Samstag, 2. November 2024

Turbanpropaganda: Selbst das Klima zählt nicht mehr

Von wegen "nur ein Stück Stoff" - ein ordentlicher Turban benötigt gewaltige Stoffmengen und belastet das Klima deutlich mehr als eine gestrickte Pudelmütze.


Eng eingebunden, eindrucksvoll aus, ein Stück Stoff, "das sich auf kunstvolle Weise windet". Die Hamburger Wochenschrift "Die Zeit" hat eine Eloge auf den Turban verfasst, die Hoffnungen weckt, dass der nahöstliche Kopfputz "diesen Herbst endlich die schlumpfigen Wollmützen ablöst". 

Der Turban, heißt es ehrfurchtsvoll, sei "zurück in der Mode", aus der er anderenorts nie verschwunden war. Sogar bei Prada gebe es Mützen für Männer mit einer turbanartigen Stoffumwicklung, "Max Mara" habe "einen Turban für die Dame im Programm" und damit finde endlich Guccis Versuch von vor Jahren, mit blauen Turbanen ein wenig Islamfeeling ins Abendland zu bringen, seine Fortsetzung.

Verstörende Sehnsucht

Eine Sehnsucht, die verstörend wirkt in Zeiten, in denen Nachhaltigkeit, Materialsparsamkeit und Verzicht im Sinne des Klimaschutzes auch bei der Wahl der Bekleidung dominieren sollten. Sogenannte Kapuzenjacken gelten nicht von ungefähr als so akute Bedrohung, dass die EU seit Jahren ein Verbot erwägt: Einer Studie zufolge existieren allein in Europa mehr als fünf Milliarden Jacken mit Kapuzen.

Die Baumwollmenge, die allein für die Kopfbedeckungen, die zu 99,5 Prozent der Zeit nicht benutzt werden, bringt ein Gewicht von zwischen 250.000 und 500.000 Tonnen auf die Waage. Ausgebreitet würde die Stoffmenge fast 1000 Saarländer oder aber 350 Millionen Fußballfelder bedecken. 

Populär bei Predigern

Ähnlich problematisch ist der Turban, ein "religiös konnotiertes Kleidungsstück" (Die Zeit), das Religionsstiftern, Imamen und anderen Predigern popularisiert wurde. Im Westen umgibt das aus einer langen Stoffbahn zusammengewickelte Tuch, dem die Träger ihren liebevollen Spitznamen "Wickelköpfe" verdanken, weiterhin eine Aura des Fremden. 

Aus Angst vor dem Vorwurf der sogenannten kulturellen Aneignung, aber auch aus Respekt vor den begrenzten Ressourcen, die die Erde bietet, nahmen die Gesellschaften nördlich des Mittelmeeres überwiegen jahrhundertelang Anstand vom Brauch, sich öffentlich ausschließlich mit umwickeltem Kopf zu zeigen.

Dem Turban eine Chance

Ausgerechnet die "Zeit" aber, eigentlich in solchen Dingen ja recht wach und jederzeit alarmbereit - wirft sich nun für das "exotisierende" (Zeit) Stoffstück in die Bresche. Wie Vermeers "Mädchen mit dem Perlenohrring", das als  Zitat der "morgenländischen Kultur" einen blauen Turban und ein gelbes Tuch trägt, sollen Fashion Victims ihre bequemen Wollbeanies, ihre Tschapkas und Pudelmützen im Schrank lassen und dem Turban eine Chance geben. 

"Das lockende Fremde" könne so eine neue Heimat in den urbanen Zentren Deutschlands und draußen auf dem Land finden und die Erinnerung daran hochhalten, dass der Turban im Mittelalter ein Turban Symbol des Feindes war, heute aber symbolisiert, dass alles eins ist, Freund, Feind und Geliebter und Geliebte.

Mangelnder Respekt

Problematisch daran ist weniger die Aneignungsfunktion, die von mangelndem Respekt einem in bestimmten Landstrichen als heilig betrachteten Accessoire erzählt. Sondern der drohende erhöhte Ressourcenverbrauch, den eine Turbanwende samt Mützenausstieg und deutschlandweiter Tuchtransformation mit sich bringen würde. So wiegt eine Branded Knitted Beanie Mütze nach Herstellerangaben ganze 50 Gramm, ein Turban kann je nach Länge und Breite des verwendeten Stoffstreifens auf das drei- bis 70-fache kommen.

