Montag, 26. August 2024

Wahrhaft wehrhaft: Anschlag auf die Grundrechte

Die Sehnsucht nach Remigration von Menschen mit rechtsgültigem Aufenthaltstitel hat mittlerweile auch die SPD ergriffen.

Die Fahnder brauchten kaum mehr als 24 Stunden, dann hatten sie den Attentäter von Solingen in die Enge getrieben. Der junge Syrer Issa al H. wusste sich angesichts des Ermittlungsdrucks keinen Ausweg mehr. Er stellte sich der Besatzung eines Streifenwagens - ein Umstand, der allein schon dafür spricht, dass die Innenminister von Bund und Ländern drei Monate nach dem Entsetzen von Mannheim keine Rücksicht mehr nehmen auf die Außenwirkung, die die Überpräsenz von Uniformen, strenge Grenzkontrollen und fortwährende Pressekonferenzen der Verantwortlichen haben könnten.  

Auf der Suche

In normalen Zeiten müsste ein Bürger Stunden durch eine deutsche Stadt laufen, ehe ihm Streifenbeamter oder gar ein besetzter Funkwagen begegnet. Doch seit Samstagnacht sind die Zeiten schon wieder nicht mehr normal. Die Bedrohung der Lebensweise, die sich Europa ebenso wie Deutschland schon durch den Mordfeldzug von Islamisten in Paris vor knapp zehn Jahren nicht hatte nehmen ließen, sie rechtfertigt eine Verschärfung, die bisher unvorstellbar war. Polizei auf der Straße. Grenzkontrollen. Umfassende Abschottungsvisionen

Regierten die Führer der freien Welt auf den islamistischen Terrorangriff in Frankreich, dem 130 Menschen zum Opfer fielen, noch mit einem friedlichen Marsch vor eigens einbestellten Kameraleuten, hat nach den Geschehnissen von Solingen schon kurz nach der Festnahme des mutmaßlichen Täters der Generalbundesanwalt die Ermittlungen an sich gezogen. Es ist das größte Geschütz, das der Rechtsstaat auffahren kann. Schon bei den Ermittlungen zum Terroranschlag auf die Nord-Stream-Pipelines waren die Bundesermittler so hartnäckig an der Spur der Täter geblieben, dass heute kaum mehr ein Zweifel an der Urheberschaft dreier ukrainischer Tauchlehrer besteht.

Keine guten Nachrichten

Für Issa al H., der sich vor zwei Jahren als vermeintlich schutzbedürftiger Kriegsflüchtling in Deutschland eingeschlichen hatte, sind das keine guten Nachrichten. Dem Mann aus der syrischen Erdöl-Stadt Deir-al-Sor, 2014 vom IS besetzt, 2017 von den syrischen Regierungstruppen erobert, bis heute aber beständig von zahlreichen Fraktionen umkämpft, droht nun nicht nur eine Anklage wegen dreifachen Mordes und achtfachen Mordversuches. Sondern auch eine Verurteilung wegen Mitgliedschaft in der Terrorgruppe Islamischer Staat. Allein darauf steht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Es wird eng für den Attentäter, denn die Demokratie zeigt sich nun wahrhaft wehrhaft. 2023 hatte Issa al-H. das Angebot deutscher Behörden, nach Bulgarien abgeschoben zu werden, noch abgelehnt. Er war für ein halbes Jahr untergetaucht und hatte anschließend subsidiären Schutz als Kriegsflüchtling gewährt bekommen. Aus der Flüchtlingsunterkunft in der Solinger Innenstadt heraus brach er zu seinem Mordfeldzug auf, als Tatwaffe nutzte er ein Messer aus der Asylheimküche.

Alles wie immer

Im politischen Berlin hat das Bekanntwerden der Umstände, die den tödlichen Anschlag ermöglichten, einen Wettbewerb um die schnellsten und drastischen Verschärfungen des vom Grundgesetz gewährten Asylrechts ausgelöst. Die Forderung von CDU-Chef Friedrich Merz nach einem Aufnahmestopp für Afghanen und Syrer konterte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken mit eigenen Remigrationsideen. Esken will jetzt nicht mehr nur keine Asylverfahren an den EU-Außengrenzen, weil diese "zwangsweise Externalisierung von Asylverfahren gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstößt", sondern Abschiebungen auch in Kriegs- und Krisengebiete

Keine Rücksicht auf Menschenrechte, die bisher auch Straftäter beanspruchen dürfen, will auch Vize-Kanzler Robert Habeck nehmen. "Menschen, die das Asylrecht so missbrauchen, haben jeden Schutzanspruch verwirkt", sprang er auf den Zug der Verschärfer auf, den der Bundespräsident im Stil eines echten Souveräns lenkt: sein Satz "wir müssen uns vor solchen Angriffen schützen" hält das Spielfeld nach allen Seiten offen.

Im Zug der Verschärfer

Alles wie immer also, nur diesmal noch schriller und jenseits jeder Rechtsstaatlichkeit. Der Terroranschlag von Solingen, er wird zum Anschlag auf die Grundrechte. Merz, Habeck, Esken, Söder, sie alle klingen wie Alice Weidel. Die Angst vor Strafe an der Wahlurne, vor dem Verlust von parlamentarischem Einfluss und - im Falle der Ampelparteien - dem Rückhalt auch der letzten noch treuen 15 Prozent in Thüringen und Sachsen bestimmt die Strategie.

