Montag, 30. September 2024

Bauarbeiter über Klimaalarm: "Tut mir leid, bei mir wirkt es nicht mehr“

Thilo Andreas bei der Arbeit: Der 52-Jährige sagt, er fühle sich dabei wie ein Ewiggestriger.


Thilo Andreas ist Bauarbeiter von ganzem Herzen, er hat schon Tiefbau gemacht und Brückenbau, bei einer Firma gearbeitet, die Einfamilienhäuser auf die grüne Wiese stellte, und bei einer Stadt im tiefen Westen geholfen, ein uraltes Fußballstadion fit für die Zukunft zu machen. Erstmals wirft Andreas jetzt bei PPQ einen Blick auf Schwächen und Lösungen der Klimapolitik. Und er zeigt, warum eine steter Strom von alarmierenden Meldungen, angekündigten Maßnahmen und eine pausenlos beschworene vor dem Klimawandel nbei ihm nichts bewirken.

PPQ: Herr Andreas, wenn Sie sich die Klimapolitik der Länder ansehen, welchen Eindruck macht das auf Sie?

Andreas: Die Klimapolitik ist gewissermaßen auf den Rücksitz gerutscht. Vorn spielt dei Musik einer Propagandamaschine, die seit ein paar Jahren keine Pause mehr kennt. Ich glaube, das hat etwa im Jahr 2021 angefangen, vielleicht auch lange davor, aber damals habe ich es bemerkt. Als das Bundesverfassungsgericht Klima zum Menschenrecht erklärte und anschließend das Klimagesetz hektisch angepasst wurde, als könne man damit irgendetwas am Weltklima ändern, da dachte ich noch, das geht auch wieder vorbei. 

Man damals wirklich noch etwas Hoffnung haben, dass die Sache sich wie alles andere verläuft, dass es langweilig wird und dann andere Dinge dringlicher erscheinen. Aber das ist leider nicht eingetroffen. Vielmehr macht die Entwicklung der letzten Jahre auf mich den Eindruck, als dass jede Ernsthaftigkeit in dieser Frage verloren gegangen ist. Man alarmiert und warnt und alles ist nur noch schrill und zu warm und zu heißt und Höllensommer und was weiß ich. Mich nervt das.


PPQ: Sie haben in unsreem Vorgespräch das Wort Skandal verwendet.

Andreas: Angesichts der Tatsache, dass es um die Lebensqualität aller Menschen geht, scheint mir der Begriff nur zu milde. Niemand vo uns wird ein zweites Leben bekommen, wir haben alle nur diese paar Jahre. Die sind vollgepackt mit Arbeit, für Menschen wie mich mit harter, körperlicher Arbeit. Wir machen das, damit hier irgendwas vorangeht, damit sich was dreht, damit unsere Kinder - ich habe zwei und zwei Enkel - es mals besser haben. 

Aber dann wird man unentwegt belästigt mit diesen Parolen. Tui dies nicht, aber tu das, iss nicht so, reise nicht dahin, fahre nicht so, wohne nicht dort, dies machst du falsch und das auch. Politik ist aus meiner Sciht als einfacher Mann verpflichtet, Schaden von dem Volk abzuwenden, von dem es gewählt wurde. Wenn danasch noch Zeit bliebt, sich um andere Sachen zu kümmern, meinetwegen. Aber bei dem Trommelfeuer, das seit Jahren auf uns niedergeht, bitte ich erst eijnmal darum, dass für das Wohlergehen der Bevölkerung Sorge getragen und dafür gesogt wird, dass dieses ewige Geschrei aufhört. 

PPQ: Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, das wäre dann welcher?
 

Andreas: Ich würde diesen panikmodus abstellen, sofort. Bei all diesen Mahnungen, was niemand mehr tun soll, wo jeder ein schlechtes Gewissen haben müsste, Radio an, Fernseher an, zeitung auf, Internet, überall dasselbe, ich meine, da gelingt es doch niemandem mehr, Panik zu empfinden, so, wie sie  jeden Tag geschürt wird. Das ist doch alles absurd. Ich meine, schauen Sie sich an. Ich arbeite jeden Tag acht Stunden, auf dem Bagger, mit der Schippe in der Hand. Wir bauen Sachen, wir machen uns krumm. Wenn ich dann abends nach Hause komme, bin ich platt. Und in dem Moeknt geht dasselbe gebet weiter, das schon den ganzen Tag aus dem Baustellenradio quäckt. Tut mir leid, ganz ehrlich, bei mir wirkt es nicht mehr.

PPQ: Aber zweifeln Sie dennd aran, dass uns dramatische Veränderungen bevorstehen? Man hört doch überall von einer Zunahme der Extremwetter und dem Anstieg des Meeresspiegels und Hitzesommer und zu warmen Wintern?

