Donnerstag, 4. Juli 2024

Graue-Wölfe-Gruß: Das wird man doch wohl noch zeigen dürfen

Der Schweigefuchs bereitet der Bundesinnenministerin Kopfzerbrechen.

Es war kein Hitlergruß, nicht der große und nicht der kleine. Kein "Döp DöpDöp Dö", kein "Deutschland den Deutschen", kein seit einem Amtsgerichtsurteil von 2006 strikt verbotenes "Alles für D-Wort" oder gar ein provokativ verknapptes "Alles für...", um das Verbot zu umgehen. Als der türkische Torschütze Merih Demiral im Stadion in Sachsen den Faschisten-Gruß der Grauen Wölfe, zeigte, zwei verkrümmte Hände mit Schnauze und langen Ohren, wäre das in Österreich eine Straftat gewesen. In Deutschland hingegen brach nur die übliche Aufregung aus.

"Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen", schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die Fußball-Europameisterschaft als Plattform für Rassismus zu nutzen, sei "völlig inakzeptabel".

Faeser ruft nach der Uefa

Die als "Herrenrasse", die "minderwertige Menschen" (Gesellschaft für Bedrohte Völker) wie Kurden, Juden, Christen, Armenier, Jesiden und Aleviten ausrotten muss, das mag im deutschen Alltag soweit zulässig sein, dass bisher alle Versuche, die türkische Nazi-Organisation zu verbieten, gescheitert sind. Aber im Stadion! Bei der Fußball-Europameisterschaft! Für Nancy Faeser hört sich da alles auf. Jetzt müsse die Uefa aber wirklich tun, was die deutsche Politik bisher nicht hinbekommen konnte. Durchgreifen.

"Wir erwarten, dass die Uefa den Fall untersucht und Sanktionen prüft", hat die Bundesinnenministerin klare Kante gezeigt wie immer, wenn deutsche Sicherheitsbehörden etwas "fest im Blick haben" (Faser), ohne dass es deshalb zu Störungen des Normalbetriebes kommt. 

Die Grauen Wölfe, bundesweit im mehr als 300 Vereinen mit mehr als 18.500 Mitgliedern organisiert, stehen unter der Beobachtung des Bundesamts für Verfassungsschutz. Doch die "größte rechtsextreme Organisation in Deutschland" (Bundeszentrale für politische Bildung) erfreut sich ungeachtet ihrer "gegen das im Grundgesetz formulierte Prinzip der Menschenwürde" (BPB) gerichteten Bestrebungen uneingeschränkter Betätigungsmöglichkeiten.

Hitler-Gruß der Grauen Wölfe

Der in deutschen Kindergärten als "Schweigefuchs" bezeichnete Gruß aus abgestrecktem Zeige- und kleinem Finger mit zu einer Schnauze zusammengepresstem Restfingervorrat ist zwar der Hitler-Gruß der Grauen Wölfe, die den früheren Führer und Reichskanzler als eines ihrer Vorbilder verehren. Doch im Unterschied zu Österreich, das das Zeigen des symbolischen Stempels, den Türkentum und Islam der Welt aufdrücken wollen, bereits vor fünf Jahren verboten hat, scheiterten alle entsprechenden Anläufe in Deutschland an...

Man weiß es nicht. 2020 bliesen CDU/CSU, SPD, FDP und die Grünen im Bundestag zuletzt die Backen auf und sie verabschiedeten den gemeinsamen Antrag "Nationalismus und Rassismus die Stirn bieten – Einfluss der Ülkücü-Bewegung zurückdrängen", der ankündigte, den gegen Einfluss der Bewegung, die "militant und gewaltsam" auftrete und "auf einer nationalistischen und rassistischen Ideologie" fuße, "im europäischen Verbund" vorzugehen. Dabei seien unter anderem auch entsprechende Organisationsverbote zu prüfen. Direkt verbieten aber wollte die Parlamentsmehrheit damals nichts - entsprechende Anträge von Linkspartei und AfD fielen durch.

