine Anzeigen gegen mutmaßliche Beleidiger. Sichere Renten. Et cetera pp., mit Klima, Heizung, Gerechtigkeit und allem.
Es hätte was werden können, denn so gut sind die Angebote der Konkurrenten beileibe nicht. Merz will den Boomern an die Frührente und Millionen das Bürgergeld wegnehmen. Habeck wiederum droht mit Zuversicht und engem Gürte, ein "Angebot, das den Mut hat, die Herausforderungen für unser Land ehrlich zu benennen und die richtigen Antworten darauf zu entwickeln". Aber auch nicht prinzipiell von Hausbesuchen absieht.
Keine schlechten Chancen
Scholzens Chancen standen so schlecht nicht. Warum also lieber mit Boris Pistorius als Kanzlerkandidaten antreten? Weshalb ohne Not den beliebtesten Politiker der Republik verschleißen? Einen Verteidigungsminister, dem die Menschen zumindest Umfragen zufolge als einem der wenigen Akteure auf der Berliner Bühne noch vertrauen? Weil er seinen Job so gut macht, dass die Bundeswehr im zweiten Jahr nach seiner Amtsübernahme "trotz 100 Milliarden Sondervermögen und der Zeitenwende des Kanzlers weiterhin Personal-, Material- und Finanzprobleme" (Tagesschau) hat?
Rational ist das nicht, doch die SPD war nie eine rationale Partei, sondern eine ihrer Funktionäre. Für die geht es bei der Frage, ob die stolze frühere Arbeiterpartei mit 13, 15 oder 18 Prozent durchs Wahlziel geht, ums blanke Überleben. 13 Prozent reichen absehbar nur noch für etwa 90 Abgeordnete, 15 retten immerhin 120 Sitze und 18 sichern immerhin mehr als 150 von derzeit mehr als 200 SPD-Parlamentarier Auskommen und Mitwirkungsmöglichkeit.
In neuer Rolle
Olaf Scholz'* Strategie, es darauf ankommen zu lassen, ob die Leute ihm seine neue Rolle des Friedensengels abnehmen, erscheint der Funktionärsbasis offenbar als zu riskant. Jetzt schon sind die Möglichkeiten der Partei, verdiente Genossen anderswo unterzubringen.
Die süßen Kirschen sind gegessen, die schönsten Stellen vergeben. Zuletzt musste ein früherer Außenminister sich mit einem Lobbyposten in heimischen Stahlindustrie abfinden lassen - ein Ort, wo es stinkt und kracht. Ein Ort also, an dem ein moderner, welterfahrener und klimabewusster Sozialdemokrat eigentlich nicht mehr auftauchen müssen sollte.
Selbst der Nächste
Die Enttäuschung darüber, dass der Plan der Parteiführung nur noch darauf zielt, ein paar wenige funktionable Reste der Partei in die nächste kleine GroKo zu retten, sie hat existenzielle Gründe. Jeder in der SPD ist sich mit Blick auf die so oder so drohende Wahlniederlage selbst der Nächste. Und jeder entwickelt Hoffnungen, wie sie in solchen verzweifelten Situationen, abgeschirmt von der Welt und gefangen in der eigenen Blase, unumgänglich sind.
Den einen ist Scholz der Fels, auf dem sie auch ihre nächste Kirche bauen wollen. Den anderen erscheint Pistorius als Walther Wenck, der heranstürmen wird und das unausweichlich scheinende Schicksal im letzten Augenblick wendet.
Allen zusammen wird die Enttäuschung nicht erspart bleiben. Denn dass dieser Start in den Bundestagswahlkampf geeignet ist, die maladen Umfragezahlen hochzutreiben, dürften weder die Scholz-Fans noch die Anhänger des Boris Pistorius glauben.
Dienstag, 19. November 2024
Saskia Esken: Erlöserin im Wartestand
Saskia Esken steht für eine Sozialdemokratie, die blitzsaubere Meinungskorridore über die Schuldenbremse stellt. Den Krieg mit Russland würde die Schwäbin beenden. |
Das Volk reagiert ablehnend, die eigene Partei zweifelt. Ein "Grummeln" hat der Chef der Russland-Fraktion in der SPD in der deutschen Sozialdemokratie ausgemacht, in der viele Genossen ihren Glauben an ein Wundercomeback des ungeliebten Bundeskanzlers Olaf Scholz verloren haben. "Mächtige Abgeordnete", reportiert der "Spiegel", gingen schon auf "Distanz zu Scholz".
