Dienstag, 24. September 2024

Erneuerbare: Nun nur noch die Speicher

Der deutsche Solarboom in einem Bild. Immer fehlen nur die Batterien.

Nun nur noch die Speicher, haben sie gesagt. Da kommt dann der ganze überzählige Strom hinein, der im Moment noch nicht genutzt werden kann, weil manchmal schon bis zu zwölf Prozent des Gesamtenergiebedarfen durch die Erneuerbaren gedeckt werden. Aus einem großen Teil dessen, was an Wind und Sonne übrig ist, ohne eine Rechnung zu schreiben, wird eines Tages über einen komplizierten Verwandlungsprozess Wasserstoff gemacht. 

Hocheffizient verwandelt sich Wind zu Strom, der in riesigen Hydrolysatoren zu Gas wird, der in monumentalen Gasspeichern zu liegen kommt, bis er benötigt wird. Dann geht es umgekehrt zurück. Von jeder eingespeicherten Windstrom-Kilowattstunde können so letztlich um die 20 Prozent nutzbringend für Wärmepumpen, zum Kühlen oder für Beleuchtungszwecke verwendet werden.

Boom der Batterien

Noch mehr Nutzen versprachen neue, hochintelligente Batterien, die zu ganzen Speicherbergen aufgetürmt würden, sobald sie erst richtig erfunden worden seien. Vom "speichernden Netz", das die spätere Außenministerin Annalena Baerbock zu ihren Zeiten als Vordenkerin der Grünen Physik vorgeschlagen hatte, war Abstand genommen worden. Nicht aber vom Vorhaben, mit Hilfe von edlen Zutaten aus den Minen ferner Länder eine Zukunft zu bauen, die weder Öl noch Gas noch Kohle benötigen wird und dennoch allen immer getreulich heimleuchtet in ein warmes Heim, das auch im höllischsten Hitzesommer nicht gar zu heiß wird.

Der Klimawirtschaftsminister selbst eilte herbei, um die ersten freigiebig verteilten Fördermillionen zu feiern, die es braucht, um den Fortschritt anzuschieben. In "Dithmarschen-Geschwindigkeit"  (Robert Habeck) schritt der Bau voran, so dass alles andere zurückblieb. Wichtig aber ist nicht das Drumherum, sondern das Mittendrin.

Nachdem frühere Bundesregierungen den Ausbau von Stromspeichern in Deutschland verschleppt hatten, weil ihre geplante großtechnologische Anwendung als "Rückgrat der Energiewende" an gewisse physikalische Grenzen stieß, kam die "Speicher-Revolution" (Focus) nun nach Deutschland. Speicher schreiben keine Rechnung, hieß es überall. Speicher sind der Schlüssel zur Elektrifizierung des Landes, die in der Geschichte schon immer als eine Grundvoraussetzung für den Aufbau des Kommunismus gegolten hatten.

Strategie des Ausstieges

Auf etwa das Zwölf- bis 30-fache der derzeitigen Speicherkapazität bräuchte Deutschland, um über  eine kurze Zeit ohne Wind und Sonne zu kommen. Die bisher installierten 0,775 Gigawatt reichen angesichts eines Bedarfs von 10 Gigawatt bei weitem nicht. Wenigstens 30 bis 50 Speicher mit der Kapazität der weltgrößten Großbatterie wären notwendig. Gebaut werden sollen sie, das hatte das Bundeskabinett im Zuge der Grundsatzstrategie zum beschleunigten Energieausstieges beschlossen, bis zum Jahr 2030.

Der Zauber allen Anfangs aber ist gewichen, dem Land der Denker und Erfinder droht ein böses Erwachen aus dem alten deutschen Traum von Autarkie und Billigstrom. Der Autohersteller Porsche setzte seine Pläne für den Bau einer Batteriefabrik in Brandenburg gerade aus. Der chinesische Batteriehersteller gab die Absicht auf, ein in Deutschland zu bauen. 

