Freitag, 27. September 2024

Aktivistin Alma: Tütchen spritzen, Klima schützen

Nur keine Kinder: Aktivistin Alma hat sich entschieden.

Sie ist Aktivistin von ganzem Herzen, unerschrocken und ohne Furcht, sich mit den Falschen anzulegen. Alma, die ihren Nachnamen wegen der Nachstellungen von Rechten, Behörden und der Polizei lieber nicht nennen will, hat in der Vergangenheit schon bei den Lützerath-Protesten mitgemacht, sie war bei G20-Gipfel dabei, hat sich an ÖPNV-Streiks beteiligt und einmal sogar an einem zweitägigen Hungerstreik.  

Mit inzwischen 28 Jahren zählt die gebürtige Offenbacherin, die seit fünf Jahren im ostdeutschen Dresden Klimamanagement studiert, zu den Veteranen der Bewegung. "Ich war bei Fridays for Future dabei, als noch niemand wusste, was das ist", sagt sie hörbar stolz. Auch bei Extinction Rebellion und Attac hat sie seinerzeit ihr Scherflein zum Widerstand beigetragen. 

"Wobei man ehrlich sein muss und zugeben sollte, dass das alles am Ende gar nichts gebracht hat." Immer noch sterbe die Natur unter den fossilen Reifen der Traktoren der industriell betriebenen Landwirtschaft, immer noch spucke die gigantische Tesla-Fabrik in Brandenburg Elektrofahrzeuge aus, die dann mit Kohlestrom angetrieben würden. "Eine Besserung sehe ich nicht", sagt Alma, "und das macht mich müde".

Über den Rechtsruck, die wohlstandsverliebte Mitte und die persönlichen Konsequenzen, die sie daraus gezogen hat, sprach PPQ-Mitarbeiterin Svenja Prantl bei einer Bionade mit Alma.

PPQ: Alma, wenn Sie sich an den Protest Hunderttausender Menschen gegen Rechtsextremismus erinnern, der Anfang des Jahres so viele Menschen begeistert hat, denken Sie da manchmal, wie viel hätten wir erreichen können, hätten unsere Ziele solche Menschenmassen mobilisiert?

Alma (verdeckt) bei einer Demo.

Alma: Genau. Sie haben recht, man müsste neidisch werden. Eine solche Breitenwirkung hat Fridays for Future nie erzielt. Selbst bei den Medien, die wirklich immer versucht haben, uns gut zu featuren und zu supporten, war das nie der Fall. Tatsächlich haben die, die jetzt noch weitermachen, ja auch deshalb entschieden, sich an diese Proteste gegen rechts dranzuhängen, auch an die Propalästinenserdemos. 

Ich bin nicht mehr involviert, ich höre nur von Freund*innen, dass schon ein bisschen Neid, aber auch ein wenig Verzweiflung herrscht. Es war ja aus Sicht unserer kurzlebigen Bewegung immer ganz, ganz wichtig, dass so viele Menschen auf die Straße gehen wie möglich, um den Eindruck zu erwecken, wir seien die Mehrheit. So lange die Medien dieses Wunschbild verbreiteten, haben wir es selbst nur zu gern geglaubt.

PPQ: Fünf Jahre ging das so, grob gesagt waren es zwei, drei Jahre, da schien Fridays for Future die Welt zu verändern, dann kam eine Phase, die würde ich jetzt mal als Elitisierung bezeichnen. Schließlich blieben die übrig, die jetzt noch aktiv sind, weil sie sich einen Posten, eine Karriere, irgendetwas in der Art versprechen. Sie waren seit 2017 an den Aktionen beteiligt. Wo sehen Sie sich da?

Alma: Mit dem Herzen bange ich nach wie vor bei. Sehen Sie, ich hatte schon eine Geschichte im Widerstand, seit ich bei Attac als Wandzeitungsredakteurin angefangen habe. Mit dem Wechsel in die neue Bewegung haben wir Ältere dann gesagt, lasst die Kleinen vorn laufen, die haben noch echte Angst um ihre Zukunft, das macht sich besser. Viele Kinder, die immer so schon gerufen haben ,wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut", sind dann erschreckend schnell älter geworden. 

Die hatten Freundinnen und Freunde, haben sich für andere Sachen interessiert und keine Zeit und keine Lust mehr gehabt. Auch Corona hat da viel zerstört. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren eine abflauende  Dynamiken der Proteste erlebt, selbst als die Letzte Generation dann eskaliert hat. 

Das war nicht mehr meine Geschichte, das ging mir auch oft zu schnell hin und her zwischen Essenretten und Kampagnen für den Kohleausstieg, für klimagerechte Konjunkturpakete und aktuell für gute Arbeitsbedingungen im ÖPNV gegen rechts. Man ist nicht alt, aber man fühlt sich irgendwann so. Ich bin weit älter als Greta (Thunberg, PPQ). Das sinkt das Energielevel.