Wie damals, als sie dem Niedersachsen bei der Wahl zum Parteivorstand die Rote Karte gezeigt hatten, tendieren auch jetzt wieder zahllose SPD-Mitglieder zur amerikanischen Lösung: Ein Kandidatenwechsel kurz vor knapp, weg mit dem Mann, der seinem Ruf als "Scholzomat" in diesen Tag wieder alle Ehre macht. Scholz wirkt kraftlos, aber arrogant. Er behauptet, alles im Griff zu haben. Jeder kann jedoch sehen, wie ihm das Haus unterm Hintern auseinanderfällt.
Der bedauerte Tropf
Scholz wird kaum mehr gehasst oder verabscheut. Er wird bedauert und beschmunzelt wie jeder, der mit großem Aplomb startet und später vor aller Augen scheitert. "Olaf the Eagle" nennen sie ihn im politischen Berlin, garstig orientiert am berühmten Skispringer "Eddie the Eagle", einem Briten, der nie vom Schanzentisch wegkam. Kann die SPD, älteste deutsche Partei und aus eigener Sicht bedeutsamste Kraft im Kampf gegen, mit so einem Mann als Angebot in die Bundestagswahl ziehen?
Selbst Scholz' Selbstbeschreibung als "intersektionaler Feminist" und die Solidarität, die ihm von Menschen entgegenschlägt, deren Küchen so klein sind, dass eine Einladung an Robert Habeck und sein Gefolge nicht infragekommt, machen kaum Hoffnung. Selbst die scholztreuen Medien zeigen eine nervöse Wechselsehnsucht: Scholz sei "der falsche Kandidat" und stützt damit die Einschätzung der "Süddeutschen Zeitung", die den 66-Jährigen für seine überragende "Dialektik" (SZ) lobt - im politischen Geschäft ein Todesurteil.
Mützenichs Anti-Scholz-Kampagne
Das ist dieses "Grummeln", von dem Rolf Mützenich im Rahmen seiner Anti-Scholz-Kampagne spricht. Es gleicht nicht dem kurz vor dem fliegenden Wechsel von Joe Biden zu Kamala Harris in den USA. Es ist viel, viel lauter. Die deutsche Sozialdemokratie steht unmittelbar vor einem Königssturz, die ersten mutigen Stimmen aus den Provinzen und wackere Widerständler von der Basis reden schon Klartext: Scholz müsse den Weg frei machen für einen anderen Kandidaten, ein letzter, ehrenvoller Dienst an der Partei, der dem von vielen favorisierten Boris Pistorius noch vor Weihnachten aufs Schild heben würde.Endlich eine Frau
Im allerbesten Alter
Verfechterin erfolgreicher Politik
Zurück im Reich der Hetzer
Ein bisschen Frieden: Scholz' letzte Karte
Viel wird die SPD an ihren Plakaten von 2021 nicht verändern müssen. |
Der erste Versuch, vorzufühlen, ging noch schief. Als Olaf Scholz dem Kreml kurz nach den für seine Partei verheerenden Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen öffentlich ein Gesprächsangebot machte, blitzte der Bundeskanzler bei Wladimir Putin ab. Die Berliner Bitte um einen Telefontermin lehnte Wladimir Putin eiskalt ab. Es gebe "keine gemeinsamen Themen", über die es sich zu sprechen lohne, bestellte ein Kreml-Sprecher. Scholz stand düpiert da, aber beim Moskau-Flügel der SPD hatte er Punkte gemacht.
Vorsorge in Berlin
Und vorgesorgt: Später würde er immer sagen können, dass er es an Anstrengungen nicht habe fehlen lassen, um nach der bisher ausgebliebenen baldigen Staatspleite Russlands Brücken zum Despoten zu bauen. Würde sich den Wind drehen, etwa nach einem Wahlsieg Donald Trumps in den USA, wäre der deutsche Kanzler nicht nur beim Liefern von Waffen an die Ukraine Letzter. Sondern auch bei Friedensverhandlungen zwischen Washington und Moskau einer, der sagen kann, er habe sich immer bemüht, Brücken zu bauen.
