Montag, 16. September 2024

Der Wasserstoff-Pionier: Abgasfreier und erneuerbarer Stromofen

Der Wasserstoffofen, auch kurz "Urban-Ofen" genannt: Verbrannt wird regional erzeugtes H2, und das ebenso kosten- wie vollkommen rückstandsfrei.


Erst im Winter hat die Bundesregierung den Bau von rund 30 neuartigen Fossil-Kraftwerken beschlossen, die in Strommangellagen zugeschaltet werden sollen. Später werden die H2-ready-Anlagen vielleicht mit Wasserstoff betrieben - noch vor 2040, wenn dann denn genügend Wasserstoff zur Verfügung stehen sollte. Der sächsische Tüftler Jürgen Müller wollte so lange nicht warten. Er hat  seinen alten Ölkessel mit Hilfe des bekannten Erfinders und Innovators Jens Urban jetzt schon in einen innovativen Wasserstoffofen umgebaut, der sein Haus kostenfrei mit grüner Energie versorgt.

Grüner Ofen in Kolbenburg

Es ist noch einmal ein kühler Wintermorgen im sächsischen Kolbenburg, und doch trägt der Mann, der die alte Eingangstür aus historischer Eiche öffnet, nur ein Turnhemd. Jürgen Müller schmunzelt, denn in seinem Haus herrscht auch heute eine wohlige Wärme, ohne dass der 72-jährige frühere Automobilbau-Ingenieur Angst vor explodierenden Kosten haben muss. Müller, kurzes graues Haar, kräftige Muskeln, Dreitagebart, hat vor einem Jahr eine Lebensentscheidung getroffen. "Wir haben unserem alten Ölkessel durch einen innovativen Wasserstoffofen ersetzt, der uns nun mit grüner Energie versorgt", beschreibt er. 

Müller liegt damit weit vor der Bundesregierung, die erst Anfang des Jahres Absichtserklärungen bekanntgegeben hatte, Deutschland noch vor 2040 auf eine Wasserstoffversorgung umzustellen, wenn denn dann ausreichend Wasserstoff angeboten werde. Jürgen Müller konnte und wollte so lange nicht warten. "Unsere Renten hier im Osten sind niedrig", sagt er, "im ersten Kriegsjahr hatte ich das Gefühl, die Energiekosten fressen alles auf, was wir uns in einem langen Arbeitsleben erarbeitet haben." 

Legende der Innvatorenszene

Über eine Erfinderbörse, bei der er als jahrelanger Hobbytüftler selbst Mitglied ist, lernt Müller Jens Urban kennen, eine beinahe schon legendäre Gestalt der deutschen Innovatorenszene. "Ich hatte natürlich von ihm gehört, immer wieder", sagt der Sachse, "aber ihn dann selbst treffen zu dürfen, war dann noch mal was anderes." Urban ist hat in seiner langen Erfinderlaufbahn Atommüllöfen und erneuerbare Kohle, speichernde Netze und Druckluftbatterien erfunden. "Ich habe ihn dann einfach gefragt, ob er nicht eine Idee hat, was wir hier machen können."

Jens Urban hatte. Nur 24 Stunden nach der Anfrage aus Kolbenburg "lieferte er ein spruchreifes Konzept mit Kalkulation und Bauplan", sagt Jürgen Müller bewundernd. Der neuartige Wasserstoffofen, den der in Dessau lebende und arbeitende Innovator zum Einbau empfiehlt, ist ein Prototyp. "Deshalb bot er ihn uns zu den reinen Materialkosten an." Jürgen Müller zögerte keine fünf Minuten. "Ich habe zu meiner Frau gesagt, so eine Gelegenheit bekommen wir nie wieder."

Erstellt aus Baumarktteilen

Denn das Bemerkenswerte am unter dem Namen "Urbanofen H2" patentierten H2-Brenner ist nicht nur, dass er sich aus Baumarktteilen in wenigen Stunden von jedermann aufbauen lässt, sondern auch der Umstand, dass der UOH2 sein Brennmaterial nachhaltig aus der Umgebungsluft gewinnt. Dazu verfügt der Wasserstoffofen über einen speziellen Ansaugstutzen, hinter dem ein mit Abwärme betriebener H2-Umwandler arbeitet. Ganz normale Raumluft wird mit Hilfe von elektrischem Überschussstrom und Leitungswasser aufgespalten, H2 anschließend rückstandsfrei verbrannt. 

"Ich bin absolut begeistert von der Technik und dem Konzept", sagt Müller, der sich schon lange für erneuerbare Energien interessiert hatte, wegen der hohen Kosten aber lange vor dem Kauf eines E-Autos zurückschreckte. "Ich fand schon, dass die kühlerfreien Schnauzen toll aussehen", sagt er, "aber wir konnten es uns einfach nicht leisten, dafür so viel Geld auszugeben."

Überschüssiger Wind wird genutzt

Der Wasserstoffofen, den Müller in seinem Heizungskeller installiert hat, sieht nun gar nicht spektakulär aus, eigentlich eher wie ein normaler Kaminofen, nur etwas größer und moderner. Doch er verbrennt Wasserstoff, den Müller nicht etwa aus der nahegelegenen Tankstelle bezieht, wie Skeptiker meinen. "Nein, wir nutzen wirklich überschüssigem Wind- und Solarstrom, der hier regional anfällt", bestätigt Jürgen Müller, "das ist viel umweltfreundlicher als Öl oder Gas, denn bei der Verbrennung von Wasserstoff entsteht nur Wasser". 

Jens Urban, der das revolutionäre Konzept ausgetüftelt hat, entschied sich für Wasserstoff, weil er "ein sehr effizienter Brennstoff, der viel Wärme erzeugt", wie er selbst sagt. Durch die hohe Flüchtigkeit sei er zudem gut komprimierbar und im verflüssigten Zustand lange haltbar.

