Freitag, 19. Juli 2024

Forschender: "Zusammenbruch ist Basis des Erfolgs"

Ohne die manische Fixierung auf den Fetisch des sogenanntes "Wirtschaftswachstums" bleibt nach Überzeugung der modernen Ökonomik mehr Zeit für ein gutes Leben.

Schlechte Stimmung, kaputtgeredete Unternehmen, vorübergehend nicht backende Bäckereien und Exportzahlen, die Übles befürchten lassen. Deutschland steckt im vierten Jahr hintereinander nicht nur in einer wirtschaftlichen und finanziellen Notlage, sondern auch in einer schweren mentalen Depression. Je schlechter es aussieht, desto schlimmer die Stimmung. Je schlimmer die Stimmung, desto verzweifelter das Bemühen, mit ihr Schritt zu halten.

Vermeintliche Zerfallserscheinungen

Hatten Regierungsvertreter in den zurückliegenden Monaten noch hartnäckig versucht, die Lage schönzumalen, zeigten sich zuletzt auch hier Zerfallserscheinungen. Nicht vom kommenden Wirtschaftswunder wie in den 50er Jahren und einem Sprung Deutschlands an die Spitze der weltweiten Vorbildhitparade beim grünen Umbau war mehr die Rede, sondern von der "peinlichen" (Lindner) Schwäche der ehemals so stolzen Industrie und davon, dass die Lage so schrecklich sei, dass nur die Worte "dramatisch schlecht" (Habeck) sie einigermaßen zutreffend beschreiben.

Eoman Vonnegut hält das für fahrlässig. Der Wirtschaftswissenschaftler vom Schweriner Carlson-Institut für ganzheitliche Ökonomie (CIGÖ) sieht in der aktuellen Konjunkturflaute den Vorboten hervorragender Zeiten für Deutschland, Europa und den Rest der entwickelten Welt. Eine Angstmache vor schwachem Wachstum, einer technischen Rezession über zwei Quartale hinweg, die von den Bundesstatistikern vielleicht nicht mehr weggerechnet werden kann, oder sogar einer langanhaltenden oder dauerhaften Depression lehnt der Nachhaltigskeitsökonom ab. "Schon allein mit Blick auf das Klima sollte uns ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts über die letzten Quartale hinaus nicht betrüben, sondern freuen, weil jede Minderung der Wirtschaftsleistung uns den Pariser Klimazielen näherbringt."

Gegen der Chor der Mollsänger

Vonnegut weiß, dass seine These im ersten Augenblick provokant klingt. Ohne Wirtschaftswachstum fehlt das Geld, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, es fehlt das Geld, die Bürgerinnen und Bürger für Wohlstandsverluste auf dem Weg zur Klimaneutralität Europas als erstem Kontinent weltweit zu entschädigen. "Und Steuersenkungen, damit der nationale Konsum in Schwung kommt, sind auch nicht drin", ist der 43-jährige studierte Volkswirt sicher. 

Vonnegut aber, der sich selbst als Fratzscher-Schüler sieht, will nicht in den Chor einstimmen, der nur noch Molltöne singt. "Was wir sehen, ist im Moment nur eine technische Rezession, aber daraus kann durchaus ein deutlich breiter angelegter und länger anhaltenden Rückgang der Wirtschaftsleistung werden." 

Der würde dann zu einem Niedergang führen, der sich mit staatlichen Ausgaben nicht mehr aufhalten, sondern allenfalls etwas abbremsen ließe. "Die Gesellschaft würde in dieser Zeit in die Lage versetzt, viele Lasten abzuschütteln, die sie sich in den fetten Jahren aufgeladen hat." Aus der Geschichte sei bekannt, dass um Wohlstand nur so lange gerungen werde, wie in der Bevölkerung der Eindruck vorherrsche, es sei etwas zu Verteilen da. "Ist diese Illusion erst ausgeräumt, wächst die Bereitschaft, zum Verzicht und zugleich der Wille, sich irgendwie auf eigene Faust durchzuschlagen."

Chance für müde Gesellschaften

Für alternde, müde und der Anstrengung überdrüssige Gesellschaften liege darin eine große Chance. "Die Rezession ist die Medizin, die lauffaule Völker am schnellsten wieder in Trab bringt", sagt Eoman Vonnegut. Die Konsumlust der Verbraucherinnen und Verbraucher bleibe gedämpft, der Privatkonsum als ehemals wichtige Konjunkturstütze weiterhin ein Totalausfall. "Doch das muss uns keine Sorge bereiten, weil es zeigt, dass in einer Gesellschaft wie der deutschen kaum mehr Bedürfnisse existieren, die nicht eigentlich bereits befriedigt sind."

