Dienstag, 2. Juli 2024

Flucht der Verbündeten: Verrat am Präsidenten

Gehässige Häme: Nachdem Joe Biden wegen eines ungünstig gelegten Termins schwächelte, fallen sämtliche verbündeten Medien über ihn her.

Der Mann war sichtlich bei bester Gesundheit. Beschwingt stieg Joe Biden die hinab, leichtfüßig und für einen Mann, der schon zu Zeiten des Vietnamkrieges Politik gemacht hat, beneidenswert junggeblieben. Zeitgenossen wie der ewige EU-Politiker Elmar Brok oder der CDU-Strippenzieher Wolfgang Schäuble mussten die Bühne räumen. Biden aber gelang im Greisenalter der Aufstieg zum mächtigsten Mann der Welt - ruhig, aber mit großer Dynamik kam er seinen Aufgaben nach. Ein Garant der Sicherheit der ganzen Menschheit, dem seine Gegner immer wieder zu schaden versuchten, indem sie Zweifel an seiner Vitalität zu wecken bestrebt waren.

Der fitte alte weiße Mann

Über lange Zeit vergebens. Wie ein Mann warfen sich die demokratischen Medien vor den ganz alten weißen Mann im Weißen Haus. Sobald dessen Gesundheit "Gegenstand von Diskussionen" (Die Welt) wurde, schlossen sich die Reihen: Videos, auf denen Biden "altersschwach und erratisch" wirke, seien "mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz manipuliert wurden. "Künstliche Intelligenz" muss heute in jedem Fake News-Vorwurf vorkommen, sonst gilt er nicht.

Hier aber half selbst das nicht. Dass die verfeindeten Republikaner "mit gekürzten und zurechtgeschnittenen Bildern den Eindruck erwecken" wollten, Biden sei alt, krank und nicht mehr in jedem Moment Herr seiner Sinne, überzeugte allenfalls die Redaktionen, nicht aber deren Publikum. Biden ist doch alt, sichtlich krank und auch nicht immer Herr seiner Sinne, blieben viele Skeptiker vorsichtig. Die Klarstellungen des Weißen Hauses zu "Trump-Kampagne mit allen Mitteln" schwenkte um: Nun waren es cheap fakes, die in einer Welle von Klarstellungsartikeln als Erklärung für das bedauernswerte Bild herangezogen wurden, das der mächtigste Mann der Welt abgab.

Was wahr war

Was man sehen konnte, war nicht wahr. Was wahr war, konnte keiner sehen: Joe Biden ist ein quecksilberiger Hecht im Karpfenteich, vibrierend vor innerer Energie und in seinem Tatendrang kaum zu bremsen. Auf seine Medien in Deutschland konnte sich der US-Präsident verlassen. Zwar hat deren Kampf gegen den Herausforderer Donald Trump nie wieder die manische Dringlichkeit der Jahre vor dessen erster Wahl erreicht. Damals prangte ein warnendes Bild des Demiurgen auf jedem zweiten Titelbild, die Deutschen wurde kriegstüchtig gemacht für Jahre unter der Knute eines Mannes, der Europa an den Kreml verkaufen, die Erderwärmung verdoppeln und alle wohlmeinenden Menschen einsperren würde. 

Doch die Verteidigung, sie stand, zumindest bis eben noch. Die Doemens und Schulers, Hautkapps und Simons kämpften einen Kampf, an dem der Kandidat schon lange nicht mehr teilnahm. Zwar wurde der Zorn der Verkünder der schrecklichen Botschaft der Wiederkehr des Weltenfressers allenfalls noch pflichtschuldig vermittelt. Die routinierte Empörung über jeden Halbsatz aus Trumps Mund war lau, die Frequenz der Aufrüttelungsversuche kommt nicht einmal in die Nähe der Brinkbäumer-Jahre beim "Spiegel", als "Nachricht" ein anderes Wort "was hat Trump gestern gesagt" geworden war.