Der Schaden für Deutschland, einst für sein "freundliches Gesicht" (Angela Merkel) und eine Willkommenskultur bekannt, die alle Führungsgremien aller demokratischen Parteien gemeinsam trugen, ist immens. Ohne Zuwanderung - eine halbe Million Neuankömmlinge jährlich gelten als Mindestmenge - wird das Land weiter unter einem wachsenden Fachkräftemangel leiden. Wie im Osten, den Einwanderer wegen des dort weit verbreiteten Faschismus heute schon meiden, drohen auch die Vielfaltsregionen im Westen ohne den bisher garantierten Zustrom nach und nach auszutrocknen. 

Umkehr auf dem Irrweg

Doch diese Konsequenzen spielen in der Debatte um die jetzt für erforderlich gehaltenen Zeichen, Symbole und plakativen Maßnahmen keine Rolle. Eine Woche vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen will eine allergrößte denkbare Koalition aller Parteien, die sich gern die der "Mitte" nennen, "den Irrweg der erzwungenen Multikulturalisierung" vielleicht nicht beenden. Aber den Eindruck vermitteln, sie wolle es.

 "Es reicht", hat Friedrich Merz ein sofortiges Ende der 2015 von der CDU begonnenen Politik der offenen Grenzen gefordert. Die SPD, die damals den Vizekanzler stellte und das halbe Kabinett, wird mitmachen, ganz egal wobei. Nancy Faeser hat bereits "einen verstärkten Kampf gegen den islamistischen Terrorismus" angekündigt - erstmals seit dem Oktober vergangenen Jahres, als die Bundesinnenministerin die 2019 erstmals identifizierte Gefahr zur Chefsache gemacht hatte. Neu diesmal im Regal: Auch der Islamismus als solcher werde nun bald "mit aller notwendigen Härte" bekämpft.


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die werden auch diesmal den Deckel wieder draufbekommen. Kannste glauben!

Anonym hat gesagt…

Messerverbot?
§ 2 Versammlungsgesetz
Niemand darf bei öffentlichen Versammlungen oder Aufzügen Waffen oder sonstige Gegenstände, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen oder zur Beschädigung von Sachen geeignet und bestimmt sind, mit sich führen, ohne dazu behördlich ermächtigt zu sein.

Schließt das Volksfeste mit ein? Keiner weiß es.

Beim Schutzwestenverbot wird das Gesetz deutlicher:
§ 17a
Es ist verboten, bei öffentlichen Versammlungen unter freiem Himmel, Aufzügen oder sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel oder auf dem Weg dorthin Schutzwaffen oder Gegenstände, die als Schutzwaffen geeignet und den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren, mit sich zu führen.

Schutzwaffe heißt auf deutsch Schutzweste.

Anonym hat gesagt…

"...den Umständen nach dazu bestimmt sind, Vollstreckungsmaßnahmen eines Trägers von Hoheitsbefugnissen abzuwehren..."

Zählt da schariakonformer Dschihadist schon als "Träger" oder noch nicht?

Aber so ein hübscher Gambeson, vom Kinn bis zum Knie, ist doch eher modisches Accessoire als eine Schutzwaffe.

Leider: Trotz ihrer Eigenschaft als Sportgerät dürften Schaukampfschwerter und wohl auch ihr Äquivalent in Polypropylen wegen ihres Parierelements eher Irritationen bzgl. einer etwaigen Waffeneigenschaft hervorrufen.

Dies ist bei Freunden des Hockey- oder Baseballspiels, welche ihre zugehörigen Sportgeräte stolz als modische Bekeidung bzw. Begleitung mit sich führen, aber unstreitig nicht der Fall.

Auch Gehhilfen, in ihrer eleganten Variante gerne zum "Vatermörder" getragen, sollten im gesamten Ensemble modisch wieder Einzug halten.
Denn Stiel hat noch keinem geschadet. (Anders als Stiehl oder "Stil", selbstredend.)

Hase, Du bleibst hier.... hat gesagt…

Ich empfehle eine Barockblockflöte. Als Musikinstrument noch nicht verboten. Dazu einen Grundkurs in Anis, Kali oder Escrima. " Herr Richter, ich kam gerade von Musikunterricht, da......" Eine kleine Melodie einüben, falls etwas vorgeblasen werden soll, fertig ist das Alibi für Notwehr im Affekt.

Anonym hat gesagt…

Escrima - das Alter bricht den Frieden, den der Ger ihm gab. Vor dreißig Jahren schwang unsereiner den Knittel noch im Takt des MG42 - ohne Scherz, natürlich nur drei, vier Sekunden lang - vor fünfzehn Jahren nur mehr im Takt des MG 08/15. Steif geworden alle Glieder, bis auf eins.

Hase, Du bleibst hier.... hat gesagt…

Moin "Sportsfreund" , ich bin auch nicht mehr ganz frisch. In den 90zigern mit Bernd Schubert HH und Bill Newman GB die Sticks gekreuzt. Sooo zwei drei Räuber aus dem Morgenland schaffen wir doch noch, oder ?