Freitag, 25. Oktober 2024

Letzter Trumpf gegen Trump: Hitler hilf!

Eben noch gezielt lancierte Fake News, schon wahr: Der Hitler-Vergleich als letzte Patrone in jedem Gefecht darf auch im US-Wahlkampf nicht fehlen.

Es musste so kommen, denn ehe nicht die dicke Frau gesungen hat, geht kein großes Stück zu Ende. Godwin’s Law, in der Frühzeit des Internets von Mike Godwin entdeckt und beschrieben, will es so: Je länger ein Streit dauert, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Nazi-Vergleich auftaucht. Und Schuberts Law, erst Anfang der 2020er Jahre vom am Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgischen Warin beschäftigten Hassforscher Heribert Schubert experimentell bewiesen, hat das auf politische Auseinandersetzungen übertragen. 

So lange in einer Auseinandersetzung nicht jemand "Hitler" genannt oder wenigstens einmal ordentlich mit Goebbels verglichen wurde, kann kein Wahlkampf beendet werden. Und so lange der Holocaust nicht gegen den politischen Gegner in Stellung gebracht wurde, verlässt niemand den Saal.

Tier, Pflanze oder üble Naturgewalt

Kein deutsches, sondern ein internationales Phänomen. Zuerst erfolgen die Verweise in der Regel satirisch getarnt. Es gibt entsprechende Karikaturen, die sich an historischen Vorbildern orientieren. Das Böse wird ironisiert, der Teufel entmenschlicht und als Tier, Pflanze oder allesvernichtende Naturgewalt dargestellt. Je größer aber die Angst wird, eine Wahl vielleicht nur zu verlieren, weil man nicht auch das allerletzte, schmutzigste und verwerflichste Mittel in den Kampf geworfen hat, umso mehr wächst die Bereitschaft, die inhaltliche Ebene vollkommen zu verlassen und Hitler, Himmler und Holocaust zu instrumentalisieren, um dringend notwendige Punkte zu machen. 

Im aktuellen US-Wahlkampf ist diese Erscheinung im Augenblick hell leuchtend am Medienhimmel zu beobachten. Gerade noch hatte ein Spaßvogel einen Enthüllungsartikel über Donald Trump, in dem der frühere Präsident mit Elon Musk verglichen worden war, auf die Spitze getrieben und den bis dahin noch fehlenden Hitler-Vergleich satirisch vorempfunden. Und nur wenige Stunden später war es so weit: "The Atlantic" hatte nun selbst einen Hitler-Vergleich parat. Aus der These der jüngsten deutschen Friedensbuchpreisgewinnerin, dass Trump nicht nur rede wie Hitler, sondern gleich auch noch wie Stalin und Mussolini, wurde Gewissheit, als Kamala Harris auf Nachfrage klarstellte, dass sie Trump für einen Faschisten halte.

Der Holocaust muss helfen

Der Tiefpunkt eines an inhaltlichen Höhepunkten wahrlich armen Wahlkampfes war damit erreicht. Seit Monaten schon zieht Donald Trump um die Häuser, um seine Überraschungsgegnerin als Kommunistin zu brandmarken, obwohl Harris nach deutschen Maßstäben Schwierigkeiten hätte, um ein SPD-Ausschlussverfahren herumzukommen. Die Demokratin, die ihre Felle davonschwimmen sieht, keilt nun mit dem in der Regel wirksameren Faschismusvorwurf zurück. Die Vorlage hatte Trumps ehemalige Stabschefs geliefert, der Trump bescheinigt hatte, "alle Kriterien eines Faschisten" zu erfüllen, obwohl diese von der Wissenschaft bis heute nicht umfassend beschrieben werden konnten. 

Das macht aber nicht, das merkt keiner.  Trump habe sich "Hitlers Generale" gewünscht, aber selbst die, die Adenauer damals hatte, sind nun zu alt. Hitler habe auch gesagt, dass "Hitler auch einige gute Dinge getan" habe. Ein Satz, der sich 17 Jahre nach Eva Hermans "Autobahn"-Auftritt bei Johannes B. Kerner gut als "Schwärmerei" (n-tv) übersetzt werden darf. 

