Donnerstag, 25. Juli 2024

Grundreinigung in Lummerland: Ganz in Weiß

Eine Nachbearbeitung der Jim-Knopf-Filme könnte weitere rassische Klischees ausmerzen.


Es sollte nur eine dieser Verfilmungen werden, die einer neuen Generation die charmanten Helden ihrer Eltern nahebringt. "Jim Knopf und die wilde 13" entstand im ostdeutschen Brandenburg, in einer Filmfabrik der ehemaligen Ex-DDR, ein "rührendes Aufeinandertreffen", so der "Tagesspiegel", von westdeutscher Hochkultur und ostdeutscher Provinzialität. Auch in Südafrika wurde wieder gedreht, das Land gilt als beste Klischeekulisse für die kolonialen Fantasien des bundesdeutschen Autos Michael Ende, der als Sohn eines entarteten Künstlers geboren wurde, aber mit der Erfindung des Landes Lummerland selbst über Jahrzehnte als unumstrittener Fortschrittsschriftsteller galt.

Knopfs völkische Wurzeln

Erst spät wurden die völkischen Wurzeln des 1995 verstorbenen Kulturschaffenden entdeckt, erst noch viel später wurden sie ausrissen und ausgebrannt. Titelheld Jim Knopf, ursprünglich ein Schwarzer Mensch, wurde gebleicht, um dem Buchklassiker den Rassismus auszutreiben. Seine Lippen wurden schmaler, das N-Wort wurde ersetzt und ein einordnendes Nachwort sorgt nun dafür, dass Kinder "bestimmte sprachliche Elemente nicht in ihre Alltagssprache übernehmen", wie das als Prüf- und Kontrollbehörde fungierende Bundesblogampelamt (BBAA) im mecklenburgsichen Warin in einer Pressemitteilung einordnet.

Ein Sieg für die Menschlichkeit, ein Sieg des Fortschritts über das rückwärtsgewandte Beharren konservativer Kräfte auf unveränderten Originaltexten. Die neue, bereinigte Fassung zeigt einen Jim Knopf, der daheim ist in einer Zeit, die mitten in der Transformation steckt: Sein Lummerland ist noch nicht vollständig demokratisiert, nicht einmal EU-Beitrittskandidat und auch über die Arbeitsbedingungen der dortigen Lokführer ist kaum etwas bekannt. 

Heizpumpe für Herrn Ärmel

Doch die Lummerlandbewohner, zumeist noch daheim in klimabelastenden Einfamilienhäusern, leben nun im besten Lummerland, das sie je hatte. Im Laden von Frau Waas ist nichts zu sehen von Lieferkettenprobelmen oder höheren Preisen. Das Haus von Herrn Ärmel wird wohl demnächst gedämmt und mit einer Heizpumpe ausgestattet. Das Schloss von König Alfons dem Viertel-vor-Zwölften fungiert als fröhliches monarchisches Symbol wie Brüssels Barleymont-Palast, nicht als Machtzentrum.

Die Überarbeitung des Buches auf den nunmehr gerade aktuellen Stand aber werfen auch Fragen auf. Die heute schon sechs und vier Jahre alten Verfilmungen zeigen sich unvorbereiteten jungen Zuschauern weiterhin als stupide Übersetzungen der falschen Buchschwerpunkte auf die Kinoleinwand. Lukas der Lokomotivführer ist ein alter, weißer Mann. Jim Knopf ein augenscheinlich schwarzer Junge, dem zudem aufgetragen ist, eine klischeehaft weiße und wehrlose "Prinzessin Li Si" aus den Fängen eines Drachens zu befreien. 

Bürgerrechtler protestieren

Für die Bürgerrechtsorganisationen European Moral Rights (EMR), Gesellschaft für Einheitsrechte (GFE) und Global Witness of Shame (GWoS) kein Zustand, der geduldet werden kann. "Wir sind sicher, dass auch Micahel Ende heute wollen würde, dass seine Geschichten so dargestellt werden, dass an ihrer Botschaft kein Zweifel bestehen kann", sagt die GFE-Vorsitzende Barbar Rabenstic. Ende haben zu seiner Zeit nicht wissen können, wie sich die Herangehensweise an die Akzeptanz von Fremden und die Toleranz für Andersartiges mit der Zeit entwickeln werde. "Sonst hätte er seine Bücher ohne Zweifel gleich ganz anders geschrieben." Nun, wo die Knopf-Bände auf einen zeitgemäßen Stand gebracht worden seien, sei es aber Zeit, auch die Filme umzugestalten. "Sie sollen ruhig spannend und humorvoll bleiben, aber auf eine lehrreiche Weise."

Global Witness of Shame (GWoS), eine Organisation, die sich auch dem klimagerechten Kampf für eine nachhaltige Umwelt widmet, verweist zudem auf problematische Details in Endes Werk. So sei Lummerland als schwimmende Insel ganz besonders vom Anstieg der Weltozeane infolge des Klimawandels betroffen. "Allein findet sich weder in den Büchern noch in den Verfilmungen ein Hinweis darauf", beschreibt Karoletta Tastabi von GWoS. 

Lummerland-Volk ohne Raum?

Als bedrückend empfänden viele Betroffene auch die von Michael Ende aufgemachte krude These, dass Lummerland als Insel zu klein für alle Bewohner werden könne. "Das ist natürlich eine Erfindung, die direkt auf das Konto der rechtsextremistischen Fremdenfeinde einzahlt", ist die studierte Moralologin Tastabi sicher. Solche verqueren Schuldzuweisungen nicht nur aus dem berühmten Kinderbuch, sondern auch aus den beiden Filmen zu entfernen, sei "keine Ausgeburt woker Selbstgerechtigkeit", sondern Ausweis eines gesunden Verhältnisses zur Sprache. 

"Es reicht eben nicht, Jim Knopf und dem Lokführer Lukas aus guten pädagogischen Gründen die gesundheitsschädliche Pfeife aus dem Mund zu nehmen", findet die Geschäftsführerin des größten deutschen Moralverbandes, "sondern es braucht zwingend eine moralhygienische Grundreinigung eines Werkes, das in dieser Form einfach nicht mehr in unsere Zeit passt".


3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Jim Knopf ist ein Name, den ein Sklavenhalter einem vorwitzigen N-Wort geben würde. Bin nicht an Bord.

Anonym hat gesagt…

Das schlimmste an der ganzen Geschichte ist ja,
das Lummerland durch die mit rein fossilen Brennstoffen
angetriebene Lokomotive den höchsten pro-Kopf-CO2-Ausstoß
der ganzen Welt hat. Spätestens bis 2030 sollten die Filme
und das Buch verbrannt werden. Tschuldigung: kompostiert
und zu Biogas verarbeitet werden.

Anonym hat gesagt…

Though I reject that term as such, I'm a racist. As a matter of course.