Beim ersten IVI-Kongress fanden sich im abgehängten Mecklenburg mehrere Hundert Betroffene ein. |
Janka Seifert ist unzufrieden gewesen. "Mir war das zu widersprüchlich", sagt sie. Auf der einen Seite gebe es gerade in den Medien ein bunt gemaltes Bild, die Bundesregierung beschäftige neben 43 anderen auch einen Queer-Beauftragten, zudem dürfe nun sogar eine nicht-binäre Person den Eurovision Song Contest gewinnen, nicht mehr nur ein als Frau verkleideter Mann.
Ausgrenzung wegen falscher Ideologie
"In Berlin demonstrierten die Antisemiten, in Hamburg die Fans des Kalifats", sagt sie mit Blick auf den Anfang des Jahres. Auf der anderen Seite aber schließe die Gesellschaft eine große Gruppe an Menschen wegen ihrer Überzeugungen aus - kaum äußere sich jemand rechts, habe man für ihn nur noch Ablehnung übrig, Verachtung und gesellschaftliche Ächtung.
Die junge Frau aus Karlsruhe wollte das nicht länger hinnehmen. Seifert verweist auf die Leipziger Autoritarismus-Studie, wonach jeder dritte Mann und jede fünfte Frau im Land ein Anti-Gender-Weltbild habe und die Jugend immer weiter nach rechts rutsche. "Wir können all diese Menschen doch nicht allein lassen", warnt sie davor, sich nur noch auf den Teil der Jugend zu konzentrieren, der selbst queer lebt, in einer Großstadt wohnt und mindestens ein Auslandsjahr an einer berühmten Universität absolviert habe.
Im falschen Glauben
Janka Seifert kennt selbst das Gefühl, sich im falschen Glauben zu fühlen. Lange war auch sie überzeugt von der Existenz des Weihnachtsmanns, immer wieder beantworteten Vertrauenspersonen ihre Fragen danach mit beruhigenden Worten. Seifert blieb so treu im Glauben, bis sie acht Jahre alt war. Der Schock, dann in eine völlig neue Realität geworfen zu werden, sitzt bis heute tief. "Mein Urvertrauen war weg", sagt sie, "und irgendwie ist es nie zurückgekommen".
Die Familie spiele dabei eine große Rolle. "Meine Großeltern waren Ostdeutsche, wenn sie uns früher besuchen kamen, hat man ihnen das auch angesehen." Sie selbst habe Opa Klaus und Oma Anne deshalb nie verurteilt. "Aber ich hätte mir gewünscht, dass man sie besser integriert."
Eine Aufgabe, die sich die Absolventin der Europäischen Universität Malchow selbst übergeholfen hat, motiviert von keinem Geringeren als Stephan Harbarth, dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, der sich für die Meinungsfreiheit aller ausgesprochen hatte, als er festlegte: "Rechtlich gesehen darf man in Deutschland sehr viel sagen".
Eine Aufforderung
Janka Seifert hörte eine Aufforderung. "Für mich hieß das, nicht nur jammern, sondern selbst initiativ werden." Nicht jeder Rechte sei mit seinen ideologischen Überzeugungen zufrieden oder fühle sich in seiner politischen Orientierung wohl. "Viele warten auf Hilfe von außen, aber die kommt nicht." Janka Seifert aber will sie geben: "Für mich ist der Umgang mit ideologischer und politischer Vielfalt eine große Rolle, ich genieße es, Menschen zu helfen, die die Hilfe dringend brauchen." Doch weder in der Schule noch in Unternehmen oder im politischen Raum spiele der integrative Gedanke eine Rolle.
Seifert hat daraus ein Geschäftsmodell gemacht, und für den Anfang, sagt sie, laufe es ganz gut. Seit sieben Monaten ist sie Chefin ihres selbst gegründeten Instituts für Vielfalt und Inklusion, kurz IVI, ein Projekt, das vom Europäischen Wiederaufbaufonds unterstützt wird und Förderung durch ein Exit-Gründungsstipendium des Bundeswirtschaftsministeriums erhalten hat.
Spezialisiert hat sich die studierte Sozialarbeiterin auf eine Konversionstherapie (von lateinisch conversio‚ Umwendung, Umkehr), die dort ansetzt, wo Menschen von Medien, Politikern und Gefährderansprachen nicht mehr erreicht werden. "Unsere Reparativtherapie hat das Ziel, eine Abnahme von rechten Neigungen und die Entwicklung toleranter und vielfältiger Potenziale zu ermöglichen." Das Ziel sei die vollständige Vielfalt für alle.
Reorientierung für rechte
Für Patienten mit Konflikten bezüglich ihrer Einstellung zur offenen, vielfältigen und klimaneutralen Gesellschaft sei eine solche Reorientierungstherapie ideal, fasst sie ihre bisherigen Erfahrungen zusammen. "Oft handelt es sich selbst bei verstockten Rechten nur um eine psychologische Fehlentwicklung, die geheilt werden kann." Mit dem IVI hat es sich Janka Seifert aber nicht nur zur Aufgabe gemacht, selbst Patienten aus der rechten Ecke zu holen. Sie arbeitet auch an Lehr- und Bildungsmaterialien, die es ermöglichen, das IVI-Konzept im Franchise zu übernehmen. Es sei ihr Traum, an allen Enden des Landes Fachtherapeuten für sogenannte klinische Rechtsabweichungen (Deviationes legales) greifbar zu haben. "Kein Betroffener sollte länger als zehn Minuten zu einem Reorientierungsexperten fahren müssen, möglichst mit dem ÖPNV."