Als es so weit war, wartete der Sozialdemokrat nicht lange, jedenfalls kaum länger als es bis zu seinem ersten Telefonat mit dem President-elect dauerte. Eine Stunde lang sprach Scholz mit Putin, ein Tabubruch, der vier Monate zuvor noch beinahe zur EU-Exkommunikation des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán geführt hatte. Die Kritik am Alleingang des deutschen Regierungschefs auf Abruf war pflichtschuldig, aber leise. Polen und Finnland empörten sich, der ukrainische Präsident Volodymyr Selenskyj zeigte sich entsetzt.
Kritik von der Hinterbank
Doch die deutschen Parteien schickten nur ein paar Hinterbänkler, um den Alleingang des Kanzlers infrage zu stellen. Zwei Monate vor Trumps Einzug in Weiße Haus will niemand mehr auf dem falschen Fuß erwischt werden. Selbst auf dem Parteitag der Grünen, die sich seit Kriegsausbruch in Konkurrenz zur FDP als härteste Militärpartei etabliert haben, musste der weithin unbekannte Bundestagsabgeordnete Robin Wagener die Rolle des Gesprächskritikers übernehmen, während Kanzlerkandidat Robert Habeck das Thema in seiner fulminanten "Jetzt nicht kneifen"-Rede genauso weiträumig umging wie die desolate Wirtschaftslage.
Alles deutet darauf hin, dass Olaf Scholz den richtigen Riecher hatte, als er nach den ersten Fake News über ein Gespräch zwischen Putin und Trump beschloss, selbst zum Hörer zu greifen. Der Kanzler, der sich zur Europawahl erfolglos mit dem Slogan "Frieden sichern - SPD wählen" plakatieren ließ, ist bei Gerhard Schröder in die Lehre gegangen, dem er Anfang der 2000er als Generalsekretär diente. Beim Wähler hatte sich der damalige Kanzler als Isolationist beliebt gemacht, als er gegen die Bitten der amerikanischen Verbündeten und die Mehrheit der EU-Partnerländer der "militärischen Option" eine Absage erteilte.
Mit Frieden in den Wahlkampf
Die Herzen der "Nie wieder Krieg"-Begeisterten flogen dem knorrigen Niedersachsen zu. Die bis auf 24 Prozent eingebrochenen Umfragezahlen der SPD kletterten bis zur Bundestagswahl zwei Jahre später wieder auf 34 Prozent. Am Wahltag fehlten Schröder nur Millimeter zur Wiederwahl, weil seine These, es sei der Krieg, der die "die Reform- und Dialogbereitschaft in den islamischen Ländern" blockiere, in Millionen Ohren so bequem und gemütlich geklungen hatte.
Jetzt, wo Joe Biden seinen Hinterbliebenen noch ein ganz besonderes Abschiedsgeschenk auf den Tisch gelegt hat und an der Heimatfront die ersten Schanzübungen stattfinden, steht wieder die Frage, wie die Zieldaten übermittelt werden, ohne den aus den Bundeswehr-Leaks bekannten Weg zu gehen. Medial wird die Frage danach, wer die US-Raketen nach Russland steuern wird, noch peinlich vermieden. Doch wenn Scholz Glück hat, ringt sich in den nächsten 99 Tagen doch noch jemand durch. Dann darf der Kanzler wieder hoffen.
Scholz' Umfragergebnisse sind ungleich fürchterlicher als alle, die Schröder je zu verkraften hatte. Der Krieg aber ist diesmal näher, das Bedrohungsgefühl akuter und die Friedenssehnsucht vielmals größer. Zweieinhalb Jahre nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine macht sich niemand mehr Illusionen darüber, dass Russland bald Staatsbankrott anmelden wird. Noch deutlich weniger Stimmen gehen davon aus, dass die Ukraine Russland in zwei, fünf oder 15 Jahren besiegt und aus dem eigenen Land getrieben haben wird.