Scheideweg TV-Duell

Das TV-Duell zwischen den beiden alten weißen Männern in der vergangenen Woche nun hat aber offenbar selbst die, die im Glauben fest waren, abfallen lassen. Nach Bidens verunglücktem Auftritt fand sich kein einziger Faktenchecker, um die wirklich wahre Wahrheit klarzustellen. Niemand bewies, dass Biden eine gute Figur gemacht und "alle Fragen beantwortet" (Jill Biden) hatte, ohne umzufallen, in eine seiner Erstarrungsposen zu verschwinden oder die große Sonnenbrillengeste zu machen, die immer kommt, wenn das System Biden neu gestartet werden muss.

Statt nachzuweisen, dass der Kreml Biden gelähmt und Trump ihn gefälscht hat, die Republikaner ihn von einem Voodoozauberer verhexen ließen und der Sender CNN seiner Verantwortung nicht gerecht wurde, dem amerikanischen Präsidenten aus der Bredouille zu helfen, knickten die Gefolgsleute des Präsidenten in Legionen ein. 

Nie sei Trump dem Wahlsieg näher gewesen, analysierte die "Tagesschau", aus den Hinterbänken im Bundestag kamen gute Ratschläge, wie sich mit ein paar Tricks ein neuer Kandidat aus dem Hut zaubern ließe und selbst die wohlwollenden Adressen, die nie wagen würden, ihren Favoriten selbst infrage zu stellen, zitierten verwegen "Ist Biden noch tragbar?"

Abfall der Verbündeten

Ein trauriges Ende einer Präsidentschaft, die aus deutscher Mediensicht direkt an die fantastischen Obama-Jahre anknüpfte. Nun brauchen die eigenen Leute in Washington einen "Notfallplan" (RND), selbst die während ihrer gesamten Amtszeit weitgehend unsichtbare Vizepräsidentin soll ihm nun am liebsten "gefährlich werden" und die "Faktenchecks" zu Trumps Lügen werden nur noch leidenschaftslos zusammengeschoben. 

Biden versucht es weiter, doch die meisten Verbündeten haben ihn aufgegeben. "Zeit für den Ruhestand" hetzt es hier. "Ist Joe Biden am Ende" fragt es dort. Die Ratlosigkeit ist mit Händen zu greifen, denn niemand hat eine Vorstellung, wie es nach der "historischen Tragödie im November" (Marie-Agnes Strack-Zimmermann) weitergehen soll. 

Unser Mann im Weißen Haus

Dass unser Mann im weißen Haus "der Welt einen Gefallen tun und abtreten" soll, um einem "verurteilten Verbrecher" (Stern) den Weg freizumachen, weil alle demokratischen Ersatzkandidaten noch schlechtere Umfragewerte haben als der amtierende Kandidat auf die demokratische Spitzenkandidatur, ist vor einigen Tagen noch die Forderung von Leuten gewesen, die Bidens Versuche, sich auf einen Stuhl zu setzen, den es nicht gab, für den Beweis seiner Vergeistigung hielten. Nun blühen entsprechende Verschwörungstheorien dort am buntesten, wo der Präsident als sichere Bank für four more years gilt.

Aufnahmen, "die angeblich den geistigen und körperlichen Verfall von Biden" zeigten, haben sich in bare Münze verwandelt.


4 Kommentare:

Gerry hat gesagt…

Biden ist ein gutes Beispiel dafür um aufzuzeigen, wie unfrei, geradezu schizophren der öffentliche Austausch ist. Jeder wusste, was mit ihm los ist, aber nirgendwo wurden die Fragen gestellt, durften gestellt werden. Jetzt aber auf Kommando.
Es wird einmal jemand herrschen, von dem gesagt ist "ein Zepter der Aufrichtigkeit ist das Zepter seines Reiches" - und diese Atmosphäre wird sich überall hin durchsetzen. Darauf freue ich mich.

Die Anmerkung hat gesagt…

Viel interessanter ist, welche Blitzhalse Nellen und Pitzke vollzogen, wo sie doch bis vor 14 Tagen noch gänzlich anders schrieben.

Anonym hat gesagt…

Dass Biden und Scholz keine Verurteilten Verbrecher sind, liegt nicht daran, dass sie nichts auf dem Kerbholz hätten.

Anonym hat gesagt…

Es wird einmal jemand herrschen, von dem ...

Für den Anfang würde ich es erst einmal mit kalten Umschlägen auf der Rübe versuchen.