Kamalas Nazi-Karte

Joe Biden, als er noch der beste Kandidat war, der Trump noch einmal würde schlagen können, hatte es im Frühjahr schon mit der Nazi-Karte versucht. Nachdem Trumps Kampagne das Wort "Reich" verwendet hatte, war der mächtigste Mann der Welt seinem Konkurrenten die Verwendung von "Nazi-Sprache" vor. Ohne Erfolg allerdings, selbst wohlmeinende Rechercheure kamen nicht umhin, den Ursprung des Begriffs in einem Wikipedia-Artikel über das Deutsche Reich Bismarcks zu finden.

Mit der Nazi-Karte zieht nun auch Kamala Harris den letzten Trumpf gegen Trump. Sticht der braune Joker nicht, der zuletzt in Thüringen und Sachsen schon versagte, dann kommt es vielleicht zum Allerschlimmsten: Die "kriselnde" (DPA) deutsche Wirtschaft bekommt einen neuen Erzfeind, der neue Mann im Weißen Haus wird Deutschland "Milliarden kosten" und die Ampel-Regierung und Berlin muss die Hoffnung fahren lassen, dass Amerika der früheren Wirtschaftslokomotive aus Liebe zum Verbündeten aus dem Dreck zieht.


5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die wollen weniger Trump diffamieren als dass sie hoffen, dass jemand Geschichte spielt und Hitler diesesmal verhindert. Sie haben damit eine Zielscheibe auf ihn gemalt. Hat ja fast schon geklappt, mehr als einmal, einmal haarscharf.

The Atlantic
“I need the kind of generals that Hitler had,” Trump said in a private conversation in the White House, according to two people who heard him say this.

Scheißegal, Hauptsache 'Hitler' steht in der Schlagzeile. Und die beschweren sich dann über Fakenews.
https://www.theatlantic.com/press-releases/archive/2024/10/atlantic-fake-headline-trump-hitler/680341/

Anonym hat gesagt…

Hmmm, als wenn der Mann, der in seiner Präsidentschaft der UNRWA die Mittel gestrichen und die Sanktionen gegen den Iran wieder aufgenommen hat und in dessen Amtszeit 4 Annäherungsabkommen zwischen islamischen Staaten und dem einzigen jüdischen Staat der Welt unterzeichnet wurden, Hitler ist: Was ist denn dann der Mann, der der UNRWA wieder Mittel zuschanzt und in dessen Amtszeit der größte Massenmord an Juden seit 1945 begangen wurde? Megahitler? Ultrahitler?

ppq-Leser hat gesagt…

@anonym2 Es geht hier nicht um Inhalte, sondern um Emotionen, und Hitler ist das ultimative Böse in der westlichen Welt, aber nicht nur da, auch Putin greift gerne darauf zurück. Nur zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Wahl so ein Geschütz aufzufahren wirkt lächerlich und hilflos.

ppq hat gesagt…

passend war ja auch die ehemals junge frau, die sich zufällig gerade jetzt an ein begrapschtwerden durch trump im jahr 1991 erinnerte.

Anonym hat gesagt…

Beim guten alten Dikigoros:
>> in dem Hitler ein Schlüsselerlebnis für sein Verhältnis zur Politik und zu den Politikern beschreibt: Ein "demokratischer" Wahlredner faselt irgendwelches dummes Zeug daher. Als jemand aus dem Publikum das in Frage zu stellen wagt, zieht er einen Zettel aus der Tasche und sagt: "Nach den mir vorliegenden Statistiken..." Nach der erfolgreichen Rede fragt Hitler ihn, woher er denn diese Statistiken habe. "Ich habe gar keine Statistiken," meint der Wahlredner treuherzig, "das habe ich mir alles frei ausgedacht." <<