Nichts in der Auslage
Der Bundeskanzler handelt angesichts der Bedrängnis, in der er mitsamt seiner Partei steckt, rational. Im Wahlkampf der kommenden drei Monate wird die SPD wenig ins Schaufenster legen können. Die wundersame Wirtschaftserholung, auf die Scholz mit Blick auf den regulären Wahltag im September 2025 gehofft hatte, wird bis Februar nicht eintreten.
Weitere soziale Wohltaten aus leeren Kassen zu verteilen, reicht die Kraft nicht mehr. Die Karte, man habe viel erreicht und ohne die an allem Bösen schuldige FDP sei noch mehr zu machen, sticht nicht. Und auch die überstürzte Rückkehr der Kanzlerpartei zum Hassportal X ändert nichts am Fakt, dass die älteste deutsche Partei mit leeren Händen in die Wahlschlacht zieht.
Hilfe kommt aus den USA, wo Joe Biden seinem Nachfolger eine Aufgabe hinterlassen und Olaf Scholz zugleich Wahlkampfhilfe gegeben hat. Die Freigabe für den Einsatz weitreichender Raketen, von US-skeptischen Medien als "Verzweiflungstat" geframt, könnte für Europa noch wichtig werden. Gelänge es, den weitgehend festgefrorenen Konflikt im Osten der Ukraine noch einmal in Bewegung zu bringen, könnte Trump mit seinem Friedensversprechen scheitern. Und der damit weiterschwelende Krieg würde Scholz helfen, sich als konsequenter Friedensbringer zu inszenieren.Kaum Wahlkampfmunition
Als unbeliebtester unter den chancenlosen Kanzlerkandidaten, die antreten werden, ist es dem aktuell umstrittenen Kandidaten der SPD versagt, einen Wahlkampf gegen die CDU oder die Grünen zu führen, mit denen eine Koalition nach dem 23. Februar eher wahrscheinlich als ausgeschlossen ist. Nur gegen Wagenknecht und AfD anzutreten, zeitigte zuletzt aber auch wenig Erfolg. Da der SPD zudem das Personal fehlt, einen Beliebtheitswettbewerb zu gewinnen, sind die Alternativen rar, um Wählerinnen und Wähler anzulocken.
Dann also Frieden. Den hat Donald Trump ohnehin angedroht, den kann Scholz sowieso nicht verhindern, genauso wenig, wie er selbst den Krieg beenden kann. Olaf Scholz reiht sich deshalb ein in die Front deren, die zumindest verbal vorantreiben, was sie seit 2022 kategorisch verweigert haben.
Montag, 18. November 2024
Doku Deutschland: Grüße von der Krönungsmesse
Mit einer mitreißenden Rede hat Robert Habeck beim Grünen-Parteitag alle Herzen auf seine Seite gebracht. |
Er hatte viel zu sagen, doch er machte es kurz. Die Zeit drängt, das Klima verhandelt nicht mehr und der Flieger wartet beinahe schon, der Bundesklimawirtschaftsminister Robert Habeck nach Brasilien bringen sollte. Auch dort gehen es wieder um das Schicksal der Menschheit, über das letzten Endes aber in Berlin entschieden werden wird.
Schärfe und Nachdenklichkeit
In der deutschen Hauptstadt, das hat Robert Habeck bei der ihm zu Ehren durchgeführten grünen "Krönungsmesse" (Tagesspiegel) in Wiesbaden noch einmal in aller gebotenen Schärfe und Nachdenklichkeit verdeutlicht, müssen die Weichen gestellt werden. Noch mehr Rechtspopulismus? Noch mehr Klimaschäden durch Kernkraft und Co.? Oder Heizungsgesetz, Fernwärme für alle, Rückbau der Gasnetze, reformierte Schuldenbremse und eine Zukunft für Generationen, die für alle Kredite gern geradestehen wollen?
Seit dem "einfühlsamen Werbefilm", mit dem Habeck als erster deutscher Politiker überhaupt eine Kanzlerkandidatur über die Hassplattform X ankündigte, ohne zuvor von einer Partei nominiert worden zu sein, hängen Millionen an den Lippen des 55-Jährigen, der auch bei einem Scheitern seiner eigenen Kanzlerambitionen einen Sitz am nächsten Kabinettstisch haben dürfte. Was Habeck sagt, dürfte auch dann wieder Gesetz werden und zuweilen auch bleiben.
