Dienstag, 23. Juli 2024

Baukrise: Das kann Deutschland von der DDR lernen


Hunderttausende sollten es werden, Hunderttausende wurden es, nur auf der Fehlseite. Mit dem Ausbruch der Zinskrise verfiel der Wert von Immobilien in Deutschland, dafür stiegen die Baukosten und im Zuge der Entbürokratisierung durch Lieferkettengesetz und neue Klimaauflagen wurden Sanierungen so teuer, dass Wohnungsgesellschaft klagen, sie müssten für einfach renovierte Wohnungen in 50 Jahre alten DDR-Wohnblock 17 Euro Miete pro Quadratmeter aufrufen, um allein die Zins und Tilgung der Baukredite stemmen zu können.

Die Not ist groß

Die Not ist groß, denn das Land wächst wie seit den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr. 3,5 Millionen Menschen wohnen heute mehr in Deutschland als vor zehn Jahren, besser: Sie würden gern wohnen, können aber nicht. Zwar gilt Deutschland als eines der attraktivsten Zuzugsziele weltweit, doch hier Fuß zu fassen ist schwierig, weil vor allem in den begehrten Metropolregionen und erst recht in den besonders beliebten Zentren bereits alles belegt ist.

Während hierzulande dennoch kaum noch neuer Wohnraum entsteht, liegen fertige Pläne für eine wirklich große staatliche Wohnungsbauoffensive in den Berliner Regierungsarchiven. Mit Hilfe dieser Unterlagen hatte es die fünfmal kleinere DDR zwischen 1973 und 1990 geschafft, zumindest offiziell drei Millionen modernste Plattenbauwohnungen zu errichten. Bei einer Nachzählung später stellte sich zwar heraus, dass die etwa 1,1 Millionen davon nur auf dem Papier existierten. Doch mit der wirtschaftlichen Kraft des vereinigten Deutschland dürfte es leicht gelingen, bis 2040 mindestens zehn Millionen zu bauen - 650.000 im Jahr, eine weit ehrgeizigere zahl als die von der Bundesregierung in den Blick genommenen 400.000.

Industriell Klotzen

Der Schlüssel waren industrielle Verfahren, Bauvorhaben mit dem Anspruch, nicht im Kleinklein zu verharren, sondern den Druck vom Mietwohnungsmarkt zu nehmen, indem ganze Städte errichtet werden. Auch die DDR stand seinerzeit wirtschaftlich auf dünnen Beinen, die einheimische Mark war schwach, Importe waren teuer, der Zinssatz lag wie heute bei 3,5 Prozent. Aber der Wille war da,  obwohl auch die sozialistischen Planer mit Fachkräftemangel und teuren Baumaterialien zu kämpfen hatten. Standardisierung, Blockbauweise, erfolgsgebundene Leistungsprämien und ein Verzicht auf Schnickschnack zugunsten eines höheren Bautempos machten sich schnell bezahlt.

Ein Vorbild, an dem sich Deutschland orientieren kann. Mit einer einheitlichen Bauordnung, einheitlichen Wohnungsgrößen, Fertigteilen, die sich überall verwenden ließen und einer nachgelagerten Ertüchtigung des Wohnumfeldes mobilisierte der Staat seinerzeit die letzten Kräfte, um die Wohnverhältnisse von weit mehr als der Hälfte seiner Bürger zu verbessern. Das gelang nicht ganz, aber doch deutlich besser als zuletzt im vereinigten Deutschland, wo jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht und selbst die SPD der kruden These zuneigt, dass Wohnungsbau Privatsache sei und der Staat allenfalls dafür zuständig sein könne, Sozialwohnungen für Geringerverdienende bereitzustellen.

Nur der Staat kann das können

Mit dem Satz "Was der Staat kann, kann nur der Staat", hat der frühere Parteivorsitzende Franz Müntefering schon vor Jahren davor gewarnt, sich Illusionen darüber hinzugeben, was der freie Markt zu leisten vermag, wenn er nicht von einer aktivierenden öffentlichen Verwaltung angetrieben wird. Zweieinhalb Jahre lang ist die Ampel-Koalition - vermutlich auf Druck der FDP - dem Glaubenssatz, dass es der Markt schon richten werde, dennoch gefolgt. 

