Freitag, 19. Juli 2024

Zinslos: Gefährliches Gold

Verführerisch wirken Langzeitcharts des Goldpreises: 600 Prozent Wertgewinn gegen den Dollar allein in den letzten 25 Jahren.

Als US-Präsident Franklin D. Roosevelt im März 1933 zur Tat schritt, hatte er wie jeder Politiker zuallererst die Interessen der Wählerinnen und Wähler im Kopf. "Aufgrund von der mir übertragenen Vollmacht aus Abschnitt 5 (b) des Gesetzes vom 6. Oktober 1917, in dem der Kongress erklärte, dass ein ernsthafter Notstand existiert, verkünde ich als Präsident, dass der nationale Notstand noch besteht und dass das fortgesetzte private Gold- und Silberhorten der Bürgern der Vereinigten Staaten eine ernsthafte Bedrohung für den Frieden, die Gerechtigkeit und das Wohlergehen der Vereinigten Staaten darstellt", sagte Roosevelt. Um die Interessen des Volkes zu schützen, müssten "geeignete Maßnahmen sofort ergriffen werden."

Keine halben Sachen

Roosevelt, erst wenige Tage zuvor ins Amt gekommen, machte keine halben Sachen. Er verkündete "in Ausübung der obengenannten Vollmacht, dass solcher Gold- und Silberbesitz verboten ist und dass jeder solche Münzen, Anlagemünzen oder anderen Gold- und Silberbesitz innerhalb von vierzehn Tagen bei amtlichen Beauftragten der Regierung der Vereinigten Staaten gegen Erstattung zum offiziellen Preis in offiziellen Zahlungsmitteln der Regierung abzuliefern hat". Ein Tausch von Edelmetall gegen Papier, der die Mahnungen verständlich macht, die seitdem beständig wiederholt werden.

Gold gilt vielen Menschen als sichere Geldanlage, eine Alternative zu Aktien, Festgeld und Kryptowährungen, die notfalls im Küchenschrank versteckt werden kann. Vor allem in unsicheren Zeiten schwören Sparer auf Edelmetalle. Doch wer investiert, sollte Roosevelt im Hinterkopf haben: Auch diese Anlage ist alles andere als risikolos.

Blutende Häuslebauer

Erhöhen die Staatsbanken die Zinsen, blutet der Häuslebauer. Verordnet die Regierung den Einbau neuer Heizungen, ist der Teil der Altersrücklage, die als Einfamilienhaus oder Eigentumswohnung irgendwo herumsteht, auf einmal viel weniger oder vielleicht auch gar nichts mehr wert.  Ein Notopfer auf Erspartes kann Vater Staat für jedes ihm bekannte Vermögen verordnen. Nur bei Gold, denken viele, kann er nichts machen: Was er nicht weiß, macht den Besitzer nicht heiß.

Franklin D. Roosevelt aber hat schon vor Jahrzehnten das Gegenteil bewiesen. Der US-Präsident ließ kurzerhand alle Tresorfächer in Banken oder Geldinstituten versiegeln, damit niemand die "bevorstehenden gesetzlichen Maßnahmen" (Roosevelt) unterlaufen kann. Jeder Verkauf, Ankauf oder auch nur die die Bewegung von "Gold oder Silber innerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten und ihrer Gebiete" sei ab sofort verboten, gleichfalls "jedes Devisengeschäft und jede Bewegung von solchen Metallen über die Grenze".

Verbotenes Metall

Gold wurde über Nacht zum "verbotenen Metall". Wer Bestände davon oder von Silber in einem  Schließfach lagerte, war der "Regierung durch die Bank- und Versicherungsunterlagen bekannt", wie der Präsident warnend verriet. "Es wird darauf hingewiesen, dass Ihr Schließfach versiegelt bleiben muss und nur in Anwesenheit eines Vertreters des Finanzamtes geöffnet werden darf." 

Dass heute dennoch wieder viele glauben, Edelmetalle seien die sicherste aller Geldanlagen, verdankt sich dem kollektiven Vergessen der Lehren von 1933. Zu verführerisch sehen die Chartdarstellungen aus, die Gold allein im zurückliegenden Vierteljahrhundert eine Wertsteigerung um das 600-fache bescheinigen, gemessen in Papierdollar, immer noch die unangefochtene Weltleitwährung. So lange Gold handelbar bleibt und kein Finanzminister oder Präsident dazwischenfunkt, mahnen Verbraucherschützer vergebens. 

Gold zieht, Silber nicht minder, wer zugriff, hat aus heutiger Sicht zu jedem einzelnen Einkaufszeitpunkt in der Vergangenheit richtig gelegen. Das "Spekulationsgut", wie es die Stiftung Warentest nennt, lässt die einst von der Bundesregierung als sicher verkaufte Anlage in Aktien der Deutschen Telekom aussehen wie eine Spekulation in Aktien von Tier-Spezi.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wie Genosse Schalck-Golodkowski demonstrierte, sind auch Kunstwerke/Antiquitäten keine sichere Anlage, wenn dem Staat die Verbindlichkeiten über den Kopf wachsen. Wikipedia geht nicht ins Detail, aber es wurde angeblich eine Steuerschuld konstruiert, die, was für ein Zufall, abgegolten werden konnte mit dem alten Zeug, was da so rumlag.

Schönes Beispiel aus unserem Rechtsstaat war auch der Vorfall, den die Doofis bei Wikipedia verschmitzt als 'Schwabinger Kunstfund' bezeichnen. Was für ein Haufen Arschgeigen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Schwabinger_Kunstfund

Anonym hat gesagt…

Das mit dem "anderen Gold- oder Silberbesitz" hat sich in orientalischen Kreisen wohl nich nicht so recht herumgesprochen, wo Schmuck und Mini"barren" in Edelmetall aus Anlass der Verehelichung an die jeweilige Braut gehangen werden.

Wie es aber mit den Industrie-Edelmetallen aussieht, ohne deren Verkehrsfähigkeit ganze Sparten zum Erliegen... o... warte...

Nun gut. In Feld und/ oder Flur gefundene spätantike bis mittelalterliche Goldtöpfe sprechen eher dafür, im Hier und Jetzt zu konsumieren, da diejenigen, deren Geldgier mit durchsetzungsstarken Machtmitteln korrespondiert, stets den längeren Atem haben.