Kontrolle ist besser
Die Überzeugungen des Familienvaters aus Schleswig-Holstein sind damit Existenzgrundlage der Nation und wegweisend für den weiteren Ablauf von Energieausstieg und Wirtschaftswende, dem Umbau zur nachhaltigen Mobilität und die Transformation der unkontrolliert wuchernden Meinungsfreiheit hin zu einer gemeinnützigen Variante unter strenger staatlicher Kontrolle durch freiwillige Hassmeldestellen und Trusted Flagger.
Umso erstaunlicher, dass der Wortlaut der Bewerbungsrede um den Kanzlerposten zwar nachzuhören, aber nicht nachzulesen ist. Die großen Medien bescheiden sich mit einer Agenturzusammenfassung, die großen Wert darauf legt, Rolle und Bedeutung eines Schwimmbadbesuches und eines Satzes aus Kindermund für die Ambitionen des Chefs von #teamhabeck hinreichend zu beleuchten.
Nicht der Tollste sein
Dass Habeck ausdrücklich klargestellt hat, "nicht der Tollste sein zu wollen, sondern "die Verantwortung anzunehmen", bleibt weitgehend unerwähnt, ebenso die Mitteilung des früheren und neuen Chefs der Grünen, dass Führungsanspruch nicht aus "persönlicher Eitelkeit, sondern aus der Objektivität der Wirklichkeit" erwachse und in ihm den Wunsch geweckt habe, "mit der Leidenschaft des Anfangs und der Orientierung, die aus der Kraft der Gesellschaft kommt, die großen Zeiten, die großen Themen unserer Zeit mit Antworten zu bearbeiten, die groß genug sind wie die Verantwortung."
Worte wie ein Weckruf, eine Rede wie ein Donnerhall, die sich nicht scheut, danach zu fragen "wie ist die Wirklichkeit"? "Was ist eigentlich los?" und "was ist die Geschichte hinter allen Geschichten, die wir erleben" (Habeck) und "warum sind gerade unsere Antworten die, die zu allem passen?"
PPQ hat die Rede von Robert Habeck von einer KI* transkribieren und in aus dem Politischen in normales Kirchentagsdeutsch übersetzen lassen, wie es auch draußen bei angezeigten Beleidigern und Menschen verstanden wird, die nicht wie Habeck ihren "Norwegerpullover lässig gegen das Sakko tauschen" (Annalena Baerbock) und trotzdem weiterhin Staatsmann bleiben können. Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
heute stehen wir hier zusammen, um über das Morgen zu sprechen - über die Zukunft, die uns noch so viele Herausforderungen bietet und doch so viele Chancen verspricht. In diesen Zeiten der Unsicherheit, in denen wir uns inmitten eines Krieges in Europa befinden und zudem eine Klimakrise und einen globalen Wandel zu vollziehen haben, ist es umso wichtiger, dass wir uns daran erinnern, was uns verbindet und wie wir gemeinsam diese Herausforderungen meistern können. Der Krieg in der Ukraine hat uns allen gezeigt, wie schnell Frieden und Sicherheit zerbrechen können. Als Bundeswirtschaftsminister habe ich klargemacht, dass Deutschland keine Kriegspartei ist, sondern eine Nation, die für Frieden, Freiheit und Demokratie einsteht. Unsere Kriegsanstrengungen sind nicht militärisch, sondern humanitär und diplomatisch. Wir haben die Ukraine nicht mit Waffen, sondern mit Unterstützung, mit Sanktionen gegen die Aggressoren und mit einem klaren Bekenntnis zu internationalem Recht unterstützt. Das Land haben wir mit Friedensenergie versorgt, als das russische Gas ausblieb, mit dem uns frühere Regierungen an den Kreml zu fesseln versucht haben. Ja, wir haben in Deutschland große Anstrengungen unternommen, um uns vom russischen Gas unabhängig zu machen. Und hier komme ich zu einem wichtigen Erfolg unserer Regierung: Die Umsetzung des Heizungsgesetzes. Es war ein hartes Stück Arbeit, aber wir haben es geschafft, durch innovative Lösungen wie die Nutzung von Fernwärme aus Erdgas, nicht nur unsere Energieversorgung zu sichern, sondern auch einen wichtigen Schritt in Richtung Klimaneutralität zu setzen.Grüner Machtanspruch: Der Staat sind wir
Aus dem Angebot "Breit, wenn ihr es seid" wurde das unverhohlen auf Führung abstellende "Der Staat sind wir". |
Keine andere Partei ist so für Klima, keine setzt sich dermaßen ein für Gerechtigkeit und Sicherheit, innere wie äußere. Keine andere ist zugleich so beliebt und verhasst, keine erstattet mehr Strafanzeigen und keine bekommt mehr Achtung von der Vierten Gewalt gezollt. Erstmals haben die Grünen, früher gefürchtet für ihre zum Teil anarchischen Parteitage, auf denen Richtungskämpfe um den richtigen Weg zu Sozialismus offen ausgefochten wurden, jetzt gezeigt, dass sie nicht nur erwachsen und staatstragend geworden sind, sondern den Anspruch haben, den Staat selbst zu führen.
