Montag, 16. Dezember 2024

Die letzte Volkspartei: Drei Mann und ein Befehl

Drei Mann und ein Befehl: Erstmals stellten sich die Kanzlerkandidaten der letzten Volkspartei gemeinsam ihren Wählerinnen und Wählern.

Am Tag, an dem das seit langem schon fehlende Vertrauen sich bestenfalls in einem mannhaften Abstimmungsergebnis im Deutschen Bundestag manifestieren wird, stehen sie alle drei glänzend da. Der scheidende Kanzler holt in den Umfragen Stunde für Stunde auf. Der Favorit auf seine Nachfolge macht Fehler um Fehler und führt doch immer noch. 

Der dritte Mann schließlich, Kanzler der Herzen und wendig wie keiner seine Konkurrenten, zieht Tag für Tag einen neuen Trumpfaus dem hochgekrempelten Ärmel. Gerade noch ließ er erkennen, dass er dem Drängen rechter Populisten nachgeben und den Windkraftausbau bremsen wolle. Und schon gibt es noch mehr gute Gaben: Eine Millionärsteuer, es wäre die erste zweckgebundene Steuer in Deutschland überhaupt, natürlich für Kinder, Bildung, Schulen. Dazu wieder einmal das gute alte Klimageld, ein Dauerbrenner  in Wahlkampfzeiten. Nebst schnellerer Abschiebungen und höherer Grenzzäune.

Die Fankurve jubelt, nicht nur auf dem Hassportal X, wo #teamhabeck und #teamscholz die Stimmung gedreht haben. Entgegen allen Vorhersagen riecht es nach einem engen Rennen bei der erneuten Schicksalswahl im Februar, weil sich die alten Kräfte der demokratischen Mitte überraschend schnell konsolidiert und als kampfbereite Truppen gezeigt haben.

Schock nach dem Zusammenbruch


Die SPD hat sich vom Schock erholt, der sie ereilte, als Wählerinnen und Wähler nach drei Jahren Scholz unmittelbar durch den Zusammenbruch der Ampelkoalition bemerkten, wie sie Monat für Monat mit Wumms-Versprechen und gezielt genährten Aussichten auf ein neues grünes Wirtschaftswunder geködert und verführt worden waren. Die grüne Schwesterpartei der verbliebenen Fußgängerampel-Koalition schaffte den Umschwung durch eine radikale Säuberung der eigenen Reihen. Ricarda Land und Omid Nouripour wurden abserviert und neue Leute übernahmen. 

Neue Namen, von denen die meisten Bürger noch nie gehört hatten, und die deshalb im Ruch stehen, an der bisher angerichteten Misere keinerlei Scholz zu tragen. Die CDU als künftiger Koalitionspartner dagegen profitierte von der gesellschaftlichen Spaltung: Außer Rot und Grün stehen keine demokratischen Koalitionspartner für die Zeit bis 2029 zur Verfügung. Die letzte Volkspartei, sie besteht damit aus einer festen Formation mit drei Fraktionen. Der Sozialflügel SPD, dem Ökolager, für das die Grünen stehen. Und den konservativen Linken, die sich hinter Friedrich Merz versammelt haben.

Schulter an Schulter


Schulter an Schulter zeigten sich die drei Parteiführer erstmal im Privatfernsehen, drei Herren im mittleren und höheren Alter, denen es gelungen ist, die weibliche Konkurrenz in ihren Organisationen nach mehr oder weniger intensiven Kämpfen beiseite zu schieben. Bei "Joko & Klaas", der kurzangebundenen Antwort der "privatkapitalistischen Medienheuschrecken" (ARD-Framing-Manual) auf den öffentlich-rechtlichen Demokratieförderer Jan Böhmermann, traten Robert Habeck, Friedrich Merz und Olaf Scholz als fest geschlossene Front auf: Dunkelblauer Einheitsanzug, sorgenvolle Miene, unbeugsam im gegenseitigen Respekt füreinander.

