Die drei Überlebenden aus den besseren Jahren der Linkspartei sollen der SED die weitere Existenz im Bundestag sichern. |
Sie sind alt, haben ihr politischen Leben hinter sich, sind oft gescheitert und zuletzt deutlich abgewählt worden. Und doch sind diese drei Herren aus einer anderen Zeit die einzige Hoffnung der Linkspartei, den eigenen Tod noch einmal zu überleben. Gregor Gysi (76), Bodo Ramelow (68) und Dietmar Bartsch (66) gehören zur letzten Generation, die die Linke noch als Partei erlebt haben, die sich anschickt, Volkspartei zu werden. Das wiedervereinigte Deutschland hätte seinen Marsch zum Sozialismus dann beschleunigt. Vielleicht stünde das Land dann jetzt nicht ohne ordentliche Krankenhaus-, Renten-, Steuer- und Wehrdienstreform da.
Je jünger, desto erfolgloser
Doch die Wähler entschieden anders, und das je mehr gegen die mehrfach umbenannte SED, je jünger und westdeutscher deren Personal und je radikaler und gerechter ihre Pläne zum Staatsumbau wurden. Mittlerweile wankt der Parteiapparat am Rande zum Untergang. Der eher realkonservative Russland-Flügel hat mit seiner Abspaltung zwei Dritter der verbliebenen Wähler mitgenommen. Der ideologisch zwischen grüner als grün und sozialistischer als die frühere DKP oszillierende Rest ist über das Ausmaß des parteiintern erlaubten Antisemitismus, über die Höhe künftig einzutreibender Steuern und selbst über ein grundlinkes Angebot wie das bedingungslose Grundeinkommen leidenschaftlich zerstritten.
Angesichts der ausgerufenen Bundestagswahlen im Februar deuten alle Zeichen darauf, dass das Ende der Partei, die bis heute rechtsidentisch mit der SED ist, schneller kommen könnte als noch vor wenigen Jahren selbst die größten Optimisten gehofft hatten.
Doch da "sind sie aber immer noch" (Oktoberklub): Kurz vor dem Rauswurf aus dem Bundestag treten Gysi, Ramelow und Bartsch an, die Partei, die ihnen so viele Jahre ein so angenehmes Leben ermöglicht hat, vor dem endgültigen Untergang zu retten.
Ausnutzen einer Sonderregel
Augenzwinkernd auf die Art, auf die Gysi sich Sympathien erarbeitet hat, die ihn als Chef jeder anderen Partei zweifelsohne bis ins Kanzleramt hätten tragen können, nennen die drei Rentner ihr Projekt die "Mission Silberlocke". Gezielt will sich die nie um taktische Winkelzüge verlegene kommunistischen Partei eine Sonderregelung zunutze machen, die ursprünglich einmal verhindern sollte, dass die Gleichheit der Wahl verletzt wird.
Die Grundmandatsklausel bestimmt, dass Parteien, die nicht wenigstens fünf Prozent aller Stimmen erhalten haben, dennoch anteilsmäßig mit allen ihren Kandidaten in den Bundestag einziehen, wenn es ihnen gelingt, mindestens drei Direktmandate zu erobern.
Ein einfacher Trick, der der Linkspartei schon mehrfach das Überleben gesichert hat. Zweimal profitierte die Partei von der Sonderregel, 1994 und 2021 schaffte sie es nur mit ihrer Hilfe wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag. Nur bei der Bundestagswahl 2002 misslang das Vorhaben, weil nur zwei PDS-Kandidaten direkt gewählt wurden..
Mit der seit einem Jahrzehnt vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Wahlrechtsreform hatten die Ampelparteien das Schlupfloch für einen Grundmandatswahlkampf in ausgewählten Swing-States schließen wollen.
Klage hat Erfolg
Doch die Linke klagte mit Erfolg gegen die gezielte Schließung des Schlupflochs, das ihre Chancen auf parlamentarische Vertretung vervielfacht, weil es ausreicht, in drei Hochburgen Direktkandidaten durchzubringen, um mit den üblichen 4,9 Prozent Gesamtstimmen eine "starke Linke" (Heidi Reichinnek) im Parlament zu etablieren. Niemand bei der trudelnden und taumelnden ehemaligen DDR-Staatspartei tut überhaupt noch so, als gehe es um etwas anderes als den Zugang zu den Fleischtöpfen des Parlamentarismus durch die Hintertür.
Offensiv werben Gregor Gysi, Dietmar Bartsch und Bodo Ramelow mit dem "Projekt Silberlocke" für den kurzen Weg in den Bundestag: Holen die drei Senioren in ihren ausgesuchten Wahlkreisen drei Direktmandate, ziehen je nach Stimmenanteil der Linkspartei in ihrem Schlepptau 30 bis 50 linke Abgeordnete ins Hohe Haus.
Medien sind begeistert
So war das nie gedacht, aber so wird es gemacht. Deutsche Leitmedien finden die Idee, sich auf diese Weise gezielt an der Fünf-Prozent-Hürde vorbeizuschleichen, überaus sympathisch. Wer würde nicht wollen, dass "linke Ideen" wie höhere Steuern, mehr Umverteilung und "mehr Mobilität bei weniger Verkehr" weiterhin im Parlament vertreten sind? Die "Silberrücken" (Spiegel) bekommen alle Unterstützung beim Vorhaben, die Linkspartei erneut an der Fünf-Prozent-Hürde vorbei zur Bundestagsfraktion zu machen. Im aktuellen ZDF-Politbarometer kommt die Partei derzeit zwar nur noch auf drei Prozent der Stimmen.
Aber ob vier, drei, zwei oder eins spielt letztlich nur für die Anzahl der künftigen Abgeordneten eine Rolle. Schaffen es Gysi in Berlin, Ramelow in Thüringen und Bartsch in Rostock, zusammen etwa 150.000 Stimmen zu holen, wird der Todeskampf der Linkspartei um weitere vier Jahre verlängert.
3 Kommentare:
Ganz amüsant, aber die Linksjugend Solid wäre auch noch als "Kampfreserve der Pachtei" da. Kükenschreddern verbieten, Schwangerschaftsabbruch bis zum letzten Tag vorm Geburtstermin erlauben, und wer schüchterne Einwände dawider erhebt, bekommt den Hammer zu schmecken.
OT "Asylpolitik: Aus Humanität entstand Sozialkriminalität" - PIPI nu wieder. Immer diese ungewollten Fehlentwicklungen, nä.
Wer von alten Säcken und Schabracken gewählt werden möchte, muss eben auch entsprechendes bieten.
...zusammen etwa 150.000 Stimmen zu holen ...
Das dürfte wohl ein Klacks sein. Was gilt's? Hiob 1.11
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