Freitag, 6. Dezember 2024

Die Vertrauensfrage: Jetzt irgendwann geht's los

Wie seine Vorgängerin kämpft auch Olaf Scholz in diesen Tagen um sein Bild in den Geschichtsbüchern. Abb: Kümram, Buntstift auf Pappe

Die SPD ist in den Wahlkampf gestartet und das aus der besten Position heraus. Schon immer galt der Amtsinhaberbonus. Wer schon auf dem Stuhl sitzt, um dessen Besetzung es geht, gilt bei Wählerinnen und Wähler als bevorteilt. Er müsste schon viel falsch gemacht haben, um Konkurrenten zu unterliegen, die noch nie oder nur in untergeordneter Funktion Regierungsverantwortung getragen haben. Schon seit Jahren werden etwa Ministerpräsidentinnenposten in Deutschland per Erbfolge übergeben und nur noch anschließend per Wahlakt bestätigt. Das gilt meist als Formsache.

Alle Mühe


Olaf Scholz hat sich zumindest alle Mühe gegeben. Drei Jahre regierte er mit Durchhalteparolen und leeren Versprechen, dann kam es zum großen Auftritt als Olaf der Verratene, abgelöst vom chaotischen Streit in der SPD, ob der 66-Jährige es denn noch einmal versuchen solle oder besser gleich seinem US-Kollegen Joe Biden aufs Altenteil geschoben werden müsse. 

Die Partei stritt, die Partei litt. Die, die es nie so mit Scholz hatten, schürten Bedenken, dass Kanzler wahrscheinlich wirklich zu unbeliebt sei, um noch irgendjemanden von sich zu überzeugen. Immerhin: Vor Jahren hatte er es nicht einmal geschafft, die SPD dazu zu bringen, ihn als Vorsitzenden zu wählen!

Doch der einzige, der intern noch verfügbar gewesen wäre, zeigte eine seltene politische Tugend. Boris Pistorius, ehemals Bürgermeister und Landesminister, hätte Scholz mit einem Zucken der Augenbrauen stürzen können. Nur weil er nicht Scholz ist. Doch er wollte nicht. Daraufhin versammelte sich alles, was von der deutschen Sozialdemokratie noch übrig ist, wie ein Mann hinter dem Mann, den nun alle schon immer gewollt und gewünscht hatten.

In welcher Rolle kommt er


Auf einmal ist es Liebe. In welcher Rolle der Niedersachse gerade auftritt, weiß man derzeit zwar nie. Ist er Kanzler? Wahlkämpfer? Wahlkanzler? Kampfkanzler? Scholz, der wie seine Vorgängerin um seinen Platz in der Geschichte kämpft, weiß seine Partei hinter sich und auch einen Teil der Medien hat er in der Tasche. Nirgendwo mögen sie seinen Gegenspieler Merz. Robert Habeck aber, der dritte Mann, bekommt überall so viel Anerkennung und Wertschätzung für seine politischen Erfolge, dass sich so mancher mit dem unauffälligen, leisen Sozialdemokraten solidarisiert, der doch die Gesamtverantwortung trägt.

Noch immer hat er die Vertrauensfrage nicht gestellt. Noch immer ist Bundeskanzler Olaf Scholz im Grunde genommen so etwas Ähnliches wie im Amt. Allmählich aber fragt ihn niemand mehr, wann es denn jetzt wirklich vorbei sein soll.  Die Amtszeit des Mannes, der sich für eine Idealbesetzung hält, aber auch schon als "schlechtester Kanzler aller Zeiten" verhöhnt wurde, trudelt aus wie die Merkels zuvor. Es geschieht nichts mehr. Und das ist gut so.

Scholz konzentriert sich ganz auf seine neue Rolle als Wahlkämpfer. Und es zeigt sich: Dieser Spitzenkandidat kann den Spagat. Der steife Mann mit der Aktentasche besetzt seit Wochen nicht nur die Rolle des Regierungschefs, sondern dazu auch die des Oppositionsführers. Seine Regierung habe viel getan, sagt er, allerdings zu wenig und zu spät, wie sein Vizekanzler eingestanden hat. Dass es außerdem oft das Falsche war, das lag daran, dass alles von der FDP mutwillig hintertrieben wurde. 

Er lässt nichts mehr verwässern


Dass es jetzt, wo niemand mehr eine Mehrheit hat im Bundestag, endlich vorangehen muss, das ist Scholzens zentrale Idee. Es dürfe "keinen Stillstand bis zur Wahl geben" nimmt der Verantwortliche für den Stillstand der vergangenen Jahre gern Geißeln für seine Absicht, alles, was in den drei Jahren mit stabiler Mehrheit nicht klappte, in drei Monaten ohne hinzubekommen. Der Wumms und der Doppelwumms, ja, sogar das große Dynamisierungspaket, alles blieb Behauptung, haltloses Versprechen und Vergessen. Bis es jetzt endlich Wirklichkeit wird.