Details nur sendeten unterschiedliche Botschaften an Wählerinnen und Wähler. Habeck trug T-Shirt, Merz Binder, Scholz das blütenweiße Hemd offen. Die Message ist bei allen dreien klar. Der dunkle Pulli ist Habecks Ärmelhochkrempeln ohne Ärmel hochzukrempeln. Der Schlips soll den von so vielen immer noch als Hegde-Fonds-Hallodri beargwöhnten Merz  seriös wirken lassen. Scholz dagegen sieht sich nach wie vor als Arbeiter, der eine Krawatte höchstens trägt, wenn es wirklich sein muss.

Ein echter Unterschied


Ein echter Unterschied, der bei den drei künftigen Koalitionspartnern ins Auge springt. Wie im gesamten bisherigen Wahlkämpfchen wetteiferten die Kandidaten um Sympathiepunkte, indem sie in der hochglanzpolierten TV-Arena alles unterließen, was spalten oder trennen könnte. Sie seien "keine Feinde" betonten sie, um einen in den aufregenden vergangenen Wochen womöglich entstandenen Eindruck zurück in die Tube zu drücken. 

Friedrich Merz hatte Habeck als "Kinderbuchautor" und "Wärmepumpenminister" geschmäht. Der beliebte Grüne hatte sich revanchiert, indem er Vorschläge von Merz "unverantwortlich" und "falsch" nannte. Scholz schimpfte Merz eine "Mimose" und bescheinigte im, "das Land spalten" zu wollen. Habeck bekam sein Fett weg, weil er "das Regieren kompliziert" gemacht habe. 

Mit einem Spritzer Brombeersaft


Im Fernsehstudio war das schon wieder vergessen. Alle drei Männer wissen, dass sie so oder so miteinander zurechtkommen werden müssen, diesmal vielleicht noch zu zweit oder zu dritt. Nach einer ähnlich erfolgreichen Legislaturperiode im Schatten der Brandmauer aber vielleicht schon ab 2029 als Kenia-Koalition mit einem Spritzer Brombeersaft abgeschmeckt. 

Im Überbietungswettbewerb darum, wer dem Volk, diesem "großen Lümmel" (Heinrich Heine), in kürzester Zeit mehr Honig ums Maul schmieren kann, ohne Versprechen abzugeben, die sich später nicht auf bewährte Weise wieder einfangen lassen, liegen im Augenblick noch alle gleichauf. Die SPD hat sich den Strohfeuerfonds der Grünen zu eigen gemacht, die Union zieht mit den Steuersenkungsfantasien der SPD in den Kampf und die Grünen wollen fossilen Energieverbrauch wollen fossilen Energieverbrauch ebenso rasch kostengünstiger machen wie die Union.

Schulter an Schulter stehen sie, die drei Männer, auf denen alle Hoffnungen auf eine demokratische Erneuerung ruhen. Das gemeinsame Programm ist beinahe ohne Widersprüche. Nach dem Wahltag wird man sich flugs auf alles einigen können. 

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Habeck will keine Millionärssteuer. Millionäre sind Loser, nix zu holen. Er will eine Milliardärssteuer.

https://www.tagesschau.de/inland/bundestagswahl/habeck-gruene-milliardaerssteuer-100.html

Habeck laut tagesschau.de: Wenn man da einen kleinen Anteil ihres Vermögens besteuern würde, ...

Da einen kleinen Teil, dort einen kleinen Teil. Nur kleine Teile.

Habeck sprach sich dafür aus, mit den Einnahmen Schulen zu sanieren...

tagesschau.de zieht ihm die Badehose runter: Steuern dürfen in Deutschland nicht zweckgebunden eingenommen werden. Schulpolitik ist zudem Sache der Bundesländer, der Schulbau liegt bei den Kommunen.

ppq hat gesagt…

missverständnis. er sagt milliardäre, aber er meint nicht nur die

Anonym hat gesagt…

aber er meint nicht nur die ...
Ebend.

Anonym hat gesagt…

Bemerkenswerter war eigentlich, dass tagessschau.de dem Gefasel von Habeck gleich den abschlägigen Faktencheck hinterhergeschossen hat.
Dazu passt Danischs Post mit https://twitter.com/i/status/1868780696736874622

Biden und sein Deepstate wackeln, die Investoren merken, dass mit dieser Clownshow nicht mehr zu holen ist und disponieren um. Dass das so schnell bei unseren Leitmedien ankommt, hätte ich nicht gedacht.

ppq hat gesagt…

überlebensinstinkt. aber noch sind das ja ausnahmen