Mittwoch, 16. Oktober 2024

Die Abgestumpften: Müde Medien im heiligen Krieg

Selten nur erreichen die Warnungen vor Trump noch die existenzielle Dringlichkeit, mit der Medienkonsumenten in Deutschland früher vor dem Präsidentschaftskandidaten bewahrt werden sollten.

Es ist ein Bild aus der Umsturzhölle, eine Grafik, die alle aufrechten Demokraten aufrütteln müsste. Zu sehen ist ein Prozess der Abstumpfung, eine über Jahre anhaltende Gewöhnung, die droht, Bürgerinnen und Bürger über die Gefahren hinwegzutäuschen, die dem demokratischen Westen drohen, sollte es dem früheren US-Präsidenten Donald Trump gelingen, zum zweiten Mal in Weiße Haus einzuziehen.

Vergeblicher Kampf

Im Kampf gegen Trump fehlt die Leidenschaft.

Das erste Mal war eine Überraschung, begünstigt durch ein gerüttelt' Maß an Unachtsamkeit. Zwar waren die deutschen Medien früh auf die Bedrohung aufmerksam geworden. Doch alle Warnungen in "Spiegel", "SZ", Taz und den öffentlich-rechtlichen Abspielanstalten fruchteten nicht. Die Amerikaner wählten den Demiurgen, der aufgrund seiner extremen Positionen hierzulande Mühe hätte, ein Parteiausschlussverfahren aus der AfD zu vermeiden. 

Dass die Ruder der medialen Dickschiffe doch noch bis ins Wasser reichen, zeigte sich bei Trumps Versuch, sich nach dem Ende seiner allgemein als desaströs eingeschätzten ersten Amtszeit zum zweiten Mal zum Präsidenten machen zu lassen. Dank der Anstrengungen aller gelang es, das Vorhaben zu torpedieren: Trump, deutschen Medienkonsumenten als Weltenfresser, Kriegstreiber und enger Freund der schlimmsten Diktaturen bekannt, scheiterte. Statt seiner zog Joe Biden ins Weiße Haus ein. Einer von uns, sagten sie im politischen Berlin.

Biden war kein Heiland

Nicht alle Wünsche erfüllte der neue Mann in Washington. Joe Biden hatte viel mit sich selbst zu tun, seine Popularität erreichte nie die seines früheren Chefs Barack Obama, der in Deutschland als eine Art Heiland verehrt worden war. Aber besser als nichts. Mit dem Wechsel im weißen Haus schwand das deutsche Medieninteresse an den Vereinigten Staaten

Trump hatte zwar kein Amt mehr, aber wenn doch noch mal ein ARD-Korrespondent oder ein "Spiegel"-Reporter aus der "gespaltenen Nation" (Spiegel) berichtete, dann ging es in der Regel um einen Prozess gegen den Ex. Und nicht um Biden oder irgendein anderes Thema.

Sicher schien allerdings, dass der Kampf gegen das Böse zu gegebener Zeit wieder aufgenommen würde. Legende sind die Tage, als das Magazin "Der Spiegel" Wählerinnen und Wähler mit einem täglichen Trump-Newsletter über die Schweinereien des Kartoffelmannes (Karl Doemens) informiert und "Tagesschau" wie "Heute" sich mehrfach in der Woche im Brustton der Empörung über halbe Sätze Trumps hermachten.

Die Machtergreifung des Milliardärs

Ziel war es erst, vor einer Machtergreifung des "Milliardärs" (Taz) zu warnen, denn die würde die amerikanische Demokratie zerstören. Vier Jahre später galt dann als ausgemacht, dass eine Fortsetzung der Präsidentschaft Trump die Demokratie zerstören würde. Diesmal kam es nicht dazu, weil alle demokratischen Kräfte zusammenstanden, auch die Briefwähler. Aktuell nun droht ein Comeback des Mannes, den sie den "Irren" (FR) nannten und als "Hassprediger" (Steinmeier) brandmarkten.

Doch es kommt kein Schaum mehr aus dem Spülwasser. Seltsam lau verläuft die Mobilisierung gegen die "Angstmaschine" (Die Zeit), die in ihren fürchterlichsten Tagen kurz davor stand, den Hitlervergleich zu gewinnen. Es mangelt an Warnungen, es mangelt an Enthüllungen. 

Der "Spiegel", der Donald Trump in der Ära Brinkbäumer in kürzester Zeit zum Menschen mit den meisten Coverbildern gemacht hatte, spart auffallend. Erst dreimal zierte der "Diktator" (Spiegel) in diesem Jahr das Titelbild. Das letzte Mal im Juli, als stünde nicht das Schicksal des Westens auf dem Spiel. 

