Dienstag, 26. November 2024

Klimagipfel: Gute Gaben für das gute Gewissen

Der globale Süden kennt weder Pfandpflicht noch CO2-Abgabe, was an Müll anfällt, landet oft hinterm Haus, auf dass der Wind es fortträgt.

Wer sie je hat besuchen dürfen, erinnert sich an schiere Schönheit. Der globale Süden, er hat paradiesische Strände, wunderbare dunkle Wälder, unglaubliche Lichtspiele in azurblauem Wasser. Die Temperaturen waren hier gestern schon die von übermorgen, die Menschen laufen leicht bekleidet herum oder im Sonnenvollschutz. Es gibt wilde Tiere und wilde Esel, Flüsse, Seen und Städte, denen häufig noch die Pracht anzusehen ist, die sie in längst vergangenen Zeiten ausgestrahlt haben.

Alles muss gerettet werden


All das ist bedroht, all das muss gerettet werden. Zur COP29-Klimakonferenz in Aserbaidschan, ein Energiepartnerstaat Deutschlands, der im vergangenen Jahr ohne Kriegserklärung in einem seiner Nachbarländer eingefallen war, waren sie deshalb alle herbeigeeilt, die Experten, Engagierten, Regierungsvertreter und undurchsichtig finanzierten Lobbygruppen. Wie immer ging es ums Geld, wie immer um mehr Geld als jemals zuvor und wie immer einigten sich die Beteiligten erst am Ende der Nachspielzeit auf ein Ergebnis, von dem niemand genau sagen kann, was es genau bedeutet.

Und vor allem warum. Statt wie derzeit 100 Milliarden oder wie anfangs angeboten 250 Milliarden, stimmten die Industrieländer des lieben Friedens mit dem sogenannten "globalen Süden" willen letzten Endes zu, 300 Milliarden jährlich zu geben, um den Entwicklungsländern bei der Anpassung an den Klimawandel und bei der Finanzierung von Klimawandelschäden zu helfen. Bis 2030 macht das eine Summe von 1,8 Billionen Dollar, schon 2032 wird mehr Geld aus dem globalen Norden nach Afrika, in die Südsee und nach Südamerika geflossen sein, als Deutschland in 75 Jahren an Schulden angehäuft hat.

Wofür aber genau?


Einzig unklar bleibt nach vielen tausend erregten Medienbeiträgen zu Zank und Geschacher, zum Versagen der COP-Präsidentschaft und zur Enttäuschung der Klimaschützer, zu welchem Zweck die Milliarden eigentlich dienen sollen. Rund 300 Milliarden Entwicklungshilfe im Jahr zahlen die Industriestaaten heute bereits, auf mehr als eine Billion summieren sich die Zahlungen der vergangenen fünf Jahre. Seit dem Beginn der neuerdings als "Entwicklungszusammenarbeit" bezeichneten Zahlungsströme sind Billionen und Aberbillionen geflossen.

"Diese Hilfe erreichte jedoch nicht das gewünschte Ziel",  stellt Marcel Rank in seinem Buch "Sanierungsfall Afrika" fest. Das Bruttoinlandsprodukt in den betroffenen Ländern übersteige "heute kaum das von 1960". Sterbeziffern unterschieden sich "trotz groß angelegter Hilfskampagnen" von früher, schreibt Hubertus Büschel. An der Sitze der Liste der Staaten, die am meisten erhielten, stehen mit Syrien, Äthiopien, Bangladesch, Jemen und Afghanistan vom Krieg verheerte Länder, regiert von korrupten Eliten und religiösen Eiferern, die ihre Staatsbürger mit Terrormethoden in Armut und Unfreiheit halten.

Kein messbarer Beitrag


Zum Fortschritt der Menschheit haben diese Länder seit vielen Jahren nichts beigetragen, auch wenn sich Olaf Scholz und der ihn begleitende Pressetross im vergangenen Jahr in Kenia überzeugen ließen, dass Staaten mit Gelegenheitsstrom die wahren "Vorreiter der Energiewende" sind. 

