Auch in Ostdeutschland wählten viele die Partei, die ihnen versprach, die Mieten auf das Niveau von Wien hochzuziehen. |
Es gab vor dieser Schicksalswahl alles an Parolen. Hirnrissige vom ewigen Leben, drastische vom Ende des Friedens, nichtssagende von der SPD und verschieden abgeschmeckte Mischungen von "Sicherheit", "Gemeinschaft" und "Freiheit". Niemand wollte bei irgendetwas Konkretem erwischt werden. Alle waren sorgsam darauf bedacht, im Falle eines Wahlerfolges wie immer machen zu können, was sie wollen, ohne dass es gleich wieder als Umfaller oder Wahlbetrug ausgelegt wird.
Kein Versprechen zu brechen
Wer nichts verspricht, kann kein Versprechen brechen, dachten sich auch die Wahlkampfstrategen der bisher in der grünen Fraktion des EU-Parlaments heimischen Kleinstpartei Volt. Die will eigentlich eine europaweite Bürgerbewegung sein, die in allen EU-Staaten wählbar ist. Dagegen stehen allerdings die Regularien der weltgrößten Staatenfamilie, die länderübergreifende Parteien verbieten. Volt ist also nicht eine, sondern allerlei Parteien.
Klein, aber fein, irgendwie liberal, aber auf jeden Fall auch ganz links, grün, nur in lila, und statt wie die großen Grünen mit "Machen, was niemand will" oder "Wohlstand sichern" um Stimmen zu werben, ließen Parteigründer Damian Hieronymus Johannes Freiherr von Boeselager Parolen wie "Mehr Eis", "Schön wärs hier" und "Trau Dich Europa" (mit unsichtbarem Apotheken-Rundschau.-Koma) plakatieren.
Wie viele Städte leben in Utrecht
Aber eben auch "Lebenswerte Städte wie in Utrecht" und "Bezahlbar Wohnen wie in Wien" - ersteres ein Rätsel, weil bisher völlig unbekannte ist, wie viele Städte in Utrecht leben. Letzteres aber ein Versprechen, auf das kein Wiener hereinfallen würde: Die Mieten in Österreichs Hauptstadt sind keineswegs auf die Art "bezahlbar", die Volt suggeriert. Mit 33 bis knapp 17 Euro für Neuvermietungen liegt der Quadratmeterpreis höher als in Dresden oder Karlsruhe und sogar doppelt so hoch wie in Goslar und Dortmund.
"Bezahlbarer Wohnraum wie in Wien" wäre für Millionen Deutsche nicht bezahlbar. Nach der Lesart der "Liberalen" aber ist Wohnen ein "Menschenrecht, das mit staatlichen Mitteln durchgesetzt werden muss". Der Markt, heißt es bei Volt, könne nicht garantieren, dass alle dort wohnen können, wo alle wohnen wollen. "Das muss korrigiert werden."
Fahrradstraßen wie in Peru
Mehr als eine Million Wähler fanden das auch. Sie verhalfen Volt mit ihren Kreuzen auf dem Wahlzettel zum "Überraschungserfolg bei der Europawahl" (Der Spiegel) und bewiesen damit, dass es mittlerweile vollkommen egal ist, welcher Quatsch auf Wahlplakaten steht. "Viel Wetter wie in Windhoek"? "Fahrradstraßen wie in Peru?" "Rundfunkgebühren wie im Hochhaus?" Es geht, was steht.
Hauptsache, es steht überall. Volt gelang es, mit Hilfe der Lügen über Wien nach Brüssel und Straßburg zu ziehen. "Vor allem dank junger Menschen in Großstädten" (Spiegel) sitzen künftig drei statt wie bisher nur ein Abgeordneter im EU-Parlament.
11 Kommentare:
Woher kommt eigentlich der Glaube, das irgentjemand die Wahlplakate liest oder sich überhaupt darum kümmert?
Damian Hieronymus Johannes Freiherr von Boeselager
Les aristocrates à la lanterne !
...der Glaube, das irgentjemand ...
...dass irgendjemand ...
Es gibt Bematschte, nicht sehr viele zwar, die das tatsächlich schlucken. Arbeitsplätze schaffen, Löhne erhöhen, Mieten senken - ooch, die wähle ich!
Volt ist die erste vollständig KI-generierte Partei mit einem KI-generierten Programm und KI-generierten Plakaten, und dreimal dürft ihr Fefe raten, der als erster darauf reingefallen ist.
Daher muss die Rettung von oben kommen, und da bleibt dann ja nur das Europaparlament. Volts Klimaziele waren unter den Parteien führend, also habe ich Volt gewählt.
Watt Volt ihr denn? Für unsere Einserabiturienten reicht das Niveau allemal.
Wir fahren heit, wat? Mit'm Fahrrad,ay!
Was bin ich heute wieder kalauermäßig unterwegs.
OT
Es hebt die Stimmung nicht, wenn man an sich gewitze Menschen beim Blödeln bemerken muss.
So Michael Klein - der glaubt genau zu wissen, was der Lebensborn war.
Es ist tatsächlich gleichgültig, was auf Plakaten steht.
Im Nachbarort waren blaue Plakate vollkommen schwarz zugesprüht worden, mit einem roten "FCKAFD".
Damit kam diese Partei dort auf 3%-Punkte mehr Stimmen, als hier (=doppeltes Landesergebnis).
Die Partei, die ihren Spitzenabgeordneten nicht mehr vor orangem, sondern komplementärem Hintergrund (türkis..?) zwar naturgetreu, aber unvorteilhaft plakatiert hatte und das aggressiv, verlor da fast 8%-Punkte.
Wie Volt zu Stimmen kommt, ist dann aber gleichgültig. Hauptsache sie Kannibalisieren die richtigen.
Und: sie sollten nicht gut genug sein, dass es warmen Wahlkampfkostenerstattungsregen
.. ähm... regnet. Da freut sich die "offene Gesellschaft", denn was nix kostet, is ja nix wert.
selbstverständlich. aber das wissen die parteien ja nicht! die glauben, dass plakate wahlausgänge beeinflussen und machen sich entsprechend viele, viele gedanken bzw. lassen von agenturen machen
"Sei kein Arschloch" fand ich auch einen sehr beeindruckenden Slogan, der in unserer Gemeinde bei der Kommunalwahl den Menschen das Gefühl gab diese Partei wählen zu müssen, um nicht beschimpft zu werden. So das sie 5,2% bekamen (in meinem Wahlbezirk bin ich für über 10% der Nachbarn ein Arschloch)
So das sie 5,2% bekamen ... dass ...
Sage ich doch. Holzhammerpropaganda funktioniert, und wie.
Angenommen, es käme auf allen Kanälen, ein paar Wochen lang, täglich zwei Teelöffel der eigenen Exkremente oral ohne Zucker eingenommen, stärke das Immunsystem so, dass man mindestens 120 Jahre alt würde bei blühender Gesundheit - mindestens ein Fünftel würde das tun. Nicht dabei vergessen, Kritiker dieser Methode als Schwachköpfe, Schwurbler, Nazis, von Putin gekaufte Subjekte hinzustellen.
Macht mal eine Internetsuche nach "Eigenurin". Ich weiss jetzt nicht wie viele das nehmen, aber sicher eine ganze Menge. Es gab bei Arte mal eine Dokumentation darüber. Sie war so eklig, das ich nach 10 Minuten weggezappt hatte.
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