Sonntag, 22. Dezember 2024

VW-Sanierung: Gute Tipps vom Vize-Kanzler

So einfache Autos könnte VW nach den Hinweisen des Vize-Kanzlers bald wieder bauen, nur diesmal mit Notbremsassistent, Müdigkeitswarner, Rückfahrassistenten, Notfall-Spurhalteassistent und Schnittstelle für alkoholempfindliche Wegfahrsperren.

Sie haben es doch immer gekonnt! Angefangen beim "Käfer", jenem ersten legendären Volkswagen, der der als VW Kübel bis kurz vor Moskau fuhr, bis hin zum "Lupo", einem Dreiliterauto, das dem fast volkseigenen VW-Konzern förmlich aus den Händen gerissen wurde. Der größte deutsche Autobauer war immer für Innovationen gut. Liebhaber denken heute noch an den so gefragten Vierrad-Zwerg "Up", dessen rein elektrischer Nachfolger noch auf sich warten lässt. Und an den in vergangenen Zeiten bei jungen Menschen ebenso wie bei Handwerkern so beliebten "Bulli".

Umjubelte Einigung

Dann verlor das erfolgreichste deutsche Unternehmen den Fokus. Dann verlor er Marktanteile. Dann verlor es Geld. Und nun musste es sich selbst retten: 35.000 Mitarbeiter müssen gehen. Werke werden zwar nicht geschlossen, aber auf Effizienz getrimmt. 

Die üppigen Tarifgehälter eingefroren. Das Urlaubsgeld entfällt. Eine Einigung zwischen Unternehmensführung und Gewerkschaften, die im politischen Berlin für große Erleichterung gesorgt hat. Werksschließungen und Massenentlassungen mitten im Wahlkampf hätten gewirkt wie ein Scheitern aller Pläne von Bäckern, die nur mal zwischendurch nicht mehr backen, und Unternehmen, die nach einer langen Pause später sicher wieder viel unternehmen werden.  

Die VW-Einigung etabliert die Bundesbetriebsferien als kosmetische Operation, die Probleme noch einmal auf die lange Bank schiebt. Grundlage aller Berechnungen ist die Annahme, dass die deutsche Verkehrswende scheitert, Fahrrad, ÖPNV und Deutschland-Ticket nicht wie geplant so sehr an Bedeutung gewinnen, dass der Individualverkehr zum Verschwinden gebracht werden kann. Sondern später wieder, wenn alles nicht mehr so teurer ist, wieder Autos auf Volksburg gekauft werden.

Schwächelnder Staatskonzern 

Den Weg dahin hatten Fachpolitiker schon vor Wochen gewiesen. Aus allen politischen Parteien kamen gute Tipps und wertvolle strategische Vorschläge. So hatte die grüne Bundestagsfraktionsvorsitzende Katarina Dröge angesichts der existenziellen Krise beim Staatskonzern - zwei der größten Anteilseigner sind das Land Niedersachsen und das Land Katar - zurecht die Frage gestellt, wann Volkswagen aufgehört hat, Volkswagen zu bauen. 

Auch Vize-Kanzler Robert Habeck hat den Finger in die Wunde gelegt. Volkswagens E-Modelle seien zu teuer, findet er. " Ihr heißt ">Volkswagen und nicht Luxuswagen", erinnert der grüne Kanzlerkandidat die Manager in Wolfsburg. Deutschland brauche bezahlbare Modelle. Sonst würden bald chinesische Firmen und Tesla dominieren. Lange schon fragen sich Beobachter, weshalb der Großkonzern nicht wieder beginnt, einfache, billige Autos für alle herzustellen, elektrisch angetrieben, ohne Schnickschnack, den niemand braucht. Dafür aber wieder finanzierbar für den kleinen Geldbeutel. Zusammen mit den drastischen Strafzöllen auf chinesische Billigfahrzeuge, die die EU verordnet hat, ergäbe das einen Zaubertrank zur sofortigen Rettung für Hunderttausende Arbeitsplätze.

Alternativloser Weg

Ein alternativloser Weg, daran hatte zuvor bereits Dröges Stellvertreter Andreas Audretsch keinen Zweifel gelassen. Unabhängig vom Fahrzeugabsatz und Betriebsergebnis sei eine Bestandsgarantie für alle VW-Werke und eine Beschäftigungsgarantie für alle Angestellten unabdingbar. Im Falle der allergrößten Not müsse der Staat eingreifen und die nicht absetzbare Überproduktion an Fahrzeugen über eine neue Kaufprämie vom Markt nehmen. 