Auch den Frieden, ein SPD-Projekt, das aber auch von Grünen verwässert wurde, wie jetzt herauskommt. Olaf Scholz hat seinen Bauchladen sicherlich schon seit Monaten geordnet:  Nur mit ihm gibt es Hoffnung auf ein Ende des Krieges. Nur mit ihm wird Wladimir Putin keine Atomraketen schicken. Nur er hat einen Plan, mit fehlendem Geld alles zu tun, was wünschenswert wäre, ohne auf das Notwendige zu verzichten. 

Bodenlos heute schon


In einem Wahlkampf, der zweifellos der bodenloseste der Geschichte sein wird, hat sich Olaf Scholz mangels anderer Angebote festgelegt, alles in die Auslage zu packen, was irgendeinen Kunden ohne Gedächtnis locken könnte. Die Gebetsmühle steht wieder da, die "Gerechtigkeit" für jedermann verspricht, die Mietbremse, der Nachhaltigkeitsspender, der Mindesthohn, der Umbau, die Pläne - alles ist da, was immer da gewesen ist. 

Die Streusel diesmal sind neue Steuern für eine ganz, ganz kleine Clique superreicher Überverdiener, bei denen jeder gut findet, wenn man ihnen etwas wegnimmt. Zumal, wenn versprochen wird, er habe Anspruch, die neuen Einnahmen zu erhalten.

Inhaltlich ist Scholz mit seiner Strategie, allen alles zu versprechen, auf der sicheren Seite. Im Wahlkampf wird der Verzicht auf konkrete Aussagen kein Monopol der SPD sein. Seit Jahren schon zieht keine Partei mehr in eine Wahlschlacht, indem sie Zusagen macht, auf die sie später festgenagelt werden könnte. Und so wird auch diesmal niemand abtreten und gestehen: "Mit uns wird es endgültig kein Klimageld geben" und keine Partei wird mit "wir werden Schulden machen, dass es kracht" um jüngere Wähler werben, die ja die sein werden, die an den neuen Krediten tragen müssen, bis sie zusammenbrechen.

Persönliche Feldschlacht


Stattdessen ist die Feldschlacht von Anfang an persönlich. Scholz sagt, Merz wolle den Atomkrieg heraufbeschwören. Merz sagt, Scholz habe bewiesen, dass er es nicht könne. Habeck versichert, er selbst könne es sehr gut, aber Christian Lindner sei ein Lügner. Alle sind einig, dass es sich bei Alice Weidel in Wirklichkeit um Adolf Hitler handelt und Sahra Wagenknecht ganz bestimmt über eine geheime Dänen-Connection von Putin bezahlt werde. 

Konkrete Antworten auf die Fragen, die Millionen gern hätten, ehe sie an die Urne treten, können allenfalls aus den Zentnern Kaffeesatz gelesen werden, die die Kantinen der Parteizentralen jeden Tag entsorgen, als handele es sich nicht um eine wertvolle Ressource. Scholz will die Nation jetzt "schnell mit günstigerer Energie und massiven Investitionen die Wirtschaft in Schwung bringen und Arbeitsplätze sichern", damit "die Beschäftigten deutlich mehr Netto von ihrem Lohn zur Verfügung haben und sich im Alter auf eine sichere Rente verlassen können". 

4 Kommentare:

Arminius hat gesagt…

Scholzens bester Wahlkampfhelfer ist Merzkel, der die eigenen Wähler mit seinem Buhlen um die Grünen in Richtung AfD treibt und so für Scholz den Weg zum Platz 1 freiräumt.

Anonym hat gesagt…

Scholz will Netzentgelte für Industrie deckeln

Erinnert mich an K. Harris, die in bunten Farben gemalt hat, was sie für tolle Sachen tun würde, so als wäre sie nicht selbst seit Jahren in der Regierung.

Anonym hat gesagt…

In Rumänien muss die Präsidentenwahl wiederholt werden, wegen Putin. Die Bundestagswahl wird er auch ruinieren. Er ist schon ein Tausendsassa. Ein großes Land regieren, Krieg führen und weltweit Wahlen manipulieren. Kommt er auch mal zum Essen und Schlafen?

ppq hat gesagt…

über titik hat ers gemacht. da war die flanke weit offen. wenn #teambundeskanzler dort jetzt richtig aufdreht und die wahl gewinnt, kommen wir hier aus dem wählen auch nicht mehr raus https://www.tiktok.com/@teambundeskanzler?lang=de-DE