Montag, 8. Juli 2024

Rares für Bares: Auf gepackten Koffern

Fleißige Fachkräfte werden überall gebraucht - und seit den von der Ampel in Aussicht gestellten Steuererleichterungen für Neuankömmlinge sitzen Experten überall auf gepackten Koffern.

Schon sitzen sie überall auf gepackten Koffern in Großbritannien, Norwegen, der Schweiz, in Österreich und natürlich vor allem in Spanien und Portugal. Seit die Bundesregierung mit dem Wachstumsturbo ein Signal in die Welt gesendet hat, das Deutschland eine tiefere soziale Spaltung auf Zeit in Kauf nehmen wird, um mit einem erneuten "Wumms" in der Wirtschaft Spielräume für mehr Umverteilung im Zuge der großen Transformation zu schaffen, erfreut sich Deutschland mehr noch als bisher äußerst sehr beliebt höchster Beliebtheit bei Einwanderern aus allen Teilen der Welt.

Weggewischt die Angst

Wie weggewischt scheint die Angst vor der bevorstehenden Machtergreifung der Faschisten, zu verlockend ist die Aussicht für die Neuankömmlinge, über drei Jahre hinweg ein Fünftel weniger Steuern zahlen zu müssen als die anderen Mitarbeiter in der Behörde, die Kolleginnen in der Klinik oder der Chef im Restaurant. 

Die Ampel macht Deutschland zum Fachkräftemagneten: Zuwanderer, die sich jetzt entschließen, nach Deutschland zu kommen, zahlen im Grunde genommen künftig weniger als doppelt so viel als sie an den Fiskus abgeben müssten, würden sie nach Amerika gehen. Dort hatte das Präsidentenpaar Biden zuletzt auf ein Einkommen von 620.000 Dollar 146.629 Dollar an Bundessteuern zu zahlen. Das entspricht einem Steuersatz von 23,7 Prozent. In Deutschland wären etwa 100.000 Euro mehr fällig gewesen. Der Steuersatz liegt bei etwa 40 Prozent.

Fachkräfterabatt für Freiwillige

Mit dem Fachkräfterabatt, den Rot-Grün-Gelb jetzt ausgelobt haben, sinkt er allerdings kräftig auf nur noch 36 Prozent. Damit ist Deutschland für Steuerzahler noch attraktiver, so lange sie nicht schon länger hier leben. Zudem wird jeder, der kommt, Teil eines weltgeschichtlich einmaligen Experiment: Lässt sich ein Land mit kosmetischen Hilfsmitteln in eine turn around story verwandeln? Reichen klitzekleine Änderungen am Verkündungsvokabular, um Wachstum aus dem Nichts zu erzeugen? Ist die Beschwörung, dass alle weniger bekommen, danach aber mehr, genug, um die Stimmung aufzuhellen?

Für fünf Euro Kindergeld und etwas über 600 Euro mehr Abgeordnetendiäten greift die Koalition sich tief in die leere Tasche. Der Sparhaushalt erzählt ansonsten vor brutalen Einschnitten nach oben: Der Bundeshaushalt für 2024 liegt bei 479,8 Milliarden Euro, 39 Milliarden davon sind neue Schulden. Für 2025 plant die Koalition dann nur noch 481 Milliarden Euro Ausgaben, finanziert aus Rekordeinnahmen in Höhe von 430 Milliarden und neuen schuldenbremsenkonformen Schulden von etwas über 50 Milliarden Euro. 

Deutlich über Maastricht

Das Loch zwischen Einnahmen und Ausgaben läge dann planmäßig nur noch etwa dort, wo es heute auch liegt: Deutlich über den völkerrrechtlich verbindlichen Maastricht-Kriterien. Aber weit niedriger als bei den meisten Partnerstaaten, deren Schulden im Durchschnitt bei mehr als 90 Prozent (in der Eurozone bei knapp 98 Prozent) des BIP liegen - also so absurd weit weg vom gemeinsam fest vereinbarten Ziel, dass keine der anderen großen Führungsnationen der Wertegemeinschaft jemals Kritik am deutschen Weg äußern wird.

Der "Triple-Wumms" bildet damit eine feste Basis für einen Aufschwung, für den die Bundesregierung im Verlaufe von 23 gemeinsamen Sitzungen mit "insgesamt rund 80 Stunden" Dauer bereits einen Zielwert von 0,5 Prozent festgelegt hat. Der im Bürokratendeutsch auch als "Konjunkturinitiative" bezeichnete Wachstumsturbo funktioniert auf bewährte Weise: Über das Kindergeld wird mehr Bares in den Volkskörper gepumpt, über den Wegfall der Steuerklassen 3 und 5 hingegen verschafft sich der Bundesfinanzminister ein zinsloses Darlehen von den Bürgerinnen und Bürgern, aus dem er diese großzügige Geste finanzieren kann. 

Ein geschicktes Manöver im Zuge des AfD-Förder-Programms: Wer schon länger da ist und das Gefühl hat, alles sei viel teurer geworden, hat nun erstmal ein paar Euro netto weniger pro Monat, muss aber später nicht mehr so viel nachzahlen. Wer neu hinzugestoßen ist, darf sich dagegen freuen: Er zahlt gleich weniger, aber auch später nicht mehr. Erst, wenn er drei Jahre durchgehalten hat, steigt sein Steuersatz auf den der Schonlängerhierarbeitenden.