Die Jungunternehmerin ist dabei ganz entschieden, nicht tolerant. Gesellschaftlich sei es wichtig, Millionen zurückzuholen in die Mitte, eine Mammutaufgabe, für die zumindest in der Startphase vom Bund Mittel für Sachausgaben, Coaching und für die Miete eines kleinen, aber recht hübschen Schlosses im ländlichen Mecklenburg erhält, in dem auch der erste IVI-Kongress stattfand. Sehr erfolgreich, sagt Janka Seifert über die Veranstaltung mit etlichen Betroffenen, Geheilten, Fachdozenten und Interessenten an einer Übernahme ihrer Reparativtherapie. "Es zahlt sich jetzt aus, dass die Förderung es mir ermöglicht, nicht noch nebenbei arbeiten gehen zu müssen, so dass ich mich ganz auf die Firma konzentrieren kann."
Mit bildstarken Broschüren
Wichtig sei es jetzt, betriebswirtschaftlich zu denken, Marketing zu betreiben und Geschäftspartner zu gewinnen. Seifert zeigt das Pilotmaterial, das an Schulen verteilt werden soll, bunte, bildstarke Broschüren, die zeigen, dass es ein Zurück für jeden gibt, auch wenn er mal falsch gewählt oder eine verkehrte Ansicht für richtig gehalten hat. Neben der Behandlung von Menschen, die im falschen Glauben oder im Glauben an eine falsche Ideologie leben, sollen in der Praxis auch diese aufrüttelnden Bildungsmaterialien Geld in die Kasse bringen. "Dazu werden wir Schulungen und Vorträge anbieten und auch Beratungen, etwa wenn sich etwa Schulen und Unternehmen so aufstellen können, dass rechte, für Rechtspopulismus anfällige oder gar schon nach ganz rechts weggerutschte Menschen nicht aufgegeben werden."
Das "Inklusiv" im Namen ihrer Firma sei ernstgemeint, sagt Janka Seifert. "Meist meint die Verwendung dieses Adjektivs ja, dass alle, die nicht zu einer bestimmten homogenen Gruppe gehören, ausgeschlossen sind." Inklusive Schulen beispielsweise stünden nur Jüngeren offen, inklusive Begegnungsstätten seien häufig für Arme und Armutsgefährdende gedacht, nicht für die hart arbeitende Mitte. Die Realität am IVI sei nicht so: "Unser Bildungsmaterial soll für ein möglichst breites Publikum zugänglich sein und unsere Therapieangebote richten sich auch an Menschen, die auch nach vielen Jahren im braunen Sumpf keine Zweifel spüren, dass ihr Weg der richtige ist."
Zeichen des gesellschaftlichen Wandels
Im Zeichen des gesellschaftlichen Wandels ist die Reparativtherapie auch remote möglich, also als Heimanwendung buchbar. "Die Nutzung neuer Technologien gehört zu unserer DNA", sagt Janka Seifert stolz. Es sei aus ihrer Sicht unerlässlich, "die Aufklärung über Rechtsrutsch, Rechtsdrall und die rechtspopulistische Mode gerade unter Jüngeren multimedial anzugehen."
Nur allzu häufig werde bei der Betrachtung des Problems von Politikern und Medienarbeitern ein Negativbild bezeichnet, das von rechten Tendenzen befallene Personen komplett als Menschen abwerte. "Es geht dann vor allem um Nazigewalt, Remigration und das Festhalten an traditionellen Lebensweisen mit Fleisch, Verbrenner und Alkohol." Schnelle Urteile, die kaum weiterhülfen. "Wir müssen versuchen, die ganze Vielfalt dieser uns so fremden Welt der Mitbürgerinnen und Mitbürger zu zeigen, die im falschen Glauben und im Glauben an eine falsche Ideologie leben." Diejenigen, die noch heilbar seien, zurückzuholen, könne nur so gelingen: "Unsere Reorientierungstherapien sind kein Wundermittel, sie brauchen die gesellschaftliche Akzeptanz für die Geheilten, um wirklich wirken zu können."
1 Kommentar:
Büschen OT
Bei Michael Klein tobt sich die Spackosphäre in etwas schräger Rechtschreibung aus:
>> baueranton on September 17, 2024 at 1:14 pm Antworten
Der Klimawandel ist sehr wohl Mensch gemacht . Aber nicht so wie man es uns weiss machen will
Die skrupellose Ausbeutung der Natur durch multinationale Konzerne und vor Allem die Benühungen einiger Irrer das Wetter zu beeinflussen und sogar als Waffe zu nutzen ist wohl eine der Hauptursachen.
https://www.n-tv.de/wissen/Kuenstlicher-Regen-im-Klima-Labor-von-ntv-Wettermanipulation-ist-eine-Waffe-article22835629.html <<
(Frank Leuchte: Liebling, weißt du noch? Nein, ich bin grad fertig.)
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