Donnerstag, 18. Juli 2024

Wunder der Wissenschaft: Was Weiß kann und Schwarz nicht weiß

Erstmals konnten deutsche Forschernde zwei unabhängig voneinander existierende Physiken auf der Erde nachweisen: Bei der einen kühlen dunkle Flächen ihre Umgebung, bei der anderen nur helle.

Es war eines jener miesen Gerüchte, die in fortschrittsfeindlichen Kreisen herumgereicht werden wie das heilige Evangelium. Angeblich, so besagte diese speziell für Klimaleugner entwickelte Fake News, würden Photovoltaikanlagen zur urbanen Erwärmung beitragen. Schuld daran war die als "schwarze Physik" bekannte Naturwissenschaft: Die bestimmt, dass dunkle Flächen den Großteil der Sonnenstrahlung speichern und geben die Wärme zeitverzögert an die Umgebung abgeben. Helle Flächen dagegen reflektieren die Strahlung. 

Missbrauchter Albedo-Effekt

Dieser Albedo-Effekt aber wurde hier gezielt missbraucht, um die krude These zu stützen, dass hellere Körper mehr von der einfallenden Sonnenstrahlung zurückgeschickten, dunkle - wie Solarpanels - dagegen weniger. Die nicht reflektierte Strahlung erwärme nun den Baukörper, später Umgebung. Bei großen Solarparks sogar ganze Landstriche. Wissenschaftler konnte allerdings bald nachweisen, dass das für Solaranlagen nicht gilt: Da sie unabdingbar sind, damit Deutschland seinen Kohlenstoffdioxidausstoß senkt, um die Pariser Klimaziele zu erreichen, die wiederum erreicht werden müssen, damit sich das globale Klima nicht weiter aufheizt, helfen sie vielmehr, die Überhitzung der Städte wirksam abzumildern.

Den Albedo-Effekt hat der Gesetzgeber bereits 2021 außer Kraft gesetzt. Nach einer speziell dafür erlassenen EU-Richtlinie (2021/25574 of the European Parliament and of the Council of 14 December 2021 on the resilience of solar works against light and heavy strutures /Directive 2008/114/EC) wurde die entsprechende europaweit einheitliche Lösung mit dem "Kühlende-Solaranlagen-Gesetz" (KSAG) Ende vergangenen Jahres beinahe fristgemäß in deutsches Recht übertragen. 

Verbot der Aufheizung

Seitdem ist es Solaranlagen nicht mehr gestattet, mit ihren dunklen Oberflächen einen Großteil des Sonnenlichts zu absorbieren und nur einen Bruchteil davon in Strom umzuwandeln. Im Durchschnitt beträgt die Ausbeute etwa 15 Prozent, das ist dreimal so viel wie eine Glühbirne schafft. Studien zeigen, dass das gut klappt. Wo es noch nicht gelingt, kommen Windparks zum Einsatz. Die bis zu 100 Meter langen Rotorblätter der Windräder verteilen Wärme, indem sie Luftmassen verwirbeln und mischen.

Damit ist sichergestellt, dass des Solarparks das umliegende Land kühlen, obwohl sie sehr dunkel sind.  Körpers nicht zur Verfügung. Wo das nicht ausreicht, können neuen Forschungsergebnissen zufolge aber zusätzliche Maßnahmen helfen. Ein deutsches Projekt in Ruanda zeigt, wie ein spezieller heller weißer Anstrich die Temperatur in Gebäuden drastisch reduziert.

Die Forschernden hatten dazu im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen örtlichen Malermeister beauftragt, die Dächer von Schul- und Firmengebäuden in dem afrikanischen Unrechtsstaat mit drei unterschiedlichen Weißtönen zu streichen. In der Praxis konnte der Albedo-Effekt tatsächlich nachgewiesen werden: Im August 2023 lagen die Temperaturen unter einem nicht gestrichenen Schuldach bei 50,2 Grad Celsius, wogegen sie unter dem gestrichenen Schuldach lediglich  29,7 Grad Celsius erreichten. 

Ein fundamentaler Durchbruch

Für die Wissenschaft ist das Cool-White-Projekt  mehr als nur ein fundamentalistischer Durchbruch. Erstmals konnte die Existenz von zwei gegensätzlichen Physiken auf unserem Planeten im Experiment nachgewiesen werden. Während dunkle Flächen die Umgebung in Europa nicht erhitzen, sondern abkühlen, gelingt das in Afrika nur hellen Flächen, nicht aber dunklen. Verblüffend: In Deutschland erreichen dunkle Solaranlagen einen Kühlungseffekt von genau 2,3 Grad. In Afrika schafften die vom einheimischen Malermeister aufgetragenen "passive radiativ kühlenden Materialien" exakt dieselben 2,3 Grad. 

Zu verdanken sei das optischen Eigenschaften, die Sonnenstrahlung sehr effektiv zu reflektieren, ist sich Albert Adibekyan von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) sicher. Im nächsten Schritt des Experiments sollen noch mehr Personen, Gebäude, Dächer und Flächen beteiligt werden, um zu ermitteln, ob sich die Kühlungserfolge wiederholen lassen oder ob doch ein Einsatz von Solaranlagen angeraten ist. Im Anschluss soll die Entwicklung eines Ausbildungsprogramms für Weißmal-Fachkräfte aus Entwicklungs- und Schwellenländern folgen, die künftig mit vor Ort erhältlicher Farbe möglichst viele Dächer und Flächen weiß streichen.


3 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> Entwicklung eines Ausbildungsprogramms für Weißmal-Fachkräfte aus Entwicklungs- und Schwellenländern

Das gibt es doch schon lange.

Siehe auch

Anonym hat gesagt…

Warum streicht man nicht die Solapaneele weiß? Das wären doch 2 Fliegen mit einer Klappe.

irgendwer hat gesagt…

Diesen Effekt könnte man auch in viel größerem Rahmen nutzen:
Statt aber den Himmel weiß zu streichen, könnte man Flugmaschinen erfinden, die Wasserdampf in der oberen Troposphäre emittieren, der dort, in eisigen Temperaturen, zu weißen Wolken gefriert, die sich dann wiederum großflächig verteilen - und das Sonnenlicht zurück in den Weltraum reklektieren, bevor es wetterwirksam wird.

Schöne Idee, aber bis die sich durchsetzt...