Dienstag, 11. Juni 2024

Ohrfeigenanalyse: So schuld sind immer alle anderen

Zwei hinreißende halbwüchsige Mädchen sollten für die Grünen "Werte verteidigen" und "Frieden schützen". Vor allem mindergebildete Wähler haben es nicht glauben wollen.


Ein Soundteppich aus Heulen und Zähneklappern liegt über dem politischen Berlin. Der Schrecken, er ist noch größer als befürchtet. Der Regierung ist das Land über Nacht abhandengekommen und sie weiß nicht warum. Kevin Kühnert hat es auf schlechte Bildung und Armut geschoben, auf dem Osten und dessen traditionelle Verstocktheit.  

Hinreißende Halbwüchsige

Katrin Göring-Eckardt ist einfach nur deprimiert darüber, dass Millionen der großen Transformation eine Absage erteilt haben. Man habe doch vorgehabt, alle abzuholen und mitzunehmen, aber es sei nicht gelungen, deutlich zu machen, "dass beim Klimaschutz jeder mitmachen kann".  Die grüne Wahlstrategin Emily Bühning schreibt sich selbst ein gerüttelt Maß an Schuld zu. "Wir konnten viele Menschen nicht davon überzeugen, demokratisch zu wählen", bilanziert die "Politische Geschäftsführerin" der Grünen. Tragisch. Sie hatte bis gestern noch erwartet, dass Wahlparolen wie "Werte verteidigen, Frieden schützen" schon allein deshalb Wähler mobilisieren werden, weil es zwei hinreißende halbwüchsige Mädchen sind, die das übernehmen sollen (Plakat oben).

Die Verbitterung sitzt tief. Könnte die Regierung, wie sie wollte, würde sie sich heute noch ein neues Volk wählen, eins mit mehr Vertrauen, eins, dass einfach mal mitmacht und sich an die demokratischen  Vorgaben hält. Im Regierungsviertel rätselraten sie nun, woran es gelegen haben könnte. Die chinesische Spionageplattform TikTok, auf der die Feinde der offenen Gesellschaft Klicks ohne Ende abgreifen? Hätte der Kanzler dort früher seine Aktentasche auspacken müssen? War es ein Fehler, ihn zu plakatieren?

In aller Ruhe

Oder war gar Robert Habeck schuld, weil er immer noch zögert mit der Verkündigung seiner Kanzlerkandidatur? Und wie steht es inhaltlich?  Hätte man die Kontaktschuld nicht auf sich laden sollen? Waren den Menschen draußen im Land die Verbote zu zaghaft, die neuen Regeln einfach zu kompliziert? Hadern sie mit der Trinkflaschendeckelbefestigungsverordnung? Oder wollten sie mit ihrer "Klatsche" für die Ampel sagen, dass der Industrie- und Energieausstieg ihnen zu langsam geht? Hat das Sylt-Video den Richtigen Angst gemacht, zur Wahl zu gehen? Und den Falschen Mut? Sawsan Chebli, eine der bedeutenden sozialdemokratischen Vorder*innen, sieht "antimuslimische Hetze" am Werk. Nur sie erkläre, dass 61Prozent der Bürger sich Sorgen darüber machten, "dass der Einfluss des Islam in Deutschland zu stark wird", treibe sie zu den Urnen und die AfD zu einem Ergebnis, dass ihr als "Mensch, als Mutter, als Muslimin, als Migrantin höllische Angst" mache.

Fest steht das noch nicht. Möglich, dass Trump schuld sein wird. Orban, Erdogan, Netanjahu oder Wilders, Meloni, Kaczyński oder Le Pen. Die Analyse läuft, "in aller Ruhe", wie die grüne Spitzenkandidatin Terry Reintke kurz vor ihrer Abreise ins heimische Brüssel klargestellt hat. Die Wahl ist durch, nun ist vier Jahre Zeit lang, zu schauen, woran es hakte, obwohl doch alles gut gemacht war und richtig sowieso.

