Donnerstag, 5. Dezember 2024

Libertärer Tabubruch: Angriff der Staatsfeinde

Gefährlicher als Post-Faschisten und Rechtspopulisten: Libertäre sind die neuen Staatsfeinde.

In der größten Not zeigt sich nicht nur der Einzelne mit seinem wahren Charakter, sondern auch politische Parteien stehen nackt als ganzes, ureigenes Wesen auf der Bühne. Unübersehbar wurde zuletzt, dass der große grüne Hoffnungsträger Robert Habeck innerlich mit höchster Wahrscheinlichkeit ein kleinlicher, vergnatzter Mann ist, der denen, die ihn nicht mögen, keinen winzigen verbalen Übergriff verzeihen kann.

Auch US-Präsident Joe Biden entpuppte sich als Politiker der Art, wie sie das böse Klischeebild zeigt: Als es um die Entscheidung ging, die Unangreifbarkeit des Rechtsstaates unter Beweis zu stellen, oder das eigene Fleisch und Blut zu schützen, handelte Biden, wie jeder Vater handeln würde.

Neuer Staatsfeind Nummer 1

Im größeren Maßstab entblättert schon der kaum begonnene Wahlkampf die Mythen, die politische Parteien von sich verbreiten. Die Internationalisten von der SPD lassen plötzlich mehr Deutschlandfahnen wehen als die AfD. Die Union würde nun doch lieber mit dem "Hauptgegner" (Merz) regieren als gar nicht. Die Grünen nutzen schamlos alle Möglichkeiten aus, um die öffentliche Meinung mit Hilfe eines US-amerikanischen Multimilliardärs zu beeinflussen, vor dem vor kurzem noch als "Staatsfeind Nummer 2"  gewarnt worden war. 

Die Liberalen aber sind nach dem Ampel-Aus auf Nummer 1 aufgerückt: Aus der machtarithmetisch als notwendig geduldeten dritten Regierungspartei ist die politische Kraft geworden, die an Wirtschaftsmisere, Vertrauensverlust der Politik, Rechtsrutsch und Ratlosigkeit von Union bis Linkspartei schuld sind. 

Christian Lindner hat Trump, Musk, Orban, Merz und Milei als Schreckgespenst der Zivilgesellschaft abgelöst. Von Georgia Meloni, Marine Le Pen und Geert Wilders war ohnehin schon lange nicht mehr die Rede. All die Postfaschisten, Rechtsextremen, Nazis und Rechtspopulisten werden gebraucht, um die Läden in Paris, Rom, Brüssel und Den Haag am Laufen zu halten.

Das neue Böse

Das neue Böse, ideal verkörpert vom scheidenden FDP-Chef Christian Linder, ist gefährlicher, denn es tritt nicht mehr unter der Maske des dementen Clowns oder eines brutalen Kopfabschneiders auf, sondern als kostümiert als "Rechtslibertärer", der den schwachen Staat predigt und damit "mit den Traditionen des Liberalismus bricht", wie die Hamburger Wochenschrift "Die Zeit" urteilt, die lange selbst unter dem Verdacht des Linksliberalismus gestanden hatte.

Ein Vorwurf, den das Blatt inzwischen schon längst nicht mehr fürchten muss. Umso schwerer wiegt die Beschuldigung Richtung Rest-FDP: Deren neues Bekenntnis zu "Rechtslibertären" wie Tesla-Chef Elon Musk und Argentiniens Präsidenten Javier Milei sei ein "Tabubruch", stünden beide doch "für ein rechtslibertäres Programm, das autoritäre Vorstellungen davon, wie eine Gesellschaft zu funktionieren hat, mit trivialer Staatskritik paart".

Tödliche Mischung

"Trivial" steht für "gewöhnlich" und wenig bedeutungsvoll. Jeder kennt das alles schon, die Klage über den immer weiter ausufernden Behördenapparat, der immer weniger zustande bringt. Die explodierenden Kosten in allen Bereichen, die Untauglichkeit der Rezepte und Pläne, die quälende Langsamkeit jedes Umsetzungsversuchs. 

Kombiniert mit "Staatskritik", wie sie der "Zeit" längst fern liegt, entsteht eine tödliche Mischung: Neben die Parteien von Linker über BSW, Grüne, SPD und Union, die  den Staat so sehr lieben, dass sie gar nicht genug von ihm bekommen können, träte eine politische Kraft mit einem wirtschaftspolitischen Reformprogramm, das den Staat schrumpfen und mehr Platz für individuelle Entscheidungen bis hin zu wirtschaftlichen Fragen lassen will.

Ein Schreckgespenst für jeden, der das unaufhörliche Wachstum des Staates, seiner Organe und der Macht der ihn bestimmenden Parteien für die logische und unausweichliche Entwicklung in der finalen Phase der Geschichte der Menschheit hält. Musk und Milei, die Bürokratieabbau nicht nur als Abendgebet für die gläubige Gemeinde und reizvollen Bereich für weitere Verwaltungsvorschriften begreifen, sondern wirklich wegschneiden, absägen und auslichten, gelte als überaus bedrohlich.