Weniger statt mehr

Weil Rentner und Rentnerinnen künftig weniger Steuern zahlen müssen, wenn sie weiterarbeiten, und dazu auch Überstunden zumindest in den tarifgebundenen Teilen der Wirtschaft steuerfrei gestellt werden, ist vorgesehen, dass die Wirtschaftsleistung um fast 26 Milliarden Euro von derzeit 3,77 Billionen Euro auf dann 3,79 Billionen steigt.  Die Spitzen der Ampel gehen davon aus, dass Bürgerinnen und Bürger sich dadurch veranlasst sehen werden, wieder in die Geschäfte zu pilgern, um ihrem Hang zum klimaschädlichen Konsum nachzugehen. Die Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer können dann gezielt in soziale Entlastungsmaßnahmen für steigende Energiepreise, Klimaprojekte und den Umbau der Wirtschaft gesteckt werden.

Das hat alles Hand und Fuß, aber natürlich sind da gleich wieder die, die den Erfolg leugnen, noch ehe er sich eingestellt hat. Auf der Rechten ist wie stets die Rede von rausgeschmissenem Geld, Wolkenkuckucksheimen und der Unfähigkeit der Bundesregierung, konkret auch nur eine einzige Sparmaßnahme zu nennen. Von links hingegen wird der in den zurückliegenden zehn Jahren von 296 Milliarden um mehr als 60 Prozent auf nun 481 Milliarden aufgeblähte neue Bundeshaushalt als "Zukunftsbremse" beschimpft. Wenn das Bruttoinlandsprodukt im Jahr nur noch durchschnittlich um ein Prozent wachse, sei eine Ausweitung der Staatsausgaben von nur knapp über sechs Prozent jährlich nicht ausreichend, um einen selbsttragenden Aufschwung auszulösen.

Die Axt der sozialen Spaltung

Wirtschaftsvoodoo-Experten wie der Inflationsprediger Marcel Fratzscher oder der emeritierte Armutslobbyist Ulrich Schneider beklagen, dass hier mit der Axt der sozialen Spaltung zugeschlagen werde, statt mehr Frauen in Arbeit zu zwingen und Wohlhabende härter zu besteuern. "Wir haben eine Rekordarmut in Deutschland, Menschen in Hartz IV und Altersgrundsicherung wissen angesichts der explodierenden Lebenshaltungskosten nicht mehr ein noch aus, das gesamte Pflegesystem steht vor dem Kollaps, bezahlbare Wohnungen fehlen zu Hunderttausenden", malt Schneider angesichts von Zahlen  schwarz, nach denen inzwischen jedes siebte Kind in Deutschland armutsgefährdet ist, nicht mehr nur jedes fünfte.

Dient Schneider und Fratzscher der "Fetisch der schwarzen Null" als zentrales Feindbild, sind es für viele Zuwandererverbände die neuen Maßgaben zur Mitarbeit, die für Neuankömmlinge gelten sollen. Bisher musste niemand, der nach Deutschland kam, Steuern zahlen oder Abgaben leisten, wenn er nicht wollte. Es stand ihm in der Regel eine kostenlose Unterkunft zu, er bekam Geld für Ernährung und Kleidung und gesellschaftliche Teilhabe, um ihnen die Aufgabe zu erleichtern, später einmal die Renten der Schonlängerhierlebenden "zu bezahlen" (Ricarda Lang). Damit soll nun Schluss sein, die erhoffte neue Welle der einwandernden Fachkräfte muss sich von Anfang an einen recht lukrativen Job besorgen, um dasselbe Einkommen zu erreichen, das bisherige Zuzügler als sogenannte Grundleistung zustand.

Nie nachgewiesene Pulleffekte

Deutlich mehr als den Mindestlohn braucht es, um zumindest auf 200 Euro mehr als die 1.300 bis 1.500 Euro zu kommen, die einem Bürgergeldempfänger zustehen. Da das auch aus Sicht der Ampelspitzen zu wenig Pulleffekte auszulösen verspricht, haben Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner sich für eine Zangenbewegung entschieden, die arbeitsfähige, aber unwillige Bürgergeldempfänger freiwillig in Arbeit zwingen soll. Mit einer neuen "bürokratiearmen Meldepflicht" (BAM) sollen Betroffene dauerhaft unter Aufsicht gestellt und verpflichtet werden, sich einmal im Monat bei ihrer betreuenden Amtsperson bei der Bundesagentur für Arbeit zu melden. 

Die Hoffnungen der Bundesregierung ruhen hier natürlich darauf, dass eine Vielzahl neuer Beamten für die Entgegennahme, Prüfung und Kontrolle der Monat für Monat eingehenden 5,5 Millionen Meldungen benötigt werden. Gerade die aufgrund der Steuerrabbattversprechen  neu zuströmenden Menschen aus bürokratisch hochorganisierten Ländern wie Syrien, dem Irak oder Pakistan können über diese Brücke einen schnellen Direkteinstieg in den deutschen Arbeitsmarkt schaffen. Geplant ist zudem, die neu zu errichtende Bürgergeldmeldungskontrollbehörde (BGMKB) im Rahmen der Bundesbehördenansiedlungsoffensive (BBAO) in einem der früheren Braunkohlereviere im Osten aufzubauen.


2 Kommentare:

irgendwer hat gesagt…

Und ich dachte, die wollen bloß den Nagelsmann mit Hauptwohnsitz wieder nach Deutschland holen.

ppq hat gesagt…

ist das eine verschwörungstheorie? sorry, verschwörungserzählung?