Andreas: Das ist es doch gerade! Diese enorme Dringlichkeit, ausgerechnet jetzt etwas zu tun, mag doch gegeben sein. Aber als jemand, der in Ostdeutschland aufgewachsen ist, kann ich Ihnen versichern, dass Propaganda erstens nicht besser wird, wenn sie meint, einem guten und richtigen Zeil zu dienen. Und zweiten wird sie nicht wirksamer, wenn sie ihre Frequenz und Lautstärke hochfährt, weil sie merkt, dass sie ihre Adressaten nicht erreicht.

PPQ: Wenn die Menschen doch aber nicht hören wollen? Und die Wichtigkeit der Aufgabe es erfordert, dass sie überzeugt werden?

Andreas: Mir fehlt der Glaube daran, dass wir die Pariser Klimaziele erreichen, weil wir von nichts anderem sprechen. Wer sich die tatsächliche Politik anschaut, kann ja nicht übersehen, dass von dort außer Ankündigigen, immer neuen Plänen und symbolischen Maßnahmen nichts kommt. Dass das am liebsten mit möglichst viel Klamauk überspielt wird, leuchtet mit ein. 

Wie gesagt, das war in der DDR nicht anders. Aber letztlich haben wir einfachen Leute, die wir nicht nur das Klima schützen, sondern auch noch arbeiten müssen, diese Behandlung nicht verdient. Das führt ja auch zu nichts. Bei mir erzeugt es jedenfalls nur inneren Widerwillen.

PPQ: Was bedeutet diese innere Abwehrhaltung für die Gesellschaften? Und damit für die globale Erwärmung?

Andreas: Nach meiner Erafhrung werden unter Propaganda leidende Gesellschaften werden immer schwerer ansprechbar und schließlich sind die Menschen einfach nicht mehr erreichbar. Das ist natürlich nicht gleichmäßig verteilt; Jüngere sind immer empfänglicher, Ältere weniger, wer arbeitet, reagiert schneller ablehnend, wer nichts anderes zu tun hat, hört eher geduldiger zu. Die meisten Schäden an der Verfasstheit entstehen dadurch bei denen, die den Laden am Laufen halten. Daraus wiederum entspringen extreme soziale Konflikte.

PPQ: Was meinen Sie damit?

Andreas: Nun, es werden Ressourcen aufgewendet, um für die Klimaanpassung zu trommeln, für die Transformation, für höhere Preise für alles und freiwilligen Wohlstandsverzicht. Aber mal ehrlich: Wer schon mal ein Haus gebaut hat, Frühschicht in einer Bäckerei hatte oder in einem Lager gearbeitet, der fühlt sich da nicht mitgenommen. Der hält das alles für rausgeschmissenes Geld, die für andere wichtige Aufgaben nicht mehr zur Verfügung stehen. 

PPQ: Von den Menschen wird eine erhebliche Umstellung ihrer Lebensweise verlangt. Braucht es da nicht ein gewisses Maß an guter Propaganda, um die Menschen mitzunehmen?

Andreas: Wenn sie doch aber gar nichts bringt? Dagegen spreche ich mich aus. Und wenn wir in den Osten schauen, erkennen wir bereits deutlich massive Auswirkungen, etwa wenn die Medien beschimpft werden oder Politiker verhöhnt. Man muss aber sehen: Die Menschen dort, also hier bei uns, die  haben kaum Möglichkeiten, sie zu äußern, um ihr Gefühl auszudrücken, dass es reicht, dass sie die Nase voll haben und es einfach nicht mehr hören können.

PPQ: Sind Demokratien vielleicht nicht in der Lage, angemessen auf die Herausforderung zu reagieren? Eine Diktatur greift einfach durch, jeder muss folgen, fertig?

Andreas: An der Demokratie allein liegt es sicherlich nicht. Eher daran, dass die Politik die Möglichkeit hat, die Politik zu ihren Gunsten zu beeinflussen, der Bürger aber nicht? Ich weiß es nicht. Ich sehe aber, dass die Politik keine Alternativen mehr zur Wahl steht, sondern übergreifende Ideale propagiert, gegen die nicht mehr gestimmt werden kann, weil es unmoralisch wäre. So erzählt es zumindest die Propagandamaschine.

PPQ: Also brauche wir einen Klimadiktator, damit wir auf die Propaganda verzichten können?.

Andreas: Das halte ich für vollkommen abwegig. Autoritäre Systeme haben einen extremen Hang zur Propaganda, weil sie sich selbst vormachen wollen, mehrheitsfähig zu sein. Man sieht das bei den zaghaften Versuchen der Grünen, diese hektische Klimamaßnahmenpolitik mit Worten wie Wohlstand und Fortschritt zu verbinden. 

