Mittwoch, 21. August 2024

Angriff auf die Alten: Leistung bis zum Leichensack

Lange war klar, wer die Rentenkasse plündern will. Jetzt herrscht Ernüchterung.

Sie haben über Jahrzehnte gelogen, betrogen, die Bilanz aus schwarzen Kassen aufgebessert. Rein rechnerisch war klar, dass entweder ein Produktivitätswunder geschehen muss, damit immer weniger Arbeiter und Angestellte ein immer schneller wachsendes Heer an Senioren unterhalten können. Oder die Beiträge von Versicherungspflichtigen und Steuerzahlern werden so drastisch und so hoch steigen, dass das System auf der anderen Seite kollabiert.  

Hohe Beiträge, niedrige Renten

Nun sind deutsche Renten im weltweiten Maßstab niedrig, die Beiträge aber vergleichsweise hoch, obwohl der Staat seit Jahren alles richtig gemacht. Verschiedene Haltelinien wurden im Rahmen des Erfolgskonzepts ausgerufen, nichts zu hoch und nichts zu wenig, immer gerade so, dass es reicht bis zu dem Tag, an dem die seit 2015 nach Deutschland Geflüchteten wie geplant für die Rente ihrer Retter vor Krieg, Gewalt und Verfolgung aufkommen. 

Ein knappes Fünftel seines Lebenseinkommens über durchschnittlich 40 Jahre gibt ein Arbeitnehmer als Beitrag ab, um damit den Anspruch zu erwerben, sich aus der Rentenkasse anschließend durchschnittlich 18,8 Jahre (Männer) und 22,2 Jahre (Frauen) unterhalten zu lassen. Rein mathematisch eine saubere Rechnung: Ein Fünftel wird über 40 Jahren eingezahlt, die Auszahlungen liegen dann im Durchschnitt über 20 Jahre bei knapp unter der Hälfte des letzten bezogenen Lohns oder Gehalts. 

Blüm und sein Jahrhundertversprechen

Das geht auf, solange niemand ins eigene Portemonnaie schaut. Schon Norbert Blüm, der Mann, der die Rente für sicher erklärte, verzichtete deshalb wohlweislich darauf, dabei deren Höhe zu erwähnen. Sicher können 5.000 Euro im Monat sein, aber auch fünf. Von "ausreichend" sprach Blüm nicht, denn vor 30 Jahren schon verrieten alle Projektionen, dass der im Kaiserreich erdachte Versuch, den Wohlstand der Gesellschaft über die Generation der gerade Arbeitenden hinaus zu bewahren, wenn alles, was danach kommt, an Köpfen deutlich weniger zählt, nicht funktioniert, wenn immer weniger arbeiten und immer mehr Ansprüche erwerben, die nie gearbeitet haben

Die sogenannte "Sicherung der Rente" blieb deshalb stets ein ebenso dringliches wie heikles Thema, etwa vergleichbar der Suche nach einem Atommüllendlager, nur schwieriger auf den St. Nimmerleinstag zu verschieben. Die SPD hat sich langfristig entschlossen, das wachsende Problem zu ignorieren. Die Umfragewerte sind auch so schon schlecht genug. 

Wer soll das bezahlen?

Wie das alles bezahlt werden soll, weiß bei der deutschen Sozialdemokratie niemand. Aber die SPD-Vorsitzende Saskia Esken will den Menschen zumindest das Gefühl vermitteln, dass die Politik sie und ihre Lebensleistung sieht und anerkennt. Vielleicht bekommt es der eine oder andere in Thüringen, Sachsen und Brandenburg mit und macht sein Kreuzchen doch entsprechend. 

Für alle anderen hat die CDU genug Umfragekraft gesammelt, um mit kommenden Grausamkeiten hausieren zu gehen. Aufmunitioniert von der Wissenschaft, die immer zu Diensten ist, wenn sie gebraucht wird, wird die schnelle Anhebung des Rentenalters für die Zeit nach der Rückkehr in die Bundesregierung im kommenden Jahr bereits angekündigt. Länger arbeiten, härter und ohne feste Regelaltersgrenze, das wird die Zukunft, wie die Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung MIT, Gitta Connemann, verraten hat. Das Rentenalter - in Frankreich derzeit drei Jahre früher, in Polen zwei und in Schweden ein Jahr - wird ans Restlebensalter gekoppelt und wächst dynamisch mit.