Der Staat sind wir
"Der Staat sind wir" hatte die Parteitagsregie nicht über die Hühne geschrieben, auf der der bis dahin nur von sich selbst ernannte Kanzlerkandidat Robert Habeck schließlich ohne Nebengeräusche zum Anwärter der gesamten Partei gekürt wurde. Doch das mitnehmende "Breit wenn ihr es seid" vom letzten Mal ist weg. Die Grünen haben das "ihr", das für die Menschen draußen im Lande stand, hinter sich gelassen. Die Habeck-Führung orientiert sich ganz an Angela Merkel, deren "Wir" immer ein "ich" meinte.
In "der Start sind wir" schwingt die eigentliche Botschaft mit: Diese Partei, in den Tagen nach dem Ampelaus mit einem Ansturm neuer Mitglieder*innen konfrontiert, ist nicht mehr machtkritisch, gegen das System und bemüht, als Korrektiv zu kapitalistischer Wirtschaftsweise und bürgerlicher Demokratie aufzutreten. Sie begnügt sich auch nicht mehr damit, ein wenig mitzubestimmen. Nein, die Grünen erheben 44 Jahre nach ihrer Gründung den Anspruch auf Führung von ganz vorn.
Ein reinweißes Elitenprojekt
Weiß und westdeutsch: Elitenprojekt Grüne. |
Kampfansage an alle
Kraft der Zuversicht
Alles wie gehabt
Anflug der Plattitüdenbomber
Sonntag, 17. November 2024
X-tra Runde der Unbeugsamen: Aufrecht ins Abseits
Das K in "SPD" steht für Konsequenz. |
Störende Berichtigungen
X, schon unter der demokratischen Führung der früheren Eigentümer als zentrales Schlachtfeld um die Deutungshoheit ausgemacht, erlitt nach der Übernahme durch Elon Musk einen Aderlass ohnegleichen. Manche waren schon zuvor gegangen, wegen der "Clickbait-getriebenen Empörung, misogynem Hass und Fake News". Andere hielten wacker aus und mutig dagegen. Aus Trotz und Sendungsbewusstsein stemmen sich Georg Restle, Ruprecht Polenz, Marcel Fratzscher und Ralf Stegner bis heute unerbittlich gegen den Hass.
Gierig nach Aufmerksamkeit
Sie wissen, Anerkennung für ihre Anstrengungen, die Wärmepumpe zu popularisieren, Robert Habeck ins Kanzleramt zu schreiben und verfassungsfeindliche Parteien von den Wahllisten, wird es nicht geben. Doch genau die Aufmerksamkeit, die Aufmerksamkeit, nach der sie gieren, ohne die sie nicht leben können und für die sie bereit sind, jede Blamage, jede peinliche Zurechtweisung zu erleiden, hält sie am Leben: Auch wer beschimpft wird, wem Lügen, Einseitigkeit und billige Propaganda für eine gescheiterte Ideologie vorgeworfen werden, ist auf eine spezielle Art wichtig.
Die EU-Kommission, jener eine hochmoderne Großkonzern, den Europa im vergangenen Vierteljahrhundert in der Riege der Amazons, Metas, Alphabets und Tesla platzieren konnte, stand lange an der Seite der letzten Aufrechten, die X gegen den Faschismus, gegen Schwurblertum, Verhöhner und Falschbehaupter verteidigten. Es war Mode und Trend, X getrieben von der Angst vor dem Hass den Rücken zu kehren.
