Mittwoch, 10. Juli 2024

Kampfansage aus Europa: Aufbruch ins All

Die Ariane 6 ist ein neuer Nostalgie-Nachbau des Aggregats 4, das vor 85 Jahren als erstes menschengemachtes Objekt von Peenemünde aus den Weltraum flog.

Glücklich lagen sie sich in den Armen, endlich war es geschafft. Die Rakete Ariane 6 erlaubt es Europa wieder, ganz allein ins Weltall zu gelangen - der mächtigste Wirtschaftsraum der Erde ist damit wieder auf Augenhöhe mit den USA, mit China, Russland und Indien. Der Jubel war unüberhörbar, die Erleichterung nicht zu übersehen. 

Die Rückkehr ins All ist viel mehr als nur die Wiederholung einer technischen Großtat, die vor 85 Jahren unter der Leitung von Wernher von Braun mit dem Aggregat 4 (A4) zum ersten Mal gelungen war. Sie ist auch ein Zeichen an den Rest der Erde: Europa kann es noch. Europa ist noch da. Europa, vor 14 Jahren mit der unvergessenen "Lissabon-Strategie" auf dem besten Weg, sich selbst bis zum Jahr 2020 in den wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu verwandeln, kann immer noch, was es 1939 konnte.

Neustart des Pannenkontinents

Die EU, im Ausland oft als "Pannenkontinent" verhöhnt und ungeachtet ihrer Selbsteinordnung als moralische Weltmacht neugierig dabei beobachtet, wie sich eine Gruppe von hochindustrialisierten Staaten durch eine Vereinigung in Bürokratie und Behäbigkeit zielstrebig selbst in Entwicklungsländer verwandeln, hatte nach langem Warten einen Punkt gesetzt.  

Nach einem ganzen Jahr ohne Starts fliegt sie wieder, hoch hinaus und stolz. Dabei ist die neue Rakete Ariane 6 ein echtes Europa-Kind: Sie wurde vier Jahre zu spät fertig, die Entwicklung war viel teurer als geplant und das 2014 ausgegebene Ziel, künftig einen Raumflug für nur etwa 70 Millionen Euro abwickeln zu können, wurde um den traditionellen Europa-Multiplikator 2 verpasst: Ein Ariane-Start wird für 160 Millionen zu haben sein. Das ist etwa das, was ein Flug mit dem Vorgängermodell Ariane 5 kostete.

Auf der Höhe der Zeit

Wenigstens ist die Ariadne 6 aber auf der Höhe der Zeit. Der neue Europaflugkörper wird von unzähligen beteiligten Firmen in der ganzen EU zusammengeschraubt, eifersüchtig haben sie die einzelnen Nationen Anteile ausgehandelt: Das eine Teil wird durch gelötet, das andere da geschweißt, alles zusammen wird an schleißend von Kompetenz-Clustern zu Kompetenz-Cluster mehrfach quer über den Kontinent transportiert und schließlich zum sogenannten französischen Überseegebiet Französisch-Guayana verschifft, eine umbenannte französische Kolonie, in der sich das ESA-Raumfahrtzentrums Centre Spatial Guyanais befindet.

Globaler geht es nicht. Die Ariane 6 ist halb so groß wie eine "Falcon Heavy" des US-Unternehmens Space X, sie kann etwa ein Drittel der Nutzlast der fünf Jahre alten Konkurrentin ins All transportieren, und das zu Kosten, die etwa beim Dreifachen liegen. Dass die Krone der Raumfahrttechnik des Kontinents, auf dem die Raumfahrttechnik erfunden wurde, nur einmal verwendbar ist, versteht sich von selbst. Bei nur zehn Jahren Entwicklungszeit blieb kein Spielraum, mehr zu erfinden als die Möglichkeit, die Booster der neuen Ariane nach dem Abschalten noch einmal zünden zu können, um die 500 bis 700 Tonnen Metall kontrolliert abstützen zu lassen. 

Prähistorischer Flugkörper

30 Flüge plant die ESA mit ihrem funkelnagelneuen prähistorischen Raumschiff dennoch bereits, zum Glück gibt es Kunden, bei denen es auf die Kosten nicht ankommt. Den Rest übernimmt ein eigens geschaffener Defizit-Ausgleichsmechanismus namens EGAS (European Guaranteed Access to Space), der für alles aufkommt, was teurer als erwartet wird. 

Anfangs reichten dafür 140 Millionen Euro im Jahr, zuletzt fordert die zuständige Ariane-Group eine Erhöhung des Zuschusses auf 350 Millionen Euro, um weitermachen zu können. Für Europa wichtig ist das auf ähnlich Weise wie das Weltraumkommando der Bundeswehr: Space X allein fliegt in diesem Jahr voraussichtlich 144 Mal ins Weltall. Die ESA sieht künftig neun Starts jährlich vor, wenn es erst so weit ist, aber wann genau, will noch niemand verraten.

Oder ob überhaupt: Wegen eines "Triebwerksproblems" konnte die Ariane 6 ihr Premiumfeature, die Oberstufe noch einmal zu zünden, um dann in der Atmosphäre zu verglühen, diesmal noch nicht zeigen. Europas Stolz und große Hoffnung kreist nun um den Planeten, den unten Gebliebenen zur Mahnung: Wer hoch hinaus will, soll jemanden fragen, der schon mal da war.


5 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> 30 Flüge plant die ESA

Das reicht bei weitem nicht, all die Pappnasen der EU hintern Mond zu schießen.

Anonym hat gesagt…

Das sind am Ende die Milliarden, die am Sieg üer Putin fehlen. Es denn, man baut die um zu V3 Raketen.

Die Anmerkung hat gesagt…

Tour der Arbeiterklasse auf der DDR Mondbasis

https://www.youtube.com/watch?v=wR8p8wYJGq4

ppq hat gesagt…

die fallen uns selbst auf den kopp

Volker hat gesagt…

Immerhin ist die Ariane 6 einsatzbereit. Was man von vaporware wie N1 oder Yenisei nicht sagen kann.