Doch nun hat sich die Lage auf eine Weise zugespitzt, dass um den Gang in die Archive mit den Grundlagendokumenten der DDR-Planer kein Weg mehr herumführt. Auch der Aufbau der Leitungsstäbe, der Wohnungsbaukombinate, der Plattenwerke und der Baubrigaden wird schließlich noch einige Zeit dauern, dazu kommt der Aufschluss neuer Kiesgruben, Zementwerke und das Heranbilden einer neuen Generation von kernigen Ballas. Und Zeit ist es, die viele Mietende nicht mehr haben.


12 Kommentare:

Die Anmerkung hat gesagt…

>> "Was der Staat kann, kann nur der Staat"

Was ich mich schon immer nicht zu fragen traute: Wieso findet man dieses Zitat nur auf dem PPQ oder gar nicht, z.B. wenn die Enten auf Suche gehen?

Anonym hat gesagt…

Mehr Zement geht nicht, wegen Klima.

Anonym hat gesagt…

OT
Dass der Sudel-Schmierfink Krischan Neef von einem unbekleideten syrischen, angeblich 13jährigen, Flüchtilanten eine Klüse dichtgehauen bekommen hat, verdrießt mich durchaus nicht. Aber, es erheitert mich auch nicht, denn: Es wird einen Dreck nützen!
Das müsste jetzt.

Anonym hat gesagt…

musste

Anonym hat gesagt…

12 September 1683 23. Juli 2024 at 22:20
friedel_1830 23. Juli 2024 at 21:52
Vielleicht gibt es ja auch mal Positivbeispiele, wo Frauen an der Spitze was gelingt.

Wie währe es mit Alice Weidel?
,..................,...............
Nein, mit Gamma-Kindern spielen wir nicht. Die sind dumm. Delta-Kinder und Epsilon-Kinder sind ganz dumm. Ich bin froh, dass ich ein Beta bin.
Alpha-Kinder müssen so schrecklich viel lernen.

Anonym hat gesagt…

Whistleblower aus BMG-Behörde lässt Bundesrepublik erbeben ---

Lange nicht so gelacht!!!
Aber es war kein freudiges Lachen.

Anonym hat gesagt…

Nebenbei so, die gedopten Baracken seit Anfang der Achtziger waren das Menschenmögliche.Sechs Etagen mit ohne Fahrstuhl, Einraumwohnungen
mittels dünnem Gipskarton in Vierraumwohnungen verwandelt.

irgendwer hat gesagt…

Also ich persönlich würde sagen, "trauen Sie keiner Ente".

Aber das ist nicht der Punkt.
Im historischen Kontext war "Platschquatsch" zwar die entscheiderische Erwiderung auf allzusachliche Erwägungen.
Aufgrund der seither eingetretenen diametralen Lautstärkeverschiebung hat sich aber auch die Gewichtung der Aussage verändert.
Im modernen teleologischen Sinne bezeichnet "Platschquatsch" das was war im Sinne von was hätte gewesen sein können.

Wenn sich demnach ein solches Müntefering-Zitat nicht findet, ist dies unschädlich. Es zählt vielmehr, was Müntefering hätte gesagt haben können. In diesem Kontext ist das von ppq kolportierte Zitat zutreffend.
Und daran muss sich Müntefering festhalten lassen.

Die Anmerkung hat gesagt…

@irgendwer

Das halte ich für eine schlüssige und wohlfeile Erklärung, zumal es ja auch ein Zitat aus einem der vielen Berliner Hinterzimmer gewesen sein kann, so daß man sich wünschte, daß noch viel mehr solcher punktgenauen Politikeraussagen ans Tageslicht gezerrt werden.

irgendwer hat gesagt…

Dieser Wissensdurst ist es, der mich immer wieder hierher zurück bringt.

Anonym hat gesagt…

Whistleblower aus BMG-Behörde lässt Bundesrepublik erbeben ---

Nichts davon zu spüren. Theoretisch hätte man annehmen sollen, dass das gepeinigte Volk mit langstieligen Äxten und versifften Mistforken (Schlußszene bei "1900") Genugtuung suchen würde. Aber, woher denn: Da kam eine böse Seuche aus dem Nichts, und die hochwohlweise Obrigkeit hat uns davor gerettet, mit milder und strenger Hand, genauso, wie es bedurfte.

Anonym hat gesagt…

Wenn zuviele mitgemacht haben, kann nichts passieren. Denn "gefühlt" war es ja richtig und was passiert, wenn im Raum steht, dass etwas mit den Gefühlen nicht stimmt...

Reduzieren wir es auf "Ablehnung"
("Geht doch heim und föhnt eure Katzen! RKI-Protokolle. Lächerlich.")