Sozialismus ist machbar 

Dabei müsse der Neubestand, heißt es bei den Verkehrswendeplanern im politischen Berlin, nicht zwingend unmittelbar und vollständig auf dem Schrottplatz landen. Allein eine Elektrowende bei Polizei, Zoll, Bundeswehr und öffentlichen Verwaltungen könne rechnerisch fast zwei Monate lang viele VW-Werke beschäftigen. 

Derzeit krankt die Realisierung des Saubere-Fahrzeuge-Beschaffungs-Gesetzes (SFBG)), mit dem der Bund die europäische Richtlinie EU2019/1161 vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie 2009/33/EG über die Förderung sauberer und energieeffizienter Straßenfahrzeuge (Clean Vehicles Directive, kurz CVD-Richtlinie) umgesetzt hatte, noch an fehlenden Mitteln und dem erlahmenden Willen zum Umstieg: Gerade Behörden und Ministerien verweigern den Umstieg auf die klimaschonende Mobilität.

Verschwiegener Skandal

Es ist ein bekannter, aber von den Leitmedien wohlweislich verschwiegener Skandal. Derzeit ist die Zahl elektrisch betriebener Fahrzeuge im öffentlichen Dienst in Deutschland so niedrig, dass es nicht einmal eine Statistik dazu gibt. Der Behördenbestand an Fahrzeugen ist dermaßen verbrennerlastig, dass offenbar jede öffentliche Information über den desaströsen Zustand der öffentlichen Elektrifizierung vermieden werden soll.

Vermeintliche Vorreiter wie die baden-württembergische Landeshauptstadt Stuttgart hatte ursprünglich einmal geplant, ihren gesamten Fuhrpark von 260 Fahrzeugen bis 2023 auf Elektromobilität umzustellen. Mittlerweile wurde das Ziel unauffällig eingedampft. 2025 sollen nun nur noch 40 Prozent aller Fahrzeuge im städtischen Fuhrpark mit alternativen Antrieben unterwegs sein werden. Anderswo gibt es überhaupt keine Zielvorgaben mehr.

Rettung für Volkswagen

Dabei läge hier für den schwächelnden Volkswagen eine riesige Chance. Würde die Bundesregierung ihre eigene Forderung umsetzen, statt großer Benziner lieber einfache, billige Fahrzeuge zu für den Dienstgebrauch zu kaufen, könnte Volkswagen diese Fahrzeuge auch planen und bauen. Ein Schlüssel zum Erfolg wäre dazu ein klares Zeichen aus Berlin, dass die zuletzt von der EU beschlossenen neuen  Auflagen für die Autobauer hinfällig werden, mit denen die EU die Herstellung von Fahrzeugen zuletzt immer weiter verkompliziert hatte. 

Vom Sicherheitsassistenten ISA, der Autofahrerinnen und Autofahrer mit nervenden akustischen und optischen Signalen auf Überschreitungen des Tempolimits hinweisen soll über die ins Auto eingebaute automatische Temporeduktion, bei der das Gaspedal leicht gegen den Fuß drückt, um den Fahrer an seine gesetzlichen Pflichten zu erinnern, bis hin zur Blackbox, die den Behörden im Fall eines Unfalls Daten liefert, haben EU-Vorgaben aus den einst simplen Mobilitätshilfen Computer auf Rädern gemacht, die ihre Nutzer auf Schritt und Tritt überwachen und zu erziehen versuchen. 

Die große Chance von VW

Hier liegt die Chance von Volkswagen. Das ganz klein und billig zu bauen, mit den  demnächst zwingend vorgeschriebenen Notbremsassistent, der Gefahrensituationen selbständig erkennen muss und das Fahrzeug automatisch abbremst, dem zusätzlichen Notbremslicht, das nachfolgenden Fahrzeugen starke Bremsmanöver sofort anzeigt, dem Müdigkeitswarner, der im Blick behält, ob der Fahrer schläfrig wird, dem Rückfahrassistenten, der Personen oder Objekte hinter dem Fahrzeug erkennt, dem Notfall-Spurhalteassistent und der vorbereiteten Schnittstelle für alkoholempfindliche Wegfahrsperren, das werden auch die Chinesen nicht schaffen.

Noch sind die sogenannten "Alcolocks" nicht marktreif, noch muss für all das nicht nur Hard- und Software entwickelt, sondern die automatische Schnapsdrosselerkennung auch durch komplizierteste EU-Zertifizierungsprozesse gefädelt werden. Der gute Rat von Robert Habeck, das alles so zu gestalten, dass am Ende der Produktion super günstige W-Autos herauskommen, die auch die hart arbeitende Mitte sich wieder leisten kann, ist unbezahlbar.


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