PPQ: Nochmal: Wo stehen Sie heute?

Alma: Ich entwickele mich stetig weiter. Mein Ding ist inzwischen der individuelle Widerstand gegen die Verhältnisse, also das Private als politisch definieren, mit spontanen Aktionen und inhaltlicher Arbeit, indem ich zum Beispiel analysiere, warum wir diese anfängliche Wucht trotz der breiten Unterstützung der Medien nicht gegen eine Mehrheit durchsetzen konnten, die ja doch eher freundlich lächelnd zugeschaut hat und nie gegen das auf die Straße gegangen ist, was wir durchsetzen wollten. Das hat uns vielleicht zu siegesgewiss gemacht. Wir dachten, jetzt haben wir die Grünen in die Regierung protestiert, die machen den Rest.

PPQ: Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Was meinen Sie, wo der Kipppunkt war?

Alma: Bestimmt bei Heizungsgesetz, von dem Robert (Habeck, PPQ) ja schon gesagt hat, dass es zwar als Experiment angelegt war, aber dann leider schiefgegangen ist. Da haben wir die Wohnzimmer verloren. Von da an hat unsere Protestarbeit keine Wirkung gegen die Beharrungskräfte der Wohlstandsgesellschaft mehr gehabt. 

In Umfragen beteuerten immer noch vier von fünf Befragten, dass Klimaschutz ein zentrales Thema für sie sei. Aber zugleich hatten viele auch gerechnet, was es sie persönlich kosten würde und was sie alles nicht bezahlten können. Dagegen kommt man mit Forderungen, was die Leute alles tun und lassen müssen, einfach nicht an.

PPQ: Ich weiß, dass sie selbst dabei sind, andere Formen des Protests zu entwickeln. Können Sie erklären, worum es dabei geht?

Alma: Für mich ist klar, Ökologie und Verzicht gehören zusammen. Aber sozialer Protest auf der Straße kann nicht die Überzeugungsarbeit leisten, die das persönliche Beispiel liefert. Bei Fridays for Future wurde ja immer die Bigotterie bemängelt: Dass die bekannten Köpf*innen ein Leben in der Blase führen, hin- und herreisend zwischen Fernsehstudios, globalen Konferenzen und Preisverleihungen. Es stimmt natürlich, dass die sozialen Auswirkungen unserer Forderungen auf die Lebensbedingungen der Menschen uns sehr viel weniger bekümmert haben als Rechnungen dazu, wie viel CO2 welche harte Maßnahme spart und welcher Ausstieg woraus uns näher an die Erfüllung internationaler Klimaverträge bringt.

Meine Strategie ist nun nicht mehr, dass wir den Menschen das Auto wegnehmen, dass wir Fernreisen verbieten und Überkonsum unter Strafe stellen. Ich möchte als einzelne Aktivist*in wirken, indem ich Vorbild bin: Karg leben, regional essen, sich klimaneutral kleiden und beim Sex verhüten, damit wir als Gesellschaft nicht in eine Situation torkeln, in der noch mehr Menschen noch mehr Ressourcen verzehren.

PPQ: Auf einem Foto von einer Demo, die Sie am Rande der ansonsten wenig beachteten Bilderberg-Konferenz im Frühjahr veranstaltet haben, halten Sie ein Schild hoch, auf dem ,Ins Tütchen spritzen = Klima schützen' steht. Ist das nach allem, was Sie hatten erreichen wollen, nicht sehr klein gedacht?

Alma: Es ist das, was ich im Augenblick umsetzen kann, ohne Chemie, ohne Big Pharma, ohne eine große Bewegung hinter mir. Das ist mir wichtig, dieser selbstbestimmte Protest, der ganz konkret auf Sachen hinweist, die jeder umsetzen kann. 


3 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> ohne Chemie

Tütchen ohne Chemie? Die Tussie spinnt. Aber sowas von. Vielleicht hat sie ja eine Hungersucht (2 Tage Hungerstreik).

Anonym hat gesagt…

Tütchen ist doch ein Synonym für Koks. Und das wächst rein biologisch.

Anonym hat gesagt…

OT
"Lügenpresse" von Jonny Chill auf PIPI:
Meine Herzblättchen, die überbezahlten Berufsdreckschleudern, in seltener Höchstform. Auch für deren Verhältnisse abartig.
Aber der Meister befindet sich im Irrtum, wenn er schreibt, die "CDU" und die sonstigen (Selbstzensur) hätten sich jetzt endgültig entblättert: Wunschdenken.
Für den kleinen Fernsehkieker, ob nun Salonbolschwik oder pseudokonservativer Dümmling, wurde gerade eine neue Machtübernahme verhindert.