Niemand soll zu lange ausruhen

Das neue CDU-Wahlkampfversprechen kommt nicht gut an.
Es soll sich niemand zu lange ausruhen dürfen, nur weil er 40, 45 oder 50 Jahre geackert hat. Auch die - von der SPD erst kürzlich wieder eingeführte - Möglichkeit, dass besonders langjährig Versicherte zwei Jahre früher in Rente gehen können, würde wegfallen, um Fachkräfte zu mobilisieren. Bis zu 1,2 Millionen Rentnerinnen und Rentner würden, so hat das Ifo-Institut ausgerechnet, durch eine Mischung aus höherem Renteneintrittsalter, die Abschaffung der Rente mit 63 und höhere Abschläge für Arbeitsverweigerer weiterhin wertschöpfend tätig sein müssen.

Für die seit Jahren schwächelnde Wirtschaft, die mit Fachkräftemangel und steigender Arbeitslosigkeit gleichermaßen zu kämpfen hat, wäre eine Gnade. Doch werden die Menschen das einsehen, vor allem die Älteren? Werden die Boomer begreifen, dass ihre Mitarbeit unumgänglich ist, weil sonst "diejenigen am allermeisten leiden, die ausschließlich auf die gesetzliche Rente angewiesen sind", wie Connemann zusammengefasst hat? 

Oder werden die CDU-Pläne manchen Wähler und manche Wählerin verschrecken, der sich eben noch schon im Ohrensessel gesehen hat, gelassen den Lauf der Dinge und den Niedergang der einstigen Industrienation betrachtend? Und nun zurückgeworfen in die Verwertungsmaschinerie des kapitalistischen Systems?

Auf dem Bau und im Büro

Ausgeschlossen ist es nicht, dass viele die Notwendigkeit begreifen, weiterhin mit zuzupacken auf dem Bau, im Büro, bei der Polizei, in den Bars und beim Transformieren der 25 Millionen Gebäude, die bis 2035 klimagerecht gedämmt und mit erneuerbaren Heizungen ausgestattet werden müssen? Das spart etliche der raren Plätze im Pflegeheim und Pflegekosten außerdem. Doch sind die Menschen schon so weit? Erste Umfragen (oben) lassen die SPD hoffen: Das neue CDU-Wahlkampfversprechen kommt nicht gut an, drei von vier Teilnehmer lehnen die Idee ab, Leistung bis zum Leichensack liefern zu müssen.


10 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

afdnee wurde von ein paar Gewerkschaftsbonzen aufgezogen
https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/wahlkampf-abschreckende-plakate-wer-steckt-hinter-der-kampagne-afdnee-id67901566.html
Laut den Plakaten ist eine potentielle AfD-Regierung schon jetzt an allem schuld, was aktuell vor den Baum geht. Viel Glück mit der Kampagne.

irgendwer hat gesagt…

Der "Gesellschaftsvertrag" war schon seit dem Pillenknick als Schneeball-/ Ponzi-System erkennbar. Naja... abgesehen von dummen Volkers, die sich nicht vorstellen konnten, für dumm verkauft zu werden.

PS: Es ist eine putzige Idee, dass irgendeine Fundamentalopposition die allfälligen unlösbaren Probleme lösen könnte. Selbst die so geschmähte Migration ist ja nicht Ursache der Misere, sondern lediglich ein Katalysator.
Lediglich dass die Erben derer, die nicht beizeiten gegengesteuert hatten, nicht mehr die Segnungen ihrer rührigen Tätigkeit für Ponzischemes und potemkinsche Dörfer genießen, sondern andere, neue Netzwerke, ist das erwartbare Ergebnis. Aber immerhin.

Anonym hat gesagt…

Bis zum Leichensack ist sicherlich etwas übertrieben. Im Sinne der Produktivität wäre eine Begrenzung der Arbeitszeit bis zum Eintritt der Demenz vorzuziehen.

Anonym hat gesagt…

afdnee wurde von ein paar Gewerkschaftsbonzen aufgezogen

Und, es dürfte bei gar nicht so wenigen verfangen. Die kreischende Blödheit des profanum vulgus wird immer wieder erstaunlich unterschätzt.

n0by hat gesagt…

Warum soll der, der schon nicht mit den taz-Genossen an die Front gehen will oder kann, das lieb Vaterland zu verteidigen
https://taz.de/Kaempfen-fuer-Deutschland/!6028014/
warum soll der nicht wenigstens sich seinen Leichensack an der Heimatfront redlich verdienen?

Anonym hat gesagt…

Naja, Schneeballsystem ist vor allem die "Aktienrente", bei der Umlagerente wird niemanden eine Rendite versprochen, die über dem was die Wirtschaft leistet hinausgeht (und sich in den Lohnsteigerungen ausdrückt). Die Umlage würde gut funktionieren, wenn die Solidarität größer wäre.
Aber diese Kampagne ist wirklich der größte Blödsinn.

irgendwer hat gesagt…

Tut mir leid, ich bin schon so im "Flow", dass ich "Gesellschafts-" statt "Generationenvertrag" schreibe.