Werde nicht mehr beständig mehr, sondern immer weniger gekauft, zeuge das davon, dass der Reiz neuer Produkte durch Übersättigung nachgelassen habe, zugleich aber die Innovationsgeschwindigkeit so weit abnehme, dass Menschen sich entschlössen, den alten Kaffeeautomaten, das alte Smartphone und den alten Flachbildfernseher weiter zu benutzen, obwohl sie bereits zwei oder drei Jahre alt seien. 

"Man hat alles und muss sich nicht mehr anstrengen, mehr davon zu bekommen." Stattdessen werden lieber eine ruhigere Kugel geschoben, halblang gemacht und "Freizeit als neuer Luxus begriffen", wie Vonnegut sagt. Eine stagnierende, bestenfalls langsam schrumpfende Wirtschaft werde so zum Zeichen des Erfolgs, den eine Regierung für ihre Bevölkerung erreicht habe. Wenn deren Bedürfnisse weit über das reine Schlafen, Essen, Anziehen und Heizen hinaus befriedigt seien, könne das BIP gar nicht mehr so stark wachsen kann wie früher. "Und das ist ja gut so", zitiert der Volkswirtschaftler. 

Rezession kein Beinbruch

Auch wenn die Menge der zur Verteilung verfügbaren Milliarden sinke, wenn in wohlhabenden Länder nicht so viel produziert und konsumiert werde, sei das kein Beinbruch. "Bundeskanzler Olaf Scholz hat ja bei seiner legendären Bhutan-Reise deutlich gemacht, dass auch andere Kriterien wichtig sind, wenn man sie denn endlich offiziell mit anrechnet und von der reinen Fixierung auf schrumpfende BIP-Zahlen wegkommt." Langsam wachsen oder besser noch gar nicht wachsen zu müssen, sei ein Privileg, das sich Menschen durch die harte Arbeit früherer Generationen verdient hätten.

"Vergessen Sie nicht, dass auch in Deutschland noch vor 30 Jahren viele Arbeiter und Angestellte morgens um sechs zur Arbeit gehastet sind, acht, neun oder zehn Stunden geschuftet haben und abends um halb acht erst wieder schlagtot daheim ankamen." Dass diese Phase des brutalen Ausbeutungskapitalismus mit seiner manischen Fixierung auf Wachstum, Beschäftigung und Export vorüber sei, halte er für ein sehr gutes Zeichen. "Wir können heute mit unserer Zeit, mit unseren Ressourcen andere Dinge tun. Zum Beispiel das Klima schützen.


6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr gelungene Grafick, prächtiges Fahrgestell - bei O(l)döss Höxläh: "Die ist pneumatisch".
Skämt åsido.
Um Klonovsky wird einem zunehmend bange. Es war zwar einer seiner Lecker, äh, Leser, die Versenkung der Lusitania betreffend, aber dennoch. DAS wollen kritische Geister sein? Diese kleinbürgerlichen Bettnässer? Höhö, die doofen Verschwörungstheoretiker, was sind w i r doch so abgeklärt. Und Klonovsky selbst entblödet sich nicht, das Schlagwort "Antiamerikanismus" zu gebrauchen, ts,ts,ts.

irgendwer hat gesagt…

Kulturelle Aneignung der Entschleunigung kultivieren:
Mehr Afrika wagen!
Und:
Nur von ganz unten kann es steil nach oben gehen!
Obwohl das ja wieder "Wachstum" wäre - aber irgendwas ist ja immer.

Anonym hat gesagt…

Mehr Afrika wagen!
Wagen wir es: Wenn Wallace Fard Muhammad Afrikaner gewesen sein soll, dann bin ich Moses Mendelssohn persönlich.
Gerhard Polt: Schaut's eich doch dös Wotscheng'sicht omol on!

Anonym hat gesagt…

Die Kunst des Voodoo und der Hexerei ist Ihnen offenkundig ferne.

Anonym hat gesagt…

Die Kunst des Voodoo und der Hexerei ist ...

Mitnichten! Ich habe Ende der Neunziger bei Paul Uccusic persönlich Unterricht genommen. Die Geister rufen / korling se ßpirritz. Das Geisterboot bilden. Rückkehr aus der Tranx / spezielles Signal. Darüber hinaus Versuche mit Mäddschick Maschruhms, Hawaiianischr Holzrose, Syrischer Steppenraute, und dem Kraut Ku-Nu-Pu sowieso.
Atropinerge Kraftpflanzen aber noch nicht ...

Anonym hat gesagt…

Aber bleiben wir bei Wallace Fard Muhammad ...
Die Hexe von En-Door. (Ein Thorshammer, wenn er in Skandinavien erworben wurde, schützt recht zuverlässig, vorausgesetzt, man wurde nicht durch die Taufe - ackelähcks! - besudelt.)