Montag, 5. August 2024

EU-Dieseldrama: Irreführende Klarstellung

"Irreführend" sei der Vorhalt des deutschen Verkehrsministers Volker Wissing, Diesel stillzulegen
Diesel stilllegen will die EU nicht. Aber vielleicht wird sie müssen.

Die Kommission plant nichts dergleichen. Thierry Breton ließ sich von EU-Chefin Ursula von der Leyen nicht lange bitten, um das klarzustellen. "Irreführend" sei der Vorhalt des deutschen Verkehrsministers Volker Wissing, dass im Ergebnis eines laufenden Verfahrens vor dem EuGH die Gefahr drohe, dass allein in Deutschland sechs bis acht Millionen ältere Euro-5- und Euro-6-Dieselfahrzeuge stillgelegt werden müssen. Niemand habe die Absicht, eine Mauer zu errichten, schrieb Breton nach Berlin. Die "Wogen" (Wirtschaftswoche) waren geglättet. Der FDP-Mann gründlich blamiert. Deutschlands Medien hatten ihren Spaß.  

Wolle ist nicht müsse

Dazu hatte Thierry Breton, ein Leugner der Gefahren der Atomkraft und engagierter Kämpfer gegen die Hassplattform X, nicht einmal versichern müssen, dass Wissing Vorhalt falsch sei. "Irreführend" reichte, gewürzt mit der Beteuerung, dass die EU-Kommission keine Maßnahmen ergreifen "wolle", die Bürger, die Autos in gutem Glauben gekauft haben, in irgendeiner Weise benachteiligen würden". Irreführend ist nicht falsch. Wolle ist nicht müsse. 

Alles erinnert an die Zeit vor dem ersten großen Abgasskandal, der die deutsche Autoindustrie vor zehn Jahren völlig unverhofft traf. Ehe die Wertegemeinschaft ihre scharfen Abgaswerte einführte, hatten die Hersteller den Verantwortlichen in jahrelangen Verhandlungsrunden versichert, dass technische Grenzen eine Umsetzung unter genau den "normalen Einsatzbedingungen" verhindern würden. Sigmar Gabriel, damals Wirtschaftsminister, fand die magische Formel: Den Hersteller wurde versichert, dass Grenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten werden müssen, mehr würde niemand verlangen. 

Erst die USA machte den Abgasskandal

Wären nicht Kläger in den USA vor Gericht gezogen, hätte das wunderbar funktioniert. Erst von Übersee schwappte der Skandal nach Europa. Gabriel, in dunklen Tagen ohne Mandat und Parteifunktion selbst für den niedersächsischen Landeskonzern VW tätig, warf sich vergebens mit Warnungen in die Bresche, Angela Frau Merkel wolle "ab 2030 den Diesel verbieten". Musste sie nicht. Das tat die EU, zwar erst ab 2035, aber dann gleich auch für Benziner.

Ein Abwasch, der vorbereitet werden will. Die Situation im Sommerstreit um eine allgemeine Diesel-Stilllegung ist ganz ähnlich. Wenn Wissing fürchtet, ein EuGH-Urteil könne Dieselfahrzeuge stilllegen, wenn sie die gesetzlich vorgeschriebenen Schadstoffgrenzwerte nicht in jeder Fahrsituation einhalten, dann widerspricht der noch amtierende EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen dem nicht. Breton, der in der nächsten Kommission gern Superkommissar für Wirtschaft werden würde, bestreitet das nicht. Die Kommission habe mit ihrer Position vor Gericht lediglich festgestellt, "dass die Pkw-Emissionsgrenzwerte unter normalen Einsatzbedingungen eingehalten werden müssen". 

Irreführende Klarstellung

Damit sind alle, aber es ist nicht jede Fahrsituation gemeint, wobei Thierry Breton sich nicht darauf festlegt, welche denkbaren Fahrbewegungen wozu gehören. Ist ein Auto, das einen Berg hochfährt, noch "normal" unterwegs? Was gilt für einen Diesel mit Anhänger? Womit müssen die Dieseltransporter von Handwerkern rechnen und was kommt auf die überschweren Trucks von Speditionen zu? Werden die seit Corona so beliebten Wohnmobile noch unterwegs sein dürfen?

Bloß keine Details. Breton belässt es beim unverfänglichen Hinweis, dass die Kommission "Vorschriften zur Einhaltung von Schadstoffgrenzwerten bei Autos nicht nachträglich ändern und damit möglicherweise eine Stilllegung von Millionen Dieselfahrzeugen bewirken" wolle. Das letzte Wort aber habe das Gericht, dessen Urteil man nicht vorgreifen könne. 

Änderungen unnötig

Fest stehe, dass Brüssel nicht die Absicht habe, "rückwirkende Änderungen vorzunehmen" - Änderungen, derer es natürlich überhaupt nicht bedürfte, urteilte der EuGH, dass die derzeitigen Regelungen auf eine Weise auszulegen sind, die ehemals ordnungsgemäß zugelassene Fahrzeuge, die nach den bisher geltenden Abgasprüfverfahren alle geforderten Grenzwerte nicht überschritten, auf der Stelle in Schrott verwandeln, weil sie außerhalb der Prüfstände bekanntermaßen zu hoch sind.

Urteilt der EuGH so, müsste niemand mehr "Maßnahmen ergreifen" (Breton) oder Automobilherstellern "zusätzliche Verwaltungsaufwand aufbürden". Selbst wenn sie wollte, könnte nicht einmal die EU-Kommission verhindern, dass es so kommt, wie Wissing fürchtet. Das passiert dann automatisch und ohne dass jemand etwas dafür kann.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn sich Deutschland nicht fügt wird es von der Europäischen Armee erobert und unter den Kommissaren aufgeteilt.

Anonym hat gesagt…

Unter Führung des Kommissionspräsidenten Mechlis, nehme ich an.