Der sog. Generationenvertrag ist absehbar nicht erfüllbar.
Das war mit dem Erkennen des "Pillenknicks" demographisch zwingend. Schon vor >30 Jahren ist das in BWL und VWL-Kreisen bekannt.* Die Prognose der beiden Variablen (= Einzahler und Empfänger) waren auch berechenbar.
Mit der Verrentung der letzten Boomerjahrgänge wird es keine finanzierbare Rente mehr geben - und zwar völlig unabhäbgig von "Mütterrente" und ähnlichen nicht versicherten Späßen, welche aber notwendig waren, um die Zuschüsse zur Rentenkasse aus Steuermitteln zu rechtfertigen.

Steingart hatte es vor Jahren einmal vorgerechnet. In wenigen Jahren werden die Zuschüsse aus Steuermitteln derart hoch sein, dass die Migrationskosten dagegen regelrecht überschaubar wirken.



*Ja, als Blüm "die Rende ist sischer!" zischte, war das schon lange bekannt. Er konnte nur seine eigene gemeint haben.
Den Erstsemestern wurde damals mit bedauerndem Unterton mitgeteilt, die Sandwich-Generation zu sein, die in die Rentenkasse einzahlen und für sich selber vorsorgen müsse. Was bei einer effektiven Abgabenlast von ~50% allerdings nur zur Hälfte gut funktioniert.
Und selbst wenn es irgendwie total super funktioniert hätte, was meinen Sie, wofür die EU ein umfassendes Vermögensregister benötigt?

TDV hat gesagt…

Zwei Dinge...

Renten sanieren geht einfach... wenn man will. ALE zahlen in denselben Topf, keine Extra Würste für Anwälte Zahnärzte und and dergleichen.

Jeder, der anderen ausser bei offensichtlichen Themen, wie zB Strassenverkehr, vorschreiben will wie er zu leben hat ist in allen Fällen unwählbar.

M.a.W. Solange der Urnenpöbel zu blöde ist solche Banalitäten für selbstverständlich zu halten, so lange wird sich nichts ändern.
Also: nie.

Politik war schon immer das Problem, niemals die Lösung. Nur Idioten können ernsthaft Zeit an sowas verschwenden...

Anonym hat gesagt…

Nicht dass ich dem wunderbar leicht manipulierbaren Plebs eine Lanze brechen will, dass der doch nicht ganz so blöde sei, sich linkem magischem Denken hinzugeben.
Vielmehr ist der Plebs zwar dumm, aber nicht radikal dumm. Er macht sich gewiss keine Gedanken, dass den Töpfchen der jeweiligen Versorgungswerke bereits jetzt Auszahlungsansprüche von Gutverdienern korrespondieren, von der demographisch dunklen Zukunft ganz zu schweigen. Der Plebs mopoert gewissauch über die Beamten, für die erst gar keine Pensionsrückstellungen geschaffen werden, sondern, kaufmännischer Sorgfalt entsprechend, der Alimentierungsposten einfach wie bei einem aktiven Angestellten "geplant" wird.
Horst Köhler, der nicht weiß, dass es gleichgültig ist, ob ein Beamter aktiv oder im Ruhestand ist, sprach einst von ca. 7Billionen Euro Schulden der gesamten öffentlichen Hand aus Pensionsverpflichtungen.

Und die Politiker sind auch nicht ganz so dumm, wie sie meinen. Sonst hätten die sich schon längst in die Unfinanzierbarkeit geführt, wenn sie in blinder Habgierdie Töpfchen der Versorgungswerke geplündert hätten.

Aber wo Trostlosigkeit herrscht, naht das Rettende doch:
Die EU wird es richten.
Alles Vermögen aus Pensionskassen, ob privat freiwillig oder aus öffentlich rechtlichem Zwang, wird dereist zugunsten des Steuersäckels eingezogen werden, so wie alle individuelken Vermögen auch. Dann bekommt der arbeitsmüde Mensch sein Bürgergeld und ist froh, keine Vermögenssteuer mehr aufbringen zu müssen.

Wenn dann alle Vermögenswerte verfrühstückt sind, wird weiter gesehen. So wie derzeit mit den Ruhestandsbezügen.
Und wer schwarz sieht, ist ein Nazi. Oder ein Linker. Je nach dem, wer dann die Regierung stelken werden wird.

Anonym hat gesagt…

Die Plebs. Soviel Zeit muss sein. Die.
Mein erster Lateinpauker war Papist, der zweite mosaischen Bekenntnisses (hat er geleugnet, äh, bestritten, man wird ganz meschugge von. Nebbich).