Donnerstag, 28. November 2024

Neue EU-Kommission: Säulen der Erde

Eben noch waren es zu viele Männer und viel zu viele Rechte. jetzt aber lobt Kommissionschefin Ursula von der Leyen (M.) euphorisch: "Das Team ist wahrhaft europäisch".

Ganz so schnell schießt Europa nicht. Auch 24 Stunden nach Kür und Wahl der neuen EU-Kommission ist weiter die alte im Dienst, zumindest bis zum 1. Dezember. Auch auf der offiziellen EU-Seite wird die höchste Europäerin Ursula von der Leyen weiterhin begleitet von Frans Timmermans, Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis, drei mächtigen Vizepräsidenten, die deshalb sogar "Exekutiv-Vizepräsidenten" heißen. Timmermanns kümmert sich nebenher fachlich um den Aufgabenbereich "Ein europäischer Grüner Deal", Vestager bereitet "ein Europa für das digitale Zeitalter" vor und Dombrovskis organisiert "eine Wirtschaft im Dienste der Menschen". 

Im kaputten Spruchbeutel


Das sind die offiziellen Bezeichnungen der drei Kommissionsbereiche, quasi europäischen Ministerien. Keine leeren Worte, die in kaputten Spruchbeuteln klingeln. Alles ist todernst gemeint und wird mit so großem Erfolg umgesetzt, dass Ursula von der Leyen nach den Erfolgen der vergangenen Jahre schon zu ihrer erneuten Inthronisierung prächtige neue politische Leitlinien für die Jahre bis 2029 ausrufen konnte.

Als wären die berühmten "6 politischen Prioritäten" ihrer ersten Amtszeit nicht schon schön genug gewesen, beginnt alles von vorn. In den fünf Jahren, seit von der Leyen das europäische Ruder vom greisen Luxemburger Jean-Claude Juncker übernahm, ist alles erreicht worden, wovon 440 Millionen Europäer träumten.440 Millionen Europäer träumten.

Prioritäten und Hauptprioritäten


Der "Schutz der Bürgerinnen und Bürger und der Freiheiten", die "wirksame Kontrolle der EU-Außengrenzen" und die "Weiterentwicklung einer umfassenden Migrationspolitik", die "Entwicklung einer soliden und dynamischen wirtschaftlichen Basis" nebst der "Verwirklichung eines klimaneutralen, grünen, fairen und sozialen Europas" sind umgesetzt. Selbst die Realisierung der "4 Hauptprioritäten", die nicht mit den "6 politischen Prioritäten "verwechselt werden dürfen, ist gut vorangekommen: Die "Förderung der Interessen und Werte Europas in der Welt" hat der Wertegemeinschaft einen ganz neuen Ruf als Vorbild bei allem eingebracht.

Niemand weltweit, der nicht voller Neid auf den europäischen Green Deal schaut und die "Umwandlung der EU in eine moderne, ressourceneffiziente und wettbewerbsfähige Wirtschaft bei gleichzeitiger Erhaltung der natürlichen Umwelt in Europa" bewundert. Kein Volk irgendwo da draußen, das nicht das unter kluger Führung der Kommission entstandene "Europa für das digitale Zeitalter" als Wegweiser für sich selbst sieht. 

Die ganze Menschheit schaut nach Europa, gespannt und begeister von dem, was dort entsteht. In welchem Land wird wohl heut nicht inbrünstig gebetet, auch so eine "Wirtschaft im Dienste der Menschen" geschenkt zu bekommen, die von oben mit einem nie endenden Strom neuer Vorschriften und Regularien für die "Stärkung der EU-Wirtschaft einerseits sowie Sicherung von Arbeitsplätzen, Abbau von Ungleichheiten, Unterstützung von Unternehmen, Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion und Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion andererseits" sorgt?

Nie hatte die EU mehr weniger Gewicht


Allein dieses Beispiel schafft schon "ein stärkeres Europa in der Welt" mit "mehr Gewicht der EU auf der Weltbühne" durch eine "stärkere Profilierung als Vorreiter eines starken, offenen und fairen Handels", auch wenn das große Vorhaben mit dem Mercosur-Abkommen nun wegen gewisser EU-interner Meinungsverschiedenheiten auch nach 25 Jahren Verhandlung wieder nichts wird.

Der von Ursula von der Leyen zu Beginn ihrer ersten Amtszeit angekündigten "Förderung unserer europäischen Lebensweise" steht das nicht im Wege. Den beabsichtigten "neuen Schwung für die Demokratie in Europa" haben bereits die EU-Wahlen im Sommer gebracht. Die italienische "Post-Faschistin" (Spiegel) Georgia Meloni regiert jetzt mit. Es gelang damit auch, die geplante "Stärkung der demokratischen Prozesse in Europa durch eine stärkere Einbeziehung der EU-Bürgerinnen und -Bürger in die Gestaltung der Zukunft der EU" (Von der Leyen) buchstabengetreu umzusetzen.

Zeit für die neue Kommission, scharf umzuschwenken. Zu ihrer Antrittsvorlesung hatte Ursula von der Leyen funkelnagelneue Schwerpunktbereiche mitgebracht, die sie diesmal nicht als "Hauptprioritäten", sondern als "Säulen" bezeichnet. Ganze drei sind es nur, viel mehr kam nicht zusammen, nachdem die alte EU-Kommission Bilanz über das Erreichte gezogen hatte. Offen ist nun nur noch das  "Schließen der Innovationslücke im Vergleich zu den USA und China", ein "gemeinsamer Plan für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit" und die "Verbesserung der Sicherheit Europas und Abbau von Abhängigkeiten". 