Die französische Automotive Cells Company, die schon im vergangenen Jahr mit dem Bau von Deutschlands größter Batteriezellenfabrik in Kaiserslautern hatte starten wollen, legte den Baustart auf Eis. Die Schweden von Northvolt schrumpfen noch schneller. Und nun schloss der deutsche Hersteller Solarwatt, der an seinem "modernen Produktionsstandort in Dresden" (Solarwatt) seit Jahren Batterien herstellt, die Batterieproduktion zum Jahresende. Der Boom der Speicherbatterien ist wirtschaftlich so lukrativ, dass der Markt brutal abregelt. Zumindest in Deutschland ist jeder froh, noch abbrechen zu können, ohne schon eine millionenteure Fabrik an der Backe zu haben.

Asien statt Autarkie

Der Weiterbetrieb in Deutschland sei über 2024 hinaus "aus wirtschaftlichen Gründen auf absehbare Zeit leider nicht mehr möglich", hat Solarwatt-Chef Detlef Neuhaus die Entscheidung zum Produktionsausstieg begründet, die 170 der 750 Mitarbeiter den Arbeitsplatz kosten wird. Aus der Autarkie wird Asien: Dort wird Solarwatt den "Solarwatt Battery flex"-Speicher in Zukunft herstellen lassen, auch die nächste Generation der Batteriespeicher der Firma entwickelt, die sich aus einer ersten Insolvenz vor zwölf Jahren unter anderem durch einen Rückzug von der Börse gerettet hatte. 

Soweit soll es diesmal nicht kommen. Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger Wärmewende und  ökologischen Umbau nicht leisten wollen, bloß weil sie kein Geld haben, und der Förderstaat auch nicht entsprechend im Wumms einsteigt, dann muss der große Plan, bis 2050 als erster Kontinent klimaneutral zu werden, eben ohne eigene Speicherproduktion umgesetzt werden.

Bis 2030, wenn Deutschland das Gigasstromspeicherland der Welt sein wird, sind es ja auch noch mehr als fünf Jahre. Dank des "Mechanismus für den gerechten Übergang" ("Just Transition Mechanism"), den die EU als weltweit erste große Staatengemeinschaft in ihrer "grünen Liste" für "nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten" eingebaut hat, wird es ein Kinderspiel werden, auch ohne Batteriefabriken schneller viel, viel mehr und sehr viel größere Stromspeicher zu errichten. 

 


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

nicht ganz OT:
Fefe:
Eine Sache ist aber nicht auf dem Tisch: Autos bauen, die die Leute kaufen wollen würden. Wie ... die Chinesen. Ein Kleinwagen, ab 8000 Euro, Reichweite bis 330 km.

Meanwhile in China:
https://www.achgut.com/artikel/chinesische_staedte_verbannen_e_autos_aus_tiefgaragen
Natürlich können brennende Autos Stahl und vor allem Beton nicht 'schmelzen', aber in eine Art Keks verwandeln.

Bonustrack: der hochgelehrte Fratzscher auf https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/abwrackpraemie-autobranche-krise-faq-100.html

"Die Bundesregierung sollte die anvisierten Gelder sehr viel besser für einen Ausbau der Ladeinfrastruktur und für Innovation und Forschung nutzen."

Frühere Generationen konnten 'anvisiert' und 'avisiert' noch unterscheiden. Vermutlich hat die Autokorrektur 'avisiert' vorgeschlagen und der tagesschau-Praktikant hat es kopfschüttelnd weggeklickt.

ppq hat gesagt…

der hiesige vorschlag lautet ja, mehr in bildung zu investieren. männer wie fratscher aber wollen nicht, dass andere schlauer werden als sie

Der lachende Mann hat gesagt…

Apropos Autokorrektur: Das Schwein von Schreibprogramm auf meinem Tablet setzt bei "Ramonas Liebreiz" selbstverständlich einen Apostroph, verwandelt "wurde" grundsätzlich in "würde" und macht weitere sinnentstellende Fehler. Ich frage mich (und würde das wirklich gerne wissen), welchen Vorteil der - na, der Typ, der sowas programmiert - davon hat.