Vorsicht und Rücksichtnahme

Erst drei Jahre später wurde die Frage wieder "dringend" (Tagesspiegel), weil die neue Ampel-Innenministerin ähnlich aktiv "in dieser Richtung" (Tagesspiegel) gewesen war wie ihr Vorgänger Horst Seehofer. Wie tief die Sozialdemokratin im Stoff steht, zeigte sie selbst bei X: Auf einem Bild, das mittlerweile gelöscht wurde, posiert Nancy Faeser mit einer Gruppe von Personen, in der ein Mann den Wolfsgruß vorführt. 

Warum auch nicht. Weder die Grauen Wölfe noch deren Erkennungszeichen, das "rechtsextrem" ist und "für Terror, Faschismus" steht, wie der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir befindet, sind in Deutschland verboten. Auch der Verfassungsschutz warnt: "In entsprechendem Zusammenhang kann das Zeigen des „Wolfsgrußes“ als Bekenntnis zur „Ülkücü“-Ideologie gewertet werden". Muss aber nicht.

Ein Verbot besteht nicht

2018 schon hatte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ermitteln können, dass es schwer ist, den Gruß zu verbieten, wenn die grüßende Organisation nicht verboten ist. "Die Verwendung von Kennzeichen der „Grauen Wölfe“ wäre nach § 9 VereinsG nur verboten, wenn ein Verein, der diese Kennzeichen verwendet, seinerseits nach § 3 VereinsG verboten wäre", heißt es da. Ein entsprechendes Verbot des Bundesministers den Innern (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VereinsG) aber "besteht nicht". 

Mit gutem Grund, denn Wölfe-Partei MHP  ist ein wichtiger strategischer Verbündeter der Erdoğan-Regierung in Ankara, die bei allem, was was den AKP-Chef so "schwierig" (DPA) macht, immer noch der Mann ist, der die Südostflanke der Nato bewacht.

Was soll man da machen? Und wer? Die Uefa, natürlich, die Uefa muss helfen. Die könnte Merih Demiral für ein Spiel sperren, dann wäre die Aufregungswoche auf jeden Fall rum und alles könnte dann wieder sein zuvor. Die Begründung liegt auf der Hand: Im Stadion hatten politische Gesten schließlich noch nie etwas zu suchen.



4 Kommentare:

Gerry hat gesagt…

Träumchen. Ein Fall, wo ppq wieder zu Höchstform auflaufen kann und tut.

"Die als "Herrenrasse", die "minderwertige Menschen" ... ausrotten muss, das mag im deutschen Alltag soweit zulässig sein..." :D

Wusste ich bisher auch nicht, dass, wenn ich den Kindern Schattenspiele und Figuren beibringe, rechtsextreme Symbolik aus dem westasiatischen Raum vermittele.

Hase, Du bleibst hier... hat gesagt…

So ein Stinkefinger im Straßenverkehr oder gar gegen eine Uniform wird richtig teuer. Und HeavyMetalfans müssen aufpassen, dass die Finger nicht verrutschen. By the way, bei TEMU gibt's das Deutschlandtrikot ausschließlich mit der Rückennummer 18. Die spinnen, die Chinesen.

Anonym hat gesagt…

Das ist kein Wolf, dass ist ein Häschen. Schwul.

irgendwer hat gesagt…

Die "Grauen Wölfe" verbieten geht gar nicht, denn so eine Organisation gibt es nicht.

Es gibt Idealisten. Aber wer wollte schon Idealisten verbieten, zumal die dann auch noch in den guten alten deutschen Parteien aktiv sind? Soll man z. B. die SPD verbieten, weil da ein paar Idealisten den kindlich unschuldigen Schweigefuchs zum "Hallo"-Sagen benutzen - nur damit die das dann nicht mehr können?