Weder das Rad noch der Computer und nicht einmal der Gummistiefel wurde hier entwickelt, dafür aber die hohe Kunst der Klimaklage, die die Kolonialismusklage fugenlos abgelöst hat. Der globale Süden, wie er heute gern genannt werden will, war immer ein Anhänger, gezogen vom globalen Norden, der an allem schuld ist: Erst am Versuch, Kolonien auszubeuten. Dann, nach der Erkenntnis, dass der Aufwand den Nutzen nicht lohnt, daran, die nunmehr freien Staaten alleingelassen zu haben.

Neuer Zahlungsgrund

 
Kaum 400 Jahre nach dem ersten Versuchen, sich die Paradiese der Erde untertan zu machen, und 50 nach dem Ende des Versuchs - abgesehen von einigen Überseegebieten, die man sich hält -  sind Forderungen nach mehr Geld der Kleber, den globalen Süden zusammenhält. Nur so, davon sind nicht nur die Armen, sondern auch die Reichen überzeugt, kann es besser werden. 

Denn sich allein regieren, sich allein gegen die absehbaren Folgen der Klimaerwärmung zur Wehr setzen, das werden weder Tuvalu  noch Gardi Subdug oder die anderen Staaten können, die in Baku von einer  "Gruppe afrikanischer Unterhändler" (Tagesschau) ohne Adresse und Landesvorwahl vertreten wurden.

Mehr, so legen es alle Informationen nahe, hilft mehr. Und noch mehr könnte reichen, die Schienen, die Straßen, die zerrütteten Verwaltungsstrukturen, die Korruption und die malade öffentliche Infrastruktur zukunftsfest zu machen und die traurigen fossilen Wirtschaften klimagerecht zu transformieren. Eine Lektion, die die Länder des globalen Südens vom Umgang der EU mit den großen amerikanischen Hightech-Konzerten gelernt haben: Hast Du selbst keine, kannst Du die, die welche haben, für den Mangel Ablass zahlen lassen.

Anspruch auf Krücken und Rollstuhl


Wer selbst nicht laufen kann, hat Anspruch darauf, dass ihm Krücken und notfalls ein Rollstuhl bezahlt werden. "Klimaschadensausgleich" und "Klimavorsorge" sind die Krücken und Rollstühle für Südsee- und Karibikinseln, die weder Pfandpflicht noch CO2-Abgabe kennen, für Staaten in Afrika, in denen es guter Brauch ist, jeden fetzen Plastikmüll hinterm Haus abzuwerfen, auf dass der Wind oder die nächste Flut den lästigen Kram aus den Augen und aus dem Sinn befördern. 

Ölstaaten wie Bolivien, das kommunistische Großgefängnis Kuba, Brasilien, das Bauxit und Gold noch immer mit Hilfe von Quecksilber fördert, und Indien, dessen "Umweltgesetzgebung der Bevölkerungsentwicklung hinterherhinken" (Bundeszentrale für politische Bildung), sie warten alle auf die rettenden Zahlungen aus dem Norden. 

300 Milliarden sind "zu wenig und zu spät", die Vertreterin Nigerias nannte die Summe gar  einen "Witz" und eine "Beleidigung". Weil ihre Regierung in Abuja natürlich ohne ausreichend Geld aus Washington, Berlin, Paris und Stockholm weiterhin nichts gegen die vielen illegalen Ölraffinerien im Land tun kann, deren einheimische Betreiber gestohlenes Erdöl auf archaische Weise zu Benzin und Diesel verkochen.



2 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

Bei den besten deutschen Umweltschützern aller Zeiten geht es zu wie in Afrika.

https://x.com/MonikaGruber24/status/1860758170311995640

„Umweltschützer“ verlassen nach Räumung des Tesla-Camps den Wald so, wie sie wahrscheinlich zu Hause leben….

Anonym hat gesagt…

Die Milliarden landen irgendwann wieder bei uns. Das liegt dann eben bloß auf den Konten von anderen. Ist ja nicht so, dass die da in ihren Binnenwirtschaften solche Mengen an Geld zirkulieren könnten.