Aderlass nie überwunden
Die Plattform erlitt einen Aderlass, von dem sie sich so sehr nie wieder erholte, dass die von Elon Musk persönlich gesendeten Wahlkampf-Posts heute als entscheidende Einflussgröße für Donald Trumps verheerenden Sieg bei der US-Präsidentenwahl gelten. So habe Kamala Harris zwar nahezu zwei Milliarden Dollar für ihren Wahlkampf der Herzen ausgegeben. Den Ausschlag über Sieg und Niederlage aber gaben letztlich nicht die daraus resultierenden Beiträge in "Spiegel", "Stern" und Süddeutscher Zeitung. Sondern Musks Posts im Gegenwert von schmalen 24 Millionen Dollar.
Ein Taschengeld, mit dem der "Staatsfeind Nummer 2" (Spiegel über Musk) die Welt verändert hat. Aus der Sorge vor dem Hass ist nun der Neid der Einflusslosen geworden. Dieselben Moralgranaten, die versucht hatten, den Meinungssumpf bei X mit ihrer öffentlichen Selbstaufopferung à la Saskia Esken trockenzulegen, kehren jetzt mit großer Geste zurück: Robert Habeck ist wieder da, die SPD will doch wieder Front machen gegen Andersdenkende und unter "#TeamRobert" und "#Habeck4Kanzler" haben sich Robert-Habeck-Propagandisten, bierernste Satireaccounts und nichtsahnende Altgläubige im Dutzend versammelt, um Habeck zum Regierungschef zu posten wie Musk es mit Trump getan hat.
Aufgeschobenes Verbot
Keine ist Rede mehr von Verbot, keine Rede mehr von notwendiger Enteignung. Obwohl klar ist, dass X die "Mainstreammedien" (Manager Magazin) ablösen soll, sind die Stimmen diesmal leise, die den "X-odus" feiern und klammheimliche Freude über die neue Welle von Abwanderern bei Musks Plattform melden. Dass mit dem "Guardian" ein "Weltmedium" (SZ) sich abgemeldet hat und auch der FC St. Pauli nicht mehr in der Kloake schwimmen wolle, wird ähnlich achtungsvoll gemeldet wie einst die Selbstverbrennung tibetischer Mönche. Aber sich selbst anzünden? Nur um ein Zeichen zu setzen, das niemand sieht?
Lieber Offensive, lieber selbstbewusste Aufrufe zur gesellschaftlichen Spaltung und selbstgemachte Fake News, um Furcht zu verbreiten. Niemand dort draußen kennt §68a SGB VI, keiner weiß auf Anhieb, dass die vom Kanzler für den Fall seines fortgesetzten Scheiterns vorhergesagten "Rentenkürzungen" eine ähnlich freie Erfindung sind wie einst die von der Parteipresse verbreitete Geschichte der Großmutter, die ihren hässlichen Enkel umtauschen wollte.
Verschwendete Zeit
Richtig oder falsch, die SPD ebenso wie der grüne Kanzlerkandidat ein taktisches Verhältnis zur Wahrheit. Nützen Hetze, Hass, Spaltung und Fake News den eigenen Zwecken, dann kann der "Guardian" gern "rechtsextreme Verschwörungstheorien und Rassismus" auf X kritisieren. Die eigenen Bemühungen auf Bluesky, dem Konkurrenten, zu dem gerade wieder "erneut Teile der Nutzer gewechselt" (SZ) waren, sind von so trauriger Gestalt, dass die Bundestagsfraktion der SPD Bundestagsfraktion der SPD schon vor Monaten aufgehört hat, ihre Zeit dort zu verschwenden.
Auch der Bundesvorsitzenden fehlten dort letzendendes wohl "Clickbait-getriebene Empörung, misogyner Hass und Fake News so sehr, dass sie im Spätsommer dauerhaft verstummte. Auf X wird das erst in 99 Tagen wieder der Fall sein.
Deutschland in Angst: Arbeiter, Trump nimmt Euch Eure Villen weg!
Die Angstmaschine produziert Warnungen in schnellem Rhythmus. |