Montag, 28. Oktober 2024

Methode Trump: Georgiens gestohlene Wahl

Demonstrativ vor einer EU-Fahne: Wie US-Präsident Donald Trump 2020 will Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili die gestohlene Wahl nicht anerkennen.

Es ist die Wiederauflage der "Big Lie", deutsch "Große Lüge", jener Verschwörungserzählung des damals noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump, dem viele weitere Republikaner bis heute beistehen bei seiner Behauptung von der angeblich gestohlenen Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten 2020. Diesmal ist es die georgische Präsidentin Salome Surabischwili, die das von der Wahlkommission des Landes verkündete Ergebnis nicht anerkennen will.  

Die "gestohlene Wahl"

Aus dem Amt heraus hat die in Paris geborene Tochter einer nach der Februarrevolution 1917 vor der sowjetrussischen Roten Armee nach Frankreich geflohenen georgischen Adelsfamilie zu Protesten gegen das amtliche Wahlergebnis aufgerufen. 

Demonstrativ vor einer EU-Fahne stehend, sprach Surabischwili davon, dass die Demokraten in Georgien "Zeugen und Opfer einer russischen Spezialoperation" geworden seien. Der Oppositionspolitiker Nika Gwaramia zitierte Trump wörtlich, indem er von einer "gestohlenen Wahl" sprach. Die Abstimmung sei, auch diese Argumentation ist aus den USA bekannt, "nach einem komplizierten technologischen Schema gefälscht worden". Details nannte er nicht.

Hilfe kommt aus Brüssel und Straßburg: Auch die Wahlbeobachter von OSZE und EU, die die Stimmabgabe in der früheren Sowjetrepublik beaufsichtigt hatten, zweifeln die offiziell gezählten 54,8 Prozent der Wählerstimmen für die Regierungspartei Georgischen Traum an. Zögern allerdings noch damit, dem proeuropäischen Oppositionsbündnis, das offiziell auf 37,58 Prozent kam, den Wahlsieg direkt zuzusprechen. Stattdessen werden Zweifel geschürt, um der bisherigen Regierungspartei ihre komfortable Mehrheit abzusprechen.

Die Methode Trump

Die Methode Trump, bekannt aus den Monaten nach der US-Wahl 2020, sie wird in Tiflis angewendet, um das zwischen Russland und der EU  hin- und hergerissene Land nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Mit Schlagzeilen über ein "Ergebnis voller Zweifel" und Zitaten von Surabischwili, die von einer "totalen Fälschung" spricht, ohne Belege vorzulegen, besorgen selbst öffentlich-rechtliche Sender das Geschäft des Kreml. Dessen Macht wird als nahezu grenzenlos beschrieben. Putin habe den gesamten Wahltag bei EU-Aufnahmekandidaten "durchorchestriert". Das ZDF berichtet offenbar vom Hörensagen über Videos, die "zeigen, wie Wähler mehrere Zettel in die jüngst für diese Wahl eingeführten Wahlcomputer legen".

Auf gleiche Weise hatte Donald Trump vor vier Jahren versucht, Zweifel am Wahlsieg seines Gegenkandidaten Joe Biden zu wecken. Wie Surabaschwili schürte Trump ohne Belege zu liefern Spekulationen über angeblichen Wahlbetrug, die erst durch einen Faktencheck des auf Online-Lügen spezialisierten Portals Correctiv widerlegt werden konnten. Den abgewählten Präsidenten vermochte das nicht zu stoppen. 

Gefüttert mit Parolen

Über Monate fütterte er seinen Anhang daraufhin mit Parolen über die "gestohlene Wahl" und die große Lüge. Im Januar 2021 führte die Scharfmacherei schließlich zum Sturm auf das Capitol. Ein versuchter Staatsstreich Trumps, mit dem die Angreifer des Wahlverlierers den Senat und das Repräsentantenhaus an der förmlichen Bestätigung des Sieges von Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl 2020 zu hindern versuchten, um Trump verfassungswidrig zur Fortsetzung seiner vielkritisierten Präsidentschaft zu verhelfen.

Der Kapitolsturm hatte sein Vorbild in Deutschland, wo Impfgegner, Schwurbler und Quer-Anhänger im Sommer 2020 unter Führung einer Heilpraktikerin aus der Eifel versucht hatten, den Reichstag zu stürmen. Die demokratischen Kräfte aber setzten sich durch, der Staatsstreich misslang. Doch was blieb, waren Zweifel am demokratischen Verfahren: Trump hatte sich in der Wahlnacht als erster zum Wahlsieger erklärt, erst später drehten Briefwahlstimmen das Ergebnis, so dass bei den Trump-Wählern der Eindruck entstand, ihnen sei etwas weggenommen worden, was ihnen schon längst gehörte.

Früh verkündeter Sieg

Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili nutzt denselben Trick. Schon zehn Minuten nach Schließung der Wahllokale verkündete sie auf X, dass das "europäische Georgien trotz Wahlfälschungsversuchen und ohne Stimmen aus der Diaspora mit 52 Prozent der Stimmen" gewonnen habe. Nach den offiziell verkündeten Ergebnissen der staatlichen Wahlkommission waren es dann nur schmale 37 Prozent, obwohl es gleich vier Oppositionsbündnisse namens "Koalition für Wandel", "Einheit – Nationalbewegung", "Starkes Georgien" und "Für Georgien" gegeben hatte.

Wie wahrscheinlich es, dass dennoch eine von einem "Dollarmilliardär", der in "Moskau reich geworden ist" geführte Partei siegt? Zum zweiten Mal sogar schon? Surabischwili, eine Schülerin des großen Weltstrategen Zbigniew Brzeziński ("Die einzige Weltmacht") nennt großangelegte Fälschungen als Grund und ruft nun zu Protesten auf.  "Ich erkenne diese Wahl nicht an", sagte die 2018  mit der Unterstützung der Milliardärspartei Georgischer Traum ins Amt gewählte 72-Jährige. Täte sie es, sei das gleichbedeutend damit, "die russische Übernahme Georgiens anzuerkennen".


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