Abgestumpftes Pflichtprogramm

Abgestumpft wird nurmehr ein Pflichtprogramm abgespult. Natürlich, die Hetze ist weiter da, die Unterstellungen, aus denen ganze "Tagesschau"-Beiträge gestrickt sind. Niemals würde sich ein deutsches Medium dazu herablassen, den deutschen Lesern und Zuschauern auch nur Auszüge aus Trumps Wahlprogramm mitzuteilen. Zu groß ist die Furcht, dass Versprechen wie "die Grenze abriegeln und die Migranteninvasion stoppen", "die größte Abschiebeaktion der amerikanischen Geschichte durchführen" und "die Inflation beenden und Amerika wieder erschwinglich machen" auf Zustimmung stoßen könnten.

Die Leidenschaft ist weg, die großen Kämpfer der Trump-Kriege sind müde geworden. Ähnlich lau und lasch wie sie den überaus gebrechlichen Amtsinhaber Joe Biden gegen den Vorwurf in Schutz nahmen, überaus gebrechlich zu sein und keine weiteren vier Jahre amtsfähig, schießen sie gegen Trump. Er solle mit Putin telefoniert haben.

Er habe Musik abgespielt. Er habe dies gesagt und jenes gemeint und er werde bald alle einsperren. Der Tonfall der Vorträge über Richtig und Falsch ist noch Originalsound. Entsetzt. Erbost. Warnend. Doch nicht einmal die bevorstehende "totale Zerstörung des Staates" und der Traum von "Trumps Milliardäre" von einer "rechten Tech-Diktatur" vermag noch richtige Angst zu schüren.

Keine heiligen Kriege

Doch die emotionsgetriebene Emphase, die die frühen Feldzüge gegen eine falsche Wahlentscheidung der Amerikaner zu Heiligen Kriegen machte, sie tauchte nur kurz auf. Als Biden von seiner Partei gezwungen wurde, Kamala Harris zu seiner Nachfolgerin zu erklären, war es Liebe auf den ersten Blick: Schwarz, indisch, Frau, Demokratin und Trumps Gegenkandidatin. Besser konnte es nicht kommen.

Der Honeymoon aber dauert nur wenige Wochen, dann stellte sich heraus, dass Harris' große Kompetenz wirklich unter denen war, die das ZDF gleich bei ihrer Inthronisierung gefeiert hatte. "Nicht weiß", aber sehr schweigsam. Bis heute weiß niemand, welche Politik die 59-Jährige betreiben wird, sollte sie die Wahl gewinnen. Vorsichtshalber fragt aber auch niemand, denn die Gefahr ist groß, dass auch Harris keine SPD-Positionen beziehen wird und ihre Interpretation von grüner Wirtschaftswende sich fundamental von der der deutschen Grünen unterscheidet.

Amerikanisches Rot

Was wäre dann? Dürfte man die Kandidatin Europas dann noch gut finden? Eine Frau, die nach langem Zuschauen beim Zustrom an der Grenze im Wahlkampf für "strenge Regeln" eintritt, womit sie nicht meint, das "kaputte Einwanderungssystem"(Harris) nach europäischem Vorbild zu humanisieren. Sondern das Asylrecht einzuschränken und die Schotten dichter zu machen.

Für wen könnte Deutschland sein, wenn sich herausstellte, dass Kamala Harris' Partei nach hiesigen Maßstäben nicht den Grünen und nicht der SPD, ja, nicht der CDU als derzeit größter linker Kraft entspricht. Sondern einer Kraft aus dem Narrensaum des rechten Randes, der sich wie ein Möbiusband so weit nach links erstreckt, dass das Bündnis Sahra Wagenknecht kein Problem hätte, die nach deutschen Maßstäben Superreiche aufzunehmen.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Achgut hat die echten und behaupteten Attentate auf Trump gezählt. Das ist offensichtlich Plan C, nachdem Plan B (K. Harris) grad in Flammen aufgeht.

Anonym hat gesagt…

Nun ja - es funktioniert aber! Beschrieb schon der Orwell Schorsch. Den Leuten kann man den größten Mumpitz unterjubeln, und tags darauf das genaue Gegenteil.
Ich neige übrigens der Ansicht zu, dass im großen und ganzen alles nach Plan läuft.
Da tut nix verbrennen.

Anonym hat gesagt…

Pipi nun wieder. "Die gescheiterte Energiewende" - Quark, da ist nichts "gescheitert"! Es läuft bestens, natürlich nicht für uns.

ppq hat gesagt…

so lange nicht der letzte briefwahlumschlag ausgezählt ist, geht da nix in flammen auf