Da geht es darum, einen Konsens in der Gesellschaft einzukaufen, der da lautet, dass jede Generation das Recht hat, glücklich sein zu dürfen, und keine verpflichtet ist, ihr eigenes Wohlergehen zu opfern, um nachkommende Generationen glücklich zu machen. Das ist ja Mehrheitsüberzeugung seit der Hitlerdiktatur und den kommunistischen Regimes. Man wird Klimapolitik nicht gegen die Bevölkerung durchsetzen können. Aber ich halte es auch für unmoralisch, der Mehrheit einreden zu wollen, sie liege mit dieser Auffassung falsch.

PPQ: Dennoch bleibt die Politik bei ihrer Strategie, ihre exekutive Gewalt zu nutzen, um freiheitseinschränkende Entscheidungen im Namen des Klima so intensiv propagieren zu lassen, dass es Menschen wie ihnen schwerfällt, das noch mit Gleichm ut zu ertragen?

Andreas: Bei der Klimakrise handelt es sich um ein Problem, bei der Proaganda, die dagegen helfen soll, aber aus meiner Sicht auch. Das eine mag die eigentliche Bedrohung sein, aber sie wird erst in der weiteren Zukunft akut. Das andere ist die tägliche Belästigung von Millionen Menschen, die nur ihre Arbeit tun, ihrem bisschen Lebesnglück nachjagen, Steuern zahlen, Kinder aufziehen. Und dafür beständig mit dem Versuch der Überzeugungsarbeit konfrontiert werden. Mit dem Ziel, sie zu etwas zu veranlassen, was sie schon allein deshalb oft nicht tun werden, weil sie sich bedrängt und überfürsorgt fühlen.

PPQ: Das ist womöglich ein großer Kommunikationsfehler der Politik. Aber wenn der Kampf gegen den Klimawandel unabdingbar ist, dann ist es vielleicht dieses unaufhörliche Trommeln für die Klimaschutzmaßnahmen auch?

Andreas: Dann gehört auch die daraus resultierende stärkere Ablehnung dazu. Ohne Propaganda wird politische Zustimmung nicht zu haben sein. Aber mit vermutlich auch nicht! Es gibt eindeutige Befunde, die besagen, dass der Medienkonsum mit sinkendem Einkommen steigt. Je höher der Medienkonsum, desto häufiger werden Menschen mit der Werbung für den Klimakampf konfrontiert. Sie bekommen zu hören, was sie gar nicht hören wollen. Daraus resultiert, das sage ich aus eigener Erfahrung, zumeist eine tiefempfundene Kontrahaltung.

PPQ: Will man dem Klimawandel begegnen, müssen aber auch die weniger Wohlhabenden ihren Lebensstil grundlegend verändern, weil selbst sie, zumindest im globalen Norden, Mitschuldige sind. Wenn zwingen nicht geht und umerziehen nicht gelingt, dann wird man niemanden in der Gesellschaft zum Verzicht motivieren.

Andreas: Vermutlich ist das so. Wir haben  es doch zuletzt in der Krise gesehen. So lange es allen gut geht, ist jeder für Maßnahmen, Transformation und all diese Dinge. Aber trotz alelr Propaganda: Wie viele Leute haben wirklich ihre großzügige Wohnung aufgegeben, das Auto oder ferne Urlaubsziele? 
Nicht einmal außerhalb Deutschlands funktioniert das. Die ganze Welt strebt danach, konsumorientiert zu leben wie wir, zu arbeiten, und etwas Wohlstand dafür zu bekommen, statt mit Vrezichtsreklame bombaridert zu werden.

PPQ: Sollten wir also auf das Wirtschaftssystem verzichten, dass das alles möglich macht? Den Kapitalismus abschaffen?

Andreas: Die kapitalistische Wirtschaftsform ist zutiefst problematisch in Bezug auf die Ausbeutung der Natur, beinahe so sehr wie das sozialistische. Mehr haben wir ja noch nicht ausprobiert. Das müssen wir also abwarten. Es gibt keine einflussreichen Bewegungen in unserer Gesellschaft, die ein völlig anderes Gesellschaftssystem fordern.

Zur Person

Thilo Andreas, geboren 1972, ist seit seiner Lehre zum Baufacharbeietr bei verschiedenen Firmen tätig gewesen, unter anderem als Baggerfahrer und Polier, aber auch als Eisenflechter und Trockenbauer. In seinrr Freizeit fährt er Motorrad, erbesucht Fußballspiele seines Lieblingsvereines Meuselwitz und sammelt Falter.




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