Die bedrohliche "Perücke"

Hätte Milei, anfangs als "Ultraliberaler" (Die Zeit), "die Perücke" (Der Spiegel), "rechts" (ZDF) und "Rechtspopulist" (Deutsche Welle) bezeichnet, Erfolg und Musk womöglich auch, drohten auch in  Deutschland ernsthafte Konsequenzen. Ganz unabhängig davon, wie sie ausgeht, wird sich dieses eine Mal nach der Bundestagswahl noch irgendeine Koalition finden, die den Niedergang der größten europäischen Industriennation noch zwei, drei oder vier Jahre weiterverwaltet. 2029 spätestens aber steht dann wieder eine Wahl an. Wie das Ergebnis dann aussehen könnte, lassen statistische Daten heute schon erahnen.

Argentinien zeigt: Lebst erst einmal die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze oder auch nur in der ernsthaften Erwartung, unter sie zu rutschen, sind immer mehr von ihnen bereit, an der Wahlurne etwas zu riskieren. Selbst die Warnung, dass dieses oder jenes  ein "radikaler Bruch mit liberalen Traditionen" (Die Zeit) sei und der überbordende, sich in alle einmischende und zugleich bei allen seinen Aufgaben fortgesetzt versagende Staat  sei als "höchst notwendige Kontroll- und Aufsichtsinstanz" über die Wirtschaft und darüber hinaus ein "Organ der Demokratisierung", helfen dann nicht mehr.

Der Staat muss

Die Sehnsucht, einfach wegzufegen, was einen fesselt, quält, beständig mit neuen Forderungen belästigt und die alten Vorhaben schneller vergisst als Joe Biden seine Versprechen oder Olaf Scholz seine Cum-Ex-Termine, wird immer größer. Der Staat als  Garant gesellschaftlicher Ordnung erscheint immer verzichtbarer, je tiefer er sich in alles einmischt und jeden bei jeder Gelegenheit gängelt, sei auch mit der Begründung, er müsse "die Bedrohten zu schützen" und deshalb bekannte bürgerliche Freiheiten immer weiter einschränken.

Mehr "Milei und Musk wagen", wie es der um den Wiedereinzug seiner Partei fürchtende FDP-Chef Lindner vorhat, ist "autoritärer Liberalismus" (Constanze Stelzenmüller), vielleicht aber auch schon eine "Radikalisierung des Neoliberalismus" (Bruno Heidlberger), die direkt zum "autoritär rechtspopulistischen Turbokapitalismus" (Georg Restle) führt. 

Mehr Staat wagen

Dagegen muss jeder sein, der 2021 noch mit dem Koalitionsvertrag der Fortschrittskoalition "Mehr Fortschritt wagen" wollte und heute sieht, dass kein Versprechen eingehalten und kein Vorhaben aufgegangen ist: Die Bürgerrechte wurden zurückgebaut. Die Wirtschaft eingedämmt. Die Aktivitäten der demokratischen Parteien stärkten die Ränder wie nie zuvor. 

Schon vor zehn Jahren, als mit Peer Steinbrück zehn Jahren, als mit Peer Steinbrück ein Mann SPD-Kanzlerkandidat auftrat, der damals ein Verbot des Neoliberalismus durchsetzte, heute aber als zweifellos sozialstaatsfeindlicher Wirtschaftslobbyist gebrandmarkt würde, warnten ernstzunehmende Stimmen, dass die etablierte Krisenpolitik einen neoliberalen Sündenbock brauche. Spät, aber vielleicht noch nicht zu spät, ist er gefunden worden.


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Rechtslibertär? Denen gehen langsam die Buhmänner aus. Damit erschrecken sie höchstens noch Fefe.

Le Penseur hat gesagt…

Bei "Industrienbation" (im Abschnitt Die bedrohliche "Perücke", 1. Absatz) ist entweder ein "b" zuviel, oder ein "s" zu wenig. Nur so als Hinweis ...

Ihr Artikel ist übrigens, wie gewohnt, ausgezeichent! Chapeau! Touché!

---

P.S.: Bei "Chapeau" vertippte ich mich ursprünglich in "Chapewau", was auch ganz reizvoll aussah, aber von mir drögem Juristen als doch zu unernsthaft korrigiert wurde ...

Anonym hat gesagt…

>> abc sagt:
5. Dezember 2024 um 8:26

Und auf die Blödheit der EU Bürokraten ist Verlaß. Die vergeigen das garantiert.

Wer ernsthaft glaubt, Entscheidungen i.d. BRD und/oder der EU würden auf der Blödheit der Agierenden beruhen, ist

selber der Allerallerallerblödeste im Spiel.* >>
-------------------------------------------------------------------------
Auch ein, äh, origineller Geist wie "abc" hat zuweilen lichte Momente.

Anonym hat gesagt…

>>> Im Klartext: Ein deutscher Politiker (bis hinunter zur kommunalen Ebene) ist aus der Masse des Plebs herausgehoben <<<
Ach, @ "Rasender Reporter" - einst Beiname von Egon Erwin (((Lügenmaul))) - es heißt DIE Plebs, der Genetiv wäre infolgedaher* "der Plebs".
Und, ein Zusammengehen der Zeedeehuh mit den Grünen Khmer dürfte nicht nur kein unlösbares, sondern überhaupt kein Problem darstellen. Das letzte Massaker an hochwohlgeborenen Drecksäcken ist hierzulande fast 500 Jahre her. Dass man dieses (Selbstzensur) auch krrrks kann, ist völlig außerhalb der Vorstellung dieser Sklavenseelen.
*Kurt Tucholsky, Reisesprachführer für Amerikaner.

ppq hat gesagt…

danke. blackrock hat eine neue wkn: A40PW4