Auf der Spur der Niederlage

Es wird zu ermitteln sein, denn eine ganze Reihe von Ursachen kommen schon mal prinzipiell nicht infrage. Das Heizungsgesetz etwa hatte keinen Einfluss, weil Robert Habeck sich für das groß gedachte Experiment ja entschuldigt hat. Die Umsetzung erfolgt nun erst viel später und nach so umständlichen Regeln, dass mancher Hausbesitzer und Mieter am Ende gar nicht wissen wird, warum es kalt und teuer geworden ist im Klimawandeldeutschland mit seinen hochmodernen Wärmeplänen.

Mannheim hatte ebenso wenig Einfluss. Was war denn in Mannheim? Steinmeier hat gemahnt. Herz, was willst du mehr? Gendern, hohe Preise, Generalverdacht wegen Hohn, der Fehlschlag mit der globalen Mindeststeuer, die erstmal fast nur in Deutschland gilt, kann es nicht gewesen sein, denn über die spricht schon lange niemand mehr.  Vielleicht der Krieg? Zuwenig Waffen? Zu viele? Zu schwere? Oder nicht schwer genug? Nicht gelegen haben kann es auch nicht am Obendrüberregieren, an Bürgerbeschimpfungen und der Behauptung, man selbst sei "mehr" und brauche nur noch etwas mehr Überwachung, Vorratsdatenspeicherung, richtig offene Grenzen, ein Tempolimit und eine Wehrpflicht, um wieder geliebt zu werden.

Ganz nah dran

Jürgen Kasek, ehemaliger Chef der sächsischen Grünen, ist der Wahrheit bisher wahrscheinlich am nächsten gekommen. Preistreiberei. Es ist auch nicht die totale Bürgerverachtung. "Wer so viel verloren hat wie wir, der muss sich hinterfragen, schreibt der Leipziger Anwalt aus der Hinterbank der Grünen in Sachsen bei X. "Zu wenig Klima und Umweltschutz und zu viel fragwürdige Kompromisse auch beim Asylrecht", das habe Erwartungen enttäuscht.

Was nun? Was tun? Mario Sixtus, ein früheres Twittergespenst, das inzwischen nur noch in der Unsichtbarkeit sicherer Räume vor weltanschaulich ähnlich gefestigten Gleichgesinnten geistert, hat den Seinen in der Stunde der Not eine Reaktionsempfehlung gegeben. "Was den Grünen im Bund jetzt noch bleibt: zwei Jahre, um alles, was irgendwie geht, durchzudrücken, ohne Rücksicht auf die Koalition oder irgendwen." 

Nach diesen zwei Jahren, die genaugenommen nicht einmal 16 Monate lang sein werden, werde die so hoffnungsfrohe Ökopartei "nicht mehr regieren; schwarz-grün wird es nicht geben". Sixtus, der Sachsen am liebsten umgehend an Russland abgeben würde, empfiehlt: "Also jetzt alle auf Vollgas - weil danach lange gar nichts mehr geht."


3 Kommentare:

irgendwer hat gesagt…

Womit Sixtus das Wahlprogramm "50%" der völkischen Sozialisten knapp und präzise beschrieben hat.
Die müssen praktisch nichts tun, außer nicht verboten werden.

Und wenn, dann stehen die Linkskonservativen von der Kommunistischen Plattform Deutschlands schon bereit, dem Wähler die Arme auszubreiten.

Also doch lieber anwarten, ob und wie sich beide kannibalisieren?
Und einstweilen zu Mao beten?

Anonym hat gesagt…

Die niedrige Bildung, die der Kühnert beklagt, ist wirklich ein Problem.

Kühnert in Wiki:
Ein 2009 begonnenes Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin, in das er sich zuvor eingeklagt hatte,[3] brach er 2010 ab und arbeitete anschließend bis 2014 im Callcenter von myToys.de.

Was soll so einer schon werden.

Göring hat auch recht. Beim Kampf gegen den Klimawandel können alle mitbezahlen, gerade die mit nicht so dickem Geldbeutel.

Anonym hat gesagt…

Auf Tichys Einblick:

>> Das Frankfurter Mainufer ist die grüne Lunge der Stadt. <<

Also, ich finde grüne Lunge ekelhaft ...