Denn klar ist: Für Turbane werden in aller Regel verschwenderisch große Stoffmenge verwendet. Ein Meter mal ein Meter gelten als vollkommen normal, drei Meter mal 80 Zentimeter als nicht besonders groß, auch vier mal ein Meter sind häufig anzutreffen. Der Turban bedeckt dennoch nur einen relativ kleinen Bereich des Körpers, allerdings so dick, dass die ARD schon vor vielen Jahren besorgt fragte "Wie heiß wird's unterm Turban".

Hitze und Hass 

Eine berechtigte, aber auch besorgte Frage, hat die Wissenschaft hat den Zusammenhang zwischen Hitze und Gewalt doch längst eindeutig nachgewiesen.Untersuchungen wiesen einen Verlust bis zu 40 IQ-Punkten durch Hitze nach,  Der jungen Mathematikerin Annika Stechemesser gelang es sogar, durch die Analyse von mehr als vier Millionen Hass- und Hetznachrichten beim damaligen Hassportal Twitter einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen steigenden Temperaturen und einer wachsenden Zahl von wütenden und häufig regierungsfeindlichen Notaten zu belegen. Unter Turbanen ist es zwar nur heiß, wenn es warm ist. Aber da Mützen den Wärmeverlust am Kopf verhindern, verhindern Turbane ihn auch. 

Klimaschädliches Kleidungsstück

Der aktuelle Versuch, das für weniger resiliente Gruppen potenziell gefährliche, in dem Fall aber äußerst klimaschädliche Kleidungsstück zu popularisieren, spricht so weniger für verantwortungsvollen Verzichtsjournalismus, sondern mehr für eine gedankenlose Verleitung vieler Menschen zu einer Modeerscheinung, die schnellstens weltweit gebannt gehört. 

Aus dem Material eines einzigen Turbans lassen sich bis zu 16 gewöhnliche Wintermützen machen - die Turbanpropaganda in der "Zeit", die darauf mit keinem Wort eingeht, verstört umso mehr, als auf das Blatt normalerweise Verlass ist, wenn um Maßnahmen zum Stopp des vorindustriellen Zeitalter bei 1,2 Grad Celsius oder Hinweise auf eine aufmerksamkeitssensible Wahrnehmungsgeschichte der Klimakrise als täglich Warnung im Alltag geht. 

Doch der Rechtsruck zeigt auch hier Spuren: Wenn es um Mode geht, den letzten Großstadtchic und neue Absatzmärkte für die großen Turbanhersteller, zählen Klimagesichtspunkte nicht mehr.



5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wahrnehmungsgeschichte der Klimakrise, Eva Horn
Aufmacher: "Wir müssen uns neu auf der Erde verorten"

Schön, wenn man gleich im ersten Satz den Jargon des Schwätzermilieus 'wahrnehmen' kann. Das merken die ja zum Glück nicht, wie leicht man sie erkennt. Die sind zu blöd dazu.

Amazon: Klima: Eine Wahrnehmungsgeschichte
von Eva Horn

Eine Rezension. Auszug: Als sie den Begriff "Luftverbundenheit" einführt, wird sehr deutlich was Klima auch ist. Ein jeder von uns braucht Luft. Egal ob Schwarze oder Weiße, jeder benötigt Luft.

Der Rezensent mit dem Handle Christian Döring hat in seiner Karriere auf Amazon bisher 43'227 'mag ich' kassiert und teilt keine seiner anderen Rezensionen . Alles klar.

Anonym hat gesagt…

Die Taliban haben gerade den Frauen das sprechen verboten. Den Text gibts bei Apollo. Sprechverbote für Jounalistinnen von der "Zeit", das hätte schon was. Oder von vielen Politikerinnen. Wenn ich es mir so recht überlege, reden Frauen sowieso zu viel.

Anonym hat gesagt…

Nicht v ö l l i g OT m.E.
>> Antiimperialisten gegen Antideutsche <<
Der gute Hadmut zeigt sich hier, nicht zum ersten Mal, als ein ausgesprochener Blitzmerker: Dieser alberne Kasperlekram unter den Roten Khmer für Arme, nichtsdestoweniger saugefährlich, läuft schon seit Anfang der Neunziger.

irgendwer hat gesagt…

Ich vermisse die Vokabel "kulturelle Aneignung".
Und sage eine Wiederauferstehung der Klimabewegung voraus: Turbanträger würden dabei politisch korrekt besudelt werden können, wenn sie sicg das klimaschädliche Kleidungsstück nicht nur aneignen, sondern auch zu tragen wagen.

Anonym hat gesagt…

Ja a propos Kulturscheiß: Darf man also als Biodeutscher jetzt mit Turban rumlaufen, etwa auch zum Fasching? Haben wir nicht ca. 10000 Experten für sowas? Brauche eine Antwort bis zum 11. danke.