Müllers Wasserstoffofen ist mit einem Wärmetauscher ausgestattet, der die Wärme an einen Pufferspeicher weiterleitet. Von dort aus wird sie über eine Fußbodenheizung im ganzen Haus verteilt. "Das ist sehr angenehm und spart uns im Grunde sämtliche Heizkosten", sagt Müller, der früher rund 1.500 Euro im Jahr für Erdgas ausgeben musste. "Das ist war zwar etwas mehr als für Öl, aber dafür ersparte es uns den eigenen Tank." Wenn auch nicht das schlechte Gewissen: Ans Klima hätten sie schon immer wieder gedacht, gerade nach Kriegsausbruch. "Aber ohne zu Heizen geht es ja auch nicht."

Bisher zumindest. Nun sind Müllers allerdings eine der ersten Familien in Deutschland, die mit einem Urban-Ofen heizen. Dessen Firma H2Home will die High-Tech-Geräte schon ab dem kommenden Jahr bundesweit vermarkten. Derzeit läuft in Zusammenarbeit mit dem Claunshofer-Institut für Flüchtige Energiesysteme (IFE) noch eine letzte Optimierungsphase. "Wir wollen zeigen, dass Wasserstoff eine sinnvolle Alternative für die Wärmeversorgung im Gebäudesektor ist", sagt Dr. Mattes Langenholz, der Leiter des Projekts. "Wasserstoff kann haushaltsnah aus erneuerbaren Quellen hergestellt werden, ist leicht zu transportieren und zu speichern und hat eine hohe Energiedichte."

Beeindruckende Energiedichte

Das Projekt wird aus verschiedenen Töpfen zu Kohleaussstieg, Green Deal, Klima- und Hochwasserschutz und EU-Resilienzprogramm gefördert und läuft noch bis Ende 2024. Bis dahin sollen rund 100 Wasserstofföfen in verschiedenen Regionen Deutschlands installiert und getestet werden. Dann beginne unmittelbar der Hochlauf der Produktion. Die Erfahrungen der Nutzer sollen in die Weiterentwicklung der Technik einfließen. "Wir wollen die Kosten und den Wartungsaufwand senken, die Leistung und die Sicherheit erhöhen und die Akzeptanz in der Bevölkerung steigern", sagt Langenholz, der gelegentlich Skeptikern begegnet, die zum Beispiel Fake News streuen, nach denen der Entzug von H2 aus der Atemluft deren Qualität beeinträchtige. "Dem ist natürlich nicht so", sagt er dann entschieden.

Jürgen Müller ist jedenfalls schon überzeugt von seinem Wasserstoffofen. Er hat ihn auf eigene Faust inzwischen sogar mit einer kleinen Brennstoffzelle gekoppelt, die aus dem Wasserstoff auch Strom erzeugt. Damit kann er einen Teil seines eigenen Strombedarfs decken und sich unabhängiger vom Netz machen. Die Ersparnis werde bald für den Kauf eines E-Autos reichen, da ist er optimistisch. "Ich finde es toll, dass ich mit meinem Ofen nicht nur heizen, sondern auch Strom erzeugen kann“, sagt Müller: "Das ist für mich eindeutig die Zukunft der Energieversorgung".


7 Kommentare:

Hase, Du bleibst hier..... hat gesagt…

Die Eierlegendewollmilchsau. Weltnivau ! War Habeck schon da ?

Anonym hat gesagt…

Bin mir nicht sicher, ob das so geht, aber dem durchschnittiichen Grünwähler wird das sicher sofort einleuchten.

Anonym hat gesagt…

@Anonymous: Natürlich kann man mit Wasserstoff einen Kolbenmotor wie im Bild gezeigt antreiben, aber das wäre ja total ineffizient. Besser wäre doch, den Wasserstoff mit einer Brennstoffzelle in Strom umzuwandeln und damit eine Wärmepumpe zu betreiben. Der Vorschlag wird die Grüninnen sicher überzeugen. :D

Anonym hat gesagt…

Kann man nicht auch den Gegenwind beim Autofahren für den Antrieb nutzen?

Arminius hat gesagt…

Gute Idee! Bei den Grünen können Sie es noch bis zum Minister schaffen.

Der lachende Mann hat gesagt…

Oder wenigstens bis zum Haus in der Toskana. Zitat aus "Geo", etwa vor einem halben Jahr:
"Die Formulierung 'Tankstelle Mond' wird oft benutzt, ist aber missverständlich. Um die Förderung von Öl auf dem Mond geht es jedenfalls nicht. Allerdings vermutet man an den Polen des Mondes gewaltige Wassereisvorkommen. Wasser läßt sich aufspalten in Wasserstoff und Sauerstoff, und aus diesen Bestandteilen könnte man Raketentreibstoff gewinnen. Bei einer Marsmission könnte es deutlich ressourcenschonender sein, mit einer kleineren Rakete von der Erde aus zu starten und diese dann auf dem Mond aufzutanken. Die Redaktion"
Im Editorial zwei Vögel m/w/d, die das vielleicht nicht glauben, aber ihrer Leserschaft verkaufen. Ein Haus in der Toskana wird es wohl gebracht haben.

Anonym hat gesagt…

Müßiges Tun, sich an den Grünen Khmer abzuarbeiten. Es ist der Sinn der Übung, den Normalo glauben zu machen, dass es die Übelsten wären, die anderen zwar auch Aaschlöcher, aber weniger übel. Die Parteien spielen ihre bestimmte Rolle in der erbärmlichen Affenkomödie, und zwar ALLE.