Ein Team aus Spaltung


Ein Klacks für eine Kommission, die bis zuletzt umstritten war, weil mehrere rechts- und linkspopulistisch regierte Mitgliedstaaten nicht nur zu wenig Frauen, sondern auch zu viele  spaltende Kandidaten für die ihnen zustehenden Kommissarsposten benannt hatten. Nach fünf Monaten erfolgreicher Hinterzimmergespräche aber steht nun  fest: "Das Team ist wahrhaft europäisch", wie Ursula von der Leyen ihre Truppe aus Unsichtbaren, Unbekannten und Ungewählten   stolz nennt. 

In dieser Kommission seien "verschiedene Nationen und Generationen vertreten" sie bestehe "aus ehemaligen Ministerpräsidenten und Ministern, Bürgermeistern und Gemeindebediensteten. Einige waren CEOs, andere haben für Non-Profit-Organisationen gearbeitet. Manche waren Journalisten oder Unternehmer. Andere sind Biologen oder Physiker. Einige kommen vom Land und aus landwirtschaftlichen Betrieben, andere mitten aus der Großstadt. Die einen haben Kriege erlebt, die anderen den Übergang zur Demokratie." Zusammen gehen jetzt alle daran, ein "100-Tage-Programm" umzusetzen, das kurzerhand für "Bürokratieabbau, Wettbewerbsfähigkeit, Verteidigung und viel mehr" (FAZ) sorgen wird. 

Abrechnung im März


Nach mehr als 1.800 Tagen der ersten Legislaturperiode mit von der Leyen an der Spitze der größten Staaten- und Wertegemeinschaft der Menschheitsgeschichte soll es jetzt richtig schnell gehen. Deutschlandtempo! Schon Anfang März wird abgerechnet. Ursula von der Leyen hat die neuen Säulen fest im Blick: "Verteidigung und Sicherheit, nachhaltiger Wohlstand und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit, Führung in der Welt und greifbare Ergebnisse in Europa" werden ab sofort umgesetzt. Dazu hat die energische 66-Jährige auch angekündigt, einen "strategischen Dialog zur Zukunft der Autoindustrie führen" zu wollen. Ein großer Trost für zehntausende Mitarbeiter bei VW, Ford, Opel, BMW und den anderen Herstellern, die nun sicher sein können, nicht alleingelassen zu werden.

Überall wird schon lange auf ein Signal gewartet, welche "Investitionen in grüne Initiativen zur Verbesserung von Luft- und Wasserqualität" (EU) Brüssel präferiert und wie die "Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft und Erhaltung der Umweltsysteme und der biologischen Vielfalt" genau finanziert werden wird. 

Rettungsplan oder Sondervermögen


Neue Schulden oder ein Sondervermögen für ganz Europa? Ein Rettungsplan wie immer oder eine Mobilisierungstrategie? Fest steht: Die erste Initiative der neuen Kommission wird der Bau eines sogenannten "Kompass für Wettbewerbsfähigkeit" sein, um Europas "Innovationslücke gegenüber den USA und China" (von der Leyen) zu manövrieren, die aufgrund der jahrelangen erfolgreichen Politik der EU von Lissabon-Strategie bis zu "Green Deal"  und Corona-Wiederaufbauplan entstanden ist. 

Ursula von der Leyen kennt da kein Vertun: Jetzt werden Sicherheit und Unabhängigkeit gestärkt und die Dekarbonisierung vorangetrieben, es kommt in Kürze zur Schaffung einer wirksamen Kreislaufwirtschaft, "in der Produkte langlebiger, wiederverwendbar, reparierbar, wiederverwertbar und energieeffizient sind", und zum raschen Aufbau "eines gut funktionierenden EU-Energiemarktes, der nachhaltige, sichere und erschwingliche Energie liefert". Das wird gelingen durch einen "schnelleren Übergang zu erneuerbaren Energien" und mehr "Energieeffizienz bei gleichzeitiger Verringerung der Abhängigkeit der EU von externen Energiequellen". 

Endlich eine "solide Außenpolitik"


Parallel dazu wird die neue, tatendurstige Kommission auch für den "Aufbau einer soliden Außenpolitik auf der Grundlage einer ehrgeizigen Nachbarschaftspolitik mit 16 der engsten östlichen und südlichen Nachbarn und einer umfassenden Partnerschaft mit Afrika" sorgen. Selbstverständlich bleibt es dennoch bei der gewohnten "Förderung von Frieden, Stabilität, Demokratie und Menschenrechten in der Welt" und der "Gewährleistung einer soliden Handelspolitik, die im Einklang mit dem Multilateralismus und der regelbasierten internationalen Ordnung steht". Mehr Verantwortung für Sicherheit und Verteidigung bei gleichzeitiger enger Zusammenarbeit mit der NATO.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

OT
## Walter Gerhartz 28. November 2024 at 12:06
MENSCHENJAGT IN DER UKRAINE – ## --- Sendung mit der Maus - Das war Schwedisch - naja, fast. (jakt)