Mittwoch, 3. Juli 2024

Welche Haushaltstricks wirklich gegen nervige Grundgesetzbestimmungen helfen

Diese Frage bewegt das politische Berlin: Wie lässt sich das Grundgesetz umgehen, ohne es zu umgehen?

Vor Tagen schon sollte er fertig sein, der Haushaltsplan für das letzte Jahr der Ampelkoalition. Doch nach einer Verschiebung kam die Verschiebung, nach ersten Nachrichten über einen "guten Weg" auf dem man sei, folgten weitere Verzögerungen. Statt Ende Juni wird es nun nicht Anfang Juli, sondern Mitte Juli oder auch später, vielleicht auch gar nicht. Die "entscheidende Woche" (Handelsblatt) ist jedenfalls auch schon halb rum. Um den Druck zu erhöhen, bereitet sich die Union schon demonstrativ auf vorgezogene Neuwahlen vor.

Verteilungskämpfe ohne Ende

Es geht um Milliarden, um harte Einsparungen durch höhere Einnahmen oder umgekehrt, um Verteilungskämpfe zwischen denen, die mehr Soziales wagen, und denen, die lieber an künftige Generationen denken und alles erst erarbeiten wollen, ehe es ausgegeben wird. Mehr Geld wird es nicht werden, eher mehr Geld, das fehlt. Um aber alle Ambitionen unbeschadet zu lassen, braucht es eine Einigung wenigstens für den Moment.

Doch welche cleveren Haushaltstricks helfen wirklich gegen nervige Etatlöcher? Was für effektive Abwehrmethoden hat der Finanzminister gegen Ansprüche, die auch nach einer Steigerung der Ausgaben des Bundes von 276 Milliarden Euro auf 476 Milliarden Euro innerhalb von nur zehn Jahren über zu wenig Geld und zu wenig Gestaltungsmöglichkeiten für echte Fortschrittspolitik klagen? Und welche Möglichkeiten haben die, unter Verweis auf die enorm gestiegenen Ausgaben für alles darauf verweisen, dass es mehr braucht als nur ein paar Milliarden mehr, ihre Vision von einem Staat umzusetzen, der überall allen alles gibt, bis jeder genug hat?

Ausufern der Schuldenlast

Immer wieder ist es die Schuldenbremse, die in den Blickpunkt rückt. Vor 16 Jahren unter begeistertem Beifall von der Großen Koalition beschlossen, gilt die Idee der SPD nicht mehr als sehr guter Weg, "ein Ausufern der Schuldenlast" (Spiegel) zu verhindern. Leider steht die Vorschrift dennoch im Grundgesetz und muss somit zumindest der Form nach beachtet werden - das GG gilt hierzulande anders als die nur völkerrechtlich verbindlichen Maastricht-Kriterien, auf denen die Wertegemeinschaft EU fußt, als schwieriger Gegner. Es lässt sich zwar zeitweise ignorieren, weiträumig umgehen und sogar straflos brechen. Gewinnt aber am Ende irgendwann doch.

Ein probates Mittel, um lästige Vorschriften herumzulavieren, hat Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Einfall Russlands in der Ukraine beherzt ergriffen. Das Sondervermögen für die Bundeswehr, das er Anfang 2022 im Bundestag verkündete, ist ein 100 Milliarden Euro hoher Schuldenberg, der nicht existiert. Er befindet sich außerhalb von Raum und Zeit und verletzt die Schuldenbremse nicht - ganz im Gegensatz zum Geld in der Bundesklimakasse, die vom Bundesverfassungsgericht konfisziert wurde.

Vierfach-X muss mindestens

Viele kleine oder ein XXXXL-Sondervermögen für alles zu schaffen, wäre ein Weg gewesen, alles zu bezahlen, ohne dass die Ausgaben im Kassenbuch auftauchen. Doch diese Chance hat sich die Ampel verbaut, weil die einen es aller Nase lang forderten, um Tatkraft zu beweisen. Und die anderen es ablehnten, um Prinzipientreue zu zeigen.

Das kleine, noch weit höher als der Bund verschuldete Bundesland Sachsen-Anhalt allerdings hat eine Methode ausbaldowert, sich ein Sondervermögen zu verschaffen, ohne dass die dazu aufgenommenen Kredite als Schulden gelten. Dazu hat die Landesregierung einen Kredit aufgenommen, diesen aber an die landeseigene Immobilien- und Projektmanagementgesellschaft Sachsen-Anhalt (IPS) weitergereicht. 

Fiktion der Investition

Die eigens gegründete GmbH führt die Einnahme als Verbindlichkeit und nutzt sie etwa zum Neubau einer Uniklinik für etwas mehr als eine Milliarde. Die Landesregierung aber muss die Schulden nicht als Minus im Kassenbuch verbuchen, weil die Uniklinik, wenn sie eines Tages fertig ist, Miete an die IPS zahlen wird und die Milliarde so wieder eingespielt wird. Zumindest, wenn es der Uniklinik gelingt, dann erstmals mit einem positiven Betriebsergebnis zu wirtschaften.

Eine Milliarde würde dem Bund nichts nützen. Diese Summe wäre nur Kleingeld, das allein durch seine Verteilung verbraucht würde. 160 bis mindestens 1.600 Milliarden Euro hatte Bundesklimawirtschaftsminister Robert Habeck deshalb ins Spiel gebracht - doch die Höhe der Summe spielt bei der Umsetzung des Sachsen-Anhalt-Modells im Grunde auch gar keine Rolle. 

Vorbild Grenzlager

Egal, um welches Volumen es geht, wichtig ist nur, dass die Kreditaufnahme und -weitergabe mit der Fiktion einer späteren Rückzahlung aus Einnahmen verbunden würde. Die von der EU geplanten Asyllager an den Außengrenzen liefern hier eine passgenaue Lösung: Ihre Insassen werden irgendwann unter dem geheimnisumwitterten Status "legal fiction of non-entry" geführt werden. Sie halten sich dann in der EU auf, ohne in der EU zu sein.

Ein Muster, das sich durch die Schaffung einer von der Bundesworthülsenfabrik (BWHF) bereits vorgeschlagenen Klassifizierung einer "Legal fiction of non-indebtedness" problemlos auf das leidige Gebiet der Staatsverschuldung übertragen lassen würde. Jeder zusätzliche Schuldeneuro wäre ein Euro an zusätzlichen Volksvermögen, wenn auch nicht sofort, sondern zu einem - möglicherweise sehr weit - in der Zukunft liegenden Zeitpunkt.


4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Welche Schlagzeile grinst einen nach dem Einschalten zuerst an?

> Meteorologen kündigen "deutschen Höllensommer" an. <

Man kann gar nicht so viel verzehren, wie man sich übergeben möchte.

Die Anmerkung hat gesagt…

Ich wußte bis eben noch gar nicht, daß der Benecke Metereologe ist.

https://www.t-online.de/klima/leben-umwelt/id_100360898/klimawandel-biologe-mark-benecke-sagt-hoellensommer-voraus.html

irgendwer hat gesagt…

Diese rechte, ausgrenzende Panikmache vor Höllensommern, die doch gerade höllensommergewohnten Neubürgern ein wohliges Gefühl des Willkommens geben soll, befremdet.

Denn gerade der Höllensommergewohnte soll sich doch hier eingewöhnen.

Und, über "Willkommensgebühr", "Transitsteuer" und die pauschalierte Umsatzsteuerpflicht auf Transportleistungen (vulgo: "Gute Schleuser-Steuer"), die Rekordsteuereinnahmen auch in kommenden Jahren kräftig sprudeln lassen - den Jahren der Dankbarkeit für achtsam vorausschauende, nachhaltige Ampelpolitik.
Ja, Ampelpolitik: Denn zur bunten Ampel gehört schließlich auch das schwarze Gehäuse, das alles zusammenhält.

Anonym hat gesagt…

Benecke

Älittelbördtohldmie, dass er auch zu Hauaha seine Auserwählten